Index
L85004 Straßen Oberösterreich;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Ernst Strasser in Stadl-Paura, vertreten durch Dr. Reinhard Schwarzkogler und Mag. Norbert Stiefmüller, Rechtsanwälte in Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 1998, Zl. BauR - 250723/9 - 1998/SEE/Lg, betreffend Enteignung nach dem O.ö. Straßengesetz 1991 (mitbeteiligte Partei: Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die dem Beschwerdefall zugrunde liegende Verwaltungsrechtssache war bereits Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/05/0083, auf welches zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird. Der damals angefochtene Bescheid der belangten Behörde wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Begründung ausgeführt:
"Liegt daher ein Antrag auf Enteignung gemäß § 35 Abs. 1 O.ö. StrG 1991 vor, so hat die Behörde zu prüfen, ob eine straßenbaurechtliche Bewilligung gemäß § 32 O.ö. StrG 1991 oder ein Feststellungsbescheid gemäß § 31 Abs. 1 letzter Satz leg. cit. betreffend das Bestehen oder Nichtbestehen der straßenbaurechtlichen Bewilligungspflicht für den Bau der Straße vorliegt. Fehlt die straßenbaurechtliche Bewilligung oder ein Feststellungsbescheid gemäß § 31 Abs. 1 letzter Satz O.ö. StrG 1991, so hat die Behörde Feststellungen darüber zu treffen, daß eine straßenbaurechtliche Bewilligung aufgrund des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 1 zweiter Satz O.ö. StrG 1991 nicht erforderlich ist. Im angefochtenen Bescheid fehlen solche Feststellungen, obwohl aufgrund des Antrages der mitbeteiligten Partei, welcher auf 'Enteignung' der für den Ausbau und die Gehsteigerrichtung ... im Baulos 'Stadl-Paura' (km 1,445 bis km 3,080) erforderlichen Grundflächen ...gerichtet ist, mangels Vorliegens einer straßenbaurechtlichen Bewilligung sachverhaltsbezogene Ermittlungen darüber erforderlich gewesen wären, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 1 zweiter Satz O.ö. StrG 1991, bei deren Erfüllung eine straßenbaurechtliche Bewilligung nicht erforderlich ist, vorliegen. Mangels begründeter Feststellungen betreffend die Erforderlichkeit einer straßenbaurechtlichen Bewilligung für den Bau der Bezirksstraße Nr. 1315 Baulos 'Stadl-Paura' zwischen km 1,445 und km 3,080 gemäß § 31 f O.ö. StrG 1991 entzieht sich daher der angefochtene Bescheid einer Prüfung auf seine Rechtmäßigkeit, weshalb er schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war."
Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid wurden die von der mitbeteiligten Partei für den Ausbau (Umbau) bzw. die Gehsteigerrichtung an der Stadl-Pauraer Landesstraße Nr. 1315 im Gebiet der Marktgemeinde Stadl-Paura beanspruchten Grundflächen des Beschwerdeführers gemäß §§ 35 und 36 des O.ö. Straßengesetzes 1991 in Verbindung mit dem Eisenbahnenteignungsgesetz enteignet. Hiebei handelt es sich um ca. 105 m2 des Grundstückes Nr. 127, KG Stadl-Hausruck, und ca. 10 m2 des Grundstückes Nr. 107, KG Stadl-Hausruck, je im Eigentum des Beschwerdeführers, zum Zwecke der dauernden Grundinanspruchnahme, und ca. 20 m2 des dem Beschwerdeführer gehörigen Grundstückes Nr. 107, KG Stadl-Hausruck, zum Zwecke der vorübergehenden Grundinanspruchnahme.
Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, wurde in der Begründung ausgeführt, die Stadl-Pauraer Landesstraße sei bereits in den Jahren 1982 bis 1988 am Bestand mehrfach saniert und dabei auch ein Gehsteig miterrichtet worden. Der nunmehr in Angriff genommene Bauabschnitt, für den die gegenständliche Enteignung erforderlich sei, beziehe sich auf den Abschnitt von km 1,5058 bis km 1,668 in einer Länge von ca. 162 m. Das Projekt sehe im wesentlichen einen Ausbau (Umbau) am Bestand vor. Der Längenschnitt soll dabei aber nicht verändert werden. Lediglich die Fahrbahnbreite, die derzeit auf eine Länge von lediglich ca. 40 m die erforderliche Breite von 6,50 m aufweise, solle, beginnend vom Profil Nr. 11 (0 m), über Profil Nr. 12 (0,50 m), Profil Nr. 13 (0,30 m) und Profil Nr. 14 (0,15 m) bis Profil Nr. 15 (0 m) auf diese einheitlich verbreitert werden (Profil Nr. 13 und 14 bezieht sich auf die enteigneten Grundstücksteile). Aufgrund dieser geringfügigen Umbaumaßnahmen sei davon auszugehen, daß die Anlageverhältnisse insgesamt nur unwesentlich verändert würden, auch die Schutzgüter des § 13 Abs. 1 O.ö. StrG 1991 nur in einem geringfügigen Ausmaß und fremde Rechte überhaupt nicht berührt würden. Weiters sei in dem betreffenden Bauabschnitt von km 1,500 bis km 1,570 die Errichtung eines rechtsseitigen Gehsteiges und von km 1,575 bis km 1,688 die Errichtung eines linksseitigen Gehsteiges vorgesehen. Da im Sinne des § 31 Abs. 1 des
O.ö. Straßengesetzes 1991 eine Bewilligung für Umbaumaßnahmen, durch die die Anlageverhältnisse nur unwesentlich verändert und die Schutzgüter des § 13 Abs. 1 leg. cit. sowie fremde Rechte nur in einem geringfügigen Ausmaß berührt würden und insbesondere die Errichtung eines Gehsteiges an einer öffentlichen Straße laut der demonstrativen Aufzählung in dieser Bestimmung ausdrücklich von einer Bewilligungspflicht ausgenommen seien, sei aufgrund der neuerlich eingeholten gutachtlichen Feststellungen zum genauen Umfang der in Rede stehenden Baumaßnahme davon auszugehen, daß die Baumaßnahmen in dem in Rede stehenden Bauabschnitt, nämlich die bloß geringfügige Verbreiterung der Fahrbahn von maximal 0,5 m über eine Länge von 40 m sowie die Errichtung des Gehsteiges im Sinne des § 31 Abs. 1 O.ö. StrG 1991 straßenrechtlich nicht bewilligungspflichtig seien. Dies insbesondere auch deswegen, weil - bezogen auf den gesamten Straßenzug - damit gerechnet werden müsse, daß diese Baumaßnahmen die Verkehrsverhältnisse nicht verändern würden und damit auch in fremde Rechte nicht eingegriffen würde. Daß im Zusammenhang mit dieser Straßenbaumaßnahme auch mit einer Enteignung vorgegangen werden müsse, habe mit der Berührung fremder Rechte insofern nichts zu tun, als dabei wohl nur die Rechtsposition der Parteien im straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren und sohin nicht auch in einem dafür notwendigen Enteignungsverfahren eine Rolle spielen könne. Auch daß mit dem gegenständlichen Bauvorhaben neben der Errichtung des Gehsteiges auch Fahrbahnveränderungen vorgenommen würden, könne nach Auffassung der Behörde zu keiner Verpflichtung zur Durchführung eines straßenrechtlichen Baubewilligungsverfahrens führen, weil die Anlageverhältnisse der Straße in dem in Rede stehenden Bauabschnitt insgesamt nur unwesentlich verändert sowie die Schutzgüter des § 13 Abs. 1 leg. cit. sowie fremde Rechte jedenfalls nur geringfügig berührt würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "auf Nichtenteignung verletzt". Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31 des O.ö. Straßengesetzes 1991 ist für den Bau einer öffentlichen Straße (§ 2 Abs. 5) eine Bewilligung der Behörde erforderlich. Eine Bewilligung ist nicht erforderlich für den Bau von Verkehrsflächen gemäß § 8 Abs. 2 Z. 4 sowie für Umbaumaßnahmen, durch die die Anlageverhältnisse nur unwesentlich verändert und die Schutzgüter des § 13 Abs. 1 sowie fremde Rechte nur in einem geringfügigen Ausmaß berührt werden, wie z.B. für
1. die Errichtung von Gehsteigen oder Radfahrwegen an öffentlichen Straßen, ...
Das Bestehen oder Nichtbestehen der Bewilligungspflicht im Einzelfall ist auf Antrag der Straßenverwaltung oder der O.ö. Umweltanwaltschaft von der Behörde bescheidmäßig festzustellen.
Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind Parteien
1.
der Antragsteller,
2.
die Eigentümer der betroffenen Grundstücke sowie jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein dingliches Recht zum Gebrauch oder zur Nutzung zusteht,
3. die Anrainer ... .
Wie dem im Verwaltungsakt erliegenden Detaillageplan betreffend das Baulos "Stadl-Paura" Teil 3 für die km 1,575 bis km 1,688 entnommen werden kann, bezieht sich das dem beschwerdegegenständlichen Verfahren zugrunde liegende Straßenbauprojekt auf Umbauarbeiten an der Stadl-Pauraer Bezirksstraße Nr. 1315, bestehend aus der Verbreiterung der Straße und der Gehsteigerrichtung. In dem die Grundstücke des Beschwerdeführers betreffenden Bereich wird - wie sich aus dem Gutachten des Amtssachverständigen vom 24. März 1998 entnehmen läßt - die Verbesserung der erforderlichen Anfahrsichtweite beim Knoten "Schilcherberg" für ein gefahrloses Ausfahren aus dem Siedlungsgebiet bezweckt. Dadurch ist es notwendig, den straßenseitig gelegenen Anbau beim Wohnhaus des Beschwerdeführers abzutragen. Durch diese projektierte Baumaßnahme wird die Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs in diesem Bereich gewährleistet, sie ist unbedingt notwendig und liegt im öffentlichen Interesse.
Mit dem hier zu beurteilenden Straßenbauprojekt wird demnach jedenfalls die Verbesserung der Sicherheit der öffentlichen Bezirksstraße Nr. 1315 durch Vergrößerung der Anfahrsichtweite beabsichtigt, weshalb durch dieses Projekt Schutzgüter des § 13 Abs. 1 O.ö. StrG 1991 jedenfalls nicht in geringfügigem Ausmaß berührt werden. Die von der belangten Behörde gewählte Vorgangsweise einer Trennung des Projektes in einzelne Teile ist im Beschwerdefall schon deshalb unzulässig, weil Zweck der in dem hier zu beurteilenden Teilbereich Baulos "Stadl-Paura" zwischen km 1,575 bis km 1,668 vorgesehenen Baumaßnahmen die Erreichung einer verbesserten Sicherheit der öffentlichen Straße ist, welche nur bei Durchführung der gesamten hiefür vorgesehenen Baumaßnahmen erreicht werden kann.
Bezüglich des Beschwerdeführers ist dieses Straßenbauvorhaben, wie sich aus dem Antrag der mitbeteiligten Partei ergibt, mit einer Enteignung von Grundflächen in der Größe von insgesamt ca. 135 m2 verbunden, welche auch eine (teilweise) Abtragung eines Gebäudes beinhaltet. Ein Straßenbauvorhaben dieser Art aber, welches eine Enteignung von Grundflächen über 100 m2 mit einem - wie sich aus der festgesetzten Höhe der Entschädigung erschließen läßt - Wert von mehr als S 200.000.- erfordert, berührt sowohl Schutzgüter des § 13 Abs. 1 O.ö. StrG 1991 sowie fremde Rechte nicht nur in geringfügigem Ausmaß.
Der Straßenbaubescheid setzt die Bedingungen fest, welche bei der Ausführung der beabsichtigten Straßenbauten vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten zu erfüllen sind; ein nach dem O.ö. Straßengesetz 1991 abgeschlossenes Straßenbaubewilligungsverfahren entfaltet daher für das Enteignungsverfahren Bindungswirkung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1996, Zl. 95/05/0121). Wurde im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren der neue Trassenverlauf fixiert, dann ist auf die Frage der Notwendigkeit des konkreten Straßenbauvorhabens im Enteignungsverfahren nicht mehr einzugehen, sondern dort nur mehr die Frage zu prüfen, ob die Enteignung der für die Realisierung des Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich ist. Die Rechtskraft des straßenrechtlichen Bewilligungsbescheides schränkt somit die Prüfung der Notwendigkeit der Enteignung wesentlich ein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. August 1996, Zl. 95/05/0154).
Daraus folgt im Beschwerdefall, daß es sehr wohl entscheidungserheblich ist, ob ein straßenbaurechtliches Bewilligungsverfahren - wenn im Sinne des § 31 Abs. 1 O.ö. StrG 1991 erforderlich - durchgeführt worden ist, weil gemäß § 35 Abs. 1 leg. cit. für den Bau einer Straße, die einer Bewilligung nach § 32 bedarf, die Enteignung nur nach Maßgabe dieser Bewilligung erfolgen darf.
Da, wie oben näher dargelegt, für das hier zu beurteilende Straßenbauprojekt die Erforderlichkeit einer Bewilligung gemäß § 32 O.ö. Straßengesetz 1991 nachgewiesen ist, leidet der angefochtene Bescheid an einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Hinzu kommt im vorliegenden Fall, daß der Umfang der Enteignung aus dem Spruch des Enteignungsbescheides nicht klar zu entnehmen ist. Handelt es sich nur um Grundstücksteile, dann muß dies durch den Bezug auf einen angeschlossenen oder zumindest dem Enteignungsverfahren zugrunde liegenden, näher bezeichneten Plan geschehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 1997, Zl. 96/05/0264). Ein Bescheidspruch mit der Angabe der zu enteignenden Grundflächen mit "voraussichtlich beanspruchte Fläche in m2 ca." ohne nähere verbale Umschreibung oder aus Plänen zu entnehmende, hinreichend nachvollziehbare Angabe wird dieser Voraussetzung nicht gerecht.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 19. Jänner 1999
Schlagworte
Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete GesetzesbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998050155.X00Im RIS seit
01.03.2002