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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Dr. W in W, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien III, Siegelgasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Dezember 1994, Zl. GA 5 - 2355/94, betreffend Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In dem Antragsformular zur Durchführung des Jahresausgleiches 1992 hatte der Beschwerdeführer die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages beantragt. Lt. Vermerk auf dem Antragsformular war die Ehe seit 27. November 1992 geschieden. In der Rubrik "Kinder, für die Sie oder Ihr Ehepartner Familienbeihilfe bezogen haben" begehrte der Beschwerdeführer die Zuerkennung des Sonderausgabenerhöhungsbetrages für drei namentlich angeführte Kinder. Dieselben Kinder waren in der Rubrik "Kinder, für die Sie im zweiten Halbjahr 1992 Unterhalt geleistet haben" zur Zuerkennung des erhöhten allgemeinen Steuerabsetzbetrages genannt. Einem dem Jahresausgleichsantrag beigelegten Lohnzettel für das Jahr 1992 ist zu entnehmen, daß dort für den Zeitraum "01/92-12/92" drei Kinder nach § 106 EStG vermerkt sind (für die sonstigen Bezüge nach § 67 Abs. 1 EStG wurde keine Lohnsteuer einbehalten).
Im Jahresausgleichsbescheid für das Jahr 1992 wurden Sonderausgaben (innerhalb des einheitlichen Höchstbetrages) mit S 27.500,-- berücksichtigt. Dazu ist in der Begründung des Bescheides zu lesen, Ausgaben für Beiträge und Versicherungsprämien, Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung sowie für die Anschaffung von Genußscheinen und jungen Aktien seien bis zur Hälfte des jeweils maßgebenden Höchstbetrages als Sonderausgaben abzugsfähig. Der Höchstbetrag betrage im Fall des Beschwerdeführers S 55.000,--. Ein Alleinverdienerabsetzbetrag kam im Jahresausgleichsbescheid nicht zum Ansatz. In einer gesondert dem Bescheid angeschlossenen Begründung findet sich noch die Aussage, da die Unterhaltszahlungen für Kinder geleistet worden seien, für die auf der Lohnsteuerkarte der Kindervermerk für das Kalenderjahr 1992 eingetragen gewesen sei, stehe die Erhöhung des allgemeinen Steuerabsetzbetrages nicht zu.
In der Berufung vom 27. September 1994 wandte sich der Beschwerdeführer dagegen, daß ihm weder der Alleinverdienerabsetzbetrag noch die "erhöhten Sonderausgaben" für seine Ehegattin zuerkannt worden seien. Nach § 33 EStG 1988 stehe der Alleinverdienerabsetzbetrag zu, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn des Kalenderjahres oder mindestens vier Monate im Veranlagungszeitraum verheiratet gewesen sei. Diese Voraussetzungen habe er 1992 erfüllt. Er sei zu Beginn des Veranlagungszeitraumes (und mindestens vier Monate) verheiratet gewesen und seine Ehegattin habe im Jahr 1992 keine Einkünfte erzielt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Zum Alleinverdienerabsetzbetrag wird in der Begründung ausgeführt, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei für die Beurteilung nicht die Regelung des § 33 EStG 1988, sondern jene des § 57 Abs. 2 leg. cit. maßgebend. Nach der für das Kalenderjahr 1992 geltenden Rechtslage habe der Alleinverdienerabsetzbetrag aufgrund eines Antrages auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werden müssen. Der Alleinverdienerabsetzbetrag sei als Jahresbetrag zu verstehen. Nach § 59 Abs. 1 EStG 1988 in der maßgebenden Fassung sei der Alleinverdienerabsetzbetrag bei Wegfall der Voraussetzungen rückwirkend ab dem Beginn des Kalenderjahres zu streichen gewesen. Durch die im November 1992 erfolgte Ehescheidung seien die im § 57 Abs. 2 EStG 1988 normierten Voraussetzungen eindeutig nicht mehr erfüllt, sodaß der Absetzbetrag rückwirkend ab dem Beginn des Kalenderjahres 1992 zu streichen und nach § 59 Abs. 2 EStG 1988 im Zuge der Durchführung des Jahresausgleiches die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer nachzufordern gewesen sei.
Unter dem Titel "Sonderausgabenerhöhungsbetrag" führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, nach § 18 Abs. 3 Z. 2 EStG 1988 erhöhe sich der dem Abgabepflichtigen für die Berücksichtigung von Sonderausgaben im Sinn des § 18 leg. cit. zustehende einheitliche Höchstbetrag von S 40.000,-- jährlich um S 40.000,--, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag zustehe, und um S 5.000,-- für jedes Kind. Als Kinder im Sinn des EStG 1988 in der für 1992 geltenden Fassung seien gemäß § 106 leg.cit. jene Kinder anzusehen, für die dem Steuerpflichtigen oder dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten Familienbeihilfe gewährt werde. Diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Jahresausgleich festgesetzt werde, für diejenigen Lohnzahlungszeiträume, für die die Gewährung dieser Beihilfen auf der Lohnsteuerkarte vermerkt sei. Durch die im November 1992 erfolgte Ehescheidung seien die Voraussetzungen für die Berücksichtigung "der oben angeführten Sonderausgabenerhöhungsbeträge somit nicht mehr gegeben, weshalb eine Berücksichtigung zu Recht unterblieben ist".
Schließlich wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides der "Unterhaltsabsetzbetrag" angesprochen und dazu unter Bezugnahme auf das Familienbesteuerungsgesetz 1992 auf die für das Kalenderjahr 1992 geltende Übergangsregelung im § 106 EStG 1988 hingewiesen. Für Steuerpflichtige, die für ein nicht haushaltszugehöriges Kind gesetzlichen Unterhalt bezahlten und für das weder dem Steuerpflichtigen noch dessem (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt werde, erhöhe sich auf Antrag der allgemeine Absetzbetrag für das Kalenderjahr 1992 um S 1.000,-- pro Kind. Diese Erhöhung des allgemeinen Absetzbetrages stehe nicht zu, wenn die Unterhaltszahlungen für ein Kind geleistet würden, für das auf der Lohnsteuerkarte der Kindervermerk für das Kalenderjahr 1992 eingetragen gewesen sei. Daraus ergebe sich eindeutig, daß die Nichtberücksichtigung der dargestellten Übergangsbestimmung zu Recht erfolgt sei.
Die Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde hat dieser mit Beschluß vom 4. März 1997, B 283/95-3, abgelehnt. In der an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde sieht der Beschwerdeführer die Rechtsverletzung darin, daß im Hinblick auf seine Ehescheidung im November 1992 der Alleinverdienerabsetzbetrag rückwirkend für das ganze Jahr 1992 gestrichen sowie die Sonderausgabenerhöhungsbeträge gemäß § 18 Abs. 3 Z. 2 EStG 1988 und der "Unterhaltsabsetzbetrag" nicht berücksichtigt worden seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im erwähnten Ablehnungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes hat dieser auf die rechtspolitische Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im allgemeinen und die Zulässigkeit unterschiedlicher Behandlung von selbständigen und unselbständigen Einkünften hingewiesen. Der rückwirkende Wegfall des Alleinverdienerabsetzbetrages bei Lohnsteuerpflichtigen gemäß § 59 Abs. 1 EStG ist lediglich die - konsequente - Kehrseite der ebenfalls rückwirkenden Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages, wenn die Voraussetzungen für seine Gewährung nach dem Stichtag der Personenstandsaufnahme, aber noch vor dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres eintreten; Lohnsteuerpflichtige sind demnach keineswegs generell schlechter gestellt als zur Einkommensteuer veranlagte Personen (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1987, 87/13/0059, in dem der Verwaltungsgerichtshof die unterschiedliche Behandlung hinsichtlich des Alleinverdienerabsetzbetrages lohnsteuerpflichtiger Personen einerseits und zur Einkommensteuer veranlagter Personen andererseits als sachlich gerechtfertigt und verfassungsrechtlich unbedenklich ansah).
§ 57 Abs. 2 EStG 1988 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor dem Familienbesteuerungsgesetz 1992, BGBl. 312, definierte für den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) den Begriff des Alleinverdieners eigenständig gegenüber der veranlagungszeitraumbezogenen Regelung des § 33 Abs. 4 EStG 1988. Demnach kam es für die Zwecke des Lohnsteuerabzuges (und damit auch den im § 72 leg. cit. geregelten Jahresausgleich) nicht darauf an, wie lange ein Steuerpflichtiger in einem Kalenderjahr verheiratet war. Aufgrund der unterschiedlichen Regelungstechnik (und der - wie erwähnt - grundsätzlich zulässigen unterschiedlichen Behandlung von selbständigen und unselbständigen Einkünften) ist den Beschwerdeausführungen nicht darin zu folgen, daß wegen des Fehlens einer Zeitbestimmung im § 57 Abs. 2 im Weg der Auslegung die Regelung des § 33 Abs. 4 EStG 1988 anzuwenden wäre. Es kommt für den Beschwerdefall sohin nur darauf an, daß die Voraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag ab der Ehescheidung am 27. November 1992 nicht mehr gegeben war (vgl. nochmals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 1987). Damit war nach § 59 Abs. 1 EStG 1988 der Alleinverdienerabsetzbetrag rückwirkend ab Beginn des Kalenderjahres zu streichen bzw. die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer nach § 59 Abs. 2 leg. cit. im Zuge der Durchführung des Jahresausgleiches nachzufordern (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer-Kommentar, Tz 3 zu §§ 58, 59).
Da somit dem Beschwerdeführer der Alleinverdienerabsetzbetrag für das Jahr 1992 zu Recht nicht zuerkannt wurde, konnte auch der diesbezügliche Sonderausgabenerhöhungsbetrag von S 40.000,-- nach § 18 Abs. 3 Z. 2 lit. a erster Teilstrich EStG 1988 nicht zur Anwendung kommen.
Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde (unter Verweis auf die Verfassungsgerichtshofbeschwerde) zu den Sonderausgabenerhöhungsbeträgen u.a. vor, die belangte Behörde übersehe, daß er "im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 18 iVm 106 EStG 1988 sehr wohl erfüllt habe, zumal die Familienbeihilfe aufgrund des" Familienlastenausgleichgesetzes 1967 gewährt worden sei. Mit diesen Ausführungen nimmt der Beschwerdeführer offenbar Bezug auf die - insoweit auch irreführende - pauschale Aussage im angefochtenen Bescheid zum "Sonderausgabenerhöhungsbetrag", die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der "oben angeführten Sonderausgabenerhöhungsbeträge" (dort waren auch die Sonderausgabenerhöhungsbeträge für die Kinder von jeweils S 5.000,-- genannt) seien nicht erfüllt. Dazu ist allerdings zu sagen, daß in dem durch den angefochtenen Bescheid nicht abgeänderten Jahresausgleichsbescheid für das Jahr 1992 ein Sonderausgabenhöchstbetrag in Höhe von S 55.000,--, somit unter Berücksichtigung eines Sonderausgabenerhöhungsbetrages von jeweils S 5.000,-- für die drei Kinder des Beschwerdeführers, zum Ansatz kam. Insoweit konnte der Beschwerdeführer daher auch nicht in seinen Rechten verletzt sein.
Zum "Unterhaltsabsetzbetrag" (richtig: Erhöhungsbetrag zum allgemeinen Steuerabsetzbetrag nach § 106 Abs. 2 EStG 1988 i.d.F. des Familienbesteuerungsgesetzes 1992, BGBl. 312) galt für Veranlagungszeiträume, die nach dem 30. Juni 1992 beginnen und vor dem 1. Jänner 1993 enden, sowie für die Veranlagung und den Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1992 folgendes (Z. 29 des Familienbesteuerungsgesetzes 1992):
§ 106 erhält in einem Absatz 1 den Wortlaut der bis zum 30. Juni 1992 geltenden Fassung. Als Absatz 2 wird angefügt:
"(2) Bei Steuerpflichtigen, die die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht erfüllen, aber für ein Kind gesetzlichen Unterhalt bezahlen, erhöht sich auf Antrag der allgemeine Steuerabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 für das Kalenderjahr 1992 um 1.000,-- S pro Kind. Die Berücksichtigung dieses Teils des allgemeinen Absetzbetrages hat über Antrag im Wege der Veranlagung oder des Jahresausgleiches beim Finanzamt zu erfolgen."
In den Gesetzesmaterialien (463 Blg NR 18.GP 12) wird zu dieser Regelung erläutert, aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1991, G 82/91, werde Steuerpflichtigen, die für mindestens ein Kind unterhaltsverpflichtet seien, aber nicht bereits nach der bisherigen Fassung des § 106 Kinderbegünstigungen in Anspruch nehmen könnten, eine Erhöhung des allgemeinen Absetzbetrages von S 1.000,-- pro Kind zuerkannt. Diese Regelung sei als einmalige Abgeltung von Kinderlasten für das zweite Halbjahr 1992 konzipiert. Damit werde vor allem die fehlende Kinderstaffel bei den sonstigen Bezügen pauschal berücksichtigt.
Der durch die zitierte Z. 29 des Familienbesteuerungsgesetzes 1992 zum Abs. 1 gewordene Wortlaut der bis 30. Juni 1992 geltenden Fassung des § 106 EStG 1988 enthielt folgende Regelung:
Als Kinder im Sinne des Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder dem nicht dauernd getrennt lebenden
Ehegatten Familienbeihilfe ... gewährt wird. Diese Voraussetzung
ist erfüllt, ... wenn die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug
eingehoben oder durch Jahresausgleich festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, für die die Gewährung dieser Beihilfen auf der Lohnsteuerkarte vermerkt ist. (Nach § 59 Abs. 1 vorletzter Satz EStG 1988 war der Vermerk von Kindern erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu streichen, in dem die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt wurde.)
Im Ergebnis ist der angefochtene Bescheid im Punkt der Nichtgewährung des erhöhten allgemeinen Steuerabsetzbetrages nach § 106 Abs. 2 EStG 1988 in der soeben zitierten Fassung ebenfalls mit keiner Rechtswidrigkeit belastet. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß für seine drei Kinder für das (gesamte) Kalenderjahr 1992 (entgegen § 59 Abs. 1 leg.cit.) nicht der entsprechende Kindervermerk auf seiner Lohnsteuerkarte bestanden hätte. Damit vermittelten diese Kinder aber dem Beschwerdeführer als Kinder nach § 106 bzw. 106 Abs. 1 EStG 1988 i.d.F. des Familienbesteuerungsgesetzes 1992 die dafür im EStG vorgesehenen steuerlichen Begünstigungen (nach dem dem Jahresausgleichsantrag beigelegten Lohnzettel, der außerdem den Vermerk von drei Kindern ausdrücklich nennt, wurde auch keine Lohnsteuer von den sonstigen Bezügen einbehalten). Die Zuerkennung des erhöhten allgemeinen Absetzbetrages nach § 106 Abs. 2 leg.cit. kam daher nicht in Betracht.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997130074.X00Im RIS seit
20.11.2000