Entscheidungsdatum
28.05.2019Norm
ASVG §410Spruch
I412 2122454-1/5E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von "XXXX", vertreten durch Allgäuer & Partner, Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatungs GmbH, Schlossgraben 10, 6800 Feldkirch, gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse Hauptstelle (XXXX) vom XXXX, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Erledigung vom 15.12.2015, Zl. XXXX verpflichtete die XXXX Gebietskrankenkasse "XXXX" als Dienstgeber, allgemeine Beiträge, sonstige Beiträge und Umlagen für die in der Beilage angeführten Dienstnehmerinnen, für die ebenfalls in der Beilage angeführten Zeiträume, in der Höhe von EUR 3.554,27 zu entrichten sowie Verzugszinsen in Höhe von EUR 872,01 zu entrichten.
Begründend führte die belangte Behörde aus, für die DienstnehmerInnen der Beschwerdeführer gelte der Kollektivvertrag Ärzte (Angestellte) für das Bundesland XXXX, nach dem diesen in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung im Ausmaß von zwei Monatsgehältern gebühre (Punkt XII Sonderzahlungen), wobei die erste Hälfte am 01. Juli, die zweite Hälfte am 01. Dezember fällig sei.
Der Kollektivvertrag Ärzte XXXX bestimme weiters, dass den Angestellten der Ärzte in XXXX eine Infektionszulage zustehe, wenn sie in Strahlenbereichen (§ 2 lit g Strahlenschutzgesetz, § 1 Strahlenschutzordnung) tätig seien.
Die DienstnehmerInnen der Beschwerdeführer hätten diese Zulagen im Einklang mit dem Kollektivvertrag regelmäßig monatlich erhalten, diese seien allerdings nicht in die Beitragsgrundlage für die Sonderzahlungen einbezogen worden.
2. Gegen diesen Bescheid wurde - ebenfalls im Namen von "XXXX" Beschwerde erhoben und ausgeführt, strittig sei im vorliegenden Fall ausschließlich, ob die Nichteinbeziehung der regelmäßig gewährten Infektions- und Strahlenschutzzulage rechtens sei.
Nach Anführung der maßgebenden rechtlichen Bestimmungen wird in der Beschwerde zusammengefasst ausgeführt, die Wortinterpretation der Bestimmung des Punktes XII (der von Monatsgehältern spricht) liefere iVm XIII des KV ein eindeutiges Ergebnis. Der KV kenne sowohl den Begriff "Gehalt" als auch den Begriff der "Zulage", verwende in Punkt XII aber nur den Begriff "Gehalt". Ohne deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Redaktionsversehens könne den Vertragsparteien nicht unterstellt werden, in Punkt XIII zwischen Gehalt und Zulagen zu unterscheiden, in Punkt XII hingegen mit nur einem dieser Begriffe beides zu meinen. Auch teleologisch spreche nichts dafür, dass der Begriff "Gehalt" in einem Fall Gehälter und Zulagen umfassen solle, in einem anderen Fall - nämlich in Punkt XIII - hingegen nur Gehälter, weil die Zulagen in Punkt XIII eben separat geregelt seien.
Würde tatsächlich - wie in der Begründung des Bescheides nahegelegt werde - ein Monats-"Entgelt" gebühren, wäre die an dieser Stelle von der belangten Behörde gezogene Schlussfolgerung richtig.
3. Die gegenständliche Rechtssache wurde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und am 03.10.2016 der Gerichtsabteilung I412 neu zugeteilt.
4. Mit E-Mail vom 22.05.2019 übermittelte die belangte Behörde eine Stellungnahme betreffend Bescheidadressaten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die belangte Behörde hat die hier bekämpfte Erledigung an "XXXX" gerichtet. Die gleiche Bezeichnung findet sich sowohl im Betreff, als auch im Spruch und in der Zustellverfügung der Erledigung.
Die Beschwerde wurde ebenfalls im Namen von "XXXX" erhoben.
Die belangte Behörde stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
"XXXX führen eine Magnetresonanz- und Radiologiefacharztpraxis in XXXX. Sie beschäftigen in ihrem Betrieb im Prüfzeitraum 2010 bis 2014 mehrere Dienstnehmerinnen. Der Betrieb unterlag dem KV Ärzte (XXXX</nichtanonym><anonym>XXXX</anonym></person>) in der jeweils zeitraumbezogen geltenden Fassung.
Bei den Sonderzahlungen wurden von XXXX die an ihre Dienstnehmerinnen regelmäßig monatlich ausbezahlten Infektions- und Strahlenschutzzulagen nicht in die Beitragsgrundlage einbezogen."
In der gegenständlichen Ordination in XXXX waren zwei "Betriebe" angesiedelt, zum einen die "MXXXX" (Gesellschafter und Geschäftsführer ist dabei neben einem weiteren XXXX), zuständig für die MR-Untersuchungen, zum anderen das Einzelunternehmen XXXX, für die übrigen radiologischen Untersuchungen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde sowie der Stellungnahme der belangten Behörde vom 22.05.2019.
In Anbetracht des feststehenden Sachverhaltes konnte eine mündliche Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG unterbleiben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Gegenständlich liegt mangels Stellung eines derartigen Antrages Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden gegen Bescheide, ferner auch über Beschwerden gegen die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde und gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4 B-VG (Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 4 B-VG). Durch Bundes- oder Landesgesetz können sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte begründet werden (Art. 130 Abs. 2 B-VG). Von dieser Möglichkeit hat der Gesetzgeber in Angelegenheiten des ASVG keinen Gebrauch gemacht.
Ob eine Erledigung einem der Rechtsakttypen des Art. 130 B-VG entspricht (etwa Bescheidqualität besitzt) und folglich mit Beschwerde gemäß Art. 130 B-VG angefochten werden kann, ist eine Frage der Zuständigkeit (vgl. VwGH 19.12.2012, 2011/06/0114, unter Hinweis auf Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 63 Rz 46). Diese hat das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen.
Aus dem Vorgesagten folgt, dass die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde nur gegeben ist, wenn das angefochtene Schriftstück als Bescheid im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG qualifiziert werden kann, zumal eine Einordnung dieses Schriftstücks in eine der anderen in Art. 130 Abs. 1 B-VG genannten Rechtsaktkategorien nicht in Betracht kommt.
3.3.
Die belangte Behörde hat ihre Erledigung, gegen die sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet, an "XXXX" gerichtet und dahingehend Stellung genommen, dass dabei das Einzelunternehmen "XXXX" gemeint gewesen sei.
Die Tauglichkeit des Bescheidadressaten ist nach den Verwaltungsvorschriften und subsidiär nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. In Ermangelung von Sondervorschriften kommen daher etwa eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, eine "Gemeinschaft der Eigentümer einer Liegenschaft" (vgl auch VwSlg 7409 A/1968 verst Sen), ein "Personenkomitee" oder eine "Gutsverwaltung" von vornherein als Bescheidadressaten nicht in Betracht
In Zusammenhang mit einer fehlerhaften Parteibezeichnung kann nicht nur unklar sein, an welche von mehreren Personen ein Bescheid gerichtet ist, sondern insbesondere auch, ob er ein (von vornherein) nicht rechtsfähiges Gebilde oder eine (mehrere) - dahinter stehende natürliche oder juristische Person(en) zum Adressaten hat Bestehen auf den ersten Blick Zweifel, ob sich eine Erledigung an eine Nichtperson oder eine (dahinterstehende) juristische oder natürliche Person richtet, so kann nur dann ein Bescheid vorliegen, wenn eine nähere Auslegung der Erledigung in ihrem Zusammenhalt sowie iVm den maßgeblichen Rechtsvorschriften (Rz 48, 58f) eindeutig ergibt, dass sie einen Rechtsträger zum Adressaten hat
Sie ist hingegen sowohl dann absolut nichtig (vgl auch Walter/Mayer Rz 411/1), wenn der Adressat nicht zweifelsfrei feststeht als auch dann, wenn es diesem (eindeutig feststehenden Adressat) an der notwendigen Rechtssubjektivität mangelt.
Der Adressat eines Bescheides muss eindeutig bezeichnet sein. Die Bezeichnung hat mit dem in der richtigen Form gebrauchten Namen zu erfolgen. Für die Gültigkeit eines Bescheides reicht es allerdings, dass der Adressat der Erledigung insgesamt eindeutig entnommen werden kann. Dieses Erfordernis ist erfüllt, wenn bei schriftlichen Ausfertigungen aus Spruch, Begründung und Zustellverfügung in Zusammenhang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig erkennbar ist, welchem individuell bestimmten Rechtsträger gegenüber die Behörde einen Bescheid erlassen wollte. Entscheidend ist, dass für die Beteiligten des Verfahrens als Betroffene des Bescheides sowie für die Behörde und in weiterer Folge für den Verwaltungsgerichtshof die Identität des Bescheidadressaten zweifelsfrei feststeht. Solange erkennbar ist, wem gegenüber die Behörde den Bescheid erlassen will, führt eine fehlerhafte Bezeichnung des Bescheidadressaten nicht zur absoluten Nichtigkeit des Bescheides.
Ein Bescheid kann nur an jemanden ergehen, der Träger von Rechten und Pflichten sein kann, was nach den gem. § 9 AVG anzuwendenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts jedenfalls auf natürliche und juristische Personen zutrifft (siehe dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 56, Stand 1.7.2005, rdb.at).
Die Bezeichnung "XXXX" deutet darauf hin, dass dieser nicht an eine natürliche Person, sondern an eine Gesellschaft gerichtet war und ergibt sich dies auch aus den Feststellungen der belangten Behörde, die durch die Verwendung der Mehrzahl offenkundig davon ausgeht, dass mehrere Personen als Dienstgeber anzusehen sind.
Überdies waren in der gleichen Ordination, die die verfahrensgegenständliche Erledigung betrifft, tatsächlich zwei Betriebe angesiedelt, wovon einer als GmbH geführt wird und bei der der in der Erledigung angeführte XXXX als Gesellschafter und Geschäftsführer fungiert.
Träger von Rechten und Pflichten eines Einzelunternehmens ist die damit angesprochene Rechtspersönlichkeit, nämlich der Einzelunternehmer (vgl. VwGH vom 17. Februar 1997, 93/10/0034).
Im konkreten Fall ist somit nicht eindeutig festzustellen, ob die belangte Behörde den Einzelunternehmer XXXX als Dienstgeber mit der vorliegenden Erledigung verpflichten wollte, oder eine allfällige Gesellschaft, bei der dieser als "Mitgesellschafter" auftritt, wobei nicht aus dem Bescheid hervorgeht, wer dabei gemeint ist oder allenfalls, wie bereits ausgeführt, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die nicht Träger von Rechten und Pflichten sein kann.
Als entscheidend für die normative Wirkung der Erledigung wird also angesehen, dass für die Beteiligten des Verfahrens als Betroffene des "Bescheides" sowie für die Behörde (so auch Thienel, ÖJZ 1996, 210) und in weiterer Folge für den VwGH die Identität der Bescheidadressaten zweifelsfrei feststeht (VwGH 16. 10. 2003, 2003/07/0088; 29. 1. 2004, 2003/07/0048). Bleibt der (bzw bleiben - im Mehrparteienverfahren - alle) Adressat(en) unklar (vgl etwa auch VwGH 18. 3. 1994, 93/17/0047), dann liegt kein Bescheid vor (VwGH 16. 10. 2003, 2003/07/0088).
Somit stellt sich im gegenständlichen Fall die in Beschwerde gezogene Erledigung der belangten Behörde nicht als Bescheid im Sinne der §§ 58 ff AVG dar. Das angefochtene Schriftstück bildet daher keinen einer Beschwerde nach Art. 130 B-VG zugänglichen Rechtsakt. Zur Entscheidung über die dagegen erhobene Beschwerde ist das Bundesverwaltungsgericht folglich nicht zuständig. Sie ist daher zurückzuweisen.
3.2.5. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheidadressat, Bescheidqualität, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I412.2122454.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.07.2019