TE Bvwg Erkenntnis 2019/2/25 W233 2151400-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.2019
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Entscheidungsdatum

25.02.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §34
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §53 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W233 2118012-2/3E

W233 2118013-2/2E

W233 2151403-2/2E

W233 2151400-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , 2.)

XXXX , geboren am XXXX , 3.) XXXX alias XXXX , geboren am XXXX und

4.) XXXX , geboren am XXXX , alle Staatsangehörige Usbekistans, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.01.2019, Zln. 1004770803-181053069 (ad 1.), 1004732508-181052950 (ad 2.), 1123306309-181053328 (ad 3.) und 1123306407-181053247 (ad 4.), zu Recht

A) I. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt V. der angefochtenen

Bescheide wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet. Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer sind ihre gemeinsamen Kinder. Alle sind Staatsangehörige Usbekistans.

1.2. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten am 26.03.2014 im Bundesgebiet Anträge auf internationalen Schutz, welche mit Bescheiden des Bundesamtes vom 09.11.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurden. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

1.3. Gegen diese Bescheide erhoben der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

1.4. Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer stellten, durch die Zweitbeschwerdeführerin als ihre gesetzliche Vertreterin, im Dezember 2016 im Bundesgebiet Anträge auf internationalen Schutz, welche mit Bescheiden des Bundesamtes vom 02.03.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurden. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde der Drittbeschwerdeführerin und dem Viertbeschwerdeführer nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

1.5. Gegen diese Bescheide erhoben die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer durch ihre gesetzliche Vertretung fristgerecht Beschwerde.

1.6. Mit hg. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.04.2017 zu GZ W211 2118012-1/13E, W211 2118013-1/13E, W211 2151400-1/2E und W211 2151403-1/2E wurden die Beschwerden aller Beschwerdeführer im Familienverfahren nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung als unbegründet abgewiesen und die Revision gegen diese Entscheidung als nicht zulässig erklärt.

1.7. Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 11.10.2017 die Behandlung der Beschwerde ablehnte. Bereits mit Beschluss vom 08.11.2017 trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

1.8. Mit Bescheiden des Bundesamtes vom 17.05.2018 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 46 As. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG aufgetragen, an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken.

In weiterer Folge fand am 23.05.2018 ein Interview des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin vor der usbekischen Botschaft statt.

1.9. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 18.10.2018 wurden dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin erneut gemäß § 46 As. 2a und 2b FPG iVm § 19 AVG aufgetragen, an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken.

1.10. Am 06.11.2018 stellten die Beschwerdeführer Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK, wobei sie ihre Anträge schriftlich begründeten, Integrationsunterlagen vorlegten, und gleichzeitig einen Antrag auf Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 AsylG-DV stellten.

1.11. Am 07.12.2018 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, zu den Lebensumständen der Beschwerdeführer in Österreich und in Usbekistan einvernommen.

Im Zuge dieser Einvernahme wurde den Beschwerdeführern mitgeteilt, dass sich keine maßgebliche Änderung ihrer familiären Umstände ergeben habe und beabsichtigt sei, ihre Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abzuweisen sowie ein Einreiseverbot zu erlassen.

1.12. Mit den gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes vom 11.01.2019 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 06.11.2018 gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen, diesen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen sie gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist (Spruchpunkt II.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde den Beschwerdeführern gemäß § 55 Abs. 4 FPG nicht gewährt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG den Beschwerden gegen diese Entscheidungen die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gegen die Beschwerdeführer wurde gemäß § 53 Abs. 1 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).

1.13. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer am 13.02.2019 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit.

1.14. Die Beschwerdeführer wurden bereits am 15.01.2018 nach Usbekistan abgeschoben.

2. Feststellungen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die vorliegenden Verwaltungsakte der Beschwerdeführer sowie in die hg. Vorakte; durch Einsichtnahme in die vorgelegten Dokumente und Unterlagen der Beschwerdeführer; durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Usbekistan (Stand: 23.11.2018) sowie durch Einsichtnahme in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS, IZR und ZMR. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

2.1. Der Ablauf des Verfahrensgangs im Detail wird festgestellt, wie er unter Punkt 1. der vorliegenden Entscheidung wiedergegeben ist.

Gegen die Beschwerdeführer besteht eine vollstreckbare Rückkehrentscheidung.

Die Beschwerdeführer wurden am 15.01.2019 nach Usbekistan abgeschoben.

2.2. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind verheiratet. Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer sind ihre gemeinsamen minderjährigen Kinder. Alle sind Staatsangehörige Usbekistans. Ihre Identität steht - wie im Spruch genannt - fest.

2.3. Der Erstbeschwerdeführer leidet an Hepatitis C und einer Herpesinfektion sowie einem chronischen Ulcus an der Zunge. Die Erkrankung bestand bereits während des Vorverfahrens und wurde in diesem berücksichtigt. Die übrigen Beschwerdeführer sind gesund.

2.4. Zu den Lebensumständen der Beschwerdeführer in Österreich:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin waren bis zu ihrer Abschiebung seit 2014 durchgehend im Bundesgebiet aufhältig. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin und der minderjährige Viertbeschwerdeführer hielten sich seit Ende 2016 durchgehend im Bundesgebiet auf. Alle Beschwerdeführer waren seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet aufrecht behördlich gemeldet und lebten bis zu ihrer Abschiebung in einem gemeinsamen Haushalt.

2.4.1. Der Erstbeschwerdeführer war seit 06.05.2015 zur Ausübung des Gewerbes "Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten" berechtigt. Durch diese selbstständige Tätigkeit erzielte er zuletzt ein monatliches Einkommen von EUR 1.500,- bis 1.800,-. Er übte diese Tätigkeit auch nach erfolgter Rückkehrentscheidung im Jahr 2017 weiter aus.

Der Erstbeschwerdeführer war bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sozialversichert. Die anderen Beschwerdeführer waren bei ihm mitversichert.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt über ein Deutschzertifikat auf dem Niveau A2. Er war nicht Mitglied in einem Verein oder einer gemeinnützigen Organisation.

2.4.2. Die Zweitbeschwerdeführerin war im Bundesgebiet nicht berufstätig.

Sie verfügt über ein Deutschzertifikat auf dem Niveau A2 und besuchte einen Deutschkurs auf dem Niveau A2+/B1. Die Zweitbeschwerdeführerin war in Österreich nicht Mitglied in einem Verein oder einer gemeinnützigen Organisation.

2.4.3. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin besuchte in Österreich ein Gymnasium. Ihre Muttersprache ist Russisch.

2.4.4. Der minderjährige Viertbeschwerdeführer besuchte in Österreich eine öffentliche Volksschule. Seine Muttersprache ist Russisch.

2.4.5. Alle Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2.4.6. In Österreich verfügen die Beschwerdeführer außerhalb der Kernfamilie über keine weiteren Angehörigen.

2.4.7. Eine vertiefende soziale Integration der Beschwerdeführer im Bundesgebiet kann nicht festgestellt werden.

2.5. Zu den Lebensumständen der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat:

2.5.1. Der Erstbeschwerdeführer wurde in Usbekistan geboren und hat dort vor seiner Ausreise diverse Hilfstätigkeiten ausgeübt und nebenbei als Taxifahrer gearbeitet.

Im Herkunftsstaat leben weiterhin die Geschwister sowie weitschichtige Verwandte des Erstbeschwerdeführers sowie dessen Freunde und Bekannte. Mit seinen Geschwistern und einigen Schulfreunden steht der Erstbeschwerdeführer über das Internet in regelmäßigem Kontakt.

2.5.2. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Usbekistan geboren und hat dort die Mittelschule besucht. Danach hat sie sechs Monate in einer Konservenfabrik gearbeitet. Danach wurde sie, bis zu ihrer Eheschließung, von ihren Eltern unterstützt.

Im Herkunftsstaat leben weiterhin die Eltern der Zweitbeschwerdeführerin sowie ihre Schwester mit deren Familie. Mit ihren Angehörigen steht sie über Social Media in Kontakt.

2.5.3. Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin und der minderjährige Viertbeschwerdeführer wurden ebenfalls in Usbekistan geboren und haben dort bis zu ihrer Ausreise im Jahr 2016 gelebt. Sie haben in Usbekistan die Schule besucht.

Im Herkunftsstaat leben ihre Großeltern mütterlicherseits sowie ein Onkel, zwei Tanten und weitere weitschichtige Verwandte.

2.6. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat in eine existenzbedrohende Notlage geraten werden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen ist.

2.7. Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen konnte nicht festgestellt werden.

2.8. Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Aufgrund der vom Bundesamt in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen werden folgende Feststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer getroffen:

2.8.1. Politische Lage

Das Land hat seit Dezember 2004 ein parlamentarisches Zwei-Kammer-System (Unterhaus sowie Senat). Die im Unterhaus (Oliy Majlis) vertretenen vier Parteien sind allesamt regierungsnah. Die Parlamentswahlen fanden am 21. Dezember 2014 (Stichwahl 05.01.2015) statt. Andere als die vier bisher im Parlament vertretenen Systemparteien durften nicht antreten; die Umweltbewegung besetzt gemäß Verfassung 15 Sitze im 150 Mitglieder umfassenden Unterhaus, die im Rahmen eines Parteikongresses nominiert wurden (AA 10.2015a). Obwohl vier Parteien und die Ökologische Bewegung Usbekistans zur Wahl zugelassen waren, sprachen Beobachter davon, dass all diese Parteien eigentlich dem usbekischen Präsidenten Islom Karimov "gehören". Entsprechend bestand keine besondere Notwendigkeit von Seiten des Präsidenten, Druck oder Einfluss

auf einzelne, potentielle Abgeordnete auszuüben (GIZ 12.2015). Die wichtigste Partei ist die Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei), hervorgegangen aus der früheren Kommunistischen Partei. Sie hat die Mehrheit der Sitze im Parlament. Weitere regierungsnahe Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt) und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden). Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans (gegründet 2003). Die Gründung regierungsnaher Parteien hält die Fassade vom Mehrparteiensystem aufrecht. Tatsächlich gibt es in Usbekistan jedoch derzeit keine zugelassenen außerparlamentarischen Oppositionsparteien (GIZ 12.2015).

Die Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates ist dominant, Gewaltenteilung existiert nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, das aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden staatlicher Komitees und anderen staatlichen Organe besteht. Der Vorsitzende des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan gehört ebenfalls zum Ministerkabinett. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die Stellvertretenden Minister, die Mitglieder des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist oberster Befehlshaber der Streitkräfte. Separatistische Tendenzen waren in der Vergangenheit nur in der Autonomen Republik Karakalpakstan zu beobachten (GIZ 12.2015). Bei den Präsidentschaftswahlen am 29. März 2015 wurde Islom Karimov (seit 1989 an der Macht) mit laut offiziellen Angaben über 90% der Stimmen im Amt bestätigt (AA 10.2015a; vgl. GIZ 12.2015). Echte unabhängige Gegenkandidaten konnten nicht antreten (GIZ 12.2015).

Präsident Islam Karimov wurde 1989 zum Vorsitzenden der damaligen Sowjetrepublik Usbekistan und ein Jahr später zum Präsidenten Usbekistans ernannt. Auch nach der Unabhängigkeit Usbekistans im September 1991 blieb Karimov im Amt (BBC News 31.3.2015).

2.8.2. Sicherheitslage

Es ist weiterhin von einer latenten Gefährdung durch islamistisch orientierte extremistische Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (AA 15.2.2016b; vgl. BMEIA 24.2.2016).

Islamistischer Terror wird von der Regierung als Bedrohung für den Staat und als Begründung für Verfolgung und Inhaftierung einzelner Personen angeführt (AA 10.2015a).

2.8.3. Rechtsschutz/Justizwesen

Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, nahm die Judikative die Anweisungen der Exekutive entgegen. Das usbekische Justizsystem gibt den präsidentiellen Entscheidungen eine legale Fassade. Alle Richter werden vom Präsidenten für eine - verlängerbare - fünfjährige Amtszeit ernannt und können von diesem jederzeit wieder abberufen werden (USDOS 25.6.2015; vgl. FH 28.1.2015). Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden. Dieses entspricht jedoch im Allgemeinen den Vorgaben des Präsidenten. Laut usbekischem Strafgesetzbuch gilt die Unschuldsvermutung, von den Richtern werden den Vorschlägen der Staatsanwälte hinsichtlich verfahrensrechtlicher Entscheidungen und Bestrafung jedoch meist entsprochen.

Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren vor einem Gericht endete mit einem Schuldspruch. Angeklagte haben das Recht auf einen Anwalt. Im Bedarfsfall wird von der Regierung auch kostenloser Rechtsbeistand zur Verfügung gestellt. Berichten zufolge agieren diese jedoch im Interesse der Regierung. Nach Gesetz müssen Staatsanwälte Haftbefehle bei einem Gericht beantragen und die Gerichte entsprachen diesen Anträgen in der Regel auch. Ein Haftbefehl ermächtigt einen Staatsanwalt die Ermittlungen zu leiten, das Strafverfahren vorzubereiten, den Richtern Strafen vorzuschlagen und Gerichtsentscheidungen, inklusive die Strafe, zu beeinspruchen, sofern diese nicht seiner Empfehlung entspricht. Nach formeller Anklageerhebung entscheidet der Staatsanwalt auch, ob ein Verdächtiger auf Kaution freigelassen wird, in Untersuchungshaft bleibt oder unter Hausarrest gestellt wird. Gerichte begründen ihre Urteile oft ausschließlich mit Geständnissen oder Zeugenaussagen, die unter Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder Anwendung anderer Formen von Gewalt zustande gekommen sind (USDOS 25.6.2015).

3.8.4. Sicherheitsbehörden

Für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Der National Security Service (NSS) befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und Geheimdiensten, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität und Drogen umfassen (USDOS 25.6.2015). Im Juni 2013 fand in Taschkent eine von der OSZE organisierte Schulung für die Kriminalpolizei statt. Der besondere Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Zuge der Dienstausübung. Die Schulung ist Teil eines größeren Projekts in Zusammenarbeit zwischen der OSZE und der "National Police Academy" in Usbekistan, mit dem Ziel, eine Verbesserung bei der Ausbildung der usbekischen Strafverfolgungsbehörden zu erreichen (OSZE 4.6.2013; vgl. OSZE 27.7.2015). Im April 2015 fand ein Kurs zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt, der Teil eines

langjährigen Engagements der OSZE Projektkoordination zur Unterstützung Usbekistans bei der Bekämpfung von

Menschenhandel ist (OSCE 30.4.2015).

3.8.5. Folter und unmenschliche Behandlung

Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten. Auch übten Behörden psychologischen Druck auf Insassen aus, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 25.6.2015; vgl. IWPR 30.1.2014).

3.8.6. Korruption

Das Gesetz sieht Strafen für Korruption vor, aber die Regierung hat diese nicht effektiv implementiert. Zwar gibt es Berichte über eine erhöhte Anzahl von Festnahmen im Zusammenhang mit Korruption, jedoch ist Korruption endemisch und Beamte blieben häufig trotzt korrupter Praktiken ungestraft. Korruption und Straffreiheit in den Reihen der Strafverfolgungsbehörden bleibt nach wie vor ein Problem. Die Polizei erpresst routinemäßig und willkürlich Bestechungsgelder. Berichten zufolge verhaftet die Polizei Personen unter falschen Vorwürfen als Einschüchterungstaktik, um diese am Aufdecken von Korruptionsfällen zu hindern. Das Innenministerium, Abteilung für die Bekämpfung von Korruption, Erpressung und Schutzgelderpressung und das Büro zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption des Generalstaatsanwaltes sind für die Verhütung, Untersuchung und Verfolgung von Korruptionsfällen zuständig (USDOS 25.6.2015).

Obwohl eine zunehmende Zahl von Amtsträgern verhaftet und wegen angeblicher Korruption angeklagt wurde, erfolgt diese Verfolgung weder systematisch noch unparteiisch und ist nicht als Ergebnis der Antikorruptions-Politik von der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden zu sehen (BTI 2016).

Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2015 auf Rang 153 geführt - bei 168 angeführten Staaten, wobei der niedrigste gereihte die geringste Korruption aufweist (TI 2015).

3.8.7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

1999 wurde in Usbekistan ein Gesetz zur Arbeit von NGOs verabschiedet. Von den etwa 500 (Stand 2004) registrierten Organisationen im Land, sind etwa 10% tatsächlich aktiv. Sie sind in hohem Maße von ausländischer Finanzierung abhängig (GIZ 12.2015). Nach den Ereignissen in Andischan, im Zuge derer sich im Mai 2005 die Bevölkerung von Andischan im Fergana-Tal gegen die Politik der Regierung von Präsident Karimov erhob, der Aufstand aber von Sicherheitskräften mit massivem Gewalteinsatz niedergeschlagen wurde, setzte eine Welle von "freiwilligen" Schließungen der NGOs ein. Zahlreiche ausländische NGOs mussten das Land verlassen. Nun kehren erste ausländische Organisationen zurück (GIZ 12.2015; vgl. FH 28.1.2015).

3.8.8. Allgemeine Menschenrechtslage

1992 wurde eine demokratische Verfassung einführt, die die Achtung der Menschrechte, Gewaltenteilung und anderes garantiert. Allerdings bleibt Usbekistan ein Staat, in dem Oppositionsparteien bis heute nicht zugelassen sind und wo die Versammlungs- und Meinungsfreiheit gar nicht existieren. Mit anderen Worten: nach der Unabhängigkeit konnte sich hier kein Staat nach dem OECD-Modell etablieren. Usbekistan ist heute eine autoritäre Präsidialrepublik. Die Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates ist dominant, Gewaltenteilung, Institutionen, Regeln existiert nur formal (GIZ 12.2015a). Unter Verweis auf die Sicherheit und den Antiterrorkampf bemühten sich die Behörden weiterhin um die Auslieferung mutmaßlicher Mitglieder islamischer Bewegungen und islamistischer Gruppen und Parteien, die in Usbekistan verboten sind. Sie beantragten auch die Auslieferung politischer Gegner, Regierungskritiker und wohlhabender Personen, die beim Regime in Ungnade gefallen waren. Die Regierung bot den Staaten, die sie um Auslieferung bat, im Gegenzug "diplomatische Zusicherungen" an, um die Rückführung abzusichern, und versprach unabhängigen Kontrolleuren und Diplomaten Zugang zu den Haftzentren. In der Praxis wurden diese Versprechen jedoch nicht eingehalten (AI 23.5.2013). Die nach Usbekistan zwangsweise zurückgeführten Personen wurden ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert und erlitten Folter und andere Misshandlungen (AI 23.5.2013; vgl. AI 25.2.2015)

Die Europäische Union führt seit Mai 2007 mit Usbekistan als erstem Land in Zentralasien einen institutionalisierten Menschenrechtsdialog. Das Land hat wichtige Menschenrechtsverträge der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Weiters wurden verschiedene Reformen in Gesetzgebung und Justiz auf den Weg gebracht und die Todesstrafe abgeschafft (BMZ 12.2015).

Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, Verletzung des Rechtes auf ein faires Verfahren, die Unmöglichkeit, die Regierung durch Wahlen zu ändern sowie weit verbreitete Einschränkung der Religionsfreiheit stellen weiterhin gravierende Probleme dar. Neben weiteren Problemfeldern kommt es unter anderem auch nach wie vor zu willkürlichen Verhaftungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit sowie Beschränkungen zivilgesellschaftlicher Aktivitäten (USDOS 25.6.2015).

3.8.9. Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, aber die Regierung respektiert diese Rechte nicht und schränkt das Recht auf freie Meinungsäußerung stark ein. Kritik und öffentliche Beleidigung des Präsidenten gelten als Verbrechen mit einer Strafdrohung von bis zu fünf Jahren Gefängnis. Sowohl ausländische, als auch inländische Medienunternehmen müssen sich bei den Behörden registrieren (USDOS 25.6.2015).

In Usbekistan gibt es nach staatlichen Angaben (Stand 11.2015) 1400 Massenmedien, darunter 970 Zeitungen und Zeitschriften, über 100 elektronische Medien (Nachrichtenagenturen, Fernseh- und Radiostudios, FM-Stationen etc.) und über 340 Internetmedien. Obwohl im Mai 2002 die staatliche Zensur formal abgeschafft wurde, werden unabhängige Journalisten weiter schikaniert und ist Selbstzensur weit verbreitet. Öffentliche Kritik an der Regierungspolitik in den Medien findet kaum statt. Live-Übertragungen im usbekischen Fernsehen sind verboten, alle Sendungen werden vorher aufgezeichnet. Das Verteilungssystem für Zeitungen und Zeitschriften ist unter staatlicher Kontrolle. Im Dezember 1997 wurde ein Mediengesetz verabschiedet, welches die Befugnisse und Pflichten von Journalisten regelt. 1999 wurde ein Erlass verabschiedet, der alle Internet-Provider zwingt, ihre Verbindungen über einen staatlichen Server laufen zu lassen (GIZ 12.2015a).

3.8.10. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Die von der Verfassung garantierte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Regierung in der Praxis nicht immer respektiert (USDOS 25.6.2015). Die Gründung regierungsnaher Parteien hält die Fassade vom Mehrparteiensystem aufrecht. Seit Februar 2004 bedarf es 20.000 Unterschriften für die Registrierung einer Partei. Die Mindestanzahl an Mitgliedern wurde auf 5.000 festgesetzt. Die Gründung von Parteien auf ethnischer oder religiöser Basis ist verboten (GIZ 12.2015a). Die Parlamentswahlen fanden am 21. Dezember 2014 (Stichwahl 05.01.2015) statt. Andere als die vier bisher im Parlament vertretenen Systemparteien durften nicht antreten (AA 10.2015a).

3.8.11. Haftbedingungen

Die Bedingungen in den Gefängnissen des Landes sind geprägt von Überbelegung. Es existieren Mängel bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und bei der medizinischen Versorgung. Häftlinge, denen vorgeworfen wird, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen, sind von den übrigen Häftlingen getrennt. Personen, welche wegen Mitgliedschaft bei einer verbotenen, religiös-extremistischen Organisation verurteilt wurden, sehen sich strengeren Bedingungen und Behandlungen ausgesetzt als andere Gefangene (USDOS 25.6.2015). In den Gefängnissen kommt es zu Fällen von Missbrauch und Folter sowie zu Todesfällen (SDOS 25.6.2015; vgl. HRW 29.1.2015). Im April 2013 stellte das Internationale Komitee des Roten Kreuzes sein Programm zum Monitoring der Behandlung von Gefangenen ein und führte als Begründung an, dass es die Arbeit nicht nach seinem Standardverfahren durchführen kann und ein konstruktiver Dialog mit der Regierung fehlt. Unabhängigen Beobachtern wird von den Behörden der Zugang nur zu bestimmten Gefängnissen und bestimmten Abteilungen erlaubt. Lokale Menschenrechtsaktivisten, die Gefängnisse besuchen, werden von der Regierung einer intensiven Überprüfung unterzogen, die deren Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit einschränkt (USDOS 25.6.2015).

3.8.12. Todesstrafe

Usbekistan hat mit Wirkung vom 1. Januar 2008 die Todesstrafe gesetzlich abgeschafft und die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip"). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 10.2015a).

3.8.13. Religionsfreiheit

Usbekistan versteht sich als weltlicher Staat mit strikter Trennung von Staat und Religion. Der Islam ist zahlenmäßig stärkste Religion (90% Sunniten). Die Regierung versucht, unabhängige islamisch-religiöse Bewegungen im Lande zu kontrollieren (AA 10.2015a).

Die von der Verfassung garantierte Religionsfreiheit wird in der Praxis durch andere Gesetze und Richtlinien, welche von der Regierung angewandt werden, eingeschränkt. Religiöse Aktionen nicht registrierter Gruppen und viele Aktivitäten, inklusive Missionierung, sind verboten. Gesetzliche Einschränkungen religiöser Rechte sind auch möglich, wenn die Regierung dies für notwendig erachtet, um die nationale Sicherheit, die Gesellschaftsordnung, Leben, Gesundheit, Moral sowie die Rechte und Freiheiten der Bürger aufrecht zu erhalten. Ethnische Russen, Juden und nicht-muslimische Ausländer genießen größere Freiheiten bei der Auswahl bzw. Änderung ihrer Religion als ethnische Usbeken oder Mitglieder von muslimischen Volksgruppen. Die Gesellschaft ist gegenüber religiöser Diversität - nicht aber gegenüber dem Missionieren - tolerant eingestellt. Besonders religiöse Leiter muslimischer, russisch orthodoxer, römisch-katholischer und jüdischer Gruppen berichten von einem hohen Maß an Akzeptanz in der Gesellschaft. Von den geschätzten 28,9 Millionen Einwohnern (Juli 2014) sind lokalen Statistiken zufolge rund 93% muslimisch, darunter die meisten Sunniten. Etwa 1% sind Schiiten sowie 4% Russisch-Orthodoxe sowie 3% kleinere Gemeinden (Katholiken, ethnische koreanische Christen, Baptisten, Buddhisten, Bahai etc.) (USDOS 14.10.2015).

3.8.14. Ethnische Minderheiten

Die Verfassung garantiert allen Bürgen das Recht auf Arbeit und freie Berufswahl und besagt, dass alle Bürger gleich sind, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft. Das Gesetz verbietet Diskriminierung basierend auf ethnischer oder nationaler Zugehörigkeit. Russen und Angehörige anderer Minderheiten berichten aber bisweilen über eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten (USDOS 25.6.2015).

Es gibt rund 100 Ethnien, davon circa 80% Usbeken, 5% Russen, 5% Tadschiken, 4% Tataren, 3% Kasachen, 2,5% Karakalpaken sowie Kirgisen, Turkmenen, Koreaner, Ukrainer, Armenier und ca. 10.000 Angehörige der deutschen Minderheit (AA 10.2015c; vgl. CIA 25.2.2016). Weiters sind auch eine kleinere kasachische und kirgisische Minderheit vertreten. Auch gibt es eine kleine Roma Gemeinde in Taschkent, welche auf weniger als 50.000 Individuen geschätzt wird. Beschwerden über gesellschaftliche Gewalt oder Diskriminierung von Mitgliedern dieser Gruppen waren selten (USDOS 25.6.2015).

Die meistgesprochenen Sprachen sind Usbekisch (74,3%), Russisch (14,2%) und Tadschikisch (4,4%). 7,1% der Bevölkerung sprechen eine andere als diese drei Sprachen (AA 10.2015c; vgl. CIA 25.2.2016).

3.8.15. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit, jedoch wird diese in der Praxis eingeschränkt. Um in eine andere Stadt zu ziehen, ist eine behördliche Erlaubnis notwendig. Um ins Ausland zu reisen, müssen die Bürger Exit - Visa beantragen, die meist erst nach Bezahlung von Bestechungsgeld gewährt werden (USDOS 25.6.2015).

Usbekische Bürger brauchen eine Ausreisegenehmigung bevor sie das Land verlassen. Diese erteilt das Innenministerium und ist zwei Jahre gültig. Man kann so oft damit ausreisen wie man will. Es gibt keine Strafen, wenn man nach Ablaufen der Genehmigung zurückreist. Normalerweise kann diese Genehmigung von Botschaften der Republik Usbekistan erneuert werden. Verlässt ein usbekischer Staatsbürger jedoch das Land ohne Genehmigung, kann dies mit einer Geldstrafe oder einer Haftstrafe in Höhe von drei- bis fünf Jahren (IOM 5.2014), in besonders schweren Fällen in Höhe von fünf bis zehn Jahren bestraft werden (AA 3.9.2010).

Innerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ist Usbekistan Mitglied des Minsk Abkommens (Abkommen zur Bewegungsfreiheit von CIS-Bürger innerhalb des CIS-Territoriums ohne Visum). Ebenso gibt es bilaterale Abkommen zur Visafreiheit mit den Staaten Kirgisistan, Armenien, Aserbaidschan, Weißrussland, Georgien, Kasachstan, Republik Moldau, Russische Föderation und Ukraine. Staatenlosen und ausländischen Bürgern kann die Einreise aufgrund der nationalen Sicherheit (z.B. Terroristen, Extremisten etc.) verwehrt werden. Eine doppelte Staatsbürgerschaft ist nicht erlaubt. Zurückkehrende Personen müssen den Behörden beweisen, dass sie keine fremde Staatsbürgerschaft angenommen haben, ansonsten verlieren sie die usbekische Staatsbürgerschaft (IOM 5.2014).

3.8.16. Grundversorgung/Wirtschaft

Auch im 24. Jahr seiner Unabhängigkeit befindet sich Usbekistan noch im Übergang von einer sowjetisch-zentralistischen Planwirtschaft zu einem marktwirtschaftlich orientierten System.

Wirtschaftsliberalisierung, Privatisierung und Strukturreformen werden nur langsam umgesetzt. Usbekistan ist reich an Bodenschätzen (Gold, Kupfer, Uran, Kohle, Erdgas) und an gut ausgebildeten Fachkräften. Mit einem Bruttonationaleinkommen von 2128.- US$ pro Kopf (Quelle: offizielle usbekische Statistik 2014) zählt Usbekistan zu den "lower middle income" Ländern der Weltbank-Klassifikation. Mit Präsidialdekreten zur Vereinfachung von Kontrollmechanismen und Unternehmensgründungen versucht die usbekische Regierung seit 2011 der privatwirtschaftlichen Entwicklung (besonders bei den kleinen und mittleren Unternehmen) mehr Schwung zu verleihen. Das usbekische Bruttoinlandsprodukt wächst seit Jahren nach offiziellen Angaben mit ca. 8%. Wichtigste Wirtschaftszweige Usbekistans sind Industrie und Bergbau sowie die Landwirtschaft. Der Industriesektor ist offiziellen Angaben zufolge 2014 um 8,1% gewachsen. Hauptindustriezweige sind die Brennstoffindustrie, Maschinenbau, Metallverarbeitung, Transportmittelbau und Elektrotechnik (in dieser Gruppe insbesondere die Kfz-Industrie mit ihrem Aushängeschild, dem Pkw-Werk "GM-Uzbekistan" im Ferganatal), die Leichtindustrie sowie das Hüttenwesen (Metallurgie). Gleichwohl gehört Usbekistan zu den ärmsten Ländern der GUS. Seine junge und wachsende Bevölkerung, die hohen Transportkosten wegen weit entfernter Seehäfen (2.900 km) und die Transformation der Wirtschaft bringen enorme wirtschafts- und entwicklungspolitische Herausforderungen mit sich (AA 10.2015).

Weitere Probleme, die die Entwicklung des Landes hemmen, sind beispielsweise die mangelnde Rechtssicherheit, die Schwäche des Bankenwesens, die jährlich steigende Inflation sowie langwierige Genehmigungsverfahren und die weit verbreitete Korruption. Usbekistan profitiert vor allem von den dauerhaft hohen Weltmarktpreisen für die Hauptexportgüter. Die vielen usbekischen Gastarbeiter im Ausland unterstützen den Aufschwung durch ihre Geldüberweisungen in die Heimat zusätzlich. Die positive ökonomische Entwicklung erreicht allerdings nur Teile der usbekischen Bevölkerung. Etwa die Hälfte der Beschäftigten geht zumindest zeitweise einer Tätigkeit im informellen Sektor oder zusätzlich einer selbstständigen Tätigkeit nach. Häufig fehlt die Ausbildung für eine Arbeit, die den Lebensunterhalt sichert. (BMZ 12.2015.).

Die Landwirtschaft ist einer der wichtigsten und größten Sektoren der nationalen Wirtschaft. Usbekistan ist eine der besten Regionen für den Anbau von Nutz- und Industriepflanzen. Im landwirtschaftlichen Sektor arbeiten die meisten Menschen und er versorgt die Bevölkerung mit Nahrung und Rohmaterial für andere Wirtschaftszweige. Der Anteil des landwirtschaftlichen Sektors am BIP beträgt 28% (IOM 5.2014).

Laut UNDP Usbekistan lebten 2011 16% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze und 75% der Bevölkerung mit niedrigem Einkommen lebten im ländlichen Raum. Laut offiziellen Quellen verringerte sich die Armut von 27,5% im Jahr 2001 auf 15% im Jahr 2012 aufgrund des rapiden Wirtschaftswachstums, großer Investitionen der Regierung in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Infrastruktur und regulärer Zuwächse der Gehälter im Öffentlichen Dienst und gesteigerter Auslandsüberweisungen. Aufgrund der globalen Finanzkrise wurden folgende Aktivitäten gesetzt: zusätzliche Gehälter, Erhöhungen bei Pensionen und Vergünstigungen, Erhöhungen bei sozialer Unterstützung, verbesserter Zugang zu Mikro- Krediten, Bereitstellung von Wohnraum für Waisen und soziale Unterstützung für alleinstehende Bürger in Not. Alle regionalen Behörden führten zusätzliche Maßnahmen im Bereich Arbeitsplatzbeschaffung im Öffentlichen Dienst, kommunale Infrastrukturverbesserungen, Bauwesen, Dienstleistungen und Viehzucht ein (IOM 5.2014).

3.8.16.1. Sozialbeihilfen

Sozialleistungen werden aufgrund von Alter, Behinderung, Verlust des Erhalters und Kinderbeihilfen ausgezahlt. Das soziale Transfersystem verlagerte sich langsam in Richtung einer zielgerichteten sozialen Unterstützung, es braucht aber noch Verbesserungen, da auf lokaler Ebene eine beachtliche Verfügungsfreiheit und Willkür herrscht. Einige neue Resolutionen zur sozialen Unterstützung wurden 2010-2013 angenommen. Beispielsweise bei der Bereitstellung von Wohnraum für Waisen, bei der sozialen Unterstützung für alleinstehende Bürger in Not, bei der Bereitstellung von Prothesen und Hörgeräten, bei der Unterstützung von arbeitslosen Müttern etc. Um Sozialbeihilfen zu erhalten sollten arbeitende Bürger mit ihrer Personalabteilung Kontakt aufnehmen, nicht arbeitende Bürger mit dem Sozialamt am Wohnsitz. Festsetzung und Zahlung der Pensionen oder andere soziale Beihilfen werden von den Abteilungen des Pensionsfonds der Distrikte am Ort des dauerhaften Aufenthaltes durchgeführt. Umfassende Informationen zu den administrativen Erfordernissen um Beihilfen zu erhalten und Musteranträge mit einer Liste der erforderlichen Dokumente für unterschiedliche Arten von Unterstützungen finden sich in der Anweisung des usbekischen Justizministeriums Nr. 2282 vom 17. November 2012. Personen, die soziale Unterstützung brauchen sehen sich beim Erhalt von Sozialbeihilfen keinen Hindernissen gegenüber (IOM 5.2014).

Usbekistan hat versucht trotz des Systemwechsels ein dichtes soziales Netz aufrechtzuerhalten. Zwischen 1991 und 1994 fand eine schrittweise Umgestaltung des sozialen Sicherungssystems statt, in deren Verlauf die Ausgaben den verminderten finanziellen Möglichkeiten des Staates angepasst wurden. Seit 1995 ist der Staat bemüht, die Zielgerichtetheit der Sozialleistungen zu verbessern, d. h. allgemeine staatliche Zuwendungen aufzugeben zugunsten von Hilfen für wirklich bedürftige Gruppen. Diese Ziele wurden vor allem durch vier sozialpolitische Komponenten verfolgt:

1. Das Mahalla-System

Die usbekische Regierung schuf das Mahalla - System zur dezentralisierten Unterstützung von bedürftigen Familien. Dabei handelt es sich um lokale Selbstverwaltungsorgane, die staatliche Gelder erhalten, um diese weiter zu verteilen (GIZ 12.2015b).

2. Unterstützung für Mütter und Kinder

Familien können für Kinder unter 14 Jahren Kinderbeihilfe bekommen. Seit Jänner 2013 ist die Kinderbeihilfe 50% des Mindestlohns für Familien mit einem Kind, 80% für Familien mit zwei Kindern und 120% für Familien mit drei oder mehr Kindern (IOM 5.2014).

Für Familien mit Kindern, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, gibt es weitere Möglichkeiten, öffentliche Unterstützung zu erhalten:

> Einmalzahlung zur Geburt eines jeden Kindes (2x Mindestlohn);

> Kindergeld (für unter 2jährige in 1,5facher Höhe des Mindestlohnes);

> Extra-Leistungen und Steuerermäßigungen für Familien mit behinderten Kindern;

> Unterstützungszahlungen für Kinder unter 16 Jahren: für das erste Kind 50% des Mindestlohns, für das 2. Kind 100%, für das 3.Kind 140% und ab dem 4.Kind 170%);

> Materielle Leistungen für bedürftige Familien, z.B. Winterkleidung für Kinder (GIZ 12.2015b).

3. Das Pensionssystem

Die arbeitende Bevölkerung kommt für den Unterhalt der Pensionsbezieher auf. Anspruch auf Pension haben Alte (Männer ab 60, Frauen ab 55 Jahren), Arbeitsunfähige und Familien, die "den Ernährer verloren haben". Die Pensionen sind zwar im Verhältnis zum vorherigen Einkommen großzügig bemessen, können aber angesichts sehr niedriger Gehälter und Löhne kein Existenzminimum sichern. Sie betragen in der Regel 75% des vorherigen Einkommens. Derzeit arbeitet die Regierung an einer umfassenden Rentenreform, die auch Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge mit einbeziehen soll (GIZ 12.2015b; vgl. IOM 5.2014).

4. Arbeitslosenunterstützung

Schon kurz nach der Unabhängigkeit führte die usbekische Regierung einen Beschäftigungsfond ein, der aus den Beiträgen der Arbeitnehmer in Höhe von 2,5% des Lohnes finanziert wird. Die Unterstützung, die Arbeitslose aus diesem Fonds erhalten, ist so gering, dass nur ein kleiner Teil der Arbeitslosen die Auszahlung überhaupt beantragt. Diese Auflistung vermittelt den Eindruck eines engmaschigen sozialen Netzes. In der Tat ist der Anteil der öffentlichen Ausgaben am BIP in Usbekistan wesentlich geringer als im Durchschnitt der GUS-Staaten gesunken. Der Anteil der Sozialausgaben am öffentlichen Haushalt ist im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten konstant geblieben. Berücksichtigt man allerdings das gesunkene BIP, ergibt sich absolut betrachtet eine Abnahme der öffentlichen Sozialleistungen - eine Entwicklung, die parallel verläuft zur Entstehung ganz neuer sozialer Problemlagen durch den Transformationsprozess. Der Staat sieht sich nach wie vor zur sozialen Fürsorge verpflichtet, kann der weitverbreiteten Bedürftigkeit aber aufgrund beschränkter Mittel und/oder zu wenig zielgerichteter Allokation nicht nachkommen. Die Zahlen zu unter- und fehlernährten Kindern sprechen hier eine deutliche Sprache (GIZ 12.2015b).

In Einklang mit der bestehenden Gesetzgebung beträgt das Arbeitslosengeld nicht weniger als 50% des durchschnittlichen Einkommens des vorigen Arbeitsplatzes, es soll jedoch nicht weniger als der gesetzliche Mindestlohn sein.

Dauer der Zahlung der Arbeitslosenunterstützung:

* 26 Kalenderwochen während einer zwölfmonatigen Periode für Personen, die ihren Job und Einkommen verloren haben oder die nach einer Langzeitpause (länger als ein Jahr) wieder in die Arbeit einsteigen wollen.

* 13 Kalenderwochen während einer zwölfmonatigen Periode für Personen, die nie gearbeitet haben und das erste Mal nach einem Job suchen. Arbeitslosenunterstützung wird Personen gewährt, die nach dem Arbeitsgesetz als arbeitslos anerkannt sind (IOM 5.2014).

3.8.17. Medizinische Versorgung

Die Gesundheitsversorgung ist unterfinanziert. Das in der Sowjetunion relativ leistungsfähige, stark zentralisierte und subventionierte Gesundheitswesen ist kaum noch in der Lage eine ausreichende flächendeckende Gesundheitsversorgung aufrecht zu erhalten. Armutsbezogene Krankheiten wie Tuberkulose, aber auch HIV/AIDS sind auf dem Vormarsch (GIZ 12.2015b).

Krankheiten und Aspekte der Gesundheitsfürsorge, die die Bevölkerung Usbekistans betreffen sind Umweltverschmutzung, Krebs, Hepatitis, Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen, Ruhr, Cholera, HIV und Drogenmissbrauch. Viele dieser Probleme gehen einher mit der Belastung durch Schadstoffe, wie dem giftigen Staub, der vom ausgetrockneten Bett des Aralsees kommt. Obwohl die Anzahl der Ärzte und des medizinischen Personals seit der Sowjetzeit erheblich angestiegen ist, sind sie nicht auf diese Probleme vorbereitet. Um diese Situation zu ändern, startete die usbekische Regierung ein Programm, bei dem MedizinstudentInnen auf Universitäten nach Russland, Deutschland, Großbritannien, Türkei, Indien und Ägypten geschickt werden. Ebenso versucht die Regierung ausländische Spenden und Investitionen für die heimische Gesundheitsversorgung zu lukrieren (IOM 5.2014).

Besondere Aufmerksamkeit wird der Prävention und Behandlung von Tuberkulose zuteil. Die Gesundheitsversorgung wird vom Staatsbudget bestritten und beträgt 9,9% der Ausgaben des staatlichen Gesamtbudgets. Jährlich erhalten über sechs Millionen Menschen die vom Staat garantierte kostenlose medizinische Notfallversorgung. Laut Verfassung haben usbekische Staatsbürger das Recht auf kostenlose medizinische Dienstleistungen, die vom Netzwerk der staatlichen medizinischen Einrichtungen - Polikliniken, Erste Hilfe Stationen und staatlichen Krankenhäusern - erbracht werden. Die wichtigsten Reformen der Regierung in Bezug auf die Gesundheitsversorgung sind die Schaffung der logistischen und praktischen Voraussetzungen, um die Qualität der Gesundheitsversorgung zu erhöhen, die Rolle und das Ansehen des medizinischen Personals auszuweiten, die Bezahlung zu verbessern und die Arbeit des Personals anzuregen. In Usbekistan gibt es über 72.000 Ärzte und mehr als 310.000 Personen medizinisches Personal. Der Staat lässt den Behandlungen und prophylaktischen Einrichtungen besonderes Augenmerk zukommen und versorgt diese mit den neuesten Behandlungen und diagnostischer Ausrüstung. Beispielsweise führt das Republikanische Spezialzentrum jährlich über 10.000 Operationen und andere diagnostische Verfahren durch. Über 4.000 davon sind hoch technologische Operationen und diagnostische Verfahren. Der private Gesundheitssektor wächst kontinuierlich (IOM 5.2014).

Krankenversicherung ist in Usbekistan weder verpflichtend, noch besonders entwickelt. Ein Netz an Versicherungsfirmen wurde aufgebaut, um unterschiedliche Leistungen einschließlich der Krankenversicherung bereitzustellen. Die Regierung implementierte ein Programm, das die Einführung der usbekischen Krankenversicherung umfasst und die Privatisierung der Gesundheitsleistungen fördert. Die Regierung arbeitet mit dem privaten Sektor zusammen, um sicherzustellen, dass die Qualität der Versorgung staatliche Standards erfüllt und dass kostenlose Gesundheitsversorgung für Personen, die es sich nicht leisten können, zur Verfügung gestellt wird. Bis jetzt betraf die Privatisierung eher kleine Kliniken und Apotheken. Die Regierung weitet die Privatisierung auf kleine Zahnkliniken und Schwangerenberatungsstellen aus. Private Gesundheitseinrichtungen sind merklich teurer als öffentliche Gesundheitszentren. Um medizinische Versorgung in Anspruch nehmen zu können ist ein Reisepass notwendig (IOM 5.2014).

Eine der wichtigsten Anordnungen der Gesundheitsreform ist der Aufbau von medizinischen Stationen am Land (CMS - countryside medical station), deren Versorgung mit neuer medizinischer Ausrüstung und qualifiziertem Personal. Momentan gibt es 3.000 solcher CMS. Vorher mussten die Dorfbewohner selbst für einfache Krankheiten ins zentrale Distriktspital reisen. Medikamente werden in öffentlichen Spitälern kostenfrei zur Verfügung gestellt. Notfallhilfe, Behandlung in öffentlichen Spitälern und Klinken, Immunisierung und Impfungen gegen infektiöse Krankheiten, spezialisierte medizinische Versorgung in Fällen von Tuberkulose, Krebs, hormonelle und mentale Erkrankungen, Drogenabhängigkeit und Geburten sind kostenfrei. Kosten für Behandlungen in privaten Spitälern variieren zwischen 50.000 UZS (ca. 15.- €) und 100.000 UZS (ca. 31 €) pro Tag, einschließlich der Medikamente (IOM 5.2014).

Laut Weltbank betragen in Usbekistan die "aus-der-Tasche" Ausgaben für Gesundheit (= Prozent der privaten Ausgaben für Gesundheit, einschließlich Trinkgelder und Sachleistungen) ca. 90%. Einem Bericht des Hochkommissars für Menschenrechte von April - Mai 2013 zufolge, haben die Reformen im Gesundheitsbereich die Verfügbarkeit von Mutter- Kind-Einrichtungen erhöht, obwohl ein noch holistischerer Ansatz nötig wäre. Es gibt kein landesweites Versicherungssystem und das Gesundheitssystem ist mit Engpässen bei Medikamenten, Wasser, Elektrizität, Heizung, Ausrüstung und hygienischem Material konfrontiert. Obwohl prinzipiell die Gesundheitsleistungen in öffentlichen Spitälern gratis sind, werden häufig informelle Gebühren verlangt, was zu einer zusätzlichen Barriere für den Zugang zur Gesundheitsversorgung für einkommensschwache Familien werden kann. Ebenso notierte der Bericht, dass eine bessere Überwachung der medizinischen Dienstleistungen notwendig wäre (IOM 5.2014).

Für alte und behinderte Personen gibt es momentan 33 "Sahovat" und "Muruvvat" Altersheime für alleinstehende Pensionisten und behinderte Personen, 11 Zentren für medizinische, soziale und professionelle Rehabilitation von Personen mit Behinderungen und acht Sanatorien. Drei Millionen Pensionisten und 700.000 Personen mit Behinderungen erhalten soziale und medizinische Unterstützung vom Staat (IOM 5.2014).

In Bezug auf mentale Gesundheit hat Usbekistan momentan ein Verbundnetz von Apotheken und spezialisierten Spitälern. Im Juli 2013 wurde eine Resolution verabschiedet, in der ein Programm zur weiteren Entwicklung und Stärkung der materialtechnischen Basis für mentale Gesundheitsleistungen 2013 - 2017 verabschiedet wurde. Geplant sind Erneuerung der Ausrüstung und Neugestaltung von 12 und Reparatur von 11 Institutionen der mentalen Gesundheit (IOM 5.2014).

In Bezug auf HIV gibt es momentan in Usbekistan 15 HIV/AIDS Zentren, 90 diagnostische Labore und mehr als 220 vertrauliche Räume (confidence rooms). Weiters gibt es eine Hotline. Es gibt die Möglichkeit zu kostenlosen und freiwilligen HIV-Tests. Für bestimmte Personengruppen ist der Test verpflichtend. Am 23.9.2013 hob die Regierung alle Restriktionen für die Einreise, Aufenthalt und Wohnsitznahme in Usbekistan für Personen mit HIV/AIDS auf (IOM 5.2014).

3.8.19. Behandlung nach Rückkehr

Das Strafgesetzbuch der Republik Usbekistan enthält keinen Straftatbestand, der die Asylantragstellung im Ausland durch den Antragsteller ausdrücklich sanktioniert. Sollten jedoch gegenüber Dritten Angaben gemacht worden sein, die den Staat verunglimpfen oder verleumden oder Einzelheiten genannt worden sein, die möglicherweise staatlich geheim gehalten werden, könnten die Artikel 157 bis 163 zur Anwendung kommen. Das Strafmaß beträgt in diesen Fällen drei bis zwanzig Jahre Freiheitsentzug. Illegale Ausreise kann nach Art. 223 des Strafgesetzbuchs der Republik Usbekistan mit Freiheitsentzug zwischen 3-5 Jahren und in besonders schweren Fällen zwischen 5-10 Jahren bestraft werden. Nach Kenntnis des Auswärtigen Amts wurden in Usbekistan bereits einige Personen nach Art. 223 bestraft (AA 3.9.2010; vgl. ÖB Moskau 21.6.2014).

Personen, die sich bereits vor der Ausreise regimekritisch betätigt haben oder im Ausland regimekritische Aussagen vor allem in der Öffentlichkeit getätigt haben, müssen bei der Wiedereinreise immer mit strafverfolgenden Maßnahmen rechnen. Die Verstöße gegen die Reisevorschriften treten dabei in den Hintergrund, weil es in der Regel zu langjährigen Gefängnisstrafen wegen der Primärdelikte kommt. Wenn die illegale Ausreise erfolgt, um strafverfolgenden Maßnahmen durch usbekische Behörden bzw. Bestrafung zu entziehen, wird nach einer evtl. Rückkehr die Strafverfolgung in Bezug auf die ursprünglichen Delikte wieder aufgenommen (AA 20.6.2011).

Rückkehrer werden von den Behörden nicht schikaniert, wenn sie die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen. So werden ankommende Personen (Ausländer, Staatenlose, Migranten) nur mit gültigen Pässen und Visa (außer die oben erwähnten Länder, mit denen Abkommen über die Visafreiheit geschlossen wurden) ins Land gelassen (IOM 5.2014).

Alle Ansprüche (auf Unterkunft, menschliche Grundbedürfnisse, Bildung, Arbeit, Gesundheit etc.) basieren auf dauerhaftem Aufenthalt und verpflichtender Registrierung. Dies erschwert die Situation für Migranten und Rückkehrer. Für Migranten ist die Registrierung und Aufenthaltserlaubnis in einigen Städten Usbekistans, vor allem in Taschkent, ein besonderes Problem. Da die Registrierung vom Innenministerium ausgeführt wird und mit großen Ausgaben und viel Zeitaufwand verbunden ist, lebt und arbeitet die Mehrheit der Migranten und Rückkehrer illegal. Die Exekutivbehörden verhängen Sanktionen gegenüber Migranten, wenn sie gegen das Passregime verstoßen. Sie können jederzeit in das Herkunftsland verbracht werden. Vorübergehende Registrierung ist für jede Person verpflichtend (Ausländer, Staatenloser, usbekischer Staatsbürger), die im Land studieren oder temporär arbeiten möchte und hat innerhalb von drei Tagen zu erfolgen. Möchte eine Person dauerhaft im Land arbeiten, muss sie um dauerhafte Registrierung ansuchen (= Propiska) (IOM 5.2014).

Es gibt keine Reintegrationsunterstützungsprogramme in Usbekistan. Der Staat gewährt Unterstützung hauptsächlich für Opfer von Menschenhandel. Hier gibt es auch Unterkünfte und Beratung. IOM Usbekistan betreibt gemeinsam mit der lokalen NGO Istiqbolli Avlod das Projekt "Assisted Return and Reintegration for Victims of Trafficking" (IOM 5.2014).

3. Beweiswürdigung

3.1. Der unter Punkt 1. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie aus den hg. Akten.

3.2. Die Identität der Beschwerdeführer steht aufgrund der vorgelegten Unterlagen fest.

3.3. Die Feststellungen zur Erkrankung des Erstbeschwerdeführers werden aufgrund der Feststellungen im hg. Erkenntnis vom 03.04.2017 getroffen. Das Bestehen einer neuen Erkrankung oder eine Verschlimmerung der Erkrankung wurde im gegenständlichen Fall nicht vorgebracht.

Die Feststellung, dass die übrigen Beschwerdeführer gesund sind, ergibt sich aufgrund der Tatsache, dass das Vorliegen einer schweren Erkrankung oder Beeinträchtigung der übrigen Beschwerdeführer im Verfahren nicht vorgebracht wurde sowie aufgrund des Umstandes, dass sich auch im Akt keine Befunde, medizinische Unterlagen o.ä. finden, die auf das Vorliegen einer schweren Erkrankung schließen lassen würden.

3.4. Hinsichtlich der Feststellungen zu den Lebensumständen der Beschwerdeführer in Österreich ist zunächst anzumerken, dass diesbezüglich den beweiswürdigenden Überlegungen des Bundesamtes gefolgt wird, auch wenn sich diese Überlegungen teilweise disloziert bei den Feststellungen oder in der rechtlichen Beurteilung finden.

3.4.1. Die Feststellungen zum Gewerbe des Erstbeschwerdeführers werden aufgrund seiner Angaben, welche mit den von ihm vorgelegten Urkunden übereinstimmen, getroffen. Insbesondere erscheint das vom Beschwerdeführer angeführte monatliche Einkommen aufgrund des vorgelegten Einkommensteuerbescheides für das Kalenderjahr 2016 realistisch.

Den Ausführungen des Bundesamtes, der Beschwerdeführer sei im Bundesgebiet mangels Aufenthaltsberechtigung zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nicht berechtigt, wurde in der Beschwerde entgegnet, dass der Beschwerdeführer nach wie vor über einen aufrechten Gewerbeschein verfügt habe und somit zur Ausübung des Gewerbes berechtigt gewesen sei.

Dazu ist anzuführen, dass nach den Entziehungsgründen des § 88 GewO di

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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