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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/20/0671 98/20/0597Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Baur und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, in der Beschwerdesache der AV in Linz, geboren am 21. März 1969, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11, 1.) über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juni 1997, Zl. 4.351.529/1-III/13/97, betreffend Asylgewährung,
2.) über den Antrag auf Wiederaufnahme des durch Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1997, Zl. 97/20/0455, abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und 3.) über die am 28. Juli 1997 eingelangte, zur hg. Zl. 97/20/0455 (nunmehr unter Zl. 98/20/0597) protokollierte Beschwerde gegen den unter 1.) angeführten Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juni 1997, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
2. Dem Antrag auf Wiederaufnahme wird gemäß § 45 VwGG stattgegeben.
3. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Parteien des Verfahrens haben die Kosten für ihre Aufwendungen selbst zu tragen.
Begründung
Mit hg. Beschluß vom 18. September 1994, Zl. 97/20/0455, wurde die beim Verwaltungsgerichtshof am 28. Juli 1997 eingelangte Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juni 1997, mit dem ihr Asylantrag vom 10. März 1997 im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen worden war, wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen. In der Begründung dieses Beschlusses wurde ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei nach ihrem eigenen Beschwerdevorbringen der angefochtene Bescheid am 12. Juni 1997 zugestellt worden. Die am 25. Juli 1997 zur Post gegebene Beschwerde sei in Wahrnehmung der Verspätung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen gewesen.
Dieser Beschluß wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin am 17. Oktober 1997 zugestellt.
Mit einem am 3. November 1997 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz begehrt die Beschwerdeführerin einerseits die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 46 Abs. 1 VwGG (97/20/0671) und andererseits die Wiederaufnahme des mit Beschluß vom 18. September 1997 abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG (Zl. 97/20/0670). Gleichzeitig wurde die Beschwerde wiederholt (Zl. 98/20/0597). Zur Begründung dieser Anträge wurde ausgeführt, der Bescheid des Bundesministers für Inneres sei der Beschwerdeführerin am 13. Juni 1997 zugestellt worden und somit habe die Beschwerdeführerin fristgerecht am 25. Juli 1997 Beschwerde erhoben. In der Beschwerde sei irrtümlich aufgrund eines "Diktierfehlers" angeführt worden, daß der Bescheid am 12. Juni 1997 zugestellt worden sei. Dieser Diktierfehler sei "infolge totaler arbeitsmäßiger Überlastung" unvorhersehbar gewesen. In der Woche der Beschwerdeerhebung sei es "zu unvorhergesehenen dringenden Telefonaten, auswärtigen Verrichtungen und sonstigen Besprechungen" gekommen, weshalb "hinsichtlich des unterlaufenen Fehlers von keinem Verschulden im Sinn des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG auszugehen" sei. Aus diesem Grunde liege somit ein Wiederaufnahmegrund vor. Da
"die Versäumung auf einem Diktierfehler meines rechtsfreundlichen Vertreters beruhte, welcher wiederum das Resultat totaler arbeitsmäßiger Überlastung (war), die sich in der Woche vom 23. bis 26. Juli 1997"
eingestellt habe, werde aus den erwähnten Gründen auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 46 VwGG beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (97/20/0671):
Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist, daß die Partei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren tatsächlich die Frist versäumt hat. Im gegenständlichen Fall stellt die Beschwerdeführerin eben gerade diese Voraussetzung in Abrede, indem sie sich ausdrücklich darauf beruft, daß die Zustellung des Bescheides des Bundesministers für Inneres an sie nicht - wie zunächst in der Beschwerde irrtümlich angegeben - am 12. Juni 1997, sondern tatsächlich erst am 13. Juni 1997 erfolgt sei und sich daraus ergebe, daß die am 25. Juli 1997 zur Post gegebene Beschwerde in Wahrheit noch innerhalb der Frist des § 26 Abs. 1 VwGG (rechtzeitig) eingebracht worden sei. Da sohin nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin bei der Erhebung der von ihr gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres eingebrachten Beschwerde eine Frist nicht versäumt worden sei, kann dem vorliegenden Wiedereinsetzungsgrund schon mangels Zutreffens der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG nicht Folge gegeben werden (vgl. etwa aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes den Beschluß vom 8. April 1986, Zlen. 86/14/0039, 0040).
2. Zum Antrag auf Wiederaufnahme des hg. Verfahrens 97/20/0455:
Hier ist auf die Ausführungen in der Entscheidung des verstärkten Senates vom 24. November 1998, Zl. 96/08/0406, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt danach (nunmehr) die Auffassung, daß in jenen Fällen, in denen die Angabe des Zustelldatums im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 7 VwGG zur Beurteilung einer Beschwerde als verspätet führen müßte, dieses Ermittlungsergebnis der beschwerdeführenden Partei in unmittelbarer Anwendung des § 62 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit §§ 37, 45 Abs. 3 AVG zunächst zur Äußerung vorzuhalten ist, wenn nicht ein bloßes Versehen bei der Angabe des Zustelldatums ausgeschlossen werden kann.
Wurde der Partei daher in einem solchen Fall kein Parteiengehör gewährt und stellt sich die vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Verspätung in der Folge als nicht gegeben heraus, steht ihr daher der Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG zu Gebote.
Im vorliegenden Fall wurde der beschwerdeführenden Partei in dem dem Zurückweisungsbeschluß vom 18. September 1997 (Zl. 97/20/0455) vorangegangenen Verfahren kein Parteiengehör zur Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde gewährt. Aufgrund des Inhaltes der Beschwerde und des ohne hg. Aufforderung durch die Beschwerdeführerin eingebrachten ergänzenden Schriftsatzes, der zur Frage der Zustellung des angefochtenen Bescheides kein zusätzliches, aufklärendes Vorbringen enthält, konnte ein Versehen bei Angabe des Zustelldatums nicht ausgeschlossen werden, weil die Beschwerdeführerin von der Rechtzeitigkeit ihrer Beschwerde "innerhalb offener Frist" ausging. Die vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Verspätung der Beschwerde liegt (gemäß dem eingeholten Zustellnachweis) tatsächlich nicht vor, wie auch die beschwerdeführende Partei in ihrem Antrag dargelegt hat. Der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes wäre ausgehend von diesem (nunmehrigen) Vorbringen nicht gefaßt worden. Die Voraussetzungen des Wiederaufnahmegrundes des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG liegen somit vor, weshalb dem Antrag stattzugeben ist.
3. Zur (nunmehr wieder offenen) unter hg. Zl. 97/20/0455 protokollierten Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Juni 1997 (nunmehr Zl. 98/20/0597):
Mit dem oben zitierten Bescheid des Bundesministers für Inneres wurde eine Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen einen Bescheid in einer Asylangelegenheit unter Anwendung des Asylgesetzes 1991 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Prozeßvoraussetzungen sind erfüllt.
§ 44 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 in der Fassung der Kundmachung BGBl. I Nr. 110/1998, lautet:
"Verfahren betreffend Bescheide nach dem Asylgesetz 1991, die beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof angefochten sind, und nicht gemäß § 34 Abs. 1 VwGG oder § 19 Abs. 3 Z 2 lit. a, b, d oder e VfGG zurückzuweisen sind, treten mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides zurück."
In dem der zitierten Kundmachung BGBl. I Nr. 110/1998 zugrundeliegenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 1998, G 78/90, hat dieser auch ausgesprochen, daß der letzte Halbsatz des § 44 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997 in der Stammfassung (welcher gelautet hatte: "... sofern die Anfechtung vor Kundmachung dieses Bundesgesetzes erfolgte") "auch hinsichtlich jener Bescheide nach dem Asylgesetz 1991 nicht mehr anzuwenden ist, die derzeit bei einem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts angefochten sind" (Abs. 3 der Kundmachung). Die Beschlußfassung des Verfassungsgerichtshofes erfolgte am 13. Juni 1998.
§ 44 Abs. 3 erster Satz leg. cit. bestimmt:
"Der Verwaltungsgerichtshof oder der Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, die Parteien eines solchen höchstgerichtlichen Verfahrens haben die Kosten für ihre Aufwendungen selbst zu tragen."
Infolge der unter Punkt 2 bewilligten Wiederaufnahme des mit Beschluß vom 18. September 1997 eingestellten Verfahrens, womit die im wiederaufgenommenen Verfahren zu treffende Entscheidung den Einstellungsbeschluß mit der Wirkung "ex tunc" zu ersetzen hat, liegt dem Beschwerdefall ein in Anwendung des Asylgesetzes 1991 ergangener Bescheid des Bundesministers für Inneres zugrunde, der als am 13. Juni 1998 bei einem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts als angefochten anzusehen ist. Gemäß § 44 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997 ist daher mit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Jänner 1998 das Asylverfahren in das Stadium vor Erlassung des angefochtenen Bescheides zurückgetreten und die Beschwerde war - ohne Zuspruch von Kosten - gemäß § 44 Abs. 3 des Asylgesetzes 1997 zurückzuweisen.
Wien, am 20. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997200670.X00Im RIS seit
03.04.2001