Entscheidungsdatum
24.05.2019Norm
BAO §262 Abs2Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch die Richterin
HR Dr. Grassinger betreffend die Beschwerde der A Ges.m.b.H., ***, ***, vom 31. Dezember 2018 (in der Fassung der Verbesserung vom 05. März 2019) gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** (als Abgabenbehörde erster Instanz im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde) vom 13. Dezember 2018, Kundennummer ***, betreffend die Festsetzung des Interessentenbeitrages gemäß § 13 NÖ Tourismusgesetz 2010, LGBl. 7400, für das Abgabenjahr 2016, nachstehenden
BESCHLUSS:
1. Es wird die Unzuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich
zur Entscheidung über die Beschwerde der A Ges.m.b.H., ***, ***, vom 31 Dezember 2018 (in der Fassung der Verbesserung vom 05. März 2019) gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** (als Abgabenbehörde erster Instanz im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde) vom 13. Dezember 2018, Kundennummer ***, betreffend die Festsetzung des Interessentenbeitrages für das Jahr 2016, festgestellt.
2. Das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wird eingestellt.
3. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 262 Bundesabgabenordnung (BAO)
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) iVm
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
Begründung:
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** (als Abgabenbehörde erster Instanz im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde) vom 13. Dezember 2018, Kundennummer ***, erfolgte gegenüber der A Ges.m.b.H. die Festsetzung des Interessentenbeitrages gemäß § 13 NÖ Tourismusgesetz für das Jahr 2016.
Dieser Bescheid wurde der A Ges.m.b.H. am 14.12.2018 durch Ausfolgung an den Bevollmächtigten für RSb-Briefe zugestellt.
Mit E-Mail vom 31.Dezember 2018 hat Herr B als Prokurist der A Ges.m.b.H. dagegen fristgerecht eine als „Berufung“ bezeichnete Beschwerde erhoben und inhaltliches Vorbringen erstattet.
Im Beschwerdevorbringen vom 31.12.2018 ist ein Verzicht auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO nicht enthalten.
Zu dem seitens der Abgabenbehörde erteilten Verbesserungsauftrag vom
11. 02.2019 erstattete der Einschreiter mit E-Mail-Eingabe vom 05.03.2019 eine als „Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht“ bezeichnete Stellungnahme mit weiterem inhaltlichem Vorbringen. Auch in dieser Eingabe vom 05.03.2019 ist ein Verzicht auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO nicht enthalten.
Mit E-Mail- Eingabe vom 07.03.2019 teilte der Einschreiter gegenüber der Abgabenbehörde Folgendes mit:
„Ergänzend zu meinem Schreiben verzichten wir hiermit ausdrücklich auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Bundesabgabenordnung.“
Die Abgabenbehörde hat die (verbesserte) Beschwerde vom 31. Dezember 2018 in der Fassung vom 05. März 2019 sowie die Eingabe des Einschreiters vom
07. März 2019, die den Verzicht auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung enthält, unter Anschluss einer Stellungnahme und des Abgabenaktes mit Schriftsatz vom 21. März 2019, beim erkennenden Gericht eingelangt am 26.03.2019, somit innerhalb von drei Monaten ab Einlangen der Beschwerde vom 31.12.2018, dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorgelegt.
Dieser festzustellende Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus den vorliegenden, von der Abgabenbehörde übermittelten Unterlagen.
In rechtlicher Hinsicht wurde hierüber erwogen:
Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 262. (1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei
Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
§ 85. (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat gemäß § 262 Abs. 2 bis 3 BAO nur dann zu unterbleiben, wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt (Abs. 2 ) oder wenn in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet wird (Abs. 3) oder wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat (Abs. 4 ).
Die Voraussetzungen des § 262 Abs. 3 BAO ist nicht erfüllt, da die Bescheidbeschwerde verfahrensgegenständlich nicht lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen bzw. die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen betrifft.
Der angefochtene Bescheid wurde nicht vom Bundesminister für Finanzen erlassen, sodass auch nicht der Ausnahmetatbestand nach § 262 Abs. 4 BAO vorliegt.
Verfahrensgegenständlich sind jedoch auch nicht die Voraussetzungen für das Unterbleiben der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nach § 262 Abs. 2
lit. a) iVm lit. b) BAO erfüllt.
§ 262 Abs. 2 BAO ist nur anwendbar, wenn das Unterbleiben der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (bereits) in der Bescheidbeschwerde beantragt wird. Ein solcher Antrag kann daher nicht in einer Beitrittserklärung (§ 258) oder in einem die Bescheidbeschwerde ergänzenden Schriftsatz gestellt werden (Ritz BAO Bundesabgabenordnung, Kommentar, 6. Auflage, Anmerkung 6 zu § 262 sowie Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 262,739).
Wenn auch im Sinne des § 85 Abs. 2, letzter Satz, BAO im Fall der Erteilung eines behördlichen Auftrages zur Behebung von Mängeln bei rechtzeitiger Mängelbehebung die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht gilt, ergibt sich verfahrensgegenständlich, dass die Mängelbehebung in Bezug auf die am 31.12.2018 eingebrachte Beschwerde am 05.03.2019 erfolgte, in keiner dieser Eingaben jedoch ein Verzicht auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung seitens des Einschreiters schriftlich abgegeben wurde.
Dieser Verzicht wurde vielmehr erst in dem die Bescheidbeschwerde ergänzenden Schriftsatz vom 07.03.2019 vom Einschreiter abgegeben, weshalb unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben nach § 262 Abs. 2 lit a) und lit b) sowie der dazu zitierten Anmerkung im Kommentar zur BAO nicht von der Erfüllung des Erfordernisses der Beantragung des Unterbleibens der Beschwerdevorentscheidung in der Bescheidbeschwerde auszugehen war.
Da die Voraussetzungen des § 262 Abs. 2 BAO für das Unterbleiben der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung somit nicht vorliegen und da das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zu einer Entscheidung (in der Sache) nur dann zuständig ist, wenn zuvor bereits die Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung entschieden hat und dagegen ein Vorlageantrag erhoben wurde (vgl. VwGH vom 29.01.2015, Ro 2015/15/0001), war die Feststellung zu treffen, dass das Verwaltungsgericht im Fall einer rechtswidrig unterlassenen Beschwerdevorentscheidung trotz Vorlage der Beschwerde durch die Abgabenbehörde zur Entscheidung unzuständig ist und war das beim Verwaltungsgericht anhängige Verfahren einzustellen.
Eine Zurückweisung der Beschwerde wegen Unzuständigkeit würde für die Beschwerde führende Partei den Rechtsnachteil der ungewollten Verfahrensbeendigung bewirken, wofür keine sachliche Rechtfertigung erkennbar ist (vgl. u.a. BFG vom 12.10.2015, RV/7102804/2014-RS1).
Eine bloße Weiterleitung der Beschwerde an die (zuständige) Abgabenbehörde hatte im Hinblick darauf, dass entsprechend der schriftlichen Eingabe des Einschreiters vom 07.03.2019 der verspätet, weil in einem ergänzenden Schriftsatz zum Beschwerdeschriftsatz gestellte (somit nicht rechtswirksame) Antrag auf Entfall einer Beschwerdevorentscheidung enthalten ist, nicht zu erfolgen. Vielmehr waren die entsprechenden Feststellungen durch Beschluss (vgl. auch: Ritz Bundesabgabenordnung, BAO, Kommentar, 6. Auflage; Anmerkung 10a zu § 262) zu treffen.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs. 1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde in der Beschwerde nicht beantragt. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Darüber hinaus waren im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen und waren auch Tatsachenfeststellungen im Umfang der maßgeblichen Entscheidungserwägungen nicht bestritten.
Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.
Hinweis:
Die Abgabenbehörde hat im fortzusetzenden Verfahren ihre Entscheidungspflicht gemäß § 262 Abs. 1 BAO durch Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wahrzunehmen und im Falle des Einlangens eines Vorlageantrages durch die Beschwerde führende Partei die Beschwerde samt Akten dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erneut vorzulegen (§ 265 f. BAO).
Schlagworte
Finanzrecht; Tourismusabgabe; Verfahrensrecht; Beschwerdevorentscheidung; Zuständigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.370.001.2019Zuletzt aktualisiert am
10.07.2019