Entscheidungsdatum
25.03.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
I414 2187664-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Einzelrichter und den Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (SMS) vom XXXX, betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, nach nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Frau XXXX (in der Folge als Beschwerdeführerin bezeichnet) beantragte am 03.01.2018 die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in ihrem Behindertenpass.
Vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) wurde Dr. T. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens betraut. Dr. T. ist Facharzt für Psychiatrie und beurteilte er in seinem Gutachten vom 22.01.2018 unter Einbeziehung des vorgelegten Auszuges aus der psychiatrischen Ambulanzkartei der Klinik Innsbruck den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin folgend:
"[...] Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Schizophrene Störungen, Schizophrene Störung leichte Verlaufsform
2
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Persönlichkeits- bzw. Verhaltensstörung mit geringer sozialer Beeinträchtigung
3
Sehstörungen, Erblindung oder Verlust eines Auges bei komplikationsloser prothetischer Versorgung
Stellungnahme zu
gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Hinsichtlich der psychiatrischen und körperlichen Leiden ist keine wesentliche Veränderung der funktionellen Einschränkungen festzustellen [...]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine; sowohl im Rahmen der körperlichen Erkrankung (der Erblindung einseitig) sowie der psychischen Einschränkungen nach Schädelhirntrauma im Sinne einer organischen Persönlichkeitsveränderung und andererseits der paranoiden Schizophrenie ist keine wesentliche Verschlechterung eingetreten, die die Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel wesentlich einschränken würde
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
Gutachterliche Stellungnahme:
Die beantragte Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist aus psychiatrischer Sicht nicht ausreichend begründet und daher nicht zu empfehlen; es fehlt eine spezifische Angstsymptomatik, eine massive oder unzumutbare Verhaltensstörung und seine schwere Bewegungseinschränkung [...]"
Mit Bescheid vom 02.02.2018 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung ab und führte begründend aus, dass das Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass die Voraussetzungen dafür nicht vorlägen.
Dagegen wurde rechtzeitig und zulässig Beschwerde erhoben. Der Beschwerde wurde eine ärztliche Bestätigung der Univ. Klinik Innsbruck beigelegt. Dr. H. bestätigt darin das Vorleigen einer schizophrenen Störung. Bei größerer Menschenansammlung komme es zu Reizüberflutung und damit einhergehenden Angstzuständen. Das Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln sei für die Beschwerdeführerin mit erhöhtem Stress verbunden.
Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Vom nunmehr erkennenden Gericht wurde von Dr. T. eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. Darin führt er auszugsweise aus: "[...] leidet an einer paranoiden Schizophrenie, wobei hier durchwegs auch ein phasenweise stabiler Verlauf unter Medikation beschrieben worden ist. Es treten Angstzustände unter Menschansammlungen, somit auch in öffentlichen Verkehrsmitteln auf, wobei diese nicht im Sinne von Panikattacken oder einer klassischen Platzangst zu erklären sind, auch nicht ein eine deutliche Verhaltensstörung münden - es handelt sich um innere Spannungszustände und Ängste, die durch die erhöhte Verletzlichkeit bei schizophrener Grunderkrankungen und im Rahmen der Reizfilterstörung zu erklären sind, wobei diesbezüglich eine spezifische, beispielsweise psychologische oder verhaltenstherapeutische Behandlung bislang nicht nachgewiesen oder in den Befunden erwähnt wird."
Dr. T. beantwortet die vom erkennenden Gericht gestellten Fragen wobei sich zusammenfassen lässt, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung vom Sachverständigen negiert werden. Auch die Erblindung bzw. der Verlaust eines Auges bedinge keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht. Die belangte Behörde befand die Ausführungen des Sachverständigen als vollständig und schlüssig und verzichtete auf eine weitere Stellungnahme. Die Beschwerdeführerin machte von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme nicht Gebrauch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren und hat ihren Wohnsitz in Innsbruck, Österreich.
Sie ist in Besitz eines Behindertenpasses und stellte am 03.01.2018 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung".
Die Beschwerdeführerin leidet an einer schizophrenen Störung, einer Persönlichkeits- und Verhaltensstörung und einer Sehstörung. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel löst durch Menschenansammlungen bei der Beschwerdeführerin innere Spannungszustände und Ängste aus, jedoch nicht solche Panikattacken, die eine Unzumutbarkeit bedingen.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin, ihren Wohnsitz und dem Behindertenpass ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.
Die Feststellungen zu ihrem Gesundheitszustand ergeben sich aus dem von der belangten Behörde und dem im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. T. vom 22.01.2018 sowie vom 15.03.2018. Der Sachverständigte führte schlüssig und nachvollziehbar aus, dass die festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht bedingen.
Das Bundesverwaltungsgericht kann nichts finden, was die Schlüssigkeit, Nachvollziehbarkeit und Vollständigkeit dieser Gutachten oder die Person der Sachverständigen in Frage stellen würde. Es geht daher davon aus, dass es diese Gutachten seinen Feststellungen ohne Bedenken zu Grunde legen kann.
Die Beschwerdeführerin ist den in den Gutachten getroffenen Feststellungen auch nicht substantiiert entgegengetreten. Das im Rahmen der Beschwerde Vorgebrachte und die vorgelegte ärztliche Bestätigung wurden im Ergänzungsgutachten vom 15.03.2018 berücksichtigt und entsprechend gewürdigt. Der Sachverständige geht auch die dargestellte Stresssituation durch Menschenansammlungen eingehend ein und beschreibt nachvollziehbar, weshalb die inneren Spannungszustände keine solche Intensität erreichen, dass eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bejaht werden müsste. Dr. T. ruft neuerlich die bisher vorgelegten ärztlichen Unterlagen in Erinnerung und führt aus, dass spezifische, beispielsweise psychologische oder verhaltenstherapeutische Behandlung bislang nicht nachgewiesen oder in Befunden erwähnt wird.
Auch die belangte Behörde schloss sich den Ausführungen des Dr. T. an, die Beschwerdeführerin gab nach Zustellung des Parteiengehörs keine Stellungnahme mehr ab.
Die Beschwerdeführerin ist daher den im Auftrag der belangten Behörde erstellten Gutachten sowie den vom erkennenden Gericht in Auftrag gegebenen ergänzenden Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und erweisen sich diese aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch als schlüssig, plausibel und nachvollziehbar. Der medizinische Sachverhalt als solcher erscheint geklärt. Der erkennende Senat sieht daher von der Beauftragung eines weiteren Sachverständigengutachtens ab.
Zum Unterbleiben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über die Vornahme der Zusatzeintragung Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass sind die Art und das Ausmaß die beim Beschwerdeführer festgestellte Gesundheitsschädigung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ergänzendes Gutachten eingeholt. Wie bereits ausgeführt, wurde dieses, so wie auch das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten der Dr. T. als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Im Rahmen des Parteiengehörs wurde die Möglichkeit gegeben, sich zu äußern. Dem Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht (auf gleicher fachlicher Ebene) entgegen getreten. Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden in den eingeholten ärztlichen Stellungnahmen berücksichtigt. Somit ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit und anzuwendendes Recht
§§ 6 und 7 Abs. 1 BVwGG lauten wie folgt:
"Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Senate
§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.
§ 45 Abs. 3 und 4 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl 1990/283 in der geltenden Fassung, lauten wie folgt:
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen."
Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter, zu entscheiden.
Die §§ 1, 17, 28 Abs. 1 und 2 und 58 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG) lauten wie folgt:
"§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.
(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt."
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 42 Abs. 1 zweiter Satz BBG können im Behindertenpass auf Antrag des behinderten Menschen zusätzliche Eintragungen vorgenommen werden, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen.
Gemäß § 45 Abs. 1 leg.cit. sind Anträge auf Vornahme einer Zusatzeintragung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice) einzubringen.
Nach § 47 leg.cit. ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
In Ausübung dieser Ermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013, erlassen.
Der für die hier strittige Zusatzeintragung relevante § 1 Abs 4 Z 3 der zitierten Verordnung in der Fassung BGBl. II Nr. 263/2016 hat folgenden Wortlaut:
"§ 1
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
...
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen."
Nach der (noch zur Rechtslage nach der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen, BGBl. 86/1991, ergangenen) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 20.04.2004, 2003/11/0078 [= VwSlg. 16.340 A/2004]; VwGH 01.06.2005, 2003/10/0108; VwGH 29.06.2006, 2006/10/0050; VwGH 18.12.2006, 2006/11/0211; VwGH 17.11.2009, 2006/11/0178; VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142; VwGH 23.05.2012, 2008/11/0128; VwGH 17.06.2013, 2010/11/0021, je mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (20.03.2001, 2000/11/0321 [= VwSlg. 15.577 A/2001]). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Die Sachverständigengutachten beschäftigten sich mit diesen Fragen und kam Dr. T. zum Schluss, dass keine diesbezügliche Einschränkung vorliegen. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in der Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in freier Beweiswürdigung dem nicht als unschlüssig zu erkennenden Sachverständigengutachten folgt, ist dies im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Wesentlich stützt die Beschwerdeführerin ihr Beschwerdevorbringen auf den Umstand, dass es bei Menschenansammlungen zu Angstzuständen und Stresssituationen komme. Eine erhebliche Einschränkung psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten wurden vom Sachverständigen dadurch nicht festgestellt. Auch der Verlust eines Auges stellte keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit dar.
Das Ermittlungsverfahren hat des Weiteren ergeben, dass bei der Beschwerdeführerin keine schweren anhaltenden Erkrankungen des Immunsystems vorliegen und auch keine schwere Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit besteht.
Insgesamt ist daher festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass nicht vorliegen, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I414.2187664.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.07.2019