TE Vfgh Beschluss 1996/12/13 B4131/96

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Veröffentlicht am 13.12.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §87 Abs3

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags hinsichtlich eines verspäteten Abtretungsantrages nach Berichtigung eines ohne Abtretungsantrag gefaßten Abtretungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes; Vorliegen eines Rechtsirrtums über die Möglichkeit der Einbringung eines nachträglichen Abtretungsantrags nach Zustellung des Berichtigungsbeschlusses

Spruch

I. Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 13. März 1996 B775/96-3 die Behandlung der vom Einschreiter gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Jänner 1996, Z301.421/4-III/11/95, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Juni 1996 B775/96-5 wurde der Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 1996 B775/96-3 dahingehend berichtigt, daß in dessen Spruch die Wortfolge "Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten." sowie in dessen Begründung die Worte "... und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten" zu entfallen hatten. Der Ausspruch, daß die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wird, stellte eine offenbare Unrichtigkeit dar, weil weder in der Beschwerde noch sonst im Verfahren ein Abtretungsantrag gestellt worden war. Der Berichtigungsbeschluß wurde dem Einschreiter am 29. Juli 1996 zugestellt.

2. Mit seiner Eingabe vom 11. November 1996 begehrt der Einschreiter die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der zweiwöchigen Frist zur Stellung des (nachträglichen) Antrages auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und holte unter einem die versäumte Prozeßhandlung, den Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, nach. Der Einschreiter begründet den Antrag (im wesentlichen) wie folgt: Unstrittig sei, daß in der seinerzeitigen, an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde kein Abtretungsantrag enthalten war. Aufgrund des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 1996 B775/96-3 habe aber für ihn keine Veranlassung bestanden, nochmals zu überprüfen, ob ein solcher Antrag in der Beschwerde gestellt worden sei, zumal ein solcher Antrag seitens seines Rechtsvertreters ohnehin regelmäßig erfolge. Er habe daher guten Glaubens davon ausgehen können, daß eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wie üblich beantragt worden sei und deshalb die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erfolgen würde. Daher habe er auch einen - die Beschwerde ergänzenden - Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof übermittelt. Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1996, Z96/19/0952, habe dieser seine, zunächst dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene, Beschwerde zurückgewiesen, weil aufgrund des Berichtigungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes beim Verwaltungsgerichtshof rückwirkend keine abgetretene Beschwerde anhängig geworden und der Verwaltungsgerichtshof damit zur Entscheidung über die sich auf die abgetretene Beschwerde beziehenden Anträge seines ergänzenden Schriftsatzes unzuständig sei. Eine solche Rückwirkung habe er dem Berichtigungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes aber nicht entnehmen können. Der Zurückweisungsbeschluß des Verwaltungsgerichtshofes sei ihm am 31. Oktober 1996 zugestellt worden. Aufgrund des dargelegten Sachverhaltes liege lediglich ein minderer Grad des Versehens gemäß §146 ZPO an der Versäumung der Frist vor.

II. Der - zulässige - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der zweiwöchigen Frist zur Stellung des Antrages auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht begründet.

Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Dem Einschreiter wäre die Möglichkeit offengestanden, innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung des Berichtigungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes einen Abtretungsantrag nachträglich einzubringen (§87 Abs3 VerfGG). Der Einschreiter bringt in seinem Antrag vor, daß er aufgrund des Berichtigungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes nicht schließen konnte, daß seine Beschwerde nunmehr nicht mehr an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten würde. Er macht somit das Vorliegen eines Rechtsirrtums geltend, welcher ihn bzw. seinen Rechtsvertreter an der fristgerechten Einbringung des Abtretungsantrages gehindert habe. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bildet Unkenntnis des Gesetzes oder ein Rechtsirrtum für sich allein aber kein unvorhergesehenes oder unwendbares Ereignis, das nach den §§33 und 35 Abs1 VerfGG iVm §146 Abs1 ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigt (zB. VfSlg. 7674/1975, 12614/1991, VfGH 13.12.1995 B2916/95). Daß der Beschwerdeführer - abgesehen von der Rechtsunkenntnis betreffend die Nichtabtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bzw. die Möglichkeit der nachträglichen Stellung des Abtretungsantrages - durch andere Umstände an der rechtzeitigen Einbringung des Abtretungsantrages gehindert gewesen wäre, wird weder vom Einschreiter behauptet noch ergeben sich sonst dafür sprechende Anhaltspunkte.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

III. Der mit dem Antrag auf

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbundene, offenkundig verspätete Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war zurückzuweisen.

IV. Dies konnte gemäß §33 und §19 Abs3 Z2 litb VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Berichtigung, VfGH / Abtretung, VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B4131.1996

Dokumentnummer

JFT_10038787_96B04131_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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