TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/28 L526 2153644-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.2019
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Entscheidungsdatum

28.01.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L526 2153644-1/24E

L526 2153645-1/27E

L526 2153647-1/24E

L526 2153649-1/24E

L526 2153651-1/24E

L526 2153655-1/25E

L526 2153660-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M.. über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.8.2018 und am 16.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M.. über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.08.2018 und am 16.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M.. über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.08.2018 und 16.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M.. über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3.8.2018 und am 16.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M.. über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.08.2018 und am 16.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M.. über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.08.2018 und am 16.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

7. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Petra Martina Schrey, LL.M., über die Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , StA. Irak, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, Wattgasse 48, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 03.08.2018 und am 16.10.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge auch kurz "BF" oder gemäß der ihrer Nennung im Spruch als "BF1" bis "BF7" genannt) stellten im Gefolge ihrer schlepperunterstützten unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet am 13.5.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.5.2015 brachten die Antragsteller im Hinblick auf ihren Reiseweg zusammengefasst vor, den Irak am 7.2.2015 mit dem Flugzeug in die Türkei verlassen zu haben, wo die Familie cirka fünfundzwanzig Tage geblieben und dann mit einem Boot weiter nach Griechenland gefahren sei. Dort wären sie für vier Tage in einem Camp untergebracht worden und seien dann weiter nach Athen gefahren, wo sie sich etwa einen Monat aufgehalten hätten. Drei Tage vor Antragstellung hätten sie Griechenland mit einem LKW in Richtung Österreich verlassen.

Zu den Gründen ihrer Ausreise aus dem Heimatland befragt, führten die befragten BF aus, dass BF2 als Händler im Irak gearbeitet habe und deshalb bedroht worden sei.

BF2 führte aus, ein schiitischer Mann habe bei ihm Ware für 100.000 Dollar erworben und ihm das Geld dafür nie bezahlt. Er habe öfters versucht, ihn zu kontaktieren, damit er die Schulden bezahle. Am 5.2.2015 habe er einen Drohbrief bekommen, in welchem stand, dass BF2 umgebracht werde und am 6.2. habe er einen anonymen Anruf bekommen, dass er und die gesamte Familie in Gefahr seien.

BF7 brachte vor, ihr Mann, welcher Händler im Irak gewesen sei, habe große Probleme mit einem Mann gehabt, welcher ihm große Geldsummen geschuldet habe. "Sie" hatten ihn zwei Mal bedroht. Einmal hätten sie ihm einen Brief in der Garage hinterlassen, das zweite Mal hätten sie ihn angerufen. Deshalb hätten sie sich entschieden, das Land zu verlassen ("... Deshalb entschieden wir, dass wir das Land verlassen müssen.", siehe Verfahrensakt, Zl. XXXX ).

1.2. Nach Zulassung des Verfahrens wurden BF2 bis BF4, BF6 und BF7 am 20.02.2017 vor der nunmehr belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge auch kurz "bB" genannt), Regionaldirektion Niederösterreich, im Beisein eines gerichtlich beeideten Dolmetschers in arabischer Sprache niederschriftlich vor dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.

Zur Person befragt, gaben die BF an, sie gehörten der Volksgruppe der Araber an und würden sich zum Islam der sunnitischen Glaubensrichtung bekennen. Zuletzt habe die Familie im Zentrum von XXXX gelebt. BF1 habe vier Brüder und fünf Schwestern. Die Eltern sowie zwei Brüder und die Schwestern lebten noch im Irak. Einer der Brüder sei die meiste Zeit in der Türkei und habe ein Textilgeschäft und ein Schuhgeschäft in XXXX . Der andere Bruder arbeite im Geschäft seines Vaters. Die Schwestern seien Hausfrauen. Die Besitztümer des BF2 seien beschlagnahmt worden. Sein Vater betreibe noch ein Geschäft, jedoch müsse dieser Geld an eine Miliz zahlen.

Befragt nach dem Grund für das Verlassen des Heimatstaates legte BF2 dar, er habe seinem Nachbarn vier Autos im Wert von 100.000 Dollar verkauft. Die Hälfte habe dieser bezahlt, den Rest habe er einen Monat danach bezahlen wollen. Nachdem die Frist verstrichen war, sei BF2 zu diesem Mann gegangen und habe sein Geld verlangt. "Sie" meinten, dass er warten solle. Er habe aber seine monatlichen Verbindlichkeiten. Sie meinten dann, dass das eine Spende sei und sie der Forderung nicht nachkommen wollten. BF2 habe den Vorfall dann in der Nachbarschaft weitererzählt. Am 5.2. habe er dann ein SMS von XXXX , dem Nachbarn, erhalten, der ihn telefonisch bedroht habe und am 6.2. habe er dann wieder einen Anruf erhalten, in welchem er aufgefordert wurde, das Land zu verlassen. Er habe gemeint, es sei besser für BF2 schon an diesem Tag den Irak zu verlassen, sonst würde es ernste Probleme geben. Am selben Tag habe BF2 dann einen Flug für sich und die Familie gebucht. Am 7.2.2015 sei dann der Flug gewesen. Keiner habe davon gewusst.

Nach Details befragt, gab BF2 an, das erste Mal, dass er zu diesem Mann ging, sei am 1.12.2014 gewesen, das zweite Mal am 2.1.2015 und das dritte Mal am 1.2.2015. Er habe den Vorfall einem Offizier erzählt; dessen Erklärung sei aber für ihn aussichtslos gewesen und so habe er keine Anzeige erstattet. Weil er über das Geschehen gesprochen habe bzw. das weitererzählt habe, sei das sehr gefährlich und er hätte sich damit der Todesgefahr ausgesetzt. Nachdem die Familie den Irak verlassen habe, seien die Geschäfte des BF2 beschlagnahmt worden. Die dort anwesenden Mitarbeiter seien misshandelt und vertrieben worden. BF2 sei sogar beschuldigt worden, dass er ihnen Geld schulde. Dann seien sie auch zu seinem Vater gegangen. Sie hätten über BF2 geschimpft und gesagt, dass er ihnen Geld schulde und BF2 es nicht verdiene, weiter im Irak zu leben. Sobald man ihn sehe, würde man ihn töten. Sie hätten gesagt, sie würden ihn finden. Nachgefragt, wer genau dort gewesen sei, gab BF2 an, es seien XXXX und XXXX gewesen mit ihren bewaffneten Milizen.

Seine Mutter habe ihm auch einen Drohbrief per WhatsApp geschickt, welcher bei ihr im Haus abgegeben worden sei. Dieser sei von XXXX gewesen und BF2 habe ihn am 7.7.2015 erhalten, als er in Istanbul war.

In der Türkei habe die Familie nicht bleiben können, da BF2 im Fernsehen gesehen habe, dass zwei irakische Journalisten im Irak umgebracht worden seien.

Befragt, warum er nicht innerhalb des Irak den Wohnsitz gewechselt habe, um in Sicherheit leben zu können, gab BF2 an, er sei Händler und habe auch seiner Familie etwas bieten wollen. Wo anders hätte er von Null anfangen müssen.

Im Falle einer Rückkehr in den Irak befürchte BF2 den Tod für sich und seine Familie. Als der Mann bei seinem Vater war, habe dieser mündlich gesagt, dass die Drohung für BF2 und seine Familie gelte.

Befragt, ob er Probleme wegen seiner Religionszugehörigkeit habe, gab BF2 an, dass er Probleme mit der von ihm erwähnten schiitischen Miliz hatte, weil er Sunnit sei ("Ja, weil ich Sunnite bin. Nachgefragt, mit dieser oben erwähnten Miliz, welche Schiiten sind.").

Zu dem Haus, in welchem die Familie bis zur Ausreise aus dem Irak gewohnt hat, gab BF2 an, dieses stünde leer, niemand lebe darin. Er habe noch zwei unbebaute Grundstücke in XXXX gehabt, welche aber von einer Miliz beschlagnahmt worden seien.

BF7, die Ehregattin des BF2, gab zu den Ausreisegründen an, sie wisse nur, dass irgendwelche Leute Geld von ihrem Mann haben wollten. Ihr Mann habe ihr davon erst in der Türkei erzählt. Nachgefragt gab sie an, sie wisse nicht, wer die Verfolger seien. Ihr Mann kenne sie namentlich auch nicht. Es habe zwei Drohungen gegeben, vermeintlich am 4. oder 5.2. und am 6.2.2015. Es habe einen Telefonanruf gegeben und die zweite sei Drohung mittels eines Drohbriefes erfolgt, welcher an der Windschutzscheibe des Autos angebracht worden sei. Aus der Türkei hätten sie flüchten müssen, da der Schwiegervater angerufen und sie gewarnt habe, dass diese Leute wissen, wo sie wohnten.

Zu dem Haus, in welchem die Familie bis zur Abreise gewohnt hat, gab B7 an, es handle sich um ein Eigentumshaus, darin würden jetzt die Schwiegereltern und drei Brüder ihres Mannes wohnen ("Wir haben ein Eigentumshaus in XXXX .".siehe Verfahrensakt, Zl. XXXX ).

BF1 gab an, er glaube, dass er im Sommer 2015 das letzte Mal im Irak gewesen sei. Seine Großeltern und seine Onkel würden jetzt in ihrem Haus in XXXX wohnen. Befragt, ob er von Problemen, die es im Irak gegeben habe, wisse, gab BF1 an, er habe einmal miterlebt, dass es eine Autoexplosion gegeben habe und sein Bruder Musa sei entführt worden. Letzters wurde durch BF2, welcher als gesetzlicher Vertreter bei der Befragung dabei war, auf Nachfrage des einvernehmenden Organes verneint.

BF3 gab an, es sei ihm vom Vater von den Drohungen erzählt worden. Die Drohung sei nur an den Vater gerichtet gewesen. Er persönlich sei nicht bedroht worden, sein Bruder ebenfalls nicht. BF3 gab auch an, er habe ein Auto im Irak gehabt, das der Vater kurz vor ihrer Wegfahrt, im Jahr 2013 verkauft habe. Auf Vorhalt, ob die Ausreise demnach schon im Jahr 2013 geplant war, korrigierte sich BF3 dahingehend, dass das Auto zwei Jahre vor der Ausreise verkauft worden sei. In der Türkei hätten sie nicht bleiben können, da sie telefonisch vom Großvater gewarnt worden seien. Der Vater hätte die Personen gekannt.

BF4 gab zu den Drohungen an, der Vater hätte ihm gesagt, Geschäftsleute hätten Geld von ihm haben wollen. Im Falle der Nichtzahlung würden sie jemanden von der Familie umbringen. Es habe geheißen, es werde einer der Söhne umgebracht werden. Zur Bedrohung des Großvaters befragt, gab BF4 an, er habe dies über Facebook und What¿s App erfahren. Auf Aufforderung einen screenshot vorzulegen, korrigierte sich BF4 dann dahingehend, dass er dies nur telefonisch erfahren habe. Zu den Bedrohungen in der Türkei gab er an, dass die Bedroher XXXX und XXXX geheißen hätten. Der Großvater habe dem Vater dies erzählt. Dieser hätte es auch nicht gewusst.

BF6 gab an, sie habe keine eigenen Fluchtgründe. Ob die Familie im Irak Probleme gehabt habe, wisse sie nicht. Zum Haus, in welchem die Familie wohnte, gab BF6 an, es habe sich um ein Eigentumshaus gehandelt. Nun lebten die Großeltern und der jüngste Onkel dort. Zwei weitere Onkel wohnten gelegentlich dort.

Alle befragten BF gaben übereinstimmend an, dass BF2 die Familie von den Gründen für die Ausreise erst in der Türkei informiert hätte.

In den Akten erliegen folgende Dokumente

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Ein Schreiben an einen unbekannten Adressatenkreis, in welchem BF2 kundtut, dass er sich als Detektiv für Flüchtlinge betätigen und alten und kranken Menschen helfen möchte

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Vier Empfehlungsschreiben

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Verschiedene Fotos, auf denen die BF bei verschiedenen Veranstaltungen und als "Sternsinger" verkleidet zu sehen sind

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Berichte über die Teilnahme der BF bei Deutschkursen

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Personalausweise, ein Staatsbürgerschaftsnachweis und ein Führerschein samt Übersetzung

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Eine Ablichtung eines Dokumentes in Arabischer Sprache, welches als "Kuranverse über den Kamp gegen die Ungläubigen" bezeichnet wird

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Weitere Ablichtungen von Ausweisen und Dokumenten in arabischer Sprache

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Bescheinigungen über die Teilnahme an einem Erste-Hilfe Grundkurs

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Zertifikate über die bestanden Prüfungen der Familienmitglieder "ÖSD Zertifikat" A1 bis A2

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Bestätigungen über die Teilnahme der Familienmitglieder an einem Deutschkurs des Wirtschaftsförderungsinstitutes und der Wirtschaftskammer Oberösterreich

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Eine Teilnahmebestätigung am "Wertedialog - eine Initiative des Frauenreferates des Landes Oberösterreich" betreffend BF7

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Zwei Zeitungsartikel über einen Lehrgang für Asylwerberinnen

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Eine Ablichtung eines Briefumschlages, aus welcher ersichtlich ist, dass ein Poststück an BF2 adressiert ist

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Ein Formular in türkischer Sprache

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Fotos, auf dem verschiedene Personen (u.a. die männlichen BF), Geschäftsregale, Häuser und ein Porsche zu sehen sind

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Ein Vertrag für die Ausbildung im Lehrberuf Koch abgeschlossen zwischen einer oberösterreichischen Gaststättenbetriebsgesellschaft und BF4

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Eine Bestätigung des Abschlusses eines Lehrganges am BHS für Jugendliche ohne Kenntnisse der Unterrichtssprache Deutsch mit der Fachpraxis kaufmännisches Praktikum betreffend BF3 sowie BF6

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Eine Teilnahmebestätigung über eine Teilnahme am Lehrgang "Basisbildung Oberösterreich" mit 272 (15 Wochen) Unterrichtseinheiten über die Zeit vom 7.9.1015 bis 22.12.2015 betreffend BF6

1.3. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2017 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurden die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

Die bB begründete die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass dem Vorbringen der BF aufgrund von widersprüchlichen und nicht nachvollziehbaren Angaben nicht geglaubt werden konnte.

Zudem wurde festgestellt, dass den BF auch keine Gefahr drohe, die eine Gewährung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Die bB traf auch umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak. Die Rückkehrentscheidung verletze nicht das Recht auf ein Privat- und Familienleben im Bundesgebiet und würden auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vorliegen.

1.4. Mit Verfahrensanordnung vom 17.3.2017 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

1.5. Der oben genannte Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde durch eine fristgerecht eingebrachte gemeinsame Beschwerde der BF vollumfänglich in Beschwerde gezogen.

In dieser wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert und beantragt, den angefochtenen Bescheid abzuändern und dem Antrag auf internationalen Schutz Folge zu geben und den Beschwerdeführern der Status von Asylberechtigten zuerkennen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Einleitend wird eine neuerliche Darstellung der Fluchtgeschichte geboten, in welcher erstmals vorgebracht wird, dass der Nachbar und Verfolger des BF2 Imam in einer Moschee in XXXX sei. Gerügt wird, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine Beweiswürdigung entsprechend der Vorgaben des §§ 45 Abs. 2 und 60 AVG getätigt habe und es wurde ausgeführt, dass Behauptungen eines Asylwerbers keinesfalls durch Behauptungen und Vermutungen der Behörde widerlegt werden dürften. Die belangte Behörde habe auch übersehen, dass die BF zwischenzeitlich ihrer Existenzgrundlage beraubt worden seien und hätte sie wegen der katastrophalen Sicherheitslage in XXXX auch den Status der Subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen müssen. Dazu wurde eine Anfragebeantwortung von "Accord" zur Sicherheitslage in XXXX vom 29. Dezember 2016 beigeschlossen. Ferner wurde ein E-Mail des BF2 an seine Rechtsvertretung mit einem "Dropbox"-Link sowie weitere Dokumente (neben den bereits vorgelegten Dokumenten wurde auch eine Bestätigung über die Teilnahme des BF2 an einem Kurs "Deutsch A2 Teil 2 für AsylwerberInnen ..." und eine Betätigung des Roten Kreuzes beigelegt, aus welchem hervorgeht, dass BF2 als freiwilliger Dolmetscher im Tansitzelt XXXX tätig war bzw. ist).

1.6. Die Beschwerdevorlage langte am 21.04.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Rechtssache wurde am 1.9.2017 der nun zur Entscheidung berufenen Abteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugewiesen.

1.7. Zusammen mit der Einladung zu einer mündlichen Verhandlung wurden aktuelle Länderdokumentationsunterlagen übermittelt und wurde den BF eine Stellungnahme hiezu freigestellt.

1.8. Am XXXX .2018 und am XXXX 2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung im Beisein der Beschwerdeführer, ihrer rechtsfreundlichen Vertretung und eines Dolmetschers für die arabische Sprache durchgeführt. Im Verlauf dieser Verhandlung wurde den Beschwerdeführern Gelegenheit gegeben, neuerlich ihre Ausreisemotivation umfassend darzulegen und wurden sie auch zu ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Integration in Österreich befragt.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden mit den BF nachfolgende Länderfeststellungen erörtert und wurden diese als Beilage zur Verhandlungsschrift genommen:

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Länderkundliche Informationen der Gerichtsabteilung zur Lage der Republik Irak vom 4.6.2018

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Eine "Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED)" betreffend den Irak im 1. und 2. Quartal 2018

Der Vertreter der BF verwies auf das bisherige Vorbringen und führte zur oben genannten Kurzübersicht in der Beschwerdeverhandlung mündlich aus, dass aus dem zuvor genannten Dokument ersichtlich sei, dass die Lage im Irak weiterhin volatil und gleichbleibend schlecht sei.

Zu den bereits vorgelegten Unterlagen wurden anlässlich der mündlichen Verhandlung zusätzlich folgende zum Akt genommen:

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Fotos, auf dem die Familienmitglieder bei verschiedenen sozialen Aktivitäten (wie etwa Festen oder Ausflügen), in einer Kirche oder bei kirchlichen Veranstaltungen (u.a. verkleidet als Krampus und Nikolaus) sowie mit einer Person, die aus dem Österreichischen Rundfunk bekannt ist, zu sehen sind

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Für BF1: eine Urkunde über die Teilnahme an einer Ferienwoche; ein Schreiben des "BORG XXXX " über einen Informations- und Elternabend; eine Schulbesuchsbestätigung des Bundes-Oberstufenrealgymnasium XXXX sowie ein Zeugnis; eine Teilnahmebescheinigung über einen Lehrgang am Berufsförderungsinstitut vom 20.9.2017; ein Prüfungszeugnis über die Sprachniveaustufe A1, eine Bestätigung über den Besuch der Übergangsstufe für Flüchtlinge an der Handelsakademie XXXX vom 17.2.2017 sowie ein Abschiedsschreiben der Mitschüler

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Für BF2: Ein Meldezettel und Bestätigungen über die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs und an verschiedenen Sprachkursen; ein Zertifikat, aus welchem hervorgeht, dass BF2 die Prüfung zum Sprachniveau "Deutsch Österreich A1" gut bestanden hat; ein Zertifikat, aus welchem hervorgeht, dass BF2 die Prüfung zum Sprachniveau "Deutsch Österreich B1" nicht bestanden nicht hat

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Für BF4: Bestätigungen über die Teilnahme an einem Werte- und Orientierungskurs; eine Bestätigung über den Besuch der Berufsschule

XXXX und ein Jahreszeugnis vom 3.5.2017 sowie eine Entscheidung der Berufsschule vom 28.4.2017, in welcher dargelegt wird, dass BF4 zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe nicht berechtigt ist; ein Empfehlungsschreiben der Mitschüler aus der Übergangsstufe der HAK

XXXX , in welchem sich die Unterzeichnenden über den abweislichen Bescheid der bB betroffen zeigen; ein Bescheid des AMS, mit welchem eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Koch (Lehrling/Auszubildender) ausgesprochen wird; Bestätigungen über die Teilnahme an verschiedenen Sprachkursen; ein Zertifikat, aus welchem hervorgeht, dass BF4 die Prüfung zum Sprachniveau "Deutsch Österreich B1" nicht bestanden hat

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Für BF6: Zeugnisse des Lehrganges Übergangsstufe an BMHS für Jugendliche mit geringen Kenntnissen der Unterrichtssprache Deutsch aus den Jahren 2016 und 2017, eine Schulbesuchsbestätigung für die landwirtschaftliche Fachschule in XXXX vom 30.6.2017 sowie ein Empfehlungsschreiben einer Person, deren Funktion in der zuvor genannten Fachschule nicht näher bezeichnet ist; ein Empfehlungsschreiben des Berufsförderungsinstitutes, unterzeichnet von einer Person, deren Funktion in diesem Institut nicht näher genannt ist; eine Anmeldebestätigung für den Pflichtabschluss-Lehrgang am Berufsförderungsinstitut

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Für BF7: Bestätigung für die Teilnahme an verschiedenen Sprachkursen sowie ein Zertifikat, aus welchem hervorgeht, dass die Prüfung zum Sprachniveau "Deutsch Österreich B1" nicht bestanden wurde.

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Zwei Empfehlungsschreiben von Bekannten der Familie

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Eine Bestätigung über Tätigkeiten des BF2 bis BF4 am Bauhof XXXX als "Teilzeit-Aushilfsarbeiter"

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Eine Einstellungszusage einer oberösterreichischen Gesellschaft für Landmaschinenproduktion und Metallverarbeitung

3.7. Am 8.10.2018 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführer ein, in welchem - erstmals - ausgeführt wurde, dass BF6 und BF7 der sozialen Gruppe der westlich orientierten Frauen zugehörig seien und als solche im Irak verfolgt würden. Zu diesem Thema wurde aus einer Anfragebeantwortung zur Lage westlich orientierter Frauen im Irak vom 30. 4.2018 zitiert. Ferner wurde in dieser Stellungnahme auf die Lage von Sunniten im Irak hingewiesen und Berichte dazu zitiert.

3.8. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte den Beschwerdeführern am 11.12.2018 aktualisierte Länderdokumentationsunterlagen zur Lage im Herkunftsstaat sowie einen Artikel des Österreichischen Roten Kreuzes über das Schulsystem im Irak aus Mai 2017.

3.9. In ihrer Stellungnahme dazu brachten die BF unter anderem vor, dass aus den vorgelegten Länderinformationen zweifelsfrei hervorginge, dass das Bildungssystem im Irak einem zunehmenden Einfluss der Religionen ausgesetzt sei und diesbezüglich weitere, vor allem Frauen betreffende Verschlechterungen zu befürchten seien. Aus den vorgelegten Informationen gehe zwar hervor, wie das Bildungssystem im Irak aufgebaut sei, nicht jedoch, welche Gefahren auf dem Hin- und Rückweg zu bzw. von einer Schule bestehen. Aufgrund ihrer westlichen Orientierung würde sich vor allem BF6 einer erhöhten Gefahr aussetzen.

Unter Anführung von Berichten aus den übermittelten Länderinformationen wurde zudem auf die instabile Sicherheitslage und die von den schiitischen Milizen ausgehenden Gefahren sowie die schlechte Versorgungslage hingewiesen.

Zudem wurde dargelegt, dass eine Prüfung mehrerer Umstände gegen eine innerstaatliche Fluchtalternative sprechen würde. Die sichere Erreichbarkeit sämtlicher Gebiete im Irak liege nicht vor und gestalte sich die Sicherheitslage generell als nicht stabil. Auch sei auf die schlechte Wirtschaftslage und der damit verbundenen Arbeitssituation zu verweisen. Es sei zu berücksichtigen, dass sich das Land in den Nachwehen eines Krieges befinde und die Folgen allgegenwärtig seien. Der irakischen Regierung sei es nicht möglich, Kontrolle auszuüben und staatlichen Schutz zu gewährleisten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer führen den im Spruch genannten Namen. Sie stellten sich der sunnitischen Glaubensrichtung zugehörig dar.

BF2 und BF7 sind Ehegatten. BF1, BF3 bis BF6 sind die gemeinsamen Kinder. BF1 (geboren im Jahr XXXX ) und BF5 (geboren im Jahr XXXX ) sind minderjährig.

Die BF reisten schlepperunterstützt bis nach Österreich und stellten am 13.05.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die BF stammen aus XXXX und wohnten dort im Zentrum.

BF2 betrieb in XXXX mehrere Geschäfte mit insgesamt fünfundzwanzig Mitarbeitern, in welchen mit Sportartikeln, Textilien und Autos gehandelt wurde. In einigen dieser Geschäfte haben seine Söhne, BF3 und BF4, mitgearbeitet und BF2 bei der Geschäftsführung unterstützt.

BF2 besuchte die Volks- und Mittelschule und diplomierte im Jahr 1997 in der Fachrichtung Elektrotechnik am technischen Institut in XXXX . BF2 hat den regulären Militärdienst absolviert.

BF7 besuchte sechs Jahre lang die Volksschule, drei Jahre lang die Mittelschule und ein Jahr das Gymnasium bis sie heiratete. Seitdem ist sie Hausfrau und Mutter von fünf Kindern.

BF3 besuchte sechs Jahre lang die Volksschule und hat anschließend seinem Vater in dessen Handelsbetrieben geholfen.

BF4 besuchte sechs Jahre lang die Volksschule und drei Jahre lang die Mittelschule, welche er jedoch nicht abgeschlossen hat. Ab dem 15. Lebensjahr arbeitete er in den Handelsbetrieben seines Vaters.

BF6 besuchte sechs Jahre lang die Volksschule und vier Jahre lang die Mittelschule. Einen Abschluss der Mittelschule konnte sie nicht machen, da die Familie davor aus dem Irak ausgereist ist.

BF1, BF5, BF3 und BF6 haben die Übergangsstufe für Flüchtlinge an der Handelsakademie XXXX besucht.

BF6 besuchte auch die Übergangsklasse für Schülerinnen mit geringen Deutschkenntnissen an der landwirtschaftlichen Fachschule XXXX und nimmt zurzeit am Pflichtabschluss-Lehrgang des Berufsförderungsinstitutes teil.

BF4 hat am 3.10.2016 einen Lehrvertrag mit einer oberösterreichischen Gaststättenbetriebsgesellschaft abgeschlossen, hat bis 9.6.2017 als Arbeiterlehrling gearbeitet und die erste Klasse der Berufsschule besucht.

Alle BF leben aktuell aus Mitteln der Grundversorgung. Alle BF gingen verschiedenen freiwilligen unentgeltlichen Beschäftigungen und/oder Schnuppertätigkeiten in Österreich nach. Die BF können eine Einstellungszusage vorlegen.

Die BF können sich in der deutschen Sprache gut verständigen, wobei sich das jeweilige Niveau der BF1 bis BF4, BF6 und BF7 jeweils im Spektrum von A1 bis A2 bewegt. BF5 spricht sehr gut Deutsch.

Die BF sind strafrechtlich unbescholten.

Die BF leiden an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen. BF2 leidet unter chron. rezidiv. epigastrischen Beschwerden. Der Gesundheitszustand des BF2 steht einer Rückführung in den Irak jedoch nicht im Wege.

Die BF verfügen über einen Freundeskreis, der sich überwiegend aus ihren Nachbarn und Mitschülern zusammensetzt und sie nehmen an sozialen Aktivitäten teil. BF5 spielt in einem Fußballverein.

BF4 hat seit zwei Jahren eine Freundin in Österreich. Er lebt mit seiner Familie zusammen in XXXX . Gelegentlich besuchter er seine Freundin in XXXX .

Die BF gehören keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF im Irak vor ihrer Ausreise einer individuellen Verfolgung oder einer sonstigen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt waren oder sie im Falle einer Rückkehr in den Irak einer solchen ausgesetzt wären. Insbesondere konnte nicht festgestellt werden, dass die BF im Herkunftsstaat wegen offener Geldforderungen des BF2 oder Forderungen diesem gegenüber oder wegen dessen Lebenswandels oder aus anderen Gründen seitens schiitischer Milizen oder Vertretern solcher bedroht oder angegriffen wurden, diese anderweitige Übergriffe zu gewärtigen hatten oder solchen im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wären.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass BF2 durch eine ihm unterstellte Tätigkeit als Agent für die USA oder den israelischen Auslandsgeheimdienst der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

Die BF unterliegen im Fall einer Rückkehr in den Irak keiner mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretenden Gefährdung aufgrund ihres Bekenntnisses zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

BF2 und BF6 unterliegen im Fall einer Rückkehr in den Irak keiner mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretenden Gefährdung wegen einer (unterstellten) westlichen Orientierung bzw. eines selbstbestimmten Lebensstils oder einer geschlechtsspezifischen Verfolgung im Hinblick auf den Zugang zu Bildung.

Die BF werden im Fall einer Rückkehr nicht der Todesstrafe unterzogen werden und es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Verletzung ihrer durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt sind oder dass sonstige Gründe vorliegen, die ihrer Rückkehr oder Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Bei den BF handelt es sich um gesunde, arbeitsfähige Menschen. BF2 bis BF4 verfügen über Berufserfahrung im Handel und kaufmännischen Kenntnissen.

Von Seiten der Familie des BF2 leben in XXXX zumindest noch die Mutter, fünf Schwestern mit ihren Familien, mehrere Onkel väterlicherseits und mehrere Onkel mütterlicherseits. Auch die Eltern und die Geschwister (drei Schwestern, fünf Brüder) der BF7 mit ihren Familien wohnen alle in XXXX ; BF7 pflegt regelmäßig Kontakt mit ihnen. Bei den Verwandten der BF handelt es sich um Sunniten. Im Haus, in welchem die BF bis zu ihrer Ausreise wohnten und welches im Eigentum der BF steht, wohnt zumindest noch die Mutter des BF2. Der Vater des BF2 ist mittlerweile verstorben. Es kann nicht festgestellt werden, dass dieses Haus und die darin befindlichen Fahrnisse zerstört oder konfisziert wurden und die BF zwischenzeitig ihrer Existenzgrundlage beraubt wurden. Es kann nicht festgestellt werden, dass BF2 aus seiner Familie ausgeschlossen wurde.

Die BF verfügen daher im Fall der Rückkehr über eine Wohnmöglichkeit und werden auch wieder Aufnahme im Familienverband finden.

BF2 bis BF4 ist darüber hinaus die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung des Auskommens für die Familie möglich und zumutbar.

Den schulpflichtigen BF steht der Zugang zum irakischen Schulsystem offen. Nach Beendigung ihrer schulischen Laufbahn ist auch ihnen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit möglich und zumutbar.

1.2. Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

1. Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazät) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack

27.9.2018) . Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vgl. IRIS 11.5.2018).

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der politischen Führung (LSE 7.2018; vgl. IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

-

Al Jazeera (15.9.2018): Deadlock broken as Iraqi parliament elects speaker,

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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