TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/20 98/12/0232

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Veröffentlicht am 20.01.1999
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Index

63/02 Gehaltsgesetz;
64/02 Bundeslehrer;

Norm

BLVG 1965 §7 Abs1 Z2;
BLVG 1965 §7 Abs2 idF 1994/0016;
GehG 1956 §13a Abs1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/12/0236 E 20. Jänner 1999

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des Ing. J in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. Juni 1998, Zl. 103.131/01 - Pr. A6/98, betreffend Ersatz des Übergenusses nach § 13 a GG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Fachoberlehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist an der Höheren Landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt Francisco - Josephinum in Weinzierl tätig.

Im Schuljahr 1995/96 wurde an dieser Schule der Freigegenstand "Verkehrsausbildung" (im folgenden VAB) im Rahmen schulautonomer Lehrplanbestimmungen eingeführt und vom Beschwerdeführer unterrichtet. Bis zur endgültigen Einstufung dieses Unterrichtsgegenstandes durch Verordnung des zuständigen Bundesministers ( der belangten Behörde) im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler nach § 7 Abs. 1 des Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetzes (BLVG) nahm die belangte Behörde eine provisorische Einstufung in die Lehrverpflichtungsgruppe II (1,105 Werteinheiten) vor. Mit Verordnung vom 12. Juni 1997 über das Ausmaß der Lehrverpflichtung der Bundeslehrer in jenen Unterrichtsgegenständen, die im Rahmen der Schulautonomie oder im Rahmen der Novelle der Lehrplanverordnung, BGBl. Nr. 496/1995 im Schuljahr 1995/96 an der Höheren Landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt

"Francisco - Josephinum" eingeführt wurde, nahm die belangte Behörde eine endgültige Einstufung des Unterrichtsgegenstandes VAB in der Lehrverpflichtungsgruppe IV b (0,977 Werteinheiten ) vor. Diese Verordnung ist gemäß ihrem § 2 rückwirkend mit 1. September 1995 in Kraft getreten.

Mit Schreiben vom 12. Juni 1997 übermittelte die belangte Behörde diese "Verordnung" der Direktion der HLBLA Francisco - Josephinum zur Kundmachung durch Anschlag und forderte sie auf, rückwirkend mit 1. September 1995 die Aufrechnung an Hand dieser Verordnung vorzunehmen.

Mit dem nunmehr angefochteten Bescheid vom 30. Juni 1998 stellte die belangte Behörde gemäß § 13a Abs. 3 GG fest, der Beschwerdeführer sei zum Ersatz eines Übergenusses in der Höhe von S 10.515,30 verpflichtet. In der Begründung wies die belangte Behörde im wesentlichen auf die Verordnung vom 12. Juni 1997 hin, mit der für den Unterrichtsgegenstand VAB rückwirkend ab 1. September 1995 eine Herabstufung gegenüber der provisorischen Einstufung vorgenommen worden sei, aus der sich der Übergenuß ergebe. Zum guten Glauben iS des § 13a Abs. 1 GG führte sie im wesentlichen aus, die Einteilung eines Unterrichtsgegenstandes zu einer Lehrverpflichtungsgruppe sei für einen Lehrer keine unwesentliche rechtliche Bestimmung, zumal sich aus der Einstufung das Ausmaß seiner Lehrverpflichtung und damit auch die Abgeltung ergebe. Es sei daher davon auszugehen, daß sich ein Lehrer über das Ausmaß der Lehrverpflichtung neu eingeführter Unterrichtsgegenstände bei den rechtlich maßgebenden Stellen informiere. Im Beschwerdefall hätte dies über die Verordnung gemäß § 7 Abs. 1 BLVG erfolgen müssen. Da eine solche Verordnung zum Zeitpunkt der Einführung des Gegenstandes VAB noch nicht bestanden habe, hätte von vornherein klar sein müssen, daß es sich bei der vorgenommenen Einstufung nur um ein vorläufige handeln könne und es im Bereich des Möglichen liegen könne, daß allenfalls eine niedrigere Bewertung (endgültig) festgelegt werde. Zu diesem Ergebnis hätte auch eine Auskunft bei der Direktion geführt. Da es der Beschwerdeführer unterlassen habe, sich zu informieren, hindere die Unkenntnis einer Rechtsvorschrift (nämlich § 7 Abs. 1 BLVG) bzw die Unkenntnis darüber, daß eine darauf gestützte Verordnung noch nicht vorliege, nicht deren spätere Anwendung. Daß es - wie der Beschwerdeführer (im Verwaltungsverfahren) gemeint habe - für ihn " keinen vernünftigen Grund gab, die Einstufung in LVG II anzuzweifeln", sei unerheblich, da es nicht auf sein subjektives Wissen, sondern darauf ankomme, was ihm nach einem objektiven Maßstab zugemutet werden könne. Da der Beschwerdeführer Zweifel hätte haben müssen, ob ihm die ausbezahlte Geldleistung in voller Höhe zustehe, sei sein guter Glaube in bezug auf die Höhe beim Empfang der gegenständlichen Leistungen auszuschließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte. Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshof nahm sie darin auch zur Kundmachung der Verordnung vom 12. Juni 1997 Stellung. Sie teilte mit, daß die Direktion diese Verordnung durch Aushang am 15. Oktober 1998 kundgemacht habe. Anläßlich einer Besprechung zur Lehrfächerverteilung sei die "Verordnung" dem Beschwerdeführer jedoch bereits unmittelbar nach ihrer Erlassung im Sommer 1997 mündlich zur Kenntnis gebracht worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 2 BLVG , BGBl. Nr. 244/1965, hat der zuständige Bundesminister im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler für Unterrichtsgegenstände, die neu eingeführt werden, das Ausmaß der Lehrverpflichtung durch Verordnung festzusetzen. Maßgebend hiefür ist die Belastung des Lehrers im Vergleich zur Belastung mit den im § 2 Abs. 1 genannten Unterrichtsgegenständen.

Abs. 2 dieser Bestimmung (Satz 1 und 2 idF der Novelle

BGBl. Nr. 16/1994; der übrige Teil idF der Novelle

BGBl. Nr. 567/1981) lautet:

"(2) Bei Verordnungen gemäß Abs.1 kann von einer Kundmachung im Bundesgesetzblatt abgesehen werden, wenn Unterrichtsgegenstände

1. im Rahmen schulautonomer Lehrplanbestimmungen oder zusätzlicher Lehrplanbestimmungen der Landeschulräte (§ 6 Abs.1 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962) vorgesehen oder

2. im Rahmen von Schulversuchen oder Organisationsstatuten (§ 14 Abs. 2 des Privatschulgesetzes, BGBl. Nr. 244/1962) nur an einzelnen Schulen geführt werden. In diesen Fällen sind solche Verordnungen durch Anschlag in den betreffenden Schulen kundzumachen. Sie treten, soweit darin nicht anderes bestimmt ist, mit Ablauf des Tages des Anschlages in der Schule in Kraft. Eine Abschrift einer solchen Verordnung ist, sofern die Schule einem Landesschulrat untersteht, überdies im betreffenden Landesschulrat zur Einsicht aufzulegen."

Gemäß § 13 a Abs. 1 GG idF der 15. Gehaltgesetz-Novelle BGBl. Nr. 109/1966, sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.

Im Beschwerdefall stützt sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bezüglich des vom Beschwerdeführer bezogenen Übergenusses und seiner Höhe auf die von ihr nach § 7 Abs. 1 BLVG erlassene obzitierte Verordnung vom 12. Juni 1997, mit der rückwirkend ab 1. September 1995 eine Herabstufung des Freigegenstandes "Verkehrsausbildung" (von der Lehrverpflichtungsgruppe II in die Lehrverpflichtungsgruppe IV b) vorgenommen wurde.

Diese Verordnung wurde nicht im Bundesgesetzblatt kundgemacht; vielmehr wurde nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BLVG vorgegangen (Kundmachung durch Anschlag in der Schule). Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides ist vom Verwaltungsgerichtshof (grundsätzlich) an Hand der zum Zeitpunkt seiner Erlassung geltenden Rechtslage zu prüfen. Zu diesem Zeitpunkt (14. Juli 1998) war aber die Verordnung der belangten Behörde vom 12. Juni 1997 noch nicht gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 BLVG kundgemacht, weil der Anschlag in der HBLBA Francisco-Josephinum laut Mitteilung in der Gegenschrift erst zu einem späteren Zeitpunkt ( 15. Oktober 1998) erfolgte. Die mündliche Bekanntgabe des Verordnungsinhaltes an den Beschwerdeführer kann die fehlende Kundmachung nicht ersetzen. Die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides allenfalls als interner Erlaß in Geltung stehende "Verordnung" vom 12. Juni 1997 stellt mangels gehöriger Kundmachung nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren maßgebende Rechtsquelle dar (vgl zB die hg Erkenntnisse vom 17. Dezember 1997, 97/12/0265,0266 und vom 16. Dezember 1998, 93/12/0295 - jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die belangte Behörde hat - ausgehend von der im Zeitpunkt ihres angefochtenen Bescheides irrtümlich angenommenen Geltung ihrer Verordnung vom 12. Juni 1997 - den Beschwerdeführer zum Ersatz eines Übergenusses in der Höhe von S 10.515,30,-- verpflichtet. Mangels einer dem § 7 Abs. 2 BLVG entsprechenden Kundmachung dieser Verordnung im maßgebenden Zeitpunkt liegt aber jedenfalls kein Übergenuß in der im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Höhe vor. Schon deshalb war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf die Frage einzugehen war, ob § 7 Abs. 2 vorletzter Satz BLVG die belangte Behörde überhaupt ermächtigt, eine Verordnung nach § 7 Abs. 1 leg. cit. rückwirkend (dh mit einem vor dem Zeitpunkt ihrer Kundmachung liegenden Tag) in Kraft zu setzen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Jänner 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998120232.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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