TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/23 W272 2217797-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.05.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W272 2217797-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl XXXX über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

1. Die Verfahrenspartei (VP) reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 03.01.2016 ihren bisher einzigen Antrag auf internationalen Schutz, wobei sie angab, den Namen XXXX zu führen, aus Marokko zu stammen und am XXXX geboren zu sein.

Die VP wurde im Bundesgebiet mit Urteil des Landesgerichtes LINZ am 15.03.2016 wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) wies den Asylantrag der Verfahrenspartei mit Bescheid vom 23.06.2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte der Verfahrenspartei keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und stellte fest, dass die Abschiebung der Verfahrenspartei nach Marokko zulässig ist. Die Entscheidung erwuchs am 08.07.2016 in erster Instanz in Rechtskraft.

Das Bundesamt beantragte für die VP am 06.07.2016 die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der marokkanischen Botschaft.

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 27.09.2016 wurde sie wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 06.03.2017 wurde die VP erneut wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt.

Die Verfahrenspartei meldete sich am 08.03.2017 beim Verein Menschenrechte Österreich zur freiwilligen Rückkehr an. Der Verein Menschenrechte Österreich teilte dem Bundesamt am 19.07.2017 mit, dass die VP die freiwillige Rückkehr widerrufen habe.

Die Verfahrenspartei wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17.10.2017 erneut wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer vierzehn monatigen unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Verfahrenspartei befand sich diesbezüglich vom 28.09.2017 bis zum 03.01.2019 in der Justizanstalt Salzburg bzw. in der Justizanstalt Ried im Innkreis in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.

Aufgrund der massiven Straffälligkeit der Verfahrenspartei erließ das Bundesamt mit Bescheid vom 28.11.2017, Zahl 1100747107/171217315, eine Rückkehrentscheidung iVm mit einem 10-jährigen Einreiseverbot, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und stellte fest, dass eine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt. Diese Entscheidung erwuchs am 31.12.2017 in Rechtskraft.

Die Verfahrenspartei meldete sich am 15.02.2018 neuerlich beim Verein Menschenrechte Österreich zur freiwilligen Rückkehr an. Der Verein Menschenrechte teilte dem Bundesamt am 23.03.2018 neuerlich den Widerruf der freiwilligen Rückkehr mit.

Das Bundesamt teilte der VP mit Schreiben vom 16.05.2017 mit, dass beabsichtigt sei gegen sie die Schubhaft im Anschluss an die Strafhaft zu verhängen und wurde der Verfahrenspartei die Möglichkeit eingeräumt, hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Die Verfahrenspartei nahm von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19.06.2018, Zl. XXXX , der Verfahrenspartei zugestellt zur persönlichen Übernahme am Folgetag, verhängte das Bundesamt über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung, wobei die Rechtsfolgen dieses Bescheides erst nach der Entlassung der VP aus der Gerichtshaft eintreten sollen. Der Bescheid erwuchs am 02.08.2018 in Rechtskraft.

Die Verfahrenspartei wurde am 03.01.2019 aus der Justizanstalt Ried im Innkreis entlassen und auf Anordnung des Bundesamtes in Schubhaft genommen. Sie wurde in das PAZ Rossauer Lände eingeliefert.

Das Bundesamt leitete am 04.01.2019 ebenfalls ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der algerischen Botschaft ein. Die Verfahrenspartei wurde am 23.01.2019 der algerischen Delegation vorgeführt, wobei die Verfahrenspartei im Zuge der Vorführung angab, in Casablanca geboren und Marokkaner zu sein. Ihre Angaben wurden nach Algier zur Überprüfung weitergeleitet.

Das Bundesamt stellte bei der ersten Schubhaftprüfung am 31.01.2019 fest, dass die Notwendigkeit der weiteren Anhaltung der Verfahrenspartei gegeben sei, da die Verfahrenspartei über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet verfüge, keine familiären/sozialen oder beruflichen Verankerungen vorweisen könne, keine ausreichend finanziellen Mittel besitze und kein Reisedokument in Vorlage gebracht habe. Das HRZ Verfahren sei eingeleitet worden und derzeit noch laufend.

Die Verfahrenspartei ersuchte am 27.02.2019 erneut beim Verein Menschenrechte Österreich um freiwillige Rückkehr an. Der Verein Menschenrechte Österreich teilte mit Schreiben vom 27.02.2019 mit, dass die Verfahrenspartei beim Beratungstermin nicht rückkehrwillig gewesen sei. Sie würde lediglich über eine Rückkehr nachdenken, wenn ihre Familie sich bereit erklären würde, ihre Dokumente zu schicken. Auf Ermittlung des Vereines Menschenrechte Österreich teilte die Familie der Verfahrenspartei mit, dass sie nicht wollen, dass die Verfahrenspartei nach Marokko zurückkehre. Darüber hinaus habe die Verfahrenspartei ihrer Familie telefonisch mitgeteilt, dass sie nicht nach Marokko zurückkehren möchte. Die Verfahrenspartei wurde deswegen nicht in das Rückkehrprogramm aufgenommen.

Das Bundesamt stellte am 28.02.2019 im Zuge der zweiten Schubhaftprüfung fest, dass bezüglich der Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung der Schubhaft gegen die Verfahrenspartei keine Umstände ermittelt worden seien, die gegen eine Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden.

Am 28.03.2019 stellte das Bundesamt im Zuge der dritten Schubhaftprüfung abermals fest, dass sich keine Umstände ergeben hätten, die gegen die Aufrechterhaltung der Schubhaft sprechen würden.

Am 04.04.2019 urgierte das Bundesamt bei der marokkanischen Botschaft um Ausstellung eines Heimreisezertifikates und übermittelte identitätsbezeugende Dokumente der Verfahrenspartei, die dem Bundesamt durch den Verein Menschenrechte Österreich übermittelt wurden. Aufgrund der nunmehr vorliegenden Dokumente wurde das HRZ-Verfahren mit der algerischen Vertretungsbehörde eingestellt. Das Bundesamt urgierte zuletzt am 10.04.2019 bei der marokkanischen Vertretungsbehörde die Ausstellung eines HRZ für den Beschwerdeführer.

Am 23.04.2019 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt zur gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung der fortgesetzten Anhaltung in Schubhaft vor. Im Vorlageschreiben wurde ausgeführt, dass zwar bis dato noch kein HRZ ausgestellt worden sei, da die Verfahrenspartei offenbar bis zuletzt ihre wahre Identität durch die Angabe eines falschen Namens verschleiern habe können. Mehrere Kopien von marokkanischen Dokumenten würden auf den richtigen Namen des Beschwerdeführers, nämlich XXXX , ausgestellt worden seien und diese bereits der marokkanischen Botschaft übermittelt worden. Es sei daher begründet davon auszugehen, dass in absehbarer Zeit von der marokkanischen Botschaft ein HRZ für die Verfahrenspartei ausgestellt werden.

Am 25.04.2019 meldete sich die VP erneut beim Verein Menschenrechte Österreich zur freiwilligen Rückkehr an. Dies wurde dem BFA am 26.04.2019 per Mail mitgeteilt.

Am 30.04.2019 erfolgte eine Urgenz bei der marokkanischen Botschaft.

Mit Erkenntnis des BVwG vom 03.05.2019 wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Am 17.05.2019 wurde das BFA vom VMÖ über den Widerruf der freiwilligen Rückkehr der VP in Kenntnis gesetzt. Laut Mail des VMÖ möchte die VP nunmehr nicht mehr freiwillig in ihren Herkunftsstaat ausreisen.

Mit Vorlage des gegenständlichen Aktes bringt das BFA vor, dass die Schubhaft nunmehr fast 5 Monate dauert und dies zum großen Teil auf das Verhalten der VP zurückzuführen sei, einerseits dadurch, dass die VP die Ausreisepflicht verletzt und zuletzt durch ihre nicht vorhandene Rückkehrwilligkeit verzögert habe. Auch sei die VP - wenn nicht gerade in Justizanstalten aufhältig - kaum greifbar, was durch die zahlreichen Meldelücken zwischen den Haftaufenthalten objektiviert wird. Die VP war laut ZMR, trotz mittlerweile dreijährigem Aufenthalt im BG, lediglich einmal außerhalb von Haftanstalten gemeldet gewesen. Die VP verzögerte das Verfahren auch damit, dass sie bereits dreimal bekanntgab freiwillig auszureisen und anschließend dies aus persönlichen Gründen wiederrufen habe. Es deutet darauf hin, dass die VP eine "Hinhaltetaktik" betreibe.

Weiters habe die VP ein Handy mit Ladegerät in das PAZ RL eingeschmuggelt. Angesichts des Gesamtverhalten der VP kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die VP an ihrer Abschiebung mitwirkt und muss jedenfalls von einer erheblichen Nichtausreisewilligkeit und Bereitschaft unterzutauchen ausgegangen werden.

Bis dato erfolgten mehrere Urgenzen an die marokkanische Botschaft. Es wurde bisher noch kein HRZ ausgestellt, da die VP offenbar bis dato ihre wahre Identität durch die Angabe eines abgeänderten Namens verschleiern konnte. Nunmehr liegen jedoch Kopien von marokkanischen Dokumenten mit dem richtigen Namen der VP vor, nämlich XXXX und konnten der marokkanischen Botschaft übermittelt werden, sodass davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit seitens der marokkanischen Botschaft ein HRZ ausgestellt wird.

Die VP verfügt keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet, keine familiäre/soziale/berufliche Verankerung, keine Barmittel für die Dauer des weiteren Verfahrens und keine Sozial- und Krankenversicherung.

Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

1. Feststellungen:

Der angeführte Verfahrensgang und die zitierten Feststellungen des BFA werden übernommen und zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben; ebenso die von der Verwaltungsbehörde in ihren Stellungnahmen anlässlich der Aktenvorlage getätigten Ausführungen betreffend Bemühungen zur Erlangung eines Heimreisezertifikates.

Auf der Tatsachenebene liegt keine Änderung - die Fluchtgefahr betreffend - vor.

Betreffend die Verfahrenspartei liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung hinsichtlich Marokko vor.

Die VP ist seit 03.01.2019 in Schubhaft

Die Verfahrenspartei ist nicht vertrauenswürdig, da sie sich im Verlauf ihres Asylverfahrens und der Anhaltung in Schubhaft als nicht kooperativ und nicht vertrauenswürdig erwiesen hat.

Die VP wurde im Bundesgebiet viermal wegen unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu teil- und unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt und war mehrmals in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Dem ihr gewährten Parteiengehör zur beabsichtigten Schubhaftverhängung im Anschluss an ihre Strafhaft kam sie nicht nach. Darüber hinaus war die VP während ihrer Anhaltung in Schubhaft an einer Auseinandersetzung mit einem anderen Häftling beteiligt, weshalb ein Amtsvermerk wegen Verdachts der Körperverletzung angelegt wurde. Die Verfahrenspartei verfügt im Bundesgebiet weder über einen ordentlichen Wohnsitz, noch über familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte. Sie verfügte während ihres bald dreieinhalbjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet lediglich über wenige Monate über eine aufrechte Meldeadresse und war ansonsten in Justizanstalten aufhältig.

Sie stellte dreimal einen Antrag auf freiwillige Rückkehr, den sie nach erfolgten Beratungsgespräch jedes Mal widerrief. Die VP kam darüber hinaus der Aufforderung zur Stellungnahme betreffend die beabsichtigte Schubhaftverhängung nicht nach.

Effektuierbarkeit der Außerlandesbringung (Prognose):

Die marokkanische Staatsangehörigkeit der VP wird derzeit - in Hinblick auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikats - von den marokkanischen Behörden geprüft. Die VP hat nun erst kürzlich Dokumente dem BFA zur Verfügung gestellt auf dem die Identität XXXX , geb. XXXX festgehalten ist und nunmehr anzunehmen ist, dass die Erreichung des HRZ schneller bzw. ohne weitere Verzögerung erfolgen kann. Damit ist auch mit einer Verzögerung der Abschiebung nicht zu rechnen. Aufgrund der Übermittlung der wahren Identitätsangaben mit einem Dokument an die marokkanische Botschaft am 04.04.2019 ist mit einer ehest baldigen Ausstellung eines HRZ für den Beschwerdeführer zu rechnen.

Die Bemühungen der Behörde zur Erlangung des HRZ sind aktenkundig und glaubhaft, ebenso die Urgenzen. Die Verzögerung aufgrund des Verhaltens der Verfahrenspartei können der Behörde nicht zugerechnet werden.

Die Abschiebung erscheint somit zeitnah effektuierbar. Das Gericht geht daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zum Zeitpunkt der Entscheidungserlassung davon aus, dass eine Außerlandesbringung der Verfahrenspartei nach heutigem Wissensstand durchaus möglich und realistisch erscheint.

Im Hinblick auf das eingeleitete Abschiebungsverfahrens ist begründet zu erwarten, dass die Abschiebung jedenfalls innerhalb der gesetzlichen Anhaltefrist erfolgen wird. Die Behörde hat das Verfahren bislang rechtskonform geführt.

Privat- und Familienleben bzw. Fluchtgefahr:

Die Verfahrenspartei hat keine Verwandten im Bundesgebiet, ist in Österreich weder legal erwerbstätig noch sozialversichert und spricht Deutsch. Sie verfügt kaum über Barmittel und brachte bis vor Kurzem keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage. Sie ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig.

Das Bundesamt führte jeweils am 31.01.2019, 28.02.2019 und 28.03.2019 eine Schubhaftsüberprüfung durch.

Das BVwG führte eine Schubhaftsüberprüfung durch und bestätigte mit Erkenntnis vom 03.05.2019, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen und die Aufrechterhaltung dieser im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

Die Verfahrenspartei ist nicht bereit, das österreichische Bundesgebiet freiwillig zu verlassen und ist auch sonst nicht willig zur Kooperation mit den Behörden. Im Falle der Verfahrenspartei liegt daher Fluchtgefahr vor.

Die VP ist haftfähig, es sind keine Umstände hervorgekommen, dass die weitere Inschubhaftnahme unverhältnismäßig wäre.

Die VP hat Kontakt mit seiner Familie im Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung:

Verfahrensgang, die getroffenen Feststellungen und die Haftfähigkeit des BF ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere den zitierten Vorkenntnissen und den letzten Erhebungen. Auch die Entscheidungsgründe des Vorerkenntnisses werden der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.

Die formalen Voraussetzungen für die laufende Schubhaft sind daher unverändert gegeben.

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren - insbesondere den (mit Dokumenten belegten) Ausführungen des Bundesamtes zum gegenwärtig laufenden HRZ-Verfahren mit Marokko in der Stellungnahme vom 21.05.2019.

Die Feststellungen zum Verhalten des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage, die Feststellung wegen des Verdachts auf Körperverletzung an einem Mithäftling durch den Beschwerdeführer während aufrechter Schubhaft resultiert aus dem diesbezüglichen Amtsvermerks der LPD Wien vom 15.01.2019.

Die strafrechtlichen Verurteilungen sind einer rezenten Abfrage im Strafregister entnommen.

Die Angaben zum dreimaligen Widerruf des Antrages auf freiwillige Rückkehr durch den Beschwerdeführer, und den Umstand, dass er selbst zu seiner Familie gesagt hat, er wolle nicht nach Hause zurück, ergeben sich den diesbezüglichen im Verwaltungsakt befindlichen Schreiben des Verein Menschenrechte Österreichs vom 23.03.2018, 27.02.2019 und 17.05.2019.

Die Angaben zur Schubhaftprüfung durch das Bundesamt ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Dass der Beschwerdeführer der Aufforderung zur Stellungnahme betreffend die beabsichtigte Schubhaftverhängung nicht nachkam, beruht aus dem diesbezüglichen Schreiben des Bundesamtes vom 16.05.2018 und auf dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Die realistische Möglichkeit der Rücküberstellung ergibt sich aus der diesbezüglich grundsätzlich problemlosen Zusammenarbeit mit den Vertretungen und Behörden des Herkunftsstaates. Der Beschwerdeführer hat zudem keinen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt und seit November 2017 (rechtskräftiger Abschluss des Asylverfahrens) sind hinsichtlich der Beurteilung des Privatlebens in Österreich keine Sachverhaltselemente hinzugekommen. Der Grund für die Länge der Anhaltedauer liegt in der vom Beschwerdeführer bewusst herbeigeführten Notwendigkeit der Erlangung eines Heimreisezertifikats. Hätte der Beschwerdeführer nicht seine identitätsbezeugenden Dokumente im Herkunftsstaat zurückgelassen und hätte er von Beginn an seine wahre Identität bekannt gegeben und die Dokumente vorgelegt, hätte die Schubhaft auf wenige Wochen beschränkt werden können. Diese Umstände sind jedenfalls dem Bundesamt nicht vorzuwerfen und trägt der Beschwerdeführer die Verantwortung dafür. Im Besonderen ist hervorzuheben, dass die Behörde dargetan hat, dass sie sich im vorliegenden Fall um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht und hat umgehend nach Erhalt der Dokumente diese an die marokkanische Behörde vorgelegt und urgiert.

Der rechtskräftige Abschluss des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage.

Das Barvermögen des Beschwerdeführers ist in der Anhaltedatei ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 Abs 1 FPG idgF können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß § 76 Abs 2 FPG idF BGBl I Nr. 145/2017 (zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides) nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder,

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Abs. 2a:

Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Gegen die Verfahrenspartei besteht eine gültige Rückkehrentscheidung bzw. ein zehnjähriges Einreiseverbot, eine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und festgestellt, dass eine Abschiebung aus Marokko zulässig ist und keine Frist zu einer freiwilligen Ausreise besteht. Daher ist der Zweck der Schubhaft zur Sicherstellung der Abschiebung gegeben.

§ 76 Abs. 3 FPG lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei ist das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise - wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG - erreicht werden ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

§ 80 FPG lautet:

(1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

Zur Judikatur:

Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe." (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich infrage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zugrunde, dass die infrage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).

Die Verfahrenspartei hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde. Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund - dass bei den Herkunftsstaat-Behörden Überprüfungen zur Identität des Beschwerdeführers anhängig sind / von der Realisierbarkeit der Abschiebung ist immer noch auszugehen - auch verhältnismäßig.

Aufgrund der zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakte zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Fünfmonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Verwaltungsgerichthof führte in seiner Entscheidung vom 30.08.2018 (Ra 2018/21/0111) Folgendes aus: "In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG 2014 - einen neuen Hafttitel dar. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen. Ein Erkenntnis nach § 22a Abs. 4 BFA-VG 2014 steht daher einer Beschwerde nach § 22a Abs. 1 BFA-VG 2014, mit der die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von vor oder nach der Erlassung des Erkenntnisses liegenden Haftzeiten begehrt wird, nicht entgegen."

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben. Insbesondere zu berücksichtigen ist, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Die Schubhaft ist jedenfalls wegen Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

Im Ermittlungsverfahren ist hervorgekommen, dass die VP weder selbsterhaltungsfähig ist, noch über familiäre, berufliche oder soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Sie war innerhalb ihres beinahe dreieinhalbjährigen Aufenthaltes in Österreich bis auf wenige Monate behördlich nicht gemeldet und verbrachte den Großteil ihrer Aufenthaltsdauer in Untersuchungs- bzw. Strafhaft. Im Zuge der durchzuführenden Abwägung bleibt daher festzuhalten, dass berücksichtigungswürdige soziale Bindungen in Österreich bisher gar nicht entstanden sind und Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben war.

In diesem Zusammenhang war auch die Straffälligkeit der Verfahrenspartei zu berücksichtigen und § 76 Abs. 2a FPG anzuwenden:

"(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt."

Die Verfahrenspartei war mehrmals straffällig und für eine längere Zeit in Österreich untergetaucht.

Das Verfahren hat in keiner Weise ergeben, dass die Verfahrenspartei aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation durch die Inhaftierung einer unzumutbaren (unverhältnismäßigen) Belastung ausgesetzt ist, zumal er auch diesbezüglich bei Bedarf einer medizinischen Kontrolle unterzogen wird.

Sofern die Verfahrenspartei im Verfahren vorbrachte, sie möge an der freiwilligen Rückkehr teilnehmen respektive so schnell wie möglich nach Marokko zurückkehren, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie einerseits die mehrfach gestellten Anträge auf freiwillige Rückkehr jedes Mal widerrief, und sie andererseits in einem Gespräch mit ihrer in Marokko aufhältigen Familie angegeben hat, nicht nach Hause kommen zu wollen. Es ist daher davon auszugehen, dass die VP diese Vorgehensweise aus taktischen Gründen auch weiterhin betreibt, um die ihr drohende Abschiebung hintanzuhalten. Die Verfahrenspartei hätte es in der Hand gehabt, ihre wahre Identität, die dem Bundesamt erst Anfang April durch Übermittlung von Dokumenten seitens der Rechtsberatung bekannt wurde, und die das Bundesamt unverzüglich an die marokkanische Botschaft weiterleitete, schon zu einem früheren Zeitpunkt bekannt zu geben, und somit eine monatelange Schubhaft zu verhindern. Es fehlte daher bis dato jede Eigeninitiative zur Erlangung von Identitäts- bzw. Heimreisedokumente (vgl. VwGH 07.03.2019, Ra 2018/21/0153). Die Dauer der Schubhaftanhaltung liegt somit nicht im Verschulden der belangten Behörde, die unmittelbar nach Abweisung des Asylantrages im Jahr 2016 ein HRZ für den Beschwerdeführer bei der marokkanischen Botschaft beantragte, diesbezüglich jeweils am 06.07.2016, 22.11.2016, 19.04.2017, 05.07.2017, 14.09.2017, 30.11.2017, 05.02.2018, 11.10.2018, 05.12.2018, 04.01.2019, 12.02.2019, 11.03.2019, 04.04.2019, 10.04.2019 und zuletzt am 30.04.2019 bei der Botschaft die Ausstellung des HRZ urgierte, und die unmittelbar nach Erhalt der identitätsbezeugenden Dokumente des Beschwerdeführers diese am 04.04.2019 an die marokkanische Botschaft weiterleitete. Aufgrund der vorliegenden identitätsbezeugenden Dokumente ist mit einer Effektuierbarkeit der Abschiebung zeitnah zur rechnen und daher innerhalb der Frist einer Schubhaft.

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine - die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft - ändernden Umstände erkennen. Mit der Durchführung der Abschiebung - innerhalb der Schubhafthöchstdauer - ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu rechnen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage als geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm 24 Abs. 4 VwGVG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchpunkt II. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W272.2217797.2.00

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten