TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/20 96/12/0199

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.01.1999
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Index

L22003 Landesbedienstete Niederösterreich;

Norm

DPL NÖ 1972 §71 Abs1;
DPL NÖ 1972 §71 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des W in B, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. April 1996, Zl. I/PA-101.9132/41, betreffend qualitative Mehrdienstleistungsentschädigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,--binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Fachoberinspektor (Verwendungsgruppe C) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich; seine Dienststelle ist die Bezirkshauptmannschaft Baden, wo er als Sachbearbeiter in Strafsachen tätig ist.

Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und dem Vorbringen des Beschwerdeführers beantragte er mit Schreiben vom 7. Juli 1992, eingelangt bei der belangten Behörde am 9. Juli 1992, die Zuerkennung einer qualitativen "Mehrdienstleistungsentschädigung gem. § 71 Abs. 5 DPL 1972". Er begründete dieses Begehren im wesentlichen damit, daß seine Tätigkeit als Sachbearbeiter in der Strafabteilung ein rechtliches Wissen voraussetze, das über seine dienstrechtliche Stellung als Beamter der Verwendungsgruppe C hinausgehe. Er habe "somit Anspruch auf die qualitative Mehrdienstleistungsentschädigung gemäß § 71 Abs. 5 DPL 1972 und beantrage daher nochmals" ihm diese Entschädigung zuzuerkennen. Für den Fall der Abweisung seines Antrages ersuche er um bescheidmäßige Erledigung.

Soweit den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens diesbezüglich weiter zu entnehmen ist, wurde daraufhin seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 21. Oktober 1992 an den Leiter der Bezirkshauptmannschaft Baden um Vorlage verschiedener Unterlagen (Stellenbeschreibung, Angabe von Zwischenvorgesetzten, Aufstellung über die Erledigungen innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von einem Jahr) ersucht.

Mit Schreiben der belangten Behörde an den Beschwerdeführer vom 26. Jänner 1993 wurde er unter Hinweis auf seinen Antrag vom 7. Juli 1992 ersucht, ergänzend mitzuteilen, bei welchen der in der beiliegenden vom Dienststellenleiter abgegebenen Stellenbeschreibung angeführten Tätigkeiten das Vorliegen der in der Judikatur als B-wertig anerkannten Merkmale behauptet werde;

dies sei eingehend zu begründen.

     Hiezu gab der Beschwerdeführer im Dienstweg eine mit

1. März 1993 datierte Stellungnahme ab.

     Ohne Nachweis einer dazwischenliegenden Erledigung des

Antrages vom 7. Juli 1992 (auch dem Beschwerdevorbringen ist

diesbezüglich nicht weiteres zu entnehmen) findet sich bei den

vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens als nächstes Stück ein

(neuerlicher?) eingehend begründeter Antrag des Beschwerdeführers

vom 16. Oktober 1995 auf Gewährung einer qualitativen

Mehrdienstleistungsentschädigung nach § 71 DPL 1972 (- der aber

auch keinen Hinweis auf den seinerzeitigen Antrag vom 7. Juli 1992

bzw. auf eine allfällige Erledigung dieses Antrages enthält -)

verbunden mit dem Antrag auf Erlassung eines

Feststellungsbescheides.

Auf diesem Schriftstück befindet sich folgende unleserlich unterfertige Bleistiftnotiz:

"b. Bescheid wie seinerzeit: Ablehnung, da keine Anordnung (Herr ... unleserlich ... düfte den alten Akt haben)"

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde wie folgt abgesprochen:

"Ihrem Antrag vom 16. Oktober 1995 auf Zuerkennung einer qualitativen Mehrdienstleistungsentschädigung wird keine Folge gegeben.

Rechtsgrundlage: § 71 Abs. 1 und 6 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972, LGBl. 2200"

Zur Begründung wird lediglich ausgeführt, es werde festgestellt, daß Dienstleistungen, die über den aufgrund der dienstrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers zu erwartenden Wert seiner Arbeitsleistung hinaus gingen, weder von der Landesregierung, noch vom Landeshauptmann oder von einem von ihnen hiezu ermächtigten Beamten unter Berufung auf dessen Ermächtigung schriftlich angeordnet worden seien. § 71 Abs. 6 DPL 1972 knüpfe den Anspruch auf eine qualitative Mehrdienstleistungsentschädigung ausdrücklich auf eine Anordnung durch den in Abs. 1 lit. a aufgezählten Personenkreis. Das Vorliegen einer ausdrücklichen Anordnung durch den hiezu ermächtigten Personenkreis als Anspruchsvoraussetzung werde auch durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1994, Zl. 93/12/0312, bestätigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die aber - ohne nähere Darlegung in der Sachverhaltsdarstellung - von einer Erledigung des Antrages vom 7. Juli 1992 ausgeht; jedenfalls wird kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. In dieser räumt die belangte Behörde ein, daß ein abschließendes Ermittlungsverfahren über den Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers überhaupt nicht durchgeführt wurde, bestreitet aber die vom Beschwerdeführer behauptete Höherqualifikation ohne nähere Begründung. Anknüpfend an die Begründung des angefochtenen Bescheides (- keine Anordnung von qualitativen Mehrdienstleistungen -) meint die belangte Behörde nur, daß der vom Bezirkshauptmann verfügte "Arbeitsverteilungsplan" nicht als Anordnung im Sinne des § 71 DPL 1972 zu verstehen sei. Die weiteren umfangreichen Ausführungen betreffen einen Vergleich mit dem Besoldungsrecht des Bundes. Letztlich wird daran anknüpfend die Aussage getroffen, daß "eine qualitative Mehrdienstleistungsentschädigung nicht vertretbar" erscheine, weil die besoldungsrechtliche Stellung des Beschwerdeführers als Landesbeamter deutlich günstiger sei als die eines vergleichbaren Bundesbeamten. Schließlich wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auf den Umstand, daß die Beschwerde in ihrer Sachverhaltsdarstellung auf den Antrag des Beschwerdeführers vom 7. Juli 1992 und nicht auf den im Bescheid genannten vom 16. Oktober 1995 abgestellt hat, wird nicht eingegangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf (qualitative) Mehrdienstleistungsentschädigung nach § 71 DPL 1972 durch unrichtige Anwendung dieser Norm (insbesondere ihres Abs. 6), sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

In dessen Ausführung bemängelt der Beschwerdeführer die fehlenden Tatsachenfeststellungen sowohl hinsichtlich seiner dienstlichen Tätigkeit als auch der Anordnungsgrundlage, auf welches diese vollzogen werde.

Bereits dieses Vorbringen erweist sich als zutreffend.

§ 71 Abs. 1 DPL 1972, LGBl. 2200, regelt die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitsleistungen, die über die zeitliche Normalleistung hinausgehen, also im üblichen Sprachgebrauch für Überstunden. Dafür verlangt lit. a dieser Bestimmung, daß solche Mehrdienstleistungen

"von der Landesregierung oder vom Landeshauptmann oder von einem von ihnen hiezu ermächtigten Beamten unter Berufung auf seine Ermächtigung schriftlich angeordnet sind".

Der Abs. 6 des § 71 DPL 1972 hat folgenden Wortlaut:

"Für Dienstleistungen, die gemäß Abs. 1 lit. a angeordnet werden und über den vom Beamten auf Grund seiner dienstrechtlichen Stellung zu erwartenden Wert seiner Arbeitsleistung hinausgehen, gebührt eine qualitative Mehrdienstleistungsentschädigung."

Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthält nur die Behauptung der belangten Behörde, daß dem Beschwerdeführer keine höherwertigen Dienstleistungen von den in § 71 Abs. 1 lit. a DPL 1972 umschriebenen Organen schriftlich angeordnet worden seien. Es bleibt damit unklar, ob und welche - allenfalls - höherwertigeren Dienstleistungen der Beschwerdeführer - wie er vorgebracht hat - auf welcher Rechtsgrundlage erbracht hat. Da unter qualitativen Mehrdienstleistungen nach § 71 Abs. 6 DPL 1972 nicht lediglich solche außerhalb der normalen Dienstpflichten zu erbringende zusätzliche Leistungen zu verstehen sind, hätte eine Auseinandersetzung mit der normativen Grundlage der Einordnung und der Aufgaben des Beschwerdeführers als Sachbearbeiter in Strafangelegenheiten im Dienstbetrieb seiner Dienststelle erfolgen müssen. Der Hinweis der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1994, Zl. 93/12/0312, ist schon deshalb unzutreffend, weil dieses Erkenntnis die Frage der Abgeltung von zeitlichen Mehrdienstleistungen nach § 46 NÖ GBDO, LGBl. 2400, betroffen hat.

Die in der Gegenschrift von der belangten Behörde angestellten Vergleichsüberlegungen gehen - abgesehen davon, daß eine Gegenschrift von vornherein nicht die einem Bescheid fehlende Begründung ersetzen kann - am entscheidenden Verfahrensgegenstand vorbei. Maßgebend für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch auf qualitative Mehrdienstleistungsentschädigung ist, ob die im Gesetz, dem § 71 NÖ DPL 1972, enthaltenen Tatbestandserfordernisse erfüllt sind oder nicht. Diese sind von der belangten Behörde in einem ordnungsgemäßen Dienstrechtsverfahren, insbesondere unter Beachtung des § 8 Abs. 1 DVG und unter Mitwirkung des Beschwerdeführers zu erheben; erst dann ist der Verwaltungsgerichtshof - sollte es allenfalls erforderlich sein - in der Lage, die inhaltliche Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Entscheidung zu beurteilen. Bei der im Beschwerdefall gegebenen Verfahrenslage erübrigt sich für den Verwaltungsgerichtshof derzeit auch eine Auseinandersetzung mit der Frage der Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers vom 7. Juli 1992, weil der Beschwerdeantrag nur auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides gerichtet war und dieser auf den Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Oktober 1995 bezug nimmt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Jänner 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996120199.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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