TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/31 W237 2214771-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.2019
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Entscheidungsdatum

31.05.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W237 2214771-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Eritrea, vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.01.2019, Zl. 1138990502-161731844, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 27.12.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab er an, den o.a. Namen zu führen und eritreischer Staatsangehöriger zu sein.

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt, bei der er angab, in Eritrea geboren worden zu sein und der Volksgruppe der Tigrinya anzugehören. Er habe neun Jahre lang die Schule in Eritrea besucht, eine Berufsausbildung habe er nicht abgeschlossen. In Österreich habe er keine Verwandten, seine Schwester sei in Schweden aufhältig, er wisse aber nicht, wie lange sie schon dort sei. Im Jahr 2011 habe er sich dazu entschlossen, Eritrea zu verlassen, und sei nach Äthiopien gegangen, wo er sich vier Jahre lang aufgehalten habe. Anschließend sei er über den Sudan und Libyen, wo er jeweils mehrere Monate geblieben sei, weiter nach Italien gereist. Er sei noch in der Schule gewesen, als die eritreische Regierung angefangen habe, Personen zu verhaften, um diese zum Militärdienst zu rekrutieren; zum Militär habe er allerdings nicht gewollt. Sein Bruder habe einrücken müssen, ein halbes Jahr später habe die Familie erfahren, dass er umgekommen sei. Darüber hinaus habe sich der Beschwerdeführer in Äthiopien einer Gruppierung angeschlossen, die gegen die eritreische Regierung gekämpft habe, jedoch nicht mehr existiere.

3. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer am 21.09.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für Tigrinya niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen zu seinem Gesundheitszustand an, dass er noch Nachwirkungen von einem Unfall habe und wöchentliche Kontrollen bei einem Urologen erforderlich seien. Der Beschwerdeführer sei in der Region XXXX geboren worden, habe neun Jahre lang die Schule besucht und sei im Alter von 19 Jahren geflüchtet. In Eritrea lebten noch seine Mutter, zwei Brüder und vier Halbgeschwister. Er sei verheiratet und habe einen Sohn, der im Jahr 2015 in Äthiopien geboren worden sei; seine Ehefrau und sein Sohn hielten sich in einem Flüchtlingslager in Äthiopien auf.

Er habe die neunte Schulstufe besucht, als er Eritrea verlassen habe. Es sei nicht üblich, dass Jugendliche von der Schule direkt zum Militärcamp gebracht würden. Jugendliche, die älter als 18 Jahre alt gewesen seien, habe man zum Militär geschickt. Der Beschwerdeführer habe keinesfalls zum Militär gewollt, weshalb er sich dazu entschlossen habe, mit der Schule aufzuhören, damit er nicht eingezogen werde. Jene, die nicht in die Schule gingen, seien schriftlich zur Ableistung des Nationaldienstes aufgerufen worden. Nachdem der Beschwerdeführer gesehen habe, dass seine Nachbarn von den Behörden mitgenommen worden seien, habe er nicht gezögert und sein Heimatland illegal Richtung Äthiopien verlassen. Außerdem habe er Probleme mit den Behörden, weil diese der Familie nicht mitgeteilt habe, ob sein Bruder im Krieg gefallen oder umgebracht worden sei. Bei einer Rückkehr nach Eritrea würde er jedenfalls inhaftiert werden, auch weil er in Äthiopien bei einer Partei namens XXXX , gewesen sei, die gegen die Politik in Eritrea opponiert habe; die Gruppierung gebe es allerdings nicht mehr.

4. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 08.01.2019 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF idF BGBl. I Nr. 56/2018 (im Folgenden: AsylG 2005), ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine bis zum 08.01.2020 befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

4.1. Die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine gegen ihn persönlich gerichteten Verfolgungshandlungen habe glaubhaft machen können. Zwar sei seine Furcht vor Ableistung des Nationaldienstes glaubhaft, doch könne keine persönliche Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten asylrelevanten Gründe festgestellt werden.

4.2. Da eine Bedrohung und Gefährdung seiner Person jedoch möglich und wahrscheinlich erschienen, sei dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Als Rückkehrer, der sich dem Nationaldienst entzogen habe, würde er als Landeverräter angesehen werden. Eine unmenschliche Bestrafung bis hin zur Todesstrafe sei in diesem Zusammenhang als wahrscheinlich zu erachten.

5. Der Beschwerdeführer erhob durch seinen gewillkürten Rechtsvertreter gegen Spruchpunkt I. des Bescheids Beschwerde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Die Behörde habe Ermittlungen zum Wehrdienst in Eritrea und sämtliche Feststellungen zur wohlbegründeten Furcht auf Grund der bevorstehenden Rekrutierungen zu dieser Zwangsarbeit unterlassen. Dem Länderinformationsblatt zufolge sei der obligatorische Nationaldienst offiziell 18 Monate lang, könne aber auf unbestimmte Zeit verlängert werden; der Dienst komme einer Zwangsarbeit gleich. Eine Weigerung, den Dienst anzutreten, führe zu Internierung, Misshandlung und Folter. Die Behörde gehe in unrichtiger rechtlicher Beurteilung davon aus, dass dem Beschwerdeführer nicht der Status eines Asylberechtigten zukomme. Die Behörde hätte die wohlbegründete Furcht vor staatlicher Verfolgung beurteilen müssen, hinsichtlich derer es auf eine persönliche und tatsächlich erfolgte Verfolgung nicht unbedingt ankomme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist eritreischer Staatsangehöriger; er wurde in Eritrea geboren und wuchs in der XXXX -Region gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern auf. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Tigrinya und christlich-orthodoxen Glaubens. Sein Bruder wurde bereits im Jahr XXXX zum Militärdienst eingezogen und verstarb ein halbes Jahr danach.

Der Beschwerdeführer besuchte bis zu seinem 18. Lebensjahr die örtliche Schule. Als eritreische Behörden Mitschüler verhaftet und folglich zum Militärdienst verpflichteten, beschloss der Beschwerdeführer, die Schule abzubrechen, um nicht eingezogen und in ein Ausbildungslager gebracht zu werden. Er reiste im Oktober 2011 illegal aus Eritrea aus und begab sich nach Äthiopien, wo er sich folglich einige Jahre aufhielt.

Schließlich gelangte der Beschwerdeführer nach längeren Aufenthalten im Sudan und in Libyen schlepperunterstützt nach Italien, von wo er nach Österreich reiste. Er wurde bei seiner illegalen Einreise nach Österreich am XXXX durch eine Kollision mit einem LKW schwer verletzt und befand sich in intensivmedizinischer Betreuung in einer Universitätsklinik, weshalb er erst am 27.12.2016 um Gewährung internationalen Schutzes ansuchen konnte. Der Verlauf seines Asylverfahrens wird im Detail festgestellt wie unter Pkt. I. dargelegt.

Im Falle seiner Rückkehr wäre der Beschwerdeführer zumindest aufgrund seiner vormaligen illegalen Ausreise davon bedroht, unter inhumanen Bedingungen inhaftiert und potentiell gefoltert zu werden.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Eritrea:

Politische Lage

Eritrea ist nach dem Südsudan das zweitjüngste und eines der ärmsten Länder Afrikas. Das Land löste sich nach einem Referendum von Äthiopien und wurde 1993 ein eigener Staat (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Das Land ist ein in sechs Provinzen aufgeteilter Zentralstaat. Die Verfassung von 1997 ist nie in Kraft getreten. Alle wesentlichen Entscheidungen werden vom Präsidenten getroffen. Es gibt keine Gewaltenteilung. Das Übergangsparlament besteht aus 150 Abgeordneten, von denen 75 dem Zentralrat der Staatspartei PFDJ (People's Front for Democracy and Justice) angehören. Weitere 60 Abgeordnete sind ausgewählte Vertreter der Provinzen und 15 Sitze entfallen auf die Vertreter der Auslandseritreer. Das Parlament trat zuletzt 2001 zusammen und ist faktisch inaktiv (AA 24.5.2018). Seit der Unabhängigkeit des Landes gab es keine Wahlen auf nationaler Ebene (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 25.2.2018). De facto handelt es sich um eine Einparteiendiktatur. Die Regierungspartei PFDJ ging 1994 aus der Eritrean People's Liberation Front (EPLF) hervor. Sie stellt den Staats- und Regierungschef Isaias Afewerki sowie die gesamte weitere politische Führung des Landes. Andere politische Parteien sind verboten (AA 25.2.2018).

Am Sonntag, 8.7.2018, kam es in Asmara zu einem historischen Treffen zwischen dem äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed und dem seit 25 Jahren herrschenden eritreischen Staatschef Isaias Afewerki (JA 9.7.2018; vgl. NZZ 9.7.2018). Am Montag, 9.7.2018, wurde ein Friedens- und Freundschaftsvertrag unterzeichnet (AN 11.7.2018; vgl. AN 28.12.2018, NZZ 9.7.2018) und somit der Kriegszustand zwischen den Nachbarstaaten offiziell für beendet erklärt (AN 11.7.2018). Die beiden Staatschefs haben sich nicht nur auf den Frieden geeinigt, sondern auf eine umfassende Kooperation (DS 9.7.2018). Mit der Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung haben sie den Weg für eine dauerhafte Versöhnung geebnet (JA 9.7.2018).

Äthiopien und Eritrea vereinbarten, ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufzunehmen, ihre Grenzen zu öffnen, die Wiederaufnahme des Luft- und Seeverkehrs und den Personenverkehr zwischen den beiden Ländern zu ermöglichen (BBC 9.7.2018; vgl. JA 8.7.2018, JA 9.7.2018, KZ 10.7.2018). Einen Tag nach der Friedenserklärung wurde die Telefonverbindung zwischen Äthiopien und Eritrea wieder hergestellt und es gibt nun wieder Flüge von Addis Abeba nach Eritrea (AN 29.1.2019; vgl. BBC 9.7.2018, DS 9.7.2018, KZ 10.7.2018). Auch die Landgrenze wurde wieder geöffnet (AFAR 15.1.2019; vgl. AN 28.12.2018; AN 29.12.2018). Der Handel von äthiopischer Seite reicht nun nach Asmara und in andere große eritreische Städte. In umgekehrter Richtung hält der Flüchtlingsstrom an (AN 28.12.2018).

Durch die Erleichterung des Personenverkehrs, des Zugangs zu den Häfen und die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Landes wird sich die Lage zwangsläufig ändern. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Regentschaft von Isaias Afeworki anpassen wird (JA 9.7.2018). Bisher hat die eritreische Regierung weder ein Programm für demokratische Reformen eingeführt, noch die Menschenrechtslage im Land verbessert. Die Öffnung der Grenze zu Äthiopien hat dazu geführt, dass Tausende von Eritreern aus dem Land strömen. Bis zu 500 Menschen überqueren täglich die Grenze nach Äthiopien (AFAR 14.11.2018).

Außerdem hat Eritrea inzwischen auch Frieden mit Somalia geschlossen (AN 28.12.2018). Die diplomatischen Beziehungen wurden wiederhergestellt, als der somalische Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed Farmajo im Juli 2018 seinen Amtskollegen in Asmara besuchte (AN 15.11.2018). Die beiden Länder hatten seit mehr als einem Jahrzehnt angespannte Beziehungen, was insbesondere auf Asmaras angebliche Unterstützung der al Shabaab zurückzuführen ist. Dieser Vorwurf hat außerdem dazu geführt, dass Eritrea seit 2009 Sanktionen der Vereinten Nationen unterliegt, darunter das Einfrieren von Vermögenswerten und Reiseverbote für politische und militärische Beamte im Ausland, sowie einem Waffenembargo. Die jüngsten Berichte der UN-Embargokommission führen keine Beweise mehr für eine eritreische Unterstützung der Islamisten an (JA 28.7.2018). Letztlich, nach fast einem Jahrzehnt, beschloss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im November 2018 einstimmig die Aufhebung des Waffenembargos und der gezielten Sanktionen gegen Eritrea (AFAR 14.11.2018; vgl. AN 28.12.2018). Mit Beendigung der Sanktionen ist Eritrea aus der internationalen Isolation ausgebrochen. Gleichzeitig ist Eritrea ein wichtiger Verbündeter Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate in ihrem Krieg im Jemen. Eritrea verfügt über Stützpunkte, von denen aus beide Länder operieren (AFAR 14.11.2018).

Auch mit Dschibuti ist es nach Jahren der Konflikte zu einer Entspannung gekommen (AN 15.11.2018; vgl. AN 28.12.2018). Eritrea und Dschibuti haben am 6.9.2018 den territorialen Streit um die Region Ras Doumeira beigelegt und ein neues Friedensabkommen unterzeichnet, mit dem der jahrzehntelange Konflikt zwischen den beiden Ländern effektiv beendet wurde (AJ 11.9.2018; vgl. RFI 6.9.2018). Gleichzeitig kündigten Eritrea und Dschibuti an, ihre diplomatischen Beziehungen wiederherzustellen (AN 15.11.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.5.2018): Eritrea, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/eritrea-node/-/226210, Zugriff 16.1.2019

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AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

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AFAR - African Arguments (15.1.2019): With Ethiopia's border now open, why are Eritreans still fleeing to Sudan?, https://africanarguments.org/2019/01/15/ethiopia-border-open-why-eritrea-sudan-fleeing/, Zugriff 30.1.2019

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AFAR - African Arguments (14.11.2018): Why sanctions on Eritrea are being lifted and what it means, https://africanarguments.org/2018/11/14/eritrea-sanctions-lifted-what-it-means/, Zugriff 11.2.2019

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AJ - Al Jazeera (11.9.2018): Eritrea consolidates Horn of Africa peace, Restoration of diplomatic relations among Eritrea, Djibouti, Ethiopia and Somalia signals an end to region's conflict, https://www.aljazeera.com/news/2018/09/eritrea-consolidates-horn-africa-peace-deal-180910174538098.html, Zugriff 14.2.2019

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AN - AfricaNews (29.1.2019): Ethiopia-Eritrea to regularize trade, transport after trial period,

http://www.africanews.com/2019/01/29/ethiopia-eritrea-to-regularize-trade-transport-after-trial-period/, Zugriff 26.2.2019

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AN - AfricaNews.com (29.12.2018): Eritrea unilaterally shuts border with Ethiopia,

http://www.africanews.com/2018/12/29/eritrea-unilaterally-shuts-border-with-ethiopia/, Zugriff 11.2.2019

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AN - AfricaNews (28.12.2018): 2018 Review: Eritrea's top news stories - Ethiopia, Djibouti, UNSC, http://www.africanews.com/2018/12/28/2018-review-eritrea-s-top-news-stories-ethiopia-djibouti-unsc/, Zugriff 11.2.2019

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AN - AfricaNews (15.11.2018): How and why Eritrea's sanctions were lifted,

http://www.africanews.com/2018/11/15/how-and-why-eritrea-s-sanctions-were-lifted/, Zugriff 11.2.2019

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AN - AfricaNews.com (11.7.2018): Ethiopia PM says Eritrea peace deal to be accelerated to 'make up for lost opportunities':

http://www.africanews.com/2018/07/11/ethiopia-pm-says-eritrea-peace-deal-to-be-accelerated-to-make-up-for-lost/, Zugriff 12.7.2018

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BBC - BBC News Africa (9.7.2018): Ethiopia's Abiy and Eritrea's Afewerki declare end of war,

https://www.bbc.com/news/world-africa-44764597, Zugriff 11.2.2019

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DS - derStandard.at (9.7.2018): Äthiopien und Eritrea beenden 20-jährigen Krieg,

https://derstandard.at/2000083113948/Langzeit-Rivalen-Aethiopien-und-Eritrea-unterschrieben-Friedensvertrag, Zugriff 11.2.2019

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JA - Jeune Afrique (28.7.2018): Érythrée : le président somalien en visite pour trois jour,

https://www.jeuneafrique.com/607578/politique/erythree-le-president-somalien-en-visite-pour-trois-jours/, Zugriff 14.2.2019

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JA - Jeune Afrique (9.7.2018): Rapprochement Éthiopie-Érythrée : " C'est un virage à 180 degrés, mais la route est encore longue ", https://www.jeuneafrique.com/590462/politique/rapprochement-ethiopie-erythree-cest-un-virage-a-180-degres-mais-la-route-est-encore-longue/, Zugriff 14.2.2019

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JA - Jeune Afrique (8.7.2018) Rencontre historique des dirigeants éthiopien et érythréen à Asmara, http://www.jeuneafrique.com/590040/politique/rencontre-historique-des-dirigeants-ethiopien-et-erythreen-a-asmara/, Zugriff 11.2.2019

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KZ - Kleine Zeitung (10.7.2018): Friedenserklärung - Äthiopien und Eritrea können nach 20 Jahren wieder miteinander telefonieren, https://www.kleinezeitung.at/politik/aussenpolitik/5461739/Friedenserklaerung_Aethiopien-und-Eritrea-koennen-nach-20-Jahren, Zugriff 11.2.2019

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NZZ - Neue Zürcher Zeitung (9.7.2018): Äthiopien treibt den Friedensprozess mit Eritrea schnell voran, https://www.nzz.ch/international/weitere-entspannung-zwischen-aethiopien-und-eritrea-ld.1401941, Zugriff 11.2.2019

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RFI - Radio France International (6.9.2018): Accord historique de coopération entre la Somalie, l'Erythrée et l'Ethiopie, http://www.rfi.fr/afrique/20180906-accord-historique-cooperation-somalie-erythree-ethiopie, Zugriff 14.2.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 16.1.2019

Sicherheitslage

Die Lage bleibt angespannt (FD 26.2.2019). Es wird sich erst erweisen, inwieweit sich die Normalisierung des Verhältnisses zwischen Eritrea und Äthiopien und die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen im Juli 2018 auf die Sicherheitslage auswirkt (EDA 26.2.2019).

Gemäß dem französischem und dem österreichische Außenministerium gilt für ganz Eritrea ein hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 4) (BMEIA 26.2.2019; FD 26.2.2019). Das deutsche Auswärtige Amt rät vor Reisen ins Grenzgebiet zu Äthiopien, zum Sudan und zu Dschibuti ab (AA 16.1.2019). Zudem besteht insbesondere im Grenzgebiet zu Äthiopien und Dschibuti landesweit akute Minengefahr (AA 26.2.2019; vgl. BMEIA 26.2.2019). Daneben kann im Grenzgebiet zu Äthiopien und dem Sudan Gefahr durch dort anwesende bewaffnete Gruppen drohen (FD 26.2.2019). Im Grenzgebiet zum Sudan sind zusätzlich Schmuggler aktiv. Die Situation ist gespannt. Von Reisen dorthin wird abgeraten (EDA 26.2.2019; vgl. FD 26.2.2019).

Demonstrationen in großen Ballungszentren sind selten, können aber von den Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt werden (FD 26.2.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (26.2.2019): Eritrea, Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/eritrea-node/eritreasicherheit/226176, Zugriff 26.2.2019

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BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres(26.2.2019): Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/eritrea/, Zugriff 26.2.2019

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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (26.2.2019): Reisehinweise Eritrea, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/eritrea/reisehinweise-fuereritrea.html, Zugriff 26.2.2019

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FD - France Diplomatie (26.2.2019): Erythrée, Conseils aux voyageurs, Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/erythree/, Zugriff 26.2.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Das Gesetz und die nicht umgesetzte Verfassung sehen eine unabhängige Justiz vor. Die Justiz ist allerdings vor der Kontrolle durch die Exekutive nicht geschützt (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Rechtsstaatlichkeit ist in Eritrea nicht gewährleistet (AA 25.2.2018). Es gibt keine Gewaltenteilung (AA 24.5.2018). Die Justiz ist weder unabhängig noch unparteiisch, Korruption ist ein Problem (USDOS 20.4.2018). Die Justiz bleibt unzureichend finanziert, es mangelt ihr an ausgebildetem Personal und Infrastruktur (USDOS 20.4.2018). Die Justizreform geht schleppend voran. Die EU unterstützt die Professionalisierung von "community courts". Anfang 2015 wurde ein neues Strafgesetzbuch und eine neue Zivil- und Strafprozessordnung vorgelegt, welche die alten noch geltenden äthiopischen Gesetzbücher ablösten (AA 25.2.2018).

Neben der ordentlichen Gerichtsbarkeit existieren Militär- und Sondergerichte, die jedes Verfahren an sich ziehen können und vor denen keine Rechtsanwälte zugelassen sind. Sie sind auch für die Ahndung von Korruptionsfällen und von Kapitaldelikten zuständig (AA 25.2.2018; vgl. AA 24.5.2018, USDOS 20.4.2018). Eine Berufung gegen deren Urteile ist nicht möglich. In Verfahren vor diesen Gerichten gibt es keine öffentliche Verhandlung, keinen anwaltlichen Beistand und keine Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen (AA 25.2.2018).

Traditionelle juristische Institutionen sind der Gerechtigkeit verpflichtet, vernachlässigen aber die Gleichstellung der Geschlechter bis zu einem gewissen Grad (BTI 2018).

Eine Strafverfolgung aus politischen Gründen ist nicht auszuschließen. Verhaftungen ohne Haftbefehl und ohne Angabe von Gründen sind üblich. Umgekehrt werden Häftlinge auch ohne Angabe von Gründen freigelassen (AA 25.2.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.5.2018): Eritrea, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/eritrea-node/-/226210, Zugriff 16.1.2019

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AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

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BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Eritrea Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427444/488349_en.pdf, Zugriff 28.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 16.1.2019

Sicherheitsbehörden

Die Polizei ist für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit verantwortlich, die Armee für die äußere Sicherheit. Doch die Regierung setzt manchmal die Streitkräfte, die Reserve, demobilisierte Soldaten oder Miliz dazu ein, um innere und äußere Sicherheitsaufgaben zu erfüllen. Agenten des Nationalen Sicherheitsbüros, das dem Präsidentenbüro unterstellt ist, sind für die Verhaftung von Personen verantwortlich, die verdächtigt werden, die nationale Sicherheit zu gefährden. Die Streitkräfte haben die Befugnis, Zivilisten anzuhalten und zu verhaften. Generell spielt die Polizei in Fällen der nationalen Sicherheit keine Rolle. Dabei ist bei Sicherheitskräften Straflosigkeit die Norm. Es gibt keine bekannten internen oder externen Mechanismen, um Vergehen von Sicherheitskräften zu untersuchen (USDOS 20.4.2018). Militär, Polizei und Sicherheitsdienste üben eine fast vollständige Kontrolle über das politische und gesellschaftliche Leben aus. Sie verfügen über weitreichende Vollmachten, die nicht immer eine gesetzliche Grundlage haben (AA 25.2.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 16.1.2019

Folter und unmenschliche Behandlung

Das geltende Strafgesetzbuch verbietet Folter (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Trotzdem wird Folter gegenüber Gefangenen, insbesondere während der Befragung, angewandt. Auch sollen Deserteure, Wehrdienstflüchtige und Wehrdienstverweigerer verschiedener religiöser Gruppen, insbesondere Anhänger der Zeugen Jehovas, physisch und psychisch misshandelt werden (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Ferner kommt es bei Vernehmungen vereinzelt zu Folter. Medizinische Hilfe wird nur im Notfall gewährt. Es sind keine Fälle bekannt, in denen die Anwendung von Folter zu Sanktionen geführt hätte (AA 25.2.2018).

Die Vereinten Nationen und andere Organisationen haben wiederholt über Folter in Eritrea berichtet (BTI 2018; vgl. HRW 17.1.2019, HRW 3.10.2018). U.a. hat die von der UNO ernannte Untersuchungsmission für Menschenrechte in Eritrea festgestellt, dass in Eritrea seit 1991 Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter Versklavung, Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter, Verfolgung, Vergewaltigung und Mord begangen werden (BTI 2018). Auch während des Nationaldienstes kommt es zu systematischem Missbrauch, einschließlich Folter und unzureichender Versorgung mit Nahrungsmitteln (HRW 3.10.2018).

Die Veränderung der Beziehung zu Äthiopien änderte bisher weder die repressive Politik noch die Härte staatlicher Herrschaft. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beklagt die systematischen, weit verbreiteten und schweren Menschenrechtsverletzungen der Regierung, die in einem Klima der allgemeinen Straflosigkeit begangen werden (HRW 17.1.2019). Zu den Menschenrechtsvergehen gehören willkürliche Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter und sexuelle Gewalt sowie Zwangsarbeit (HRW 3.10.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Fernerhin werden weiterhin Menschen willkürlich und unter Zwang auf unbestimmte Zeit rekrutiert. Es kommt zu willkürlichen Verhaftungen und zur Anwendung von Folter durch staatliche Akteure (AA 25.2.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 16.1.2019

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BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Eritrea Country Report 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427444/488349_en.pdf, Zugriff 28.1.2019

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HRW - Human Rights Watch (3.10.2018): Eritrea: Diplomacy Changes, but Political Prisoners Remain, https://www.ecoi.net/de/dokument/1445202.html, Zugriff 16.1.2019

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HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002170.html, Zugriff 26.2.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430113.html, Zugriff 16.1.2019

Wehrdienst und Rekrutierungen

Der obligatorische Nationaldienst ("national service") dauert für Männer und Frauen offiziell 18 Monate (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018, HRW 17.1.2019), kann aber nach wie vor willkürlich und unter Zwang auf unbestimmte Zeit verlängert werden (AI 30.7.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Für Frauen dauert die Dienstpflicht aktuell bis zum 27. und für Männer bis zum 50. Lebensjahr (nach anderen Angaben für Frauen bis zum 47. und für Männer bis zum 57. Lebensjahr). Frauen werden in der Regel bei Heirat oder Schwangerschaft aus dem Nationaldienst entlassen (AA 25.2.2018).

In einigen Fällen dauert der Nationaldienst schon bis zu 18 Jahre (HRW 17.1.2019) - sodass dieser Dienst Sklaverei-ähnliche Zustände annehmen kann (AA 25.2.2018; vgl. HRW 17.1.2019). Dieses System der unbefristeten, unfreiwilligen Einberufung kommt Zwangsarbeit gleich (AI 30.7.2018). Nach dem Friedensabkommen mit Äthiopien hat die Regierung bisher keine langdienenden Nachtionaldienstleistenden freigestellt (HRW 17.1.2019).

Nationaldienstleistende werden seit langem unmenschlich und erniedrigend bestraft, es kommt auch zu Folter (HRW 17.1.2019). Bei geringen Verstößen werden harte Strafen verhängt (AI 30.7.2018). Obwohl die Löhne in den letzten Jahren erhöht wurden, bleiben sie unzureichend, um eine Familie zu ernähren (HRW 17.1.2019).

Der eritreische Informationsminister bestätigte in einem Interview 2018, dass weniger als ein Fünftel der Nationaldienstleistenden eine militärische Funktion ausübt (HRW 17.1.2019). Nach der militärischen Grundausbildung werden die Dienstverpflichteten z.B. beim Straßen- und Dammbau, in der Landwirtschaft, aber auch in allen Bereichen der staatlichen Verwaltung und Wirtschaft eingesetzt (AA 25.2.2018; vgl. HRW 17.1.2019).

Die "People¿s Army" (Volksarmee) in ihrer heutigen Form entstand 2012 nach zwei äthiopischen Angriffen auf eritreisches Territorium und existiert parallel bzw. ergänzend zum Nationaldienst. Es gibt keine öffentlich zugängliche gesetzliche Grundlage der Volksarmee, es besteht keine Dienstpflicht und die Volksarmee ist auch nicht Teil des Nationaldiensts. Für die Volksarmee müssen Eritreer zwischen 18 und ca. 75 Jahren, nicht im Nationaldienst aktiv sein und eine Waffenausbildung absolvieren (SEM 31.1.2017; vgl. SFH 30.9.2018). Seit Mai 2012 wurde der Großteil der erwachsenen Bevölkerung mit dem AK-47 Sturmgewehren bewaffnet (AA 25.2.2018; vgl. SEM 31.1.2017). Personen, welche dem Aufgebot zur Volksarmee nicht Folge leisten, droht der Entzug von Lebensmittelcoupons und Identitätsdokumenten, sowie Haftstrafen. Die Haftbedingungen sind auch in diesem Fall hart und für die Entlassung muss ein Schuldeingeständnis unterschrieben werden (SFH 30.9.2018). Ende 2014 und Anfangs 2015 haben dennoch zahlreiche Personen das Aufgebot zur Volksarmee ignoriert. Zum Umgang der Behörden mit Dienstverweigerern liegen nur anekdotische Informationen vor. Sie lassen darauf schließen, dass es keine einheitliche Praxis gibt (SEM 31.1.2017).

Das Gesetz verbietet die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren. Es kommt jedoch vor, dass Kinder bei Razzien festgehalten und in das Sawa National Training and Education Center gebracht werden (USDOS 20.4.2018). Jugendliche, die versuchen, dem Wehrdienst zu entgehen, werden verhaftet. Minderjährige werden bei (illegalen) Ausreiseversuchen meist aber nach Hause geschickt. Volljährige und damit Wehr- und Nationaldienstpflichtige kommen in Haft. Diese wird auf Antrag häufig in offenem Vollzug abgeleistet. Sofern die Eltern der Jugendlichen oder andere Personen bei der Entziehung vom Wehrdienst behilflich waren, droht auch ihnen Strafverfolgung (AA 25.2.2018).

Es gibt Berichte über sexuelle Nötigung und Gewalt bis hin zu Vergewaltigung von weiblichen Rekruten. Eine Weigerung führt in manchen Fällen zu Internierung, Misshandlung und Folter (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018), z.B. Nahrungsentzug oder dem Aussetzen extremer Hitze. Eine Schwangerschaft während des Militärdienstes, auch wenn sie das Resultat einer Vergewaltigung oder sexueller Übergriffe durch Vorgesetzte ist, führt zum Ausschluss aus dem Militär (AA 25.2.2018). Es kommt zudem auch zu Zwangsdiensten, bzw. sexueller Sklaverei von Frauen und Mädchen in Trainingslagern (USDOS 20.4.2018).

Ebenso kommt es vor, dass Wehrpflichtige nach Ableistung des 18-monatigen Wehrdienstes nicht nur aus dem Militär, sondern auch aus dem Nationaldienst entlassen werden. Als Grund nennt die Regierung gute schulische Leistungen. Abiturienten mit guten Noten soll so der rasche Zugang zu weiterführenden Bildungseinrichtungen (Colleges) ermöglicht werden (AA 25.2.2018).

Keine Schule in Eritrea, mit Ausnahme des Militärcamps "Sawa", bietet die 12. Schulstufe an. Seit Sommer 2003 müssen alle Schüler das 12. Schuljahr in diesem zentralen Ausbildungslager in Sawa absolvieren (AA 25.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Nur in Sawa können sie ihr "Highschool" Abschlusszeugnis erhalten. Die Besten werden danach zum Studium an einem der 19 Colleges zugelassen. Die Übrigen werden für eine Berufsschulausbildung oder für den Militärdienst herangezogen (AA 25.2.2018).

Gemäß Gesetz verpflichtet sich jeder Absolvent der High School zu einem 18-monatigen Nationaldienst, der eine sechsmonatige Militärausbildung beinhaltet (AI 30.7.2018). Nach anderen Angaben erhalten die Schüler in Sawa eine dreimonatige paramilitärische Ausbildung (AA 25.2.2018). In Sawa ist die Versorgung schlecht und es besteht eine mangelhafte sanitäre Grundversorgung und Hygienebedingungen (AI 30.7.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Einige verlassen die Schule, um der Wehrpflicht zu entkommen, aber ohne eine Bescheinigung des Nationaldienstes können sie weder auf Lebensmittelrationen zugreifen noch ein Unternehmen gründen, eine Mobiltelefon erwerben, einen Führerschein oder ein Bankkonto eröffnen. Darüber hinaus führt das Militär spontane Hausdurchsuchungen durch, um jeden festzunehmen, der im Verdacht steht, sich dem Nationaldienst entziehen zu wollen (AI 30.7.2018).

Ein Recht zur Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen und einen Ersatzdienst gibt es nicht; Wehrdienstverweigerung wird mit Aufenthalten in Umerziehungslager oder mit Gefängnis bestraft. Dies betrifft insbesondere Zeugen Jehovas (AA 25.2.2018). Rein rechtlich wäre es möglich, aus gesundheitlichen Gründen vom Wehrdienst befreit zu werden. Laut Artikel 15 der National Service Proclamation können körperlich Behinderte, Blinde und Personen mit schweren psychischen Erkrankungen vom nationalen Dienst befreit werden (ILO 23.10.1995).

Trotz Ankündigungen der Regierung, den Nationaldienst zu befristeten und die Armee zu verkleinern, gab es bisher keine konkreten Schritte. Etliche Nationaldienstpflichtige sind seit dem historischen Friedensabkommen mit Äthiopien im Juli 2018 und nach der Grenzöffnung nach Äthiopien ausgereist (TG 12.10.2018). Zuvor mussten die Menschen an den Grenzen viel riskieren (AA 25.2.2018; vgl. IRIN 15.11.2018). Nach Abschluss des Friedensabkommen war es möglich, die Grenze auch ohne Pass oder Genehmigung zu überqueren und es musste auch nicht bestätigt werden, ob und wann eine Rückkehr geplant ist (IRIN 15.11.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (25.2.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427278/4598_1521628560_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschieberelevante-lage-eritrea-25-02-2018.pdf, Zugriff 22.1.2019

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AI - Amnesty International (30.7.2018): Op-Ed: Eritrea: no more excuses for indefinite national service, https://www.ecoi.net/de/dokument/1439699.html, Zugriff 22.1.2019

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HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Eritrea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002170.html, Zugriff 21.1.2019

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IRIN - Integrated Regional Information Networks (15.11.2018):

Eritrea-Ethiopia peace leads to a refugee surge, https://www.irinnews.org/news-feature/2018/11/15/eritrea-ethiopia-peace-leads-refugee-surge, Zugriff 24.1.2019

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ILO - International Labor Organization (23.10.1995): Gazette of Eritrean Laws, Published by the Government of Eritrea, Vol. 5/1995 No. 11 Asmara October 23/1995, National Service Proclamation, http://www.ilo.org/dyn/natlex/docs/SERIAL/79562/85681/F2067220900/ERI79562.pdf, Zugriff 24.1.2019

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SEM - Staatssekretariat für Migration (31.1.2017): Focus Eritrea - Volksarmee ("Volksmiliz"),

https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/eri/ERI-volksarmee-d.pdf, Zugriff 22.1.2019

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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (30.9.2018): Eritrea:

Reflexverfolgung, Rückkehr und "Diaspora- Steuer", https://www.ecoi.net/en/file/local/1447945/1788_1540559596_3009.pdf, Zugriff 23.1.2019

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TG - The Guardian (12.10.2018): I was euphoric': Eritrea's joy becomes Ethiopia's burden amid huge exodus, https://www.theguardian.com/global-development/2018/oct/12/eritrea-joy-becomes-ethiopia-burden-huge-exodus-refugees, Zugriff 24.1.2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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