TE Lvwg Beschluss 2019/5/24 LVwG-S-592/001-2019

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Veröffentlicht am 24.05.2019
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Entscheidungsdatum

24.05.2019

Norm

VStG 1991 §17
B-VG Art132 Abs1 Z1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch MMag. Kammerhofer als Einzelrichter über die Beschwerde des A gegen den Verfallbescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 22. Jänner 2019, Zl. ***, betreffend den Verfall eines vorläufig sichergestellten Gegenstandes nach dem Produktsicherheitsgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung den

BESCHLUSS:

1.      Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.      Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Begründung:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Verfallbescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg (in der Folge: die belangte Behörde) vom 22. Jänner 2019, Zl. ***, wurde die am 12. Dezember 2018 von der Polizeiinspektion *** nach 39 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) vorläufig sichergestellte „Airsoftgun“ gemäß § 28 Produktsicherheitsgesetz 2004 (PSG 2004) in Verbindung § 17 VStG für verfallen erklärt.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die verfahrensgegenständliche „Airsoftgun“ am 12. Dezember 2018 im Besitz des Sohnes des Beschwerdeführers, B (geboren 2008), gewesen sei und dieser damit in der Öffentlichkeit hantiert habe. Die Polizeiinspektion *** habe daraufhin das Produkt (gemeint die „Airsoftgun“) gemäß § 39 Abs. 2 VStG sichergestellt und es der Behörde übergeben. Die „Airsoftgun“ habe der B von C (geboren 2005) bekommen, wobei sie dessen Vater, D, gehöre.

Gemäß § 28 PSG 2004 iVm § 17 VStG können Produkte für verfallen erklärt werden, wenn den durch Verordnung getroffenen Maßnahmen nicht entsprochen werde. § 11 PSG 2004 enthalte eine Verordnungsermächtigung, auf welcher die Softairwaffenverordnung 2013 (SWV 2013) basiere. Das Zuwiderhandeln gegen die Softairwaffenverordnung 2013, welcher zufolge der Verkauf und die Abgabe von Softairwaffen an Minderjährige unter 18 Jahren verboten sei, stelle eine Verwaltungsübertretung nach dem PSG 2004 dar, weshalb die belangte Behörde die „Airsoftgun“ für verfallen erklärt habe.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen diesen Verfallbescheid richtet sich die Beschwerde vom 10. Februar 2019. Begründend wurde darin im Wesentlichen vorgebracht, dass D die gegenständliche „Airsoftgun“ bereits seit 10 Jahren besitze, wobei der Beschwerdeführer davon ausgehe, dass dieser sie als Spielzeug gekauft habe. Am Anfang habe sie funktioniert und sei dann aber kaputtgegangen. Die „Airsoftgun“ sei mit täuschend echten Nachahmungen von Wasserspritzpistolen zu vergleichen. Produkte dieser Art seien frei im Einzelhandel angeboten worden. Darüber hinaus seien sich sowohl der Beschwerdeführer und sein Sohn sowie D und dessen Sohn zu jedem Zeitpunkt bewusst gewesen, dass „das Ding“ kaputt sei und hätten es als Spielzeug angesehen. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Absicht bestanden, jemandem zu bedrohen oder in Angst zu versetzen. Dadurch, dass sein Sohn das ihm gemachte Geschenk Mitschülern gezeigt habe, dies andere Mitschüler mitbekommen hätten und zu Hause erzählt hätten, seien Sorgen und Ängste bei Eltern entstanden. Es könne nicht mehr rückgängig gemacht werden und liege eine Verkettung unglücklicher Umstände vor.

Der Beschwerdeführer ersuchte, die gegenständliche „Airsoftgun“ nicht zu vernichten, sondern in sein Eigentum zu übergeben, damit er diese vakuumverpackt an einem für andere unerreichbaren Ort aufbewahren zu können. Das Hervorholen dieser solle reichen, um die damit verbundenen Schwierigkeiten in Erinnerung zu rufen beziehungsweise als anschauliche Grundlage für klärende Gespräche dienen, falls sich sein Sohn nochmal etwas schenken lasse wolle. Darüber hinaus beantragte der Beschwerdeführer den Text des Bescheides dahingehend zu ändern, dass von einer kaputten, funktionsuntüchtigen und irreparablen „Airsoftgun“ gesprochen werde.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht führte am 13. Mai 2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, den Akt des Landesverwaltungsgerichtes und die Einvernahme des Beschwerdeführers.

4.   Feststellungen:

D ist seit ungefähr 10 Jahren Eigentümer einer Softgun (Marke und Type unbekannt), welche einer echten Pistole täuschend ähnlichsieht, aber nicht funktioniert. Diese überließ er seinem Sohn C, geboren am ***. Dieser gab sie an B, geboren am *** und Sohn des Beschwerdeführers, weiter. Der Beschwerdeführer hatte davon bis 12. Dezember 2018 keine Kenntnis.

Am 12. Dezember 2018, um 13.50 Uhr erzählte der Sohn des Beschwerdeführers seinen Mitschülern, dass er eine Waffe besitze und hantierte sodann mit der gegenständlichen Softgun bei der Bushaltestelle in *** nächst der dortigen Volksschule. Dabei erschreckte er mehrere Kinder, die den Vorfall ihren Eltern erzählten. In weiterer Folge meldete eine Mutter, deren Kinder ihr von der vermeintlich echten Waffe erzählt hatten, den Vorfall einer Volksschulpädagogin.

Der Beschwerdeführer befand sich am 12. Dezember 2018 auf einer Weihnachtsfeier und wurde von seiner Schwester sowie in weiterer Folge von der Volksschulpädagogin telefonisch über den Vorfall informiert. Nach Einholen der Einwilligung des Beschwerdeführers zur Einvernahme seines Sohnes wurde dieser in Anwesenheit der Volksschulpädagogin durch Polizeibeamte über den Vorfall befragt.

Am 13. Dezember 2018 morgens sprach der Beschwerdeführer mit seinem Sohn, welcher bei der Großmutter übernachtet hatte. Dabei schilderte der Sohn des Beschwerdeführers den Vorfall des Vortages und teilte mit, dass er die Softgun in einer Lade bei der Großmutter versteckt habe.

Am Nachmittag desselben Tages fuhr der Beschwerdeführer nach der Arbeit zur Großmutter und nahm die Softgun an sich. Dabei sah er diese zum ersten Mal. Er nahm sie unverzüglich in Augenschein und stellte fest, dass sie irreparabel kaputt und nicht funktionstüchtig war. Anschließend nahm er sie an sich und fuhr damit zum vereinbarten Termin zur Polizeiinspektion *** und übergab der Polizei die Softgun, welche sodann vorläufig sichergestellt und an die belangte Behörde übergeben wurde.

Am 22. Jänner 2019 erklärte die belangte Behörde mit Verfallbescheid,
Zl. ***, die am 13. Dezember 2018 von der Polizeiinspektion *** vorläufig sichergestellte Softgun für verfallen. Der Bescheid wurde sowohl an D als auch an den Beschwerdeführer adressiert und zugestellt.

5.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich des Ablaufes der Geschehnisse ergeben sich aus dem unbedenklichen und schlüssigen Bericht der Polizeiinspektion *** vom 17. Dezember 2018, in welchem der Vorfall nachvollziehbar dargelegt wird. Darüber hinaus bestätigte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung den im Polizeibericht dargestellten Sachverhalt.

Ebenso ergeben sich die Feststellungen zum zeitlichen Ablauf, im Hinblick auf die Besitzverhältnisse der Softgun, insbesondere hinsichtlich dessen, dass der Beschwerdeführer erst am 13. Dezember die Softgun zum ersten Mal sah, aus der glaubhaften und ausführlichen Aussage des Beschwerdeführers in mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zur Beschaffenheit der Airsoftgun wurden einerseits anhand der diesbezüglichen Ausführungen des Polizeiberichtes sowie andererseits anhand der glaubhaften Schilderung des Beschwerdeführers getroffen.

6.   Rechtslage:

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Gemäß Artikel 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß § 11 Abs. 1 Produktsicherheitsgesetz 2004 (PSG 2004) hat der/die gemäß § 32 PSG 2004 zuständige Bundesminister/in unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips behördliche Maßnahmen zu ergreifen, die sich an die In-Verkehr-Bringer/innen oder, falls zur Gefahrenabwehr erforderlich, an jede andere Person richten können, sofern den Sicherheitsanforderungen (§§ 4 und 5) durch die In-Verkehr-Bringer/innen nicht entsprochen worden ist sowie zur Gewährleistung eines hohen Gesundheitsschutz- und Sicherheitsniveaus für die Verbraucher/innen.

Gemäß § 11 Abs. 2 PSG 2004 sind Maßnahmen gemäß Abs. 1 – mehrere Maßnahmen in Verbindung untereinander oder eine Maßnahme für sich allein – von dem/r gemäß § 32 PSG 2004 zuständigen Bundesminister/in mit Verordnung oder – falls die Maßnahmen sich an individuell bestimmte Personen richten – mit Bescheid zu treffen. Dabei ist jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Mittel anzuwenden. Sofern angemessene Maßnahmen zur Gefahrenabwehr auf freiwilliger Basis herbeigeführt werden können, ist diesen der Vorzug zu geben.

Gemäß § 1 SWV 2013 sind Softairwaffen (Softguns), die Nachahmungen echter Schusswaffen sind, und Paintball-Markierer, die weder dem Waffengesetz 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegen noch Spielzeug im Sinne der Spielzeugverordnung 2011, BGBl. II Nr. 203/2011 in der jeweils geltenden Fassung, Gegenstand dieser Verordnung.

Gemäß § 2 Abs. 1 SWV 2013 ist der Verkauf und die Abgabe von Softairwaffen und Paintball-Markierern gemäß § 1 SWV 2013 an Personen unter 18 Jahren auf Märkten und marktähnlichen Veranstaltungen sowie in Selbstbedienung verboten.

Gemäß § 25 PSG 2004, begeht ein/e In-Verkehr-Bringer/in, der/die gefährliche Produkte in Verkehr bringt, deren Gefährdungspotential zum Zeitpunkt des In-Verkehr-Bringens bekannt war oder bei angemessener Sorgfalt erkannt hätte werden müssen und die eine ernste Gefahr für Leben und Gesundheit von Verbraucher/innen darstellen eine Verwaltungsübertretung, die von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 25 000 Euro oder im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen ist.

Gemäß § 28 PSG 2004 dürfen Produkte nur dann für verfallen erklärt werden (§§ 17 und 18 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG), wenn den durch Bescheid oder Verordnung getroffenen Maßnahmen aufgrund dieses Bundesgesetzes nicht entsprochen wurde.

Gemäß § 17 Abs. 1 VStG dürfen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, nur Gegenstände für verfallen erklärt werden, die im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind, obwohl dieser hätte erkennen müssen, dass die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde.

7.   Erwägungen:

Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens sind kraft ausdrücklicher Bestimmungen des VStG 1991 der Beschuldigte (vgl. § 32 Abs. 1 VStG), der Privatankläger (vgl. § 56 Abs. 2 VStG) und der Privatbeteiligte (vgl. § 57 Abs. 1 VStG). Des Weiteren ergibt sich aus § 17 VStG eine Parteistellung des vom Beschuldigten verschiedenen Eigentümers eines vom Verfall bedrohten Gegenstandes (VwGH vom 27.02.2019, Ra 2017/10/0121).

Die Zustellung eines Bescheides an eine Person macht diese noch nicht zur Partei des Verfahrens, wenn die Voraussetzungen für die Parteistellung objektiv nicht gegeben sind (vgl. VwGH vom 01.09.2016, 2013/17/0502).

Auch ohne ausdrückliche Erwähnung durch den Gesetzgeber ist das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers Prozessvoraussetzung und damit Voraussetzung für ein Eingehen auf eine Beschwerde. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Eine derartige Beschwer liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag des Beschwerdeführers an die Verwaltungsbehörde zu dessen Nachteil abweicht oder mangels Antrag die Verwaltungsbehörde den Beschwerdeführer durch ihren Verwaltungsakt belastet (VwGH 27.10.2014, 2012/04/0143).

Aus den §§ 11 und 28 PSG 2004 iVm § 17 VStG und §§ 1 und 2 SWV 2013 ergibt sich, dass Produkte für verfallen erklärt werden dürfen, wenn den durch Bescheid oder Verordnung getroffenen Maßnahmen aufgrund des PSG 2004 nicht entsprochen wurde. Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben hat, wurde die gegenständliche Softgun von D an seinen minderjährigen Sohn übergeben. Dadurch wurde § 2 Abs. 1 SWV 2013 zuwidergehandelt und die Softgun gemäß 28 PSG 2004 iVm § 17 VStG für verfallen erklärt. Der Verfall wirkt gemäß § 17 VStG gegenüber dem Eigentümer des vom Verfall bedrohten Gegenstandes.

Im vorliegenden Fall ist ein Eigentumserwerb durch den Beschwerdeführer aus dem Akt nicht ersichtlich. Der Gegenstand wurde von D an seinen Sohn überlassen, der ihn dann an den B weitergab. Der Beschwerdeführer erfuhr erst am 12. Dezember 2018 von der Airsofgun. Er nahm diese zwar am 13. Dezember 2018 an sich um sie zur Polizei zu bringen. Eine Eigentumsübertragung wurde in Ermangelung eines Titels dadurch aber nicht bewirkt. Der Beschwerdeführer ist daher nicht Eigentümer der Softgun, weshalb ihm im Verfahren zum Verfall keine Parteistellung zukommt. Da der Beschwerdeführer nicht Eigentümer der Softgun ist, greift der angefochtene Bescheid nicht in seine Rechte ein. Die Verwaltungsbehörde hat den Beschwerdeführer durch ihren Verwaltungsakt somit nicht belastet.

Der gegenständliche Verfallsbescheid der belangten Behörde vom 22. Jänner 2019 wurde zwar sowohl an D als auch an den Beschwerdeführer zugestellt, jedoch leitet sich allein aus der Adressierung des Bescheides eine Parteistellung des Beschwerdeführers nicht ab.

Im Lichte der obigen Ausführungen war die Beschwerde mangels Parteistellung und Beschwer des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Infrastruktur und Technik; Produktsicherheit; Verfahrensrecht; Verfall; Parteistellung; Beschwer;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.592.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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