TE Lvwg Erkenntnis 2019/5/15 LVwG-AV-315/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.05.2019

Norm

BAO §4 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §7
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §13 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs2
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde von Frau A und Herrn B, beide ***, ***, vom 28. Juli 2016, gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. November 2018, Zl. ***, mit welchem der Berufung, der Beschwerdeführer gegen den Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 6. Juli 2017, betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe, teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert worden war, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliche Feststellungen:

Frau A und Herr B (in der Folge: Beschwerdeführer) sind grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft mit der topographischen Anschrift ***, *** (Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***), auf der ein Wohngebäude errichtet ist:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„…

…“

(Quelle: imap geodaten des Landes Niederösterreich, Abfrage vom 14. März 2019)

Die Liegenschaft ist an die öffentliche Wasserleitung der Stadtgemeinde *** angeschlossen. Das Wohngebäude ist mit 3 Geschoßen an die Ortswasserleitung angeschlossen. Die an das Wohngebäude angebaute Garage, die über Türen mit dem Wohngebäude verbunden ist, weist keinen Wasseranschluss auf.

1.2. Verwaltungsbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 25. Juli 2003, wurde dem Ansuchen der damaligen Eigentümer (C und D) vom 6. Juli 2003, in dem begehrt wurde, das Grundstück ***, ***, Grundstück Nr. *** (EZ ***, KG ***) an die öffentliche Wasserleitung anzuschließen, stattgegeben.

1.2.2.

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 7. Juli 2004, wurde den damaligen Eigentümern, die baubehördliche Bewilligung für den Anbau einer behindertengerechten Hebebühne und behindertengerechte kleine Umbauten (Änderung einer Stiege, Raumumwidmungen, Zwischenwände) am bestehenden Haus in ***, ***, auf den Grundstücken Nr. ***,*** (EZ ***, KG ***) erteilt.

1.2.3.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2007 erstatteten die damaligen Eigentümer eine Fertigstellungsanzeige zu Baubewilligung vom 7. Juli 2004 mit dem Hinweis, dass diese gleichzeitig eine Veränderungsanzeige sei.

1.2.4.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 1. September 2009, wurde hinsichtlich der Liegenschaften EZ *** und EZ *** das Eigentumsrecht je zur Hälfte für die Beschwerdeführer eingeräumt.

1.2.5.

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 21. September 2016 wurde den Beschwerdeführern die nachträgliche baubehördliche Bewilligung für einen Zubau und bauliche Änderungen beim bestehenden Wohnhaus in ***, *** auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück Nr. ***, EZ *** KG *** bewilligt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

1.2.6.

Mit Schreiben vom 28. November 2016, datiert mit 1. Oktober 2016, erstatteten die Beschwerdeführer eine Veränderungsanzeige gemäß § 13 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 und gaben bekannt, dass ein Zubau zum Wintergarten erfolgt sei. Diese Maßnahme sei im Oktober 2015 vollendet worden. Im Bereich des Wohnhauses präsentiere sich die Änderung wie folgt:

Bestand vor Änderung  Bestand nach Änderung

Bebaute Fläche  222,30 m²  KG 152,62 m²  257,38 m² KG 152,62 m²

EG 184,29 m²    EG 184,29 m²

OG 123,27 m²    OG 155,86 m²

Angeschl. Geschoße   3                                        3

Im Bereich der Garage sei keine Änderung der Fläche (26,7 m²) eingetreten. Diese Veränderungsanzeige wurde von den Beschwerdeführern eigenhändig unterfertigt.

1.3. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.3.1.

Mit Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 3. November 2003 wurde den damaligen Eigentümern gemäß § 6 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 und der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** für das auf der gegenständlichen Liegenschaft errichtete Wohngebäude - unter Zugrundelegung eines Einheitssatzes von € 11,45 und einer Berechnungsfläche von 222 m² (ein mit zwei Geschoßen angeschlossenes Wohnhaus, mit einer bebauten Fläche von 98 m² und ein Anteil der unbebauten Fläche mit 75 m²) - erstmals eine Wasseranschlussabgabe in der Höhe von € 2.541,90 (zzgl. USt.) vorgeschrieben. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

1.3.2.

Mit Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 6. Juli 2017, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 7 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 und der geltenden Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** für die in ihrem Eigentum befindlichen Liegenschaft mit der Anschrift ***, *** (Grundstück Nr. ***, EZ *** KG ***), eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 3.312,08 (inklusive Umsatzsteuer) vorgeschrieben. Dabei wurde als Berechnungsfläche vor der Änderung eine Fläche von 222 m² ermittelt, während als Berechnungsfläche nach der Änderung eine Fläche von 437,07 m² herangezogen wurde:

I. Bestand nach der Änderung

Gebäude   Bebaute Fläche Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus          241,38  m²        120,69 m²   2 + 1    362,07 m²

Anteil der unbebauten Fläche: 15% von 500 m²     75,00 m²

(maximal von 500 m² = 75 m²)

Berechnungsfläche nach der Änderung                                      437,07 m²

II. Bestand vor der Änderung

Gebäude   Bebaute Fläche Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus          98,00 m²  49,00 m²   2+ 1     147,00 m²

Anteil der unbebauten Fläche: 15% von 915,62 m²     75,00 m²

(maximal von 500 m² = 75 m²)

Berechnungsfläche vor der Änderung                                      222,00 m²

Unter Heranziehung des geltenden Einheitssatzes von € 14,00 wurde sohin ein Gesamtbetrag von € 3.312,08 errechnet.

1.3.3.

Gegen diesen Abgabenbescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 6. August 2017 fristgerecht das ordentliche Rechtsmittel der Berufung und begründeten diese im Wesentlichen damit, dass das Dachgeschoß erweitert worden sei. Die verbaute Fläche sei nicht verändert worden, da über bestehenden Räumen ausgebaut worden sei. Daher könne sich eine derart große Veränderung der Bemessungsgrundlage nicht ergeben.

1.3.4.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Abgabenbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. November 2018, Zl. ***, wurde der Berufung der Beschwerdeführer teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass nunmehr gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 und der geltenden Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 5.170,70 (inklusive Umsatzsteuer) vorgeschrieben wurde. Dabei wurde als Berechnungsfläche vor der Änderung eine Fläche von 222 m² ermittelt, während als Berechnungsfläche nach der Änderung eine Fläche von 557,76 m² herangezogen wurde:

I. Bestand nach der Änderung

Gebäude   Bebaute Fläche Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus          241,38  m²        120,69 m²   3 + 1    482,76 m²

Anteil der unbebauten Fläche: 15% von 500 m²     75,00 m²

(maximal von 500 m² = 75 m²)

Berechnungsfläche nach der Änderung                                      557,76 m²

II. Bestand vor der Änderung

Gebäude   Bebaute Fläche Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus          98,00 m²  49,00 m²   2+ 1     147,00 m²

Anteil der unbebauten Fläche: 15% von 915,62 m²     75,00 m²

(maximal von 500 m² = 75 m²)

Berechnungsfläche vor der Änderung                             222,00 m²

Unter Heranziehung des geltenden Einheitssatzes von € 14,00 wurde sohin ein Gesamtbetrag von € 5.170,70 errechnet. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und Anführung der als maßgeblich erachteten Gesetzesbestimmungen im Wesentlichen dargelegt, dass bei einer Änderung der Berechnung der Wasseranschlussabgabe zugrunde gelegten Berechnungsfläche, diese neu zu berechnen sei. Im Bescheid vom 3. November 2003 wäre die bebaute Fläche mit 98m² bei 2 angeschlossenen Geschoßen ausgewiesen. Die Berechnungsfläche sei mit 222,00 m² errechnet. Tatsächlich habe das Gebäude laut dem der Baubewilligung vom 2. August 1978 zu Grunde liegenden Plan nur ein zu versorgendes Geschoss aufgewiesen. Da im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Bestand vor der Änderung aber nicht darauf abzustellen sei, welche Berechnungsfläche der seinerzeit vorzuschreibenden Wasseranschlussabgabe zu Grunde zu legen gewesen wäre, sondern welche Berechnungsfläche der Vorschreibung tatsächlich zu Grunde gelegt worden ist, sei auch die im Bescheid des Stadtamtes vom 3. November 2003 herangezogene (größere) Berechnungsfläche als Bestand vor der Änderung ausgewiesen worden. Auf Grund der Veränderungsanzeige vom 1. Oktober 2016 sei beim Bestand nach der Änderung von 3 angeschlossenen Geschoßen (Keller-, Erd- und Obergeschoß) auszugehen. Dass die Garage Teil des Wohnhauses sei, ergebe sich aus der für die Nutzung des Wohnhauses relevanten, darüber liegenden Terrasse, der Verbindungstür zum Wohnhaus und den zum Zugang Hebebühne bzw. Abstellraum sowie zum Wohnhaus bestehenden gemeinsamen Wänden. Die Garage stelle demnach kein eigenständiges Gebäude dar.

1.4. Beschwerdeverfahren:

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2018 brachten die Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein und begründeten diese im Wesentlichen damit, dass auf die Berufungsschrift vom 6. August 2017 verwiesen wird.

1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 20. Februar 2019 legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt (samt Plänen, Gutachten, Erhebungsbögen, Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Stadtrates) vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Stadtgemeinde *** sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

1.6. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung BAO:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.2. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 idF LGBl. 6930-7:

Wasseranschlußabgabe

§ 6 (1) Die Wasseranschlußabgabe ist für den Anschluß an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.

(2) Die Höhe der Wasseranschlußabgabe ist derart zu berechnen, daß die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird.

(3) Die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft ist so zu ermitteln, daß die Hälfte der bebauten Fläche

         a)       bei Wohngebäuden mit der um eins erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse vervielfacht,

         b)       in allen anderen Fällen verdoppelt

und das Produkt um 15 % der unbebauten Fläche vermehrt wird.

(4) Bei Ermittlung der Berechnungsfläche gelten folgende Grundsätze:

         1.       Bebaute Fläche ist jeder Teil einer Liegenschaft, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt wird;

         2.       als Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse gilt die jeweils höchste Anzahl von Geschossen auch dann, wenn die angeschlossene Liegenschaft nicht zur Gänze gleich hoch verbaut ist;

         3.       die unbebaute Fläche ist nur bis zu einem Ausmaß von höchstens 500 m² zu berücksichtigen;

         4.       zur bebauten Fläche gehören nicht land- und forstwirtschaftliche Nebengebäude oder Teile von Gebäuden, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, es sei denn, daß sie an die Gemeindewasserleitung angeschlossen sind.

Ergänzungsabgabe

§ 7. Ändert sich die der Berechnung der Wasseranschlußabgabe zugrunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft, so ist die Wasseranschlußabgabe neu zu berechnen. Ist die neue Wasseranschlußabgabe um mindestens 10 %, mindestens jedoch um € 8,– höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungsabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten.

Veränderungsanzeige

§ 13. (1) Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben oder Wassergebühren nach sich ziehen, sind binnen zwei Wochen nach ihrer Vollendung vom Abgabenschuldner der Abgabenbehörde schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

Entstehung des Abgabenanspruches; Abgabenschuldner

§ 15. (2) Der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe entsteht mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige. …

(6) Abgabenschuldner ist der Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nicht anderes ergibt.

2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1.

In der Sache ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden der mitbeteiligten Stadtgemeinde *** der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungsflächen dem Grunde nach außer Streit stehen.

Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Frage reduzieren, ob die Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe dem Grunde nach zu Recht erfolgt ist, da nach Auffassung der Beschwerdeführer die verbaute Fläche nicht verändert worden sei, da über bestehenden Räumen ein Ausbau erfolgt sei.

3.1.2.

Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.

3.1.3.

Hinsichtlich der Wasseranschlussabgabe bzw. der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe ergibt sich der Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld aus § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 als lex spezialis zu § 4 Abs. 1 BAO. Die Abgabenschuld ist dabei nach der Rechtslage im Entstehungszeitpunkt der Schuld zu beurteilen (vgl. VwGH 90/17/0126 und VwGH 95/17/0452).

Die Bestimmung des § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 stellt für das Entstehen der Abgabenschuld für die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe auf das Einlangen einer Veränderungsanzeige im Sinne des § 13 Abs.1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 bei der Abgabenbehörde ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 2000, Zl. 95/17/0104, unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 13. Dezember 1985, Zl. 84/17/0197, mit der hier maßgeblichen Rechtsfrage auseinandergesetzt. Er hat hierin ausgesprochen, dass der Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung nach der NÖ Bauordnung 1976 - bzw. nunmehr die Fertigstellungsanzeige nach der NÖ Bauordnung 1996 - nicht den Ergänzungsabgabentatbestand nach § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 verwirklicht, weil dieser Tatbestand auf eine Veränderungsanzeige, also auf eine die Berechnungsgrundlagen für die Ergänzungsabgabe enthaltende Parteienerklärung abstelle. Aus dieser schriftlichen Parteienerklärung muss neben den tatsächlich ausgeführten Anschlüssen in den Geschossen auch das tatsächliche Ausmaß der Berechnungsflächen ersichtlich sein (vgl. VwGH 84/17/0197). Als Veränderungsanzeige gilt grundsätzlich nur eine die Berechnungsgrundlagen für die Ergänzungsabgabe enthaltende Parteienerklärung (vgl. VwGH 2010/17/0112). Da für die Berechnung der Wasseranschlussabgabe gemäß § 6 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 die bebauten Flächen der vorhandenen Gebäude, die Nutzung der nicht angeschlossenen Gebäude, die Zahl der mit Wasser zu versorgenden Geschoße bei Wohngebäuden sowie das Ausmaß der unbebauten Flächen Berechnungsgrundlagen sind, hat eine Veränderungsanzeige im Sinn des § 13 Abs.1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 eben diese Angaben der Berechnungsflächen zu beinhalten.

Da den Gemeindebehörden eine als Veränderungsanzeige qualifizierbare Parteienerklärung in Gestalt des Schreibens vom 1. Oktober 2016 vorlag, erweist sich die bescheidmäßige Festsetzung der Ergänzungsabgabe nach § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 durch Bestehen eines Abgabenanspruches der Gemeinde schon dem Grunde nach als rechtsrichtig.

3.1.4.

Mit Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 3. November 2003 war den damaligen Eigentümern - unter Zugrundelegung eines Einheitssatzes von € 11,45 und einer Berechnungsfläche von 222 m² (ein mit zwei Geschoßen angeschlossenes Wohnhaus mit einer bebauten Fläche von 98 m² und ein Anteil der unbebauten Fläche mit 75 m²) - erstmals eine Wasseranschlussabgabe in der Höhe von € 2.541,90 (zzgl. USt.) vorgeschrieben worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Abgabenbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. November 2018, Zl. ***, wurde der Berufung der Beschwerdeführer teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass nunmehr eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 4.700,64 (an Stelle von € 3.010,98 im Abgabenbescheid des Stadtamtes) vorgeschrieben wurde. Begründend wurde dabei dargelegt, dass im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur davon auszugehen sei, dass als Bestand vor der Änderung aber nicht darauf abzustellen sei, welche Berechnungsfläche der seinerzeit vorzuschreibenden Wasseranschlussabgabe zu Grunde zu legen gewesen wäre, sondern welche Berechnungsfläche der Vorschreibung tatsächlich zu Grunde gelegt worden sei. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.

3.1.5.

Gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ist eine Ergänzungsabgabe zur bereits entrichteten Wasseranschlussabgabe zu entrichten, wenn sich die der Berechnung der Wasseranschlussabgabe zugrunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft ändert. Diesfalls ist die Wasseranschlussabgabe neu zu berechnen. Ist die neue Wasseranschlussabgabe um mindestens 10 %, mindestens jedoch um € 8,- höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungsabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten.

Fest steht, dass auf der Liegenschaft vor der nunmehrigen Veränderung bzw. zum Zeitpunkt der Vorschreibung einer Wasseranschlussabgabe die tatsächlich vorhandene Berechnungsfläche größer war als die im damaligen Abgabenbescheid berücksichtigte. Insofern würde sich – infolge der falsch berechneten Wasseranschlussabgabe – auch dieser Abgabenbescheid aus dem Jahr 2003 als unrichtig erweisen. Dazu ist jedoch darauf hinzuweisen, dass gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 nicht darauf abzustellen ist, welche Berechnungsfläche der seinerzeit vorzuschreibenden Wasseranschlussabgabe zu Grunde zu legen gewesen wäre, sondern welche Berechnungsfläche der Vorschreibung tatsächlich zu Grunde gelegt wurde (vgl. VwGH 83/17/0205 und VwGH 2006/17/0125).

Gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ergibt sich die Höhe der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe somit aus der Differenz der Wasseranschlussabgabe, die bei einer Neuberechnung dieser Abgabe ohne Bedachtnahme auf die seinerzeitige Erhebung vorzuschreiben wäre, und dem Betrag der seinerzeit vor der Änderung der Berechnungsfläche entrichteten (valorisierten) Wasseranschlussabgabe (Anrechnungsverfahren; vgl. VwGH 83/17/0205).

Als Bestand vor der Änderung ist jener Bestand heranzuziehen, der bei der letzten Vorschreibung der Wasseranschlussabgabe zugrunde gelegt wurde. Entsprechend dem eindeutigen Wortlaut des § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ist die bereits entrichtete Wasseranschlussabgabe auf die neu berechnete Wasseranschlussabgabe anzurechnen und die Differenz als Ergänzungsabgabe vorzuschreiben. Die Abgabenvorschreibung durch die Gemeindebehörden unter Berücksichtigung der Differenz zwischen der Wasseranschlussabgabe, wie sie sich auf Grund der nunmehrigen Berechnungsfläche ergibt, und der seinerzeit vorgeschriebenen Wasseranschlussabgabe (valorisiert durch Anwendung des nunmehrigen Einheitssatzes) entspricht daher dem Gesetz.

Als Bestand nach der Änderung ist jener Bestand heranzuziehen, wie er zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld tatsächlich vorgelegen ist. Die von den Abgabenbehörden angenommenen tatsächlichen Flächenausmaße der bebauten Flächen wurden ausdrücklich nicht beanstandet. Aus den im Ermittlungsverfahren getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass sowohl die Zahl der angeschlossenen Geschoße wie auch das Ausmaß der Geschoßflächen von der belangen Behörde in tatsächlicher Hinsicht richtig angenommen wurde.

3.1.6.

Da die Beschwerde somit im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzeigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.7.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasseranschlussabgabe; Ergänzungsabgabe; Entstehung; Veränderungsanzeige; Geschoßfläche;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.315.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten