Entscheidungsdatum
12.06.2019Norm
BAO §4Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde des A vom 14. Jänner 2019 gegen den Bescheid der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der *** vom 13. Dezember 2018, Zl. ***, mit welchem einer Berufung vom 5. Dezember 2018 gegen einen Abgabenbescheid des Verbandsobmannes des Wasserleitungsverbandes der *** vom 7. November 2018, RechnungsNr. ***, betreffend die Vorschreibung einer Bereitstellungsgebühr für den Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 für die Liegenschaft *** in ***, keine Folge gegeben wurde, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der *** dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Verbandsobmannes vom 7. November 2018, RechnungsNr. ***, aufgehoben wird.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Sachverhalt und bisheriges Verfahren:
Mit Abgabenbescheid des Verbandsobmannes des Wasserleitungsverbandes der *** vom 7. November 2018, RechnungsNr. ***, wurde Herrn A (in der Folge: Beschwerdeführer) und Frau B für ihre Liegenschaft *** in *** eine Bereitstellungsgebühr für die Bereitstellung der Verbandswasserleitung für den Zeitraum von Oktober 2017 bis September 2018 vorgeschrieben. Die Gebühr wurde festgesetzt mit € 47,52 (zuzüglich Umsatzsteuer) gemäß § 2 der Wassergebührenordnung 2016 für einen eingebauten Wasserzähler der Verrechnungsgröße 3.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2018 brachte der nunmehrige Beschwerdeführer beim Wasserleitungsverband der *** gegen diesen Abgabenbescheid eine als Beschwerde bezeichnete Berufung ein. Auf der Liegenschaft habe in den vergangenen Jahren kein Wasserverbrauch stattgefunden, weshalb die jährliche Bereitstellungsgebühr nicht gerechtfertigt sei. Der Abrechnungszeitraum für die Bereitstellungsgebühr sei rechtswidrig. Das Objekt sei nicht bewohnt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der *** vom 13. Dezember 2018, Zl. ***, wurde aufgrund dieser Berufung der angefochtene Abgabenbescheid abgeändert. Die Bereitstellungsgebühr für die Bereitstellung der Verbandswasserleitung wurde für den Zeitraum von Juni 2018 bis September 2018 festgesetzt mit € 15,84 (zuzüglich Umsatzsteuer). Es sei für die Bereitstellungsgebühr ein falscher Zeitraum ermittelt worden, weshalb eine Änderung notwendig gewesen sei.
Mit Schreiben vom 14. Jänner 2019 brachte der Beschwerdeführer die Beschwerde gegen diesen Bescheid der Vollversammlung des Wasserleitungsverbandes der *** vom 13. Dezember 2018 ein und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Da auf der Liegenschaft seit Jahren kein Wasserverbrauch stattgefunden habe, sei auch eine jährliche Bereitstellungsgebühr nicht gerechtfertigt. Das Haus sei seit Jahren unbewohnt, es gebe auch keine Wasserverbraucher.
Die Beschwerde vom 14. Jänner 2019 und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Landesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 25. Jänner 2018 zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung am 6. Juni 2019 sowie Einsichtnahme in den vorgelegten, unbedenklichen Verwaltungsakt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
…
§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.
…
2.2. Gesetz über den Gemeindewasserleitungsverband der ***, LGBl. 1652:
§ 20 Wassergebühren
(1) Die Eigentümer der an die Verbandswasserleitung angeschlossenen Liegenschaften und die sonstigen in § 30 Abs. 5 bis 7 genannten Personen haben für die Benützung der Verbandswasserleitung folgende Gebühren zu leisten:
…
3. Bereitstellungsgebühren und
4. Wasserbezugsgebühren.
…
§ 24 Bereitstellungsgebühr
(1) Für die Bereitstellung der Verbandswasserleitung ist jährlich eine Bereitstellungsgebühr zu entrichten.
(2) Die Bereitstellungsgebühr ist das Produkt der Verrechnungsgröße des Wasserzählers (in m³/h) multipliziert mit einem Bereitstellungsbetrag. Dieser Bereitstellungsbetrag ist in der Wassergebührenordnung so festzusetzen, daß der Jahresertrag an Bereitstellungsgebühren 25 % des Jahresaufwandes des Verbandes nicht übersteigt. Er hat mindestens € 1,80 pro m³/h zu betragen und gilt einheitlich für alle Wasserzählergrößen.
(3) Wasserzähler werden entsprechend ihrem größten zulässigen Durchfluss (Überlastungsdurchfluss, Grenzbelastung, etc.) in Klassen eingeteilt und jeder Klasse wird eine Verrechnungsgröße zugeordnet.
…
§ 25 Wasserbezugsgebühr
(1) Für den Wasserbezug aus der Verbandswasserleitung ist eine Wasserbezugsgebühr zu entrichten.
…
(3) Der Ablesezeitraum ist in der Wassergebührenordnung festzusetzen und darf nicht kürzer als ein Monat sein.
§ 30 Entstehen des Gebührenanspruches, Gebührenschuldner
…
(3) Der Anspruch auf die Bereitstellungsgebühr und die Wasserbezugsgebühr entsteht mit dem Ablauf des Ablesezeitraumes, in dem die der Berechnung der Wasserbezugsgebühr zugrunde gelegte Wassermenge verbraucht wurde.
…
2.3. Wassergebührenordnung 2016:
Aufgrund der §§ 20 -26 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der ***, LGBl. 1652, in der Folge kurz Verbandsgesetz genannt, hat die Vollversammlung des Verbandes in ihrer Sitzung vom 15.12.2015 beschlossen:
§ 4 Ablesungs- und Teilzahlungszeiträume
(1a) Gemäß § 25 Abs. 3 des Verbandsgesetzes wird als Ablesezeitraum ein Jahr festgesetzt.
…
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Mit der angefochtenen Berufungsentscheidung wurde über eine Berufung gegen den Abgabenbescheid des Verbandsobmannes des Wasserleitungsverbandes der *** vom 7. November 2018, RechnungsNr. ***, betreffend die Vorschreibung einer Bereitstellungsgebühr, inhaltlich abgesprochen und eine Bereitstellungsgebühr in zweiter Instanz vorgeschrieben.
Die Bereitstellungsgebühr für die Bereitstellung der Verbandswasserleitung wurde für den Zeitraum von Juni 2018 bis September 2018 festgesetzt mit € 15,84 (zuzüglich Umsatzsteuer).
Aufgrund des Beschwerdevorbringens ist zunächst fraglich, ob die Vorschreibung der Bereitstellungsgebühr im gegenständlichen Fall dem Grunde nach zu Recht erfolgt ist. Die bescheidmäßige Vorschreibung einer Abgabe setzt ganz allgemein den Bestand einer Abgabenschuld (bzw. eines Abgabenanspruches der Gemeinde) voraus. Die Erfüllung des abgabenrechtlichen Tatbestandes ist Voraussetzung für die Vorschreibung einer Abgabe (vgl. VwGH 12.10.1984, 82/17/0085).
Nach § 4 Abs. 1 der von den Abgabenbehörden hier anzuwendenden Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Die jährliche Bereitstellungsgebühr ist ein Äquivalent, das der Liegenschaftseigentümer für die Bereitstellung der öffentlichen Wasserleitung zu entrichten hat. Als Abgabentatbestand der jährlichen Bereitstellungsgebühr sieht § 24 Abs. 1 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der *** dementsprechend auch „die Bereitstellung der Verbandswasserleitung“ vor. An der Bereitstellung der Verbandswasserleitung besteht im gegenständlichen Fall jedenfalls seit Öffnung des Anschlussventils im Mai 2018 kein Zweifel mehr.
Gemäß § 30 Abs. 3 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der *** entsteht der Anspruch auf die Bereitstellungsgebühr mit dem Ablauf des Ablesezeitraumes.
Gemäß § 25 Abs. 3 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der *** ist der Ablesezeitraum in der Wassergebührenordnung festzusetzen.
Gemäß § 4 Abs. 1a der Wassergebührenordnung 2016 ist als Ablesezeitraum ein Jahr festgesetzt.
Im gegenständlichen Fall wurde die Bereitstellungsgebühr für den Zeitraum von Juni 2018 bis September 2018 festgesetzt. Dieser Zeitraum stimmt nicht mit der in der Wassergebührenordnung festgelegten Dauer eines Ablesezeitraums überein. Dessen ungeachtet regelt die Wassergebührenordnung auch den Ablauf eines Ablesezeitraumes nicht.
Ein konkreter Zeitpunkt des Ablaufes des Ablesezeitraumes ergibt sich nicht aus der Wassergebührenordnung bzw. ist ein solcher Zeitpunkt in dieser Verordnung nicht geregelt. Mangels entsprechender Regelung des Ablaufes des Ablesezeitraumes in der Wassergebührenordnung konnte ein Abgabenanspruch gemäß § 30 Abs. 3 des Gesetzes über den Gemeindewasserleitungsverband der *** nicht entstehen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich bereits aus diesem Grund als rechtswidrig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Wasserbereitstellungsgebühr; Verbandswasserleitung; Abgabenanspruch; AblesungszeitraumEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.143.001.2019Zuletzt aktualisiert am
15.07.2019