TE Lvwg Erkenntnis 2019/6/12 LVwG-S-695/001-2019

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Veröffentlicht am 12.06.2019
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Entscheidungsdatum

12.06.2019

Norm

ASVG §4 Abs2
ASVG §33 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Leisser als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch Herrn B, Rechtsanwalt in ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 1. Feber 2019, Zl. ***, betreffend Strafverhängung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.



Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer im Spruch der angefochtenen Entscheidung nachstehend angelastet:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:

21.10.2017, 05:30 Uhr

Ort:

***, ***

Tatbeschreibung:

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der C GmbH, mit Sitz in ***, ***, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Dienstgeberin den Dienstnehmer D, geb. ***, Staatsangehörigkeit Österreich, in der Zeit von 21.10.2017 (Tag der Kontrolle) bis 27.10.2017 (Tag der Anmeldung zur Sozialversicherung) u.a. mit dem Verladen von Fleisch in das Fahrzeug der Gesellschaft beschäftigt hat, ohne diesen Dienstnehmer als in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger, NÖ Gebietskrankenkasse, ***, *** anzumelden.
Es erfolgte auch keine schrittweise Meldung gemäß § 33 Abs.1a ASVG (Meldung von Dienstgeberkontonummer, Name und Versicherungsnummer bzw. Geburts-datum sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt und Meldung der noch fehlenden Daten innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung).
Sie haben daher entgegen § 33 Abs.1 und 1a ASVG die Anmeldung zur Pflichtversicherung für den oben angeführten Arbeitszeitraum nicht vor dem oben angeführten Arbeitsantritt erstattet.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 111 Abs.1 Z.1 iVm § 33 Abs.1 und Abs.1a Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

€ 730,00

48 Stunden

§ 111 Abs.2 iVm Abs.1 Z.1 ASVG

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro

                 73,00

                                                           Gesamtbetrag:

                 803,00

Begründet wurde diese Entscheidung nach Hinweis auf den von der Finanzpolizei in der Sache gelegten Strafantrag, Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Zitat der rechtlich relevanten Bestimmungen damit, dass die Behörde aufgrund der festgestellten Gesamtumstände vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ausgehe, weshalb eine Anmeldung zur Sozialversicherung erforderlich gewesen wäre, sohin eine Übertretung vorliege und die Behörde mit Strafverhängung vorzugehen hatte. Mangels Vorliegen von irgendwelchen Milderungs- oder Erschwerungsgründen, sowie unter Beachtung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers erscheine die verhängte gesetzliche Mindeststrafe jedenfalls dem Verschulden bei Deliktsetzung angemessen.

In der gegen diese Entscheidung durch seinen ausgewiesenen Vertreter erhobenen Beschwerde macht der Rechtsmittelwerber zusammengefasst geltend, dies nach Darlegung des Sachverhaltes und Ausführungen über Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit des Rechtsmittels, dass das gegenständliche Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten werde.

Begründend wird dazu weiter ausgeführt, dass die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers dahingehend, dass der genannte D, dessen Beschäftigung ohne Anmeldung zur Sozialversicherung ihm angelastet werde, bei ihm nur Fleisch eingekauft habe und anlässlich dieses Einkaufs zwei Kisten mit Fleisch in einen Bus gestellt habe, wobei es sich allerdings um einen rein unentgeltlichen Freundschaftsdienst gehandelt habe, jedenfalls nicht um die Tätigkeit eines Arbeitnehmers. Auch habe sich innerhalb der C GmbH die Organisation dahingehend geändert gehabt, dass der Schlachthof vormals eigene Leute beschäftigt hätte, was nun nicht mehr der Fall sei, sodass die GmbH selbst von früher 15 Mitarbeitern auf nunmehr einen Dienstnehmer reduziert worden wäre. Der angesprochene D habe jedenfalls zum Kontrollzeitpunkt keine Arbeiten als Dienstnehmer für die C GmbH durchgeführt und könne alleine aus dem Umstand, dass die C GmbH den Genannten etwa eine Woche darauf am 27.10.2017 zur Sozialversicherung als geringfügig beschäftigten Dienstnehmer angemeldet habe, kein Rückschluss darauf gezogen werden, dass dieser auch bereits am 21. Oktober 2017 in einem Arbeitsverhältnis zu dem vom Beschwerdeführer vertretenen Unternehmen gestanden sei. Es werde jedenfalls beantragt, das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich möge nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

Nach Übermittlung der Beschwerde an die als Amtspartei einschreitende Finanzpolizei, Team ***, gab diese eine Stellungnahme dahingehend ab, dass der verfahrensgegenständliche D bei Durchführung der gegenständlichen Kontrolle von Bediensteten der Finanzpolizei bei Tätigkeiten angetroffen worden sei, welche üblicherweise von einem Dienstnehmer erbracht würden. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, bereits getätigt vor der belangten Behörde, dass der Genannte einen bloßen Freundschaftsdienst erbracht hätte, werde jedenfalls als Schutzbehauptung gewertet, sowie auch darauf hingewiesen, dass nach der erfolgten Kontrolle D am 27.10.2017 vom Beschwerdeführer als Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet worden wäre, sowie er auch bis zum 30.06.2018 bei dem vom Beschwerdeführer betriebenen Unternehmen beschäftigt gewesen sei. Die Finanzpolizei gehe als Amtspartei deshalb unverändert davon aus, dass die Deliktssetzung vorliege, weshalb beantragt werde, die erhobene Beschwerde abzuweisen und das bekämpfte Straferkenntnis zu bestätigen.

Im Zuge der gemäß § 44 VwGVG anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer als Partei in der Sache befragt, sowie der die Anzeige legende Bedienstete der Finanzpolizei ebenso als Zeuge einvernommen, wie D, dessen Beschäftigung ohne Meldung zur Sozialversicherung dem Beschwerdeführer angelastet wurde. Eine ergänzende Beweisaufnahme erfolgte durch die Übermittlung jener Digitalfotos, die bei Durchführung der Kontrolle von Organen der Finanzpolizei gemacht wurden an den Vertreter des Beschwerdeführers und die von diesem an das Landesverwaltungsgericht gelegte Stellungnahme.

Auf Basis des durchgeführten Verfahrens geht das Landesverwaltungsgericht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Im Rahmen der durchgeführten Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei wurde der in Rede stehende D innerhalb des Betriebes des Beschwerdeführers angetroffen, wobei er gerade im Begriffe war, eine Kunststoffkiste mit Fleisch in einen an der Rampe befindlichen Transporter zu verladen. Bei Durchführung dieser Tätigkeit trug er eine, wie in Schlachthöfen und Fleischereien vorgesehen und üblich, weiße Kleidung, sowie er am Morgen des Kontrolltages auch für seinen eigenen Bedarf beim Beschwerdeführer Fleisch in einer Menge von 30 kg einkaufte und sich dieses benötigte Fleisch selbst im Betrieb aussuchte. Dieses Fleisch hat D, welcher etwa bis 3 Monate vor dem Kontrollzeitpunkt im Betrieb des Beschwerdeführers beschäftigt war, entsprechend der von ihm mitgeführten und eingesehenen Rechnung bezahlt. Aufgrund der im Moment der Kontrolle wahrgenommenen Tätigkeit der Beladung des Transporters wurde D von den Organen der Finanzpolizei ein sogenanntes Personenblatt zum Ausfüllen übergeben und Digitalfotos, welche ihn in der weißen Arbeitskleidung zeigen, sowie ebenfalls vom mit Fleisch beladenen Transporter angefertigt. Die Tätigkeit der Verbringung der Fleischkisten, in den Transporter wurde D vom Beschwerdeführer nicht aufgetragen, sowie sich dieser auch keine Gegenleistung dafür erwartete, welche vom Beschwerdeführer ebenfalls nicht zugesagt war. D wusste allerdings über die Arbeitsabläufe aufgrund seiner früheren Tätigkeit im Betrieb des Beschwerdeführers Bescheid. Die Dauer der Tätigkeit kann als kurz, sich auf ein paar Handgriffe beschränkend, festgestellt werden.

Beweiswürdigend ergeben sich diese Feststellungen sowohl aus den Angaben des Beschwerdeführers als auch der Aussage des als Zeugen befragten D, wobei der Umstand, dass sich D beim Fleischeinkauf in Arbeitskleidung im Betrieb des Beschwerdeführers aufgehalten hat, dahingehend erklärt, dass er sich eben das Fleisch, selbst ausgesucht hat und der Betrieb nur mit entsprechender Arbeitskleidung betreten werden kann. Gegen weitere oder länger durchgeführte Tätigkeiten als von den Bediensteten der Finanzpolizei wahrgenommen, spricht jedenfalls der Umstand, dass die Arbeitskleidung des Herrn D, wie auf den Fotos ersichtlich und worauf seitens des Vertreters des Beschwerdeführers zu Recht hingewiesen wurde, faktisch noch blütenweiß ist und darauf keinerlei Arbeitsspuren ersichtlich sind.

Die Anwesenheit des D im Betrieb zwecks des Fleischeinkaufs ergibt sich auch aus der eingesehenen Rechnung dieses Einkaufs, sowie der Umstand der Durchführung der Ladetätigkeiten während der Wartezeit ohne vom Beschwerdeführer damit beauftragt zu sein, sich aus der Kenntnis der Arbeitsabläufe des D im Betrieb aufgrund seiner früheren Tätigkeit für diesen erklärt, sowie auch dessen Aussage, dass er sich einfach während der Wartezeit irgendwie nützlich machen habe wollen, nachvollziehbar und jedenfalls nicht zu widerlegen ist. Auch der Umstand, dass D zunächst am Personenblatt jene Firma angegeben hat, bei der er als Dienstnehmer zum Kontrollzeitpunkt beschäftigt war, ihm jedoch von Beamten der Finanzpolizei im Zuge der Kontrolle gesagt wurde, er solle diesen von ihm genannten Dienstgeber wieder durchstreichen und den Beschwerdeführer als Dienstgeber in die entsprechende Spalte schreiben, was er laut eigenen Angaben dann eben so gemacht hat, kann aufgrund dieser Vorgangsweise nicht als wirkliches, auf ein eventuelles Arbeitsverhältnis zum Beschwerdeführer hindeutendes Indiz gewertet werden.

In rechtlicher Hinsicht beurteilt sich der festgestellte Sachverhalt wie folgt:

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig unter anderem, wer als Dienstgeber entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder

oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Unter Dienstverhältnis (Arbeitsverhältnis) versteht die Lehre (den nachstehenden Ausführungen folgen Mayer-Maly, in Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht, Band I, Individualarbeitsrecht, 31) jedes auf einen Dienstvertrag (Arbeitsvertrag) beruhende, durch Eintritt in den Erfüllungsstand, d.h. durch Aufnahme der Arbeit zur Vollwirksamkeit gebrachtes Rechtsverhältnis. Es umfasst die Gesamtheit der durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Vom Dienstverhältnis zu unterscheiden ist das Beschäftigungsverhältnis. Dieses setzt, anders als das Dienstverhältnis, keinen Vertrag, sondern nur eine tatsächliche entgeltliche Beschäftigung voraus. Für den Anwendungsbereich des ASVG ist das Dienstverhältnis (Arbeitsverhältnis) im letzteren Sinn heranzuziehen, da es gerade auf den (formell richtigen) Abschluss eines Dienstvertrages nicht ankommt. Die typischen Merkmale eines Dienstverhältnisses sind die Unselbständigkeit (persönliche Abhängigkeit) des Dienstnehmers (der an die Weisungen des Arbeitgebers, den Arbeitsort und die Arbeitszeit gebunden ist, in den Betrieb des Arbeitgebers organisatorisch eingebunden ist und dessen Kontrolle unterliegt; eine Vertretung durch eine andere Person ist zumeist – aber nicht immer – ausgeschlossen), die Entgeltlichkeit (Dienstverträge sind im Zweifel entgeltlich - § 1152 ABGB), der Dauercharakter (Dienstverhältnisse sind grundsätzlich auf eine unbestimmte Zeit ausgelegt) und die Personenbezogenheit (Dienstgeber und Dienstnehmer stehen in einem besonderen personellen Bezug, sowie von wechselseitigen Treue- und Fürsorgepflichten auszugehen ist).

Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten – wie dies etwa beim Antreffen von Personen in Arbeitskleidung innerhalb eines Betriebes der Fall ist –, ist die Behörde berechtigt, vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses im übliche Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegen stehen (VwGH 2010/08/0091).

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass bezüglich der Abgrenzung von einem Gefälligkeitsdienst zu einer Beschäftigung eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen ist, um tatsächlich einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können (VwGH 98/09/0199, bzw. 99/09/0083). Ebenso trifft die Partei eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen oder Motiven um solche handelt, die innerhalb der Sphäre von Personen liegen und von außen weder auf Anhieb gleich ersichtlich oder erkennbar sind. Als Gefälligkeitsdienste können jedenfalls kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste angesehen werden, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bedingungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (VwGH 2011/08/0390). Für das Vorliegen der Entgeltlichkeit kommt es nicht darauf an, ob ausdrücklich ein Entgelt (allenfalls in einer bestimmten Höhe) vereinbart wurde oder eine solche Vereinbarung unterblieb. Im Zweifel gilt für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Wurde die Höhe des Entgelts nicht festgelegt, so ist ein angemessener Lohn zu bezahlen. Demnach ist Unentgeltlichkeit der Verwendung nicht schon bei Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten, sondern diese muss ausdrücklich und erwiesenermaßen - wenigstens nach den Umständen konkludent - vorliegen und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (VwGH 2011/08/0123).

Darüberhinaus stehen die Vorschriften des ASVG über das Beschäftigungsverhältnis auf dem Boden der Eingliederungstheorie. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird durch den „Einstellungsakt“ begründet. Es setzt keinen „Verpflichtungsakt“ voraus. Es ist nicht erforderlich, dass der Dienstgeber dem Einstellungsakt zugestimmt hat oder von diesem in Kenntnis gesetzt wurde. Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer beginnt nach § 10 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Tag des Beginns oder Antritt der Beschäftigung und dauert mit dem Beschäftigungsverhältnis fort, bis sie nach § 11 Abs. 1 ASVG wiederum in der Regel mit dem Ende der Beschäftigung erlischt. Das Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird sohin in der Regel durch die Aufnahme der Beschäftigung im Betrieb des Dienstnehmers begründet (VwGH 2013/08/0183).

Im vorliegenden Fall ist der genannte D, welcher Fleisch für den eigenen Bedarf im Betrieb des Beschwerdeführers eingekauft hat, für diesen innerhalb des Betriebs in Arbeitskleidung, welche er allerdings getragen hat, um sich das Fleisch, welches er zu kaufen beabsichtigte, selbst aussuchen zu können, für den Beschwerdeführer insofern tätig geworden, als er einige Kisten mit Fleisch in einen Transporter verbracht hat, wobei ihm diese Tätigkeit vom Beschwerdeführer nicht aufgetragen wurde, er allerdings über die Arbeitsabläufe aufgrund seiner vorherigen Tätigkeit für den Beschwerdeführer Bescheid wusste, sowie ihm für diese ohne Wissen des Beschwerdeführers getätigte Mithilfe, bei welcher es sich um einige für kurze Zeit verrichtete Handgriffe handelte und die D nach eigenen Angaben aus reiner Gefälligkeit durchführte, keinerlei Gegenleistung zugesagt war und er sich eine derartige auch nicht erwartet hat. In einer Gesamtbetrachtung des festgestellten Sachverhaltes ist deshalb davon auszugehen, dass es sich bei den verrichteten Arbeiten, sohin der Verladetätigkeit um eine Hilfstätigkeit gehandelt hat, die als reiner Gefälligkeitsdienst anzusehen ist und auf welche die Bestimmungen des § 4 Abs. 2 ASVG deshalb keine Anwendung finden.

Aus den genannten Gründen liegt die dem Beschwerdeführer angelastete Verwaltungsübertretung nach dem ASVG nicht vor und war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben, sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Auch hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung unter Beachtung der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung getroffen.

Schlagworte

Sozialversicherungsrecht; Verwaltungsstrafe; Anmeldung; Pflichtversicherung; Unentgeltlichkeit; Gefälligkeitsdienst;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.695.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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