Entscheidungsdatum
01.03.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
L518 2215040-1/3E
L518 2215038-1/3E
L518 2215036-1/3E
BESCHLUSS
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Georgien, vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2019, Zl. XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Georgien,
vertreten durch Verein Menschenrechte, vom 20.02.2019, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2019, Zl. XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Georgien, vertreten durch die ges. Vertreterin XXXX (Mutter), vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2019, Zl.XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Georgien,
vertreten durch die ges. Vertreterin XXXX (Mutter), vertreten durch Verein Menschenrechte, vom 20.02.2019, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2019, Zl. XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Markus Steininger als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Georgien, vertreten durch die ges. Vertreterin XXXX (Mutter), vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2019, Zl. XXXX, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Georgien,
vertreten durch die ges. Vertreterin XXXX (Mutter), vertreten durch Verein Menschenrechte, vom 20.02.2019, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.02.2019, Zl. XXXX, wird gem. § 28 Abs. 3 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBL I 33/2013 idgF der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführenden Parteien (gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch als "bP1" - "bP3" bzw. "BF1" bis "BF3" bezeichnet), sind Staatsangehörige von Georgien und brachten am im Akt ersichtlichen Datum bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein.
Als Begründung für das Verlassen des Herkunftsstaates brachten die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass ihr Ehemann, welcher bereits 2007 geflohen und untergetaucht ist, in Österreich als anerkannter Flüchtling aufhältig sei. Die beiden mj. Beschwerdeführer seien die gemeinsamen Kinder der BF1 und des XXXX. Da die Erstbeschwerdeführerin die Reisepässe zerrissen habe, um nicht mehr nach Georgien zurückkehren zu müssen, könne sie das Verwandtschaftsverhältnis nicht durch geeignete Bescheinigungsmittel dartun, würde jedoch einer DANN Analyse mit dem Mann und der beiden gemeinsamen Kinder zustimmen (AS 147). Eine Bedrohungssituation iS der GFK verneinte die BF 1 (AS 149), sie wolle einfach nur mit den gemeinsamen Kindern bei ihrem Ehemann sein.
Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch ersichtlichen Bescheiden des BAA gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz wurde gem. § 18 Abs. 1 Z. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise.
Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP aufgrund zahlreicher Widersprüche, insbesondere zwischen den Aussagen der BF1 sowie des vermeintlichen Gatten, der vermeintlichen Verehelichung bzw. dass es sich bei der BF1 tatsächlich um die Gattin bzw. dem Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin tatsächlich um die gemeinsamen Kinder handelt.
Die durch die Namensänderung durch die BF1 angegebene Diskrepanz vermochten die BF ebenfalls nicht durch geeignete Bescheinigungsmittel belegen
Gegen den angefochtenen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 20.2.2019 innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde nach Darlegung allgemeiner rechtlicher und sonstiger Ausführungen vorgebracht, dass die Beschwerdeführer eigeninitiativ, ohne zuvor von der Belangten Behörde aufgefordert worden zu sein, angaben, einen DNA Test zur Feststellung der Vaterschaft zuzustimmen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Verwaltungsbehörde und der eingebrachten Beschwerde.
1. Feststellungen:
Die relevanten Feststellungen ergeben sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang.
2. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG liegt im gegenständlichen Fall die Zuständigkeit des Einzelrichters vor.
Zu A)
3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, [...] und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.3.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.3.3. Gemäß § 28 Abs. 3 hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Das oa. Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Insoweit erscheinen auch die von der höchstgerichtlichen Judikatur -soweit sie nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung betrifft- anwendbar, weshalb unter Bedachtnahme der genannten Einschränkungen die im Erk. des VwGH vom 16.12.2009, GZ. 2007/20/0482 dargelegten Grundsätze gelten. Die Entscheidung ergeht in Beschlussform. Mängel abseits jener der Sachverhaltsfeststellung legitimieren das Gericht nicht zur Behebung aufgrund § 28 Abs. 3, 2. Satz (Erk. d. VwGH vom 19.11.2009, 2008/07/0167; vgl. auch Fischer/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2. Aufl., Anm. 11 und 12 zu § 28 VwGVG).
Hinsichtlich der Entscheidungsbefugnis bzw. Entscheidungsverpflichtung geht der Gesetzgeber bei den Verwaltungsgerichten vom Primat der Sachentscheidung aus, wenn er festlegt, dass gem. § 28 Abs. 1 VwGVG das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. hat, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit nicht vorliegen, das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen,
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wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,
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wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder
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bloß ansatzweise ermittelt hat.
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Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
In den Erkenntnissen vom 11.11.1998, GZ. 98/01/0283, 12.5.1999, GZ. 98/01/0365, sowie vom 6.7.1999, GZ. 98/01/0602 stellte der VwGH fest, dass es sich bei den [damaligen] Asylbehörden, namentlich beim Bundesasylamt und beim Unabhängigen Bundesasylsenat um Spezialbehörden handelt und an solche Behörden in Bezug auf ihre Obliegenheiten zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts -auch in Bezug auf die Schaffung und Nutzung entsprechender logistischen Möglichkeiten um ihren Aufgaben entsprechen zu können- ein besonders hoher Maßstab gilt. Mit der Ablöse des Unabhängigen Bundesasylsenats durch den AsylGH ist davon auszugehen, dass diese höchstgerichtliche Einschätzung weitergilt. Nach der Einführung einer umfassenden Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Einrichtung des BFA mit 1.1.2014 muss angenommen werden, dass der bereits beschriebene Grundsatz der Spezialisierung in Bezug auf die bB aufrecht erhalten wurde, die Rolle des UBAS bzw. AslyGH im Rechtsmittelverfahren in Bezug auf die Obliegenheit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts jedoch nicht mit jener des zur Prüfung der gesamten unmittelbaren Bundesverwaltung berufenen BVwG aufrecht erhalten werden kann und daher in Bezug auf den BVwG aufgrund der Aufgabe der Spezialisierung nicht dieselben Maßstäbe hinsichtlich der Obliegenheit zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts anzuwenden sind, wie in Bezug auf die bB. Dort wo der bB eine höhere Obliegenheit zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts trifft als das ho. Gericht, wird dies im Rahmen der Auslegung des § 28 Abs. 3 VwGVG zu berücksichtigen sein.
In seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 befasste sich der EuGH mit der Frage, ob nationale Bestimmungen, welche dem Verwaltungsgericht die amtswegige Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts -bei entsprechender Untätigkeit der Behörde- der in der europarechtlichen Judikatur geforderten Objektivität und Unvoreingenommenheit des Gerichts entgegenstehen. Nach seiner Ansicht können die Gerichte nach den nationalen Verfahrensregeln zwar verpflichtet sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorlage solcher Beweise zu fördern, doch können sie nicht verpflichtet sein, anstelle der genannten Behörden die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die nach dem Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281) diese Behörden vorzubringen haben. Werden diese Rechtfertigungsgründe wegen der Abwesenheit oder der Passivität dieser Behörden nicht vorgebracht, müssen die nationalen Gerichte alle Konsequenzen ziehen dürfen, die sich aus einem solchen Mangel ergeben. Der EuGH führte weiters aus, dass die Art. 49 und 56 AEUV, wie sie insbesondere im Urteil vom 30. April 2014, Pfleger u. a. (C-390/12, EU:C:2014:281), ausgelegt wurden, im Licht des Art. 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Verfahrensregelung, nach der in Verwaltungsverfahren das Gericht, bei der Prüfung des maßgeblichen Sachverhalts die Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache von Amts wegen zu ermitteln hat, nicht entgegenstehen, sofern diese Regelung nicht zur Folge hat, dass das Gericht an die Stelle der zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu treten hat, denen es obliegt, die Beweise vorzulegen, die erforderlich sind, damit das Gericht eine entsprechende Prüfung durchführen kann. Die Ausführungen des EuGH beziehen sich zwar auf ein Verwaltungsstrafverfahren, sie sind nach ho. Ansicht jedoch auch im gegenständlichen Fall anwendbar.
Im Lichte einer GRC-konformen Interpretation der verfassungsrechtlichen Bestimmungen, wonach das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden hat, finden diese jedenfalls dort ihre Grenze, wenn das Gericht an die Stelle der zuständigen belangten Behörde zu treten hätte, der es obliegt, dem Gericht die Beweise iSd Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts vorzulegen. Wird diese Grenze überschritten ist das Gericht ermächtigt -wenn nicht sogar verpflichtet- eine kassatorische Entscheidung iSd § 28 Abs. 3 VwGVG zu treffen.
3.3.3.4. Einzelfallbezogen ergibt sich hieraus Folgendes:
Es ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass es grundsätzlich die Obliegenheit der Beschwerdeführer ist, im Asylverfahren mitzuwirken. Ebenso ist den Beschwerdeführern vorzuwerfen, dass sie - eigenen Angaben zu Folge - identitätsbezeugende Dokumente (Reisepässe) vernichtet haben, um eine Außerlandesbringung zu unterlaufen.
§ 13 Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes normiert:
Gelingt es einem Fremden nicht, ein behauptetes Verwandtschaftsverhältnis, auf das er sich in einem Verfahren vor dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht oder in einem Verfahren gemäß § 35 AsylG 2005 beruft, durch unbedenkliche Urkunden oder sonstige geeignete und gleichwertige Bescheinigungsmittel nachzuweisen, so hat ihm das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht auf sein Verlangen und auf seine Kosten die Vornahme einer DNA-Analyse zu ermöglichen. Der Fremde ist über diese Möglichkeit zu belehren. Das mangelnde Verlangen des Fremden auf Vornahme einer DNA-Analyse ist keine Weigerung des Fremden, an der Klärung des Sachverhaltes mitzuwirken. Im weiteren Verfahren darf nur die Information über das Verwandtschaftsverhältnis verarbeitet werden; allenfalls darüber hinaus gehende Daten sind zu löschen. Das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht hat dem Fremden die Kosten der DNA-Analyse auf Antrag zu erstatten, wenn das behauptete Verwandtschaftsverhältnis durch das auf der DNA-Analyse beruhende Gutachten festgestellt wurde und sich der Fremde im Bundesgebiet aufhält.
In Ermangelung geeigneter Bescheinigungsmittel war es den Beschwerdeführer nicht möglich das von ihnen behauptete Verwandtschaftsverhältnis glaubhaft darzutun, weshalb die belangte Behörde dazu berufen wäre, den BF eine Belehrung über die Möglichkeit einer DNA-Analyse gem. § 13 Abs. 4 BFA-VG zu erteilen. Ungeachtet dieser Unterlassung durch die bB haben die BF eigeninitiativ die Vornahme einer solchen Analyse begehrt bzw. ihre beabsichtigte Mitwirkung an einer solchen kundgetan. Die belangte Behörde unterließ es jedoch, trotz Verlangen der BF, auf die Kosten der BF eine DNA Analyse vorzunehmen, weshalb die bB in diesem Aspekt grob willkürlich handelte. Daran vermag im konkreten Fall auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme einige Widersprüche ergaben, waren doch andererseits teilweise Übereinstimmungen in zentralen Punkten vorhanden und ergaben sich manche Widersprüche lediglich bei Nebenaspekte.
Wie bereits im Verfahrensgang dargelegt wurde, hat die bB im gegenständlichen Fall den maßgeblichen Sachverhalt dermaßen mangelhaft ermittelt, dass nicht lediglich von einer bloßen Ergänzungsbedürftigkeit, sondern von einer qualifizierten Unterlassung der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts iSd VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 bzw. des Urteils des EuGH vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452 auszugehen ist. Das ho. Gericht war daher nicht bloß berechtigt, sondern iSe europarechtskonformen Interpretation des § 28 Abs. 3 VwGVG sogar verpflichtet, in der Sache nicht meritorisch zu entscheiden.
Die von der belangten Behörde - sichtlich zu Gunsten eines raschen Verfahrensabschlusses bzw. Verringerung des Ermittlungs- und Begründungsaufwandes - gewählte oben beschriebene Vorgangsweise, stellt in der hier vorliegenden Form letztlich die qualifizierte Rechtsverletzung der Willkür durch die belangte Behörde dar (Es ist auch auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, wonach willkürliches Verhalten der Behörde unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens (Anm.: diesem Ignorieren ist wohl eine antizipierende Auseinandersetzung gleichzusetzen) und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes vorliegt [zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001]).
Aufgrund des organisatorischen Aufbaues der bB und des ho. Gerichts, der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung des Asylverfahrens, sowie des Aufenthaltsortes der bP ist davon auszugehen, dass eine Fortführung des Verfahrens durch die bB zu einer Ersparnis an Zeit und sonstigen Ressourcen führt. Würde das ho. Gericht ihr Ermessen dahin ausüben, das erforderliche Ermittlungsverfahren selbst zu führen, so würde es im Lichte des hier vorliegenden Sachverhalts dieses Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausüben. Beim vom Gesetzgeber ins Auge gefasste Konzept -nämlich das Primat der Sachentscheidung und dem untergeordnet die Möglichkeit der Verwaltungsgerichte, bei bestimmten qualifizierten Fallkonstellationen eine kassatorische Entscheidung zu treffen- ging dieser sichtlich von einer belangten Verwaltungsbehörde voraus, welche redlich bemüht ist, ein rechtskonformes Ermittlungsverfahren zu führen. Dass ihr trotz dieses Bemühens Fehler unterlaufen können, ist evident und wird vom Gesetzgeber vorausgesetzt. Sicherlich hatte der Gesetzgeber keine belangte Behörde vor Augen, welche ein Verfahren, wie es hier vorliegt führt, in dem Ermittlungstätigkeiten in der hier qualifizierten Form nicht durchgeführt werden, um sich so ihrer ihr gesetzlich zugewiesenen Zuständigkeit über weite Strecken zu entledigen und diese an das Verwaltungsgericht abzuwälzen.
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der Beschwerde stattzugeben bzw. die angefochtenen Bescheide aufzuheben waren.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hierzu die bereits zitierte Judikatur) auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren, Behebung der Entscheidung, Bescheinigungsmittel,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L518.2215038.1.00Zuletzt aktualisiert am
10.07.2019