Entscheidungsdatum
26.02.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1Spruch
W175 2214249-1/2E
W175 2214244-1/2E
W175 2214247-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX, geboren am XXXX, 2.) XXXX, geboren am XXXX, und 3.) XXXX, geboren am XXXX, syrische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2019, Zahlen: 1.) 1215794508/181229051, 2.) 1215793609/181229264, und 3.) 1215792808/181229248, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerden werden gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG
2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Erstbeschwerdeführerin (in Folge: BF1) ist die Mutter der
minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin (in Folge: BF2) und der
minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (in Folge: BF3). Am 21.12.2018 stellte sie für sich und als gesetzliche Vertreterin für ihre beiden Kinder die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
Laut dem vorliegenden Eurodac-Treffer suchte die BF1 bereits im
September 2017 in Griechenland um Asyl an (GR1 ... vom 06.09.2017).
Im Zuge ihrer Erstbefragung vom 21.12.2018 gab die BF1 an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. Sie sei damals im Februar 2015 mit ihrem ca. 6 Monate alten Kind (der BF2) aus der Heimat ausgereist und über den Libanon und die Türkei nach Griechenland gereist, wo ihr zweites Kind (die BF3) geboren worden sei. Ihr Mann sei bereits einen Monat vor ihr ausgereist. In Griechenland sei es sehr stressig gewesen. Sie habe dort um Asyl angesucht und sich dort ca. eineinhalb Jahre aufgehalten. Anschließend sei sie nach Österreich gekommen. Sie und ihre zwei Kinder hätten Asyl in Griechenland erhalten. Die BF1 wolle aber nicht nach Griechenland zurück. Ihr Mann lebe hier in Österreich. Die BF1 gab noch an, dass ihre Kinder keine eigenen Fluchtgründe hätten.
Im Zuge der Befragung wurden die griechischen Konventionsreisepässe der BF vorgelegt. Aus diesen geht hervor, dass sie seit Mai 2018 in Griechenland international schutzberechtigt sind.
Am 07.01.2019 wurde der BF1 die beabsichtigte Vorgehensweise des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA), die Anträge auf internationalen Schutz zurückzuweisen, zur Kenntnis gebracht.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 14.01.2019 gab die BF1 im Beisein eines Rechtsberaters und nach durchgeführter Rechtsberatung an, dass es sowohl ihr als auch ihren beiden Kindern gesundheitlich gut gehe. Die BF1 sei derzeit nicht schwanger. In Österreich lebe ihr Mann, den sie im Juni 2012 (sowohl traditionell als auch standesamtlich) geheiratet habe und der hier seit 2015 anerkannter Flüchtling sei. Sie würden alle in einem gemeinsamen Haushalt leben. Ihr Mann arbeite gelegentlich in einem Restaurant; eine staatliche Unterstützung bekomme er derzeit nicht.
Die BF1 habe damals 600 beziehungsweise 700 Euro monatlich von ihren in Syrien lebenden Eltern als Unterstützung bekommen und sich dadurch die Miete und das Essen für sich und ihre Kinder in Griechenland leisten können. Sie hätten dort in einer Mietwohnung gewohnt, welche die BF1 nicht verlassen habe, weil sie gehört habe, dass sie kein Kopftuch auf der Straße tragen dürfe. Ihr Mann habe sie insgesamt drei Mal in Griechenland besucht (das erste Mal für einen Monat, das zweite Mal zur Geburt ihrer zweiten Tochter für zwei Monate und das dritte Mal für zwei Wochen). Während ihr Ehemann damals zuerst allein nach Österreich gereist sei, habe die BF1 eineinhalb Jahre in der Türkei und danach eineinhalb Jahre in Griechenland gelebt; in Griechenland habe sie auf die Familienzusammenführung gewartet. Weder der BF1 noch den Kindern sei es in Griechenland gut gegangen; sie hätten dort weder Familie noch Freunde. Die BF1 wolle bei ihrem Mann bleiben. Ihr Mann sei von ihr finanziell abhängig. Sie habe ihren Schmuck verkauft und davon würden nun sie und ihr Mann leben. Ihre Familie habe der BF1 auch immer Geld aus Syrien geschickt; das letzte Mal sei im November gewesen.
Im Zuge der Befragung legte die BF1 einen Auszug aus dem Zivilregister in Syrien, einen Heiratsnachweis, eine Heiratsurkunde sowie eine Kopie der griechischen Geburtsurkunde ihrer (zweiten) Tochter vor (AS 129 bis 137).
Mit Bescheiden des BFA vom 24.01.2019 wurden unter Spruchpunkt I. die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die BF nach Griechenland zurückzubegeben haben. In Spruchpunkt II. wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Griechenland gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei.
Die Feststellungen zur Lage in Griechenland wurden - soweit für Schutzberechtigte entscheidungswesentlich - folgendermaßen zusammengefasst:
Medizinische Versorgung
Alle Einwohner des Landes haben Anspruch auf medizinische Notfallversorgung, unabhängig vom rechtlichen Status. In den Unterbringungszentren wird medizinische Betreuung durch Freiwillige, Vertragsärzte der NGOs und Militärärzte gewährleistet. Notfälle oder komplexere Fälle werden in lokale Krankenhäuser überwiesen (USDOS 3.3.2017, vgl. AIDA 3.2017).
In Griechenland ist die Rechtslage betreffend Zugang zu Gesundheitsfürsorge für Asylwerber sehr günstig, in der Praxis ist dieser aber eingeschränkt. Auch wenn sie nicht versichert und mittellos sind, haben AW prinzipiell kostenlosen Zugang zu Spitälern und medizinischer Versorgung und Medikamenten wie griechische Bürger, da sie zu den "sozial schwachen Gruppen" gehören. Darüber hinaus müssen Krankenhäuser Patienten akzeptieren, wenn sie von Ärzten aus Unterbringungseinrichtungen überwiesen werden. Vulnerable AW haben darüber hinaus das Recht auf psychologische Versorgung wie griechische Bürger. Die Erreichbarkeit von Gesundheitseinrichtungen ist aber oft ein Problem, da die überwiegende Mehrheit der Unterbringungseinrichtungen geografisch isoliert liegt. Ambulanzfahrten in diese Zentren werden daher überstrapaziert, was zu Beschwerden aus dem öffentlichen Gesundheitssystem führt. In der Praxis werden Probleme beim Zugang zum Gesundheitssystem berichtet. Oft ist das Personal in medizinischen Einrichtungen mit den Rechten von Asylwerbern nicht vertraut. Auch der Mangel an Kulturmediatoren und Übersetzern ist ein Problem. Oft wird etwa in Spitälern auch eine Steuernummer und eine Sozialversicherungsnummer (????) von den AW verlangt, welche ohne spezifische Kenntnisse nicht einfach zu erlangen sind und außerdem die formelle Einbringung des Asylantrags voraussetzen - was angesichts von möglichen Verzögerungen im Verfahren von Wochen oder gar Monaten, ein zusätzliches Problem darstellen kann. Darüber hinaus ist das öffentliche Gesundheitssystem in Griechenland stark von der Finanzkrise betroffen, was Auswirkungen auf die Dienstleistungen und das Funktionieren von Krankenhäusern hat. Die Spitäler haben angesichts der Ressourcenknappheit oft Probleme, die Versorgung der einheimischen Bevölkerung und der Migranten zu gewährleisten (HHC 5.2017; vgl. UNHCR 4. 2017; AIDA 3.2017; SN 3.2017).
Der rechtzeitige Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung wird von einigen NGOs als eines der größten Probleme für Asylwerber, Migranten und Flüchtlinge in Griechenland betrachtet und stark in Zweifel gezogen. Dies betrifft besonders Personen, die eine orthopädische Operation, Rehabilitation oder Behandlung chronischer physischer oder psychischer Krankheiten benötigen (HRW 18.1.2017; vgl. AIDA 3.2017).
Asylwerber und Asylberechtigte erhalten dieselbe Versorgung mit Medikamenten wie arbeitslose und nicht versicherte griechische Staatsangehörige. Die Ausstellung des Rezeptes erfolgt durch das Krankenhaus oder Ärzte. Anteilsmäßige Gebühren werden je nach Einkommen (20%, 10% oder 0%) verrechnet. Seit einigen Jahren gibt es in Griechenland zusätzlich zu den öffentlichen Apotheken sogenannte "Sozial-Apotheken", die hauptsächlich von Freiwilligen, pensionierten Apothekern oder Ärzten, NGOs usw. betrieben werden. Finanziert und ausgestattet werden diese durch Spenden von Firmen, Apotheken, Pharmafirmen und durch Rückgabe von nicht verbrauchten Medikamenten aus privatem Bestand (dies wird sogar im griechischen TV beworben). Bei diesen Sozial-Apotheken kann jegliche einkommenslose Person (Statement und Nachweis erforderlich) kostenfrei Medikamente erhalten. Die Ausgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten wird von einem Arzt überprüft (VB 20.7.2017).
Auf dem Festland Griechenlands begann Médecins du Monde ein Programm für die medizinische, psychiatrische und psychosoziale Unterstützung und Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen im Großraum von Attika (FRA 9.2017).
UNHCR arbeitet daran den Zugang der Asylwerber und anerkannten Flüchtlinge zu medizinischer Versorgung zu verbessern und kooperiert hierzu mit staatlichen Stellen (UNHCR 10.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles:
Country Report Greece,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2016update.pdf, Zugriff 4.4.2017
-
FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (9.2017):
Monthly data collection: September 2017. Report covers period 1-31 August 2017,
http://fra.europa.eu/en/theme/asylum-migration-borders/overviews/sept-2017, Zugriff 2.10.2017
-
HHC - Hungarian Helsinki Committee (5.2017): Unidentified and Unattended. The Response of Eastern EU Member States to the Special Needs of Torture Survivor and Traumatised Asylum Seekers, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1504851185_2017-05-hhc-unidentified-and-unattended.pdf, Zugriff 11.10.2017
-
HRW - Human Rights Watch (18.1.2017): Greece. Refugees with Disabilities Overlooked, Underserved - Identify People with Disabilities; Ensure Access to Services, https://www.ecoi.net/local_link/334948/476771_de.html, Zugriff 27.3.2017
-
SN - Solidarity Now (3.2017): Petition to the European Parliament regarding degrading reception conditions and EU funding in Greece, http://www.solidaritynow.org/wp-content/uploads/2017/04/EU-Petition-by-SolidarityNow_eng.pdf, Zugriff 12.10.2017
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (4.2017): Explanatory Memorandum pertaining to UNHCR's submission to the Committee of Ministers of the Council of Europe on developments in the management of asylum and reception in Greece, http://www.refworld.org/docid/595675554.html, Zugriff 16.10.2017
-
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (10.2017): Fact Sheet Greece, per E-Mail
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Greece, https://www.ecoi.net/local_link/337148/479912_de.html, Zugriff 24.3.2017
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VB des BM.I Griechenland (20.7.2017), Auskunft VB, per E-Mail
Schutzberechtigte
2017 erhielten in Griechenland bis Ende August 2017 5.461 Personen in erster Instanz internationalen Schutz, weitere 478 erhielten in erster Instanz subsidiären Schutz (HR 31.8.2017).
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten zunächst eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Humanitär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Die Aufenthaltserlaubnis wird in der Regel ein bis zwei Monate nach der Entscheidung ausgestellt. In der Zwischenzeit gilt die Asylwerberkarte mit dem Stempel "Pending Residence Permit". Nach fünf Jahren Aufenthalt kommt ein Flüchtling für eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung infrage, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Gemäß Gesetz haben Flüchtlinge in Griechenland dieselben sozialen Rechte wie griechische Staatsbürger, aber bürokratische Hürden, staatliche Handlungsdefizite, mangelnde Umsetzung des Gesetzes und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise können den Genuss dieser Rechte schmälern. Schutzberechtigte haben Zugang zu Unterbringungseinrichtungen für Obdachlose, die jedoch nur begrenzt vorhanden sind. Eigene Unterbringungsplätze für anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte existieren nicht. Es gibt auch keine Unterstützung für die Lebenshaltungskosten. In Athen etwa gibt es vier Asyle für Obdachlose (zugänglich für griechische Staatsbürger und legal aufhältige Drittstaatsangehörige). Aber es ist äußerst schwierig, dort zugelassen zu werden, da sie chronisch überfüllt sind. Personen, die keine Unterkunft haben und nicht das Geld besitzen eine zu mieten, leben oft in überfüllten Wohnungen, verlassenen Häusern oder werden obdachlos. Die Gesetze sehen einen vollständigen und automatischen Zugang zum Arbeitsmarkt für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte vor, ohne Verpflichtung zur Erlangung einer Arbeitserlaubnis. Aber die Krise, hohe Arbeitslosenquoten und weitere Hindernisse stehen der Integration der Schutzberechtigten in den Arbeitsmarkt entgegen. Es gibt keine staatlich organisierten kostenlosen Sprachkurse für Schutzberechtigte. Nur ein paar NGOs unterhalten entsprechende Programme für Flüchtlinge und Immigranten. Kostenloser Zugang zu Krankenversorgung für Schutzberechtigte ist gesetzlich vorgesehen, allerdings erschweren die Auswirkungen der Finanzkrise auf das Gesundheitssystem und strukturelle Mängel (etwa an Kulturmediatoren und Übersetzern) auch für Schutzberechtigte den Zugang zu medizinischer Versorgung (AIDA 3.2017).
Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine erneuerbare Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Sie haben Zugang zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Behandlung und ihre Kinder können zur Schule gehen. Jedoch stellt der griechische Staat keine Unterbringung zur Verfügung und gewährt auch keine Beihilfen, außer für Behinderte jeglicher Art (HR o.D.a).
Folgendes Diagramm der griechischen Asylbehörde veranschaulicht die Rechte anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Griechenland:
...
(HR 2.2017b)
Der rechtzeitige Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung wird von einigen NGOs als eines der größten Probleme für Asylwerber, Migranten und Flüchtlinge in Griechenland betrachtet und stark in Zweifel gezogen. Dies betrifft besonders Personen, die eine orthopädische Operation, Rehabilitation oder Behandlung chronischer physischer oder psychischer Krankheiten benötigen (HRW 18.1.2017; vgl. AIDA 3.2017).
Asylwerber und Asylberechtigte erhalten dieselbe Versorgung mit Medikamenten wie arbeitslose und nicht versicherte griechische Staatsangehörige. Die Ausstellung des Rezeptes erfolgt durch das Krankenhaus oder Ärzte. Anteilsmäßige Gebühren werden je nach Einkommen (20%, 10% oder 0%) verrechnet. Seit einigen Jahren gibt es in Griechenland zusätzlich zu den öffentlichen Apotheken sogenannte "Sozial-Apotheken", die hauptsächlich von Freiwilligen, pensionierten Apothekern oder Ärzten, NGOs usw. betrieben werden. Finanziert und ausgestattet werden diese durch Spenden von Firmen, Apotheken, Pharmafirmen und durch Rückgabe von nicht verbrauchten Medikamenten aus privatem Bestand (dies wird sogar im griechischen TV beworben). Bei diesen Sozial-Apotheken kann jegliche einkommenslose Person (Statement und Nachweis erforderlich) kostenfrei Medikamente erhalten. Die Ausgabe von rezeptpflichtigen Medikamenten wird von einem Arzt überprüft (VB 20.7.2017).
UNHCR arbeitet daran den Zugang der Asylwerber und anerkannten Flüchtlinge zu medizinischer Versorgung zu verbessern und kooperiert hierzu mit staatlichen Stellen (UNHCR 10.2017).
Die derzeitigen Lebensbedingungen von Schutzberechtigten in Griechenland werden von NGOs sehr negativ gesehen, da nicht nur ein Mangel an Integrationsaussichten in die griechische Gesellschaft besteht, sondern oftmals unzureichende Lebensbedingungen, eine prekäre sozioökonomische Situation oder gar Probleme bei der grundlegenden Existenzsicherung bestehen. Finanzielle oder soziale Unterstützung oder gezielte Integrationsmaßnahmen fehlen. Es gibt keine speziell für sie gewidmeten Wohnprojekte. Viele Schutzberechtigte leben in verlassenen Häusern, in überfüllten Mietwohnungen, in Abbruchhäusern, leeren Fabrikhallen, bei Freunden oder auf der Straße. Andere bleiben für mehrere Monate nach ihrer Anerkennung in den Unterbringungslagern oder der UNHCR-Unterbringung oder gar in den Hotspots. Die meisten Schutzberechtigten in Griechenland sind arbeitslos, andere arbeiten für wenig Geld in der Schattenwirtschaft. Der gleichberechtigte Zugang zu sozialen Rechten wie für griechische Staatsangehörige ist in der Praxis durch verschiedene Faktoren erschwert (z.B. mangelnde Sprachkenntnisse, mangelndes Wissen über Rechte von Schutzberechtigten, Mangel an Dokumenten bzw. Probleme beim Zugang zu diesen Dokumenten, Bürokratie, etc.). Viele sind über ihre Rechte und Pflichten nicht informiert. Beim Zugang zu Sozialleistungen und zum Gesundheits- und Bildungssystem bestehen ebenso faktische Einschränkungen (z.B. Sprachbarriere, Unwissenheit beim medizinischen Personal betreffend die Rechte von AW und ein generell unterfinanziertes Gesundheitssystem). Der allgemeine Mangel im System als Folge von erheblichen Einschnitten infolge der Wirtschaftskrise, tut ein Übriges. Im Jänner 2017 lag die Arbeitslosenquote in Griechenland bei 23,5%, bei den Personen unter 24 Jahren sogar bei 48%. Die genaue Zahl der momentan in Griechenland aufhältigen Schutzberechtigten Personen ist unbekannt. Es gibt Berichte über Schutzberechtigte, die aus anderen EU-Ländern nach Griechenland zurückgeschickt wurden und ohne jegliche Versorgung auf sich gestellt und obdachlos waren (PA/RSA 23.6.2017).
Im August haben NGOs gegenüber griechischen Behörden Fragen bezüglich Integrationsmaßnahmen aufgeworfen. Sie äußerten die Besorgnis über das Fehlen eines Unterbringungsprogramms für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland. Es wurde auch dazu aufgerufen den Zugang von Antragstellern zu Sozialversicherungsnummer, Steuernummer und Arbeitslosenkarten zu verbessern. Es wurde offiziell verlautbart, dass eine umfassende soziale Integrationspolitik für Flüchtlinge und Migranten zu den Prioritäten der Regierung für Ende 2017 gehört (UNHCR 8.2017; vgl. UNHCR 10.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database (3.2017): GCR - Greek Council for Refugees / ECRE - European Council on Refugees and Exiles:
Country Report Greece,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_gr_2016update.pdf, Zugriff 4.4.2017
-
HR - Hellenic Republic (31.8.2017): Statistical Data of the Greek Asylum Service (from 7.6.2013 to 31.8.2017), http://asylo.gov.gr/en/wp-content/uploads/2017/09/Greek_Asylum_Service_Statistical_Data_EN.pdf, Zugriff 2.10.2017
-
HR - Hellenic Republic (2.2017b): Rights of Beneficiaries of International Protection,
http://asylo.gov.gr/en/wp-content/uploads/2017/02/Rights-of-beneficiaries-of-international-protection-2.2017.jpg, Zugriff 2.10.2017
-
HR - Hellenic Republic (o.D.a): Answers to questions regarding the rights of international protection applicants and beneficiaries of international protection,
http://asylo.gov.gr/en/wp-content/uploads/2017/09/???t?se??-?pa?t?se??-a?t???te?-p??sf??e?-18.2.15-English.pdf, Zugriff 2.10.2017
-
HRW - Human Rights Watch (18.1.2017): Greece. Refugees with Disabilities Overlooked, Underserved - Identify People with Disabilities; Ensure Access to Services, https://www.ecoi.net/local_link/334948/476771_de.html, Zugriff 27.3.2017
-
PA/RSA - Pro Asyl / Refugee Support Aegean (23.6.2017): Legal Note. On the living conditions of beneficiaries of international protection in Greece. Rights and effective protection exist only on paper: The precarious existence of beneficiaries of international protection in Greece,
https://www.proasyl.de/wp-content/uploads/2015/12/2017-06-26-Legal-note-RSA-beneficiaries-of-international-protection-in-Greece.pdf, Zugriff 11.10.2017
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UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (8.2017): Europe Monthly Report, https://data2.unhcr.org/en/documents/download/59081, Zugriff 29.9.2017
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UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (10.2017): Fact Sheet Greece, per E-Mail
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VB des BM.I Griechenland (20.7.2017), Auskunft VB, per E-Mail
Die Behörde führte begründend aus, dass aus den Angaben der BF1 keine stichhaltigen Gründe für die Annahmge glaubhaft gemacht worden seien, dass die BF tatsächlich konkret Gefahr liefen, in Griechenland Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihnen eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Nachdem bei allen Fremden, die in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz (Asyl oder subsidiären Schutz) genießen und in Österreich einen Asylantrag stellen würden, § 4a AsylG anwendbar sei, treffe dies auch auf die BF zu. Diese hätten in Griechenland einen Flüchtlingsstatus erhalten, was sich aus den von der BF1 vorgelegten griechischen Konventionsreisepässen sowie aufgrund der Angaben der BF1 im Verfahren ergebe. Mangels Erfüllung der Voraussetzungen sei den BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht zu erteilen. Es liege ein Familienverfahren nach § 34 AsylG vor und würden alle BF dieselbe Entscheidung erhalten. Auch wenn der Ehegatte der BF1 seit 2015 im österreichischen Bundesgebiet lebe und hier bereits anerkannter Flüchtling sei, sei eine Trennung von diesem - in Hinblick auf die Interessen an der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes - gerechtfertigt. Die BF1 habe es unterlassen, eine Einreise auf legalem Weg, etwa im Zuge einer Familienzusammenführung, vorzunehmen. Sie habe auch nicht anders versucht, einen Aufenthaltstitel für Österreich zu erlangen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz würden in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige darstellen, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, etwa auch zum Zweck der Familienzusammenführung. Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung von Kontakten bestehe für die BF auch von Griechenland aus bzw. könne sie der Ehemann der BF1 auch dort besuchen, wie bereits zuvor. Da den BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde und gemäß § 10 Abs. 1 AsylG sowie gem. § 9 BFA-VG keine Verletzung von Art. 8 EMRK ersichtlich sei, sei diese Entscheidung mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden.
Am 05.02.2019 wurde fristgerecht eine für die BF gleichlautende Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die BF1 derzeit das dritte Kind von ihrem in Österreich lebenden und asylberechtigten Ehemann erwarte. Im Falle einer Außerlandesbringung nach Griechenland wären die vulnerablen BF in besonderem Ausmaß von den dort herrschenden unzulänglichen Lebensumständen, welchen insbesondere Menschen mit internationalem Schutz ausgesetzt seien, betroffen. Weder Unterkunft noch medizinische Versorgung - insbesondere für die schwangere BF1 - wären gesichert, was eine Verletzung des nach Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechts bedeuten würde. Darüber hinaus hätte eine Außerlandesbringung der BF eine Verletzung des Familienlebens mit ihrem Ehemann beziehungsweise Vater iSd Art. 8 EMRK sowie eine Verletzung des Kindeswohls der minderjährigen BF zur Folge. Unter Zitierung von einem (im Bescheid näher bezeichneten) Bericht wurde sodann auf die schlechten Lebensbedingungen von international Schutzberechtigten in Griechenland verwiesen. Die belangte Behörde hätte im gegenständlichen Fall angesichts der de facto nicht existenten Versorgungs- und Unterbringungssituation in Griechenland konkret prüfen müssen, ob die BF in Griechenland in einer angemessenen Unterkunft untergebracht wären und entsprechend versorgt werden könnten; dies auch insbesondere in Hinblick auf die Entscheidung des EGMR vom 04.11.2014 im Fall Tarakhel gegen die Schweiz. Nur bei Vorlage einer entsprechenden individuellen Zusicherung ließe sich davon ausgehen, dass die BF in Griechenland adäquat versorgt werden würden. Die BF1 habe angegeben, dass es ihr und ihren Kindern in Griechenland nicht gut gegangen sei, sie keine Unterstützung erhalten hätten und sie völlig auf sich allein gewesen wären. Diese Angaben würden sich mit den im Bescheid zitierten Länderfeststellungen zur prekären und aussichtslosen Situation von anerkannten Flüchtlingen in Griechenland decken. Bei Berücksichtigung all dieser Umstände hätte die belangte Behörde zum Schluss kommen müssen, dass die BF1 mit ihren Kindern im Fall der Überstellung nach Griechenland weder über eine Unterkunft noch über Arbeitsmöglichkeiten oder eine medizinische Versorgung verfügen würde. Im Übrigen habe die belangte Behörde in ihrer Entscheidung das Kindeswohl der BF2 und der BF3 gänzlich außer Acht gelassen. Eine (neuerliche) Trennung von ihrem Vater in Zusammenschau mit der prekären Situation, der die BF2 und BF3 vor allem als minderjährige Kinder mit einer alleinerziehenden Mutter bei einer Rückkehr nach Griechenland ausgesetzt wären, stelle jedenfalls eine unzulässige Verletzung des Kindeswohls der beiden dar.
Der Beschwerde ist eine Bestätigung über die Schwangerschaft der BF1 beigefügt. Demnach sei sie zum Zeitpunkt des 30.01.2019 in der 6. Schwangerschaftswoche gewesen (AS 245).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF1 reiste mit der BF2 über Griechenland in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein, wo die BF3 zur Welt gekommen ist. Sie stellte am 06.09.2017 einen Asylantrag in Griechenland und erhielt dort anschließend mit ihren Kindern im Mai 2018 internationalen Schutz. In der Folge reiste die BF1 mit ihren Kindern nach Österreich weiter und stellte hier am 21.12.2018 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz für sich und ihre Kinder.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen der angefochtenen Bescheide zur Situation von Schutzberechtigten im Mitgliedstaat Griechenland an.
Hiezu wird insbesondere festgehalten, dass - trotz bestehender Mängel - anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte einen vollständigen und automatischen Zugang zum Arbeitsmarkt sowie einen kostenlosen Zugang zur Krankenversorgung haben. Diesbezüglich arbeitet UNHCR daran, den Zugang zu medizinischer Versorgung zu verbessern und kooperiert hierzu mit staatlichen Stellen. Die Kinder von international Schutzberechtigten können zur Schule gehen. Nach den Länderfeststellungen hat die BF1 demnach Zugang zum Arbeitsmarkt und - wie ihre Kinder - Zugang zu medizinischer Versorgung. Die BF2 und die BF3 haben die Möglichkeit (später) die Schule zu besuchen.
Die BF leiden an keinen Krankheiten, die einer Überstellung nach Griechenland entgegen stehen würden. Die BF2 und die BF3 sind gesund.
Die BF1 ist schwanger. Laut einer ärztlichen Bestätigung befand sie sich Ende Jänner 2019 in der sechsten Schwangerschaftswoche. Es gibt keine Hinweise für eine Risikoschwangerschaft. Dies wurde weder vorgebracht noch liegen hiezu medizinische Unterlagen vor.
In Österreich lebt der Ehemann der BF1 beziehungsweise der Vater der BF2 und der BF3. Dieser hat in Österreich internationalen Schutz erhalten. Aus dem Akteninhalt geht hervor, dass ihm am 29.06.2018 ein österreichischer Konventionsreisepass ausgestellt wurde.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen über die Einreise der BF und die Asylantragstellung in Griechenland ergeben sich aus der diesbezüglichen Eurodac-Treffermeldung in Zusammenschau mit dem eigenen Vorbringen der BF1. Die Feststellungen hinsichtlich des Bestehens des Flüchtlingsstatus samt Aufenthaltsberechtigung der BF in Griechenland stützen sich auf die im Akt einliegenden griechischen Konventionsreisepässe.
Die Gesamtsituation von subsidiär Schutzberechtigten und anerkannten Flüchtlingen in Griechenland resultiert aus den umfangreichen und durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen der angefochtenen Bescheide, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Gesundheits- und Sozialversorgung auch Feststellungen zur Lage bezüglich Unterbringung und Arbeitsmarktsituation von Personen mit Schutzstatus getroffen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF ergeben sich aus der Aktenlage (u.a. auch aus einer ärztlichen Bestätigung der Schwangerschaft der BF1 vom 30.01.2019). Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die festgestellten persönlichen Verhältnisse der BF ergeben sich im Speziellen aus den eigenen Angaben der BF1 sowie der vorliegenden Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerden:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:
"§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.
...
§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
...
§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
...
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
..."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
"§ 61. (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
....
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
(5) Eine Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung ist binnen einer Woche einzubringen."
Der Verwaltungsgerichtshof (Ra 2016/18/0049, 03.05.2016) hat festgehalten, dass nach dem klaren Wortlaut des § 4a AsylG 2005 für die Beurteilung der Frage, ob ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß dieser Bestimmung zurückzuweisen ist, darauf abzustellen ist, ob dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Dass der Fremde dort zudem über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen muss, lässt sich dem § 4a AsylG 2005 nicht entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut der soeben zitierten Bestimmung, dass bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 - im Gegensatz zu jener nach § 4 AsylG 2005 - keine Prognoseentscheidung zu treffen ist. Während nämlich gemäß § 4 AsylG 2005 eine Prognose dahingehend zu treffen ist, ob der Fremde in dem in Frage kommenden Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann (Hinweis E vom 6. Oktober 2010, 2008/19/0483; vgl. auch ErlRV 952 BlgNR 22. GP 33), stellt § 4a AsylG 2005 unmissverständlich darauf ab, ob dem Fremden von einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde. Ob der Fremde bei Rückkehr in den nach Ansicht Österreichs zuständigen Staat eine Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung erlangen würde können oder ihm etwa die Aberkennung seines in der Vergangenheit zuerkannten Schutzstatus drohen könne, ist daher gemäß § 4a AsylG 2005 nicht zu prüfen.
Bei einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 handelt es sich um eine Entscheidung außerhalb des Anwendungsbereichs der Dublin III-VO (VwGH Ra 2016/19/0072, 30.06.2016 mit Hinweis auf Ra 2016/18/0049, 03.05.2016).
Zur Frage der Unzulässigkeit der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ist davon auszugehen, dass das BFA zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat.
3.2.1. Die seit dem 01.01.2014 anwendbare Dublin III-VO geht, wie sich aus der Legaldefinition in ihrem Art. 2 lit. f ergibt, nunmehr von einem einheitlichen Status für Begünstigte internationalen Schutzes aus, welcher gleichermaßen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte umfasst. Auf Personen, denen bereits in einem Mitgliedstaat Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und deren Asylverfahren zu beiden Fragen rechtskräftig abgeschlossen ist, findet die Dublin III-VO im Fall eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung. Aus dem festgestellten Sachverhalt - insbesondere aus den vorliegenden griechischen Konventionsreisepässen - ergibt sich, dass die BF in Griechenland bereits als Begünstigte internationalen Schutzes anerkannt wurden. Aus diesem Grund kommt zweifelsfrei § 4a AsylG zur Anwendung.
3.2.2. Die BF reisten im Dezember 2018 ins österreichische Bundesgebiet und ihr Aufenthalt war nicht geduldet. Sei waren nicht Zeugen oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
Im vorliegenden Verfahren ist es nicht zur Anwendung von § 8 Abs. 3a AsylG 2005 gekommen und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.
3.3.1. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:
Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).
Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).
Die Kritik der BF1 an der Unterbringungs- und Versorgungslage in Griechenland ist letztlich nicht geeignet, um eine Rückkehr dorthin als unzulässig erscheinen zu lassen. So kann nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Griechenland konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden.
Wie in den angefochtenen Bescheiden dargelegt wurde, gewährleistet Griechenland grundsätzlich ausreichend Schutz für Flüchtlinge. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben Anspruch auf die gleichen sozialstaatlichen Möglichkeiten wie griechische Staatsangehörige. Sie erhalten eine erneuerbare Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre und haben Zugang zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Behandlung und ihre Kinder können zur Schule gehen. Zwar ist der gleichberechtigte Zugang zu sozialen Rechten wie für griechische Staatsangehörige in der Praxis durch verschiedene Faktoren erschwert, doch ergibt sich aus den Länderberichten auch, dass Schutzberechtigte in Bezug auf ihre Unterbringung und Versorgung etwa auch auf Hilfsangebote von NGOs zurückgreifen können.
Dass in diesem Land möglicherweise weniger Integrationsangebote bestehen, als in anderen europäischen Ländern, verletzt die BF nicht in ihren Grundrechten. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die BF in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfänden. So ist zu bedenken, dass grundsätzlich anerkannte Flüchtlinge beziehungsweise Personen mit einem Aufenthaltsrecht nach einer Übergangsphase der Unterstützung gehalten sind, ihre Existenz - so wie auch alle anderen Staatsbürger eines Landes - selbst zu erwirtschaften.
Die BF1 hat vorgebracht, eineinhalb Jahre in Griechenland in einer Mietwohnung gelebt und eine finanzielle Unterstützung von ihren in Syrien lebenden Eltern erhalten zu haben. Es ist demnach nicht ersichtlich, dass die BF während ihres damaligen Aufenthaltes in Griechenland in eine existenzbedrohende Lage geraten wären. Im Falle einer Rückkehr nach Griechenland besteht nach wie vor die Möglichkeit einer finanziellen Unterstützung der BF vom Ausland aus (etwa durch die Eltern der BF1 wie bisher). Zudem hat die BF1 in der Einvernahme vom 14.01.2019 angeführt, von ihrem in Österreich lebenden Mann nicht finanziell abhängig zu sein (eine umgekehrte finanzielle Abhängigkeit konnte ebenso wenig erkannt werden; siehe hiezu die Ausführungen weiter unten); sie habe Ersparnisse.
Der bloße Einwand, dass in Griechenland die Lebensbedingungen für international Schutzberechtigte schlecht sind, ist nicht dazu geeignet, eine konkret drohende Verletzung von Art. 3 EMRK aufzuzeigen. In diesem Kontext ist hervorzuheben, dass es auch unerheblich ist, ob der Standard der griechischen Unterbringungseinrichtungen möglicherweise nicht dem österreichischen Standard entspricht, solange grundlegende Versorgungsgarantien gewährleistet sind. Dass dies in Griechenland der Fall ist, lässt sich aus den in den bekämpften Bescheiden herangezogenen Länderfeststellungen unzweifelhaft entnehmen.
Aus der die Situation in Griechenland betreffenden Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Sache M.S.S. ist ebenfalls nicht ableitbar, dass eine Überstellung der BF zu einer Verletzung ihrer Rechte nach Art. 3 EMRK führen würde, da sich der ihr zugrunde liegende Sachverhalt maßgeblich vom vorliegenden unterscheidet. Aus dem Akteninhalt ist zudem ersichtlich, dass das Verfahren auch zügig geführt wurde.
Jedenfalls hätte die BF1 die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen der Rechte der BF, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Griechenland und letztlich beim EGMR geltend zu machen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR im Zusammenhang mit der Abschiebung von kranken Personen können von einer Ausweisung betroffene Ausländer grundsätzlich kein Bleiberecht in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates beanspruchen, um weiterhin in den Genuss von dessen medizinischer, sozialer oder sonstiger Unterstützung oder Dienstleistungen zu kommen. Die Tatsache, dass die Lebensverhältnisse einer Person einschließlich ihrer Lebenserwartung im Fall ihrer Abschiebung deutlich reduziert würden, reicht allein nicht aus, um zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK zu führen. Die Entscheidung, einen an einer schweren psychischen oder physischen Krankheit leidenden Ausländer in ein Land rückzuführen, in dem die Einrichtungen für die Behandlung dieser Krankheit schlechter als im Vertragsstaat sind, kann ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen, aber nur in einem ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die gegen die Rückführung sprechenden humanitären Gründe zwingend sind ("a very exceptional case, where the humanitarian grounds against the removal are compelling"). Diese "anderen ganz außergewöhnlichen Fälle" hat der EGMR in seiner Rechtsprechung im Fall Paposhvili (EGMR, Große Kammer, 13.12.2016, 41738/10, Rn. 183-192) nunmehr präzisiert.
Akut existenzbedrohende Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes der BF im Falle einer Überstellung nach Griechenland sind der Aktenlage nicht zu entnehmen.
Die BF2 und die BF3 sind gesund. Die BF1 ist schwanger.
In den §§ 3 und 5 Mutterschutzgesetz, BGBl Nr. 221/1979 idgF (MSchG) wird für Frauen (im Fall einer Spontangeburt von Einlingen) ein Beschäftigungsverbot von acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung bis acht Wochen nach der Entbindung normiert (= Mutterschutz). Die hinter dieser Bestimmung liegende generelle Wertung, dass schwangere Frauen in diesem Zeitraum einer körperlichen Schonung bedürfen, kann auch auf Ausweisungen im Asylrecht übertragen werden.
Aus dem gesamten Akteninhalt ergibt sich jedenfalls nicht, dass die Schwangerschaft der BF1 bereits derart weit