TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/23 W250 2214701-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.05.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.05.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W250 2214701-4/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte nach illegaler Einreise am 09.01.2017 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, nachdem er zuvor bereits am 23.11.2016 einen Asylantrag in Ungarn gestellt hatte. Der Antrag vom 09.01.2017 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 07.02.2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt und eine ihn betreffende Rückkehrentscheidung getroffen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist und die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt. Da der Aufenthaltsort des BF unbekannt war, wurde dieser Bescheid durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

2. Bereits am 31.01.2017, noch bevor über seinen Antrag vom 09.01.2017 entschieden worden war, stellte der BF einen Asylantrag in Deutschland. Am 07.05.2018 wurde der BF nach Österreich überstellt und stellte am 08.05.2018 einen Asylfolgeantrag. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt mit Bescheid vom 20.09.2018 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und neuerlich gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist und keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. Unter einem wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Da der Aufenthaltsort des BF abermals unbekannt war, wurde auch dieser Bescheid durch Hinterlegung im Akt zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

3. Der BF stellte wiederum vor einer Entscheidung über seinen in Österreich gestellten Antrag am 24.05.2018 neuerlich einen Asylantrag in Deutschland und wurde am 30.10.2018 nach Österreich überstellt. Nach seiner Übernahme durch Österreich wurde der BF am 30.10.2018 auf Grund eines vom Bundesamt erlassenen Festnahmeauftrages festgenommen und am 31.10.2018 von einer Landespolizeidirektion einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er an keiner schwerwiegenden Krankheit leide und über keinen Wohnsitz in Österreich oder einem Mitgliedstaat verfüge. Er habe weder Familienangehörige noch sonstige Personen, bei denen er sich für die Dauer des fremdenpolizeilichen Verfahren aufhalten könne. An Bargeld besitze er EUR 200,-- und verfüge in Österreich über keine Personen, von denen er sich Geld ausleihen könne. In seinen Herkunftsstaat sei er noch nicht abgeschoben worden und habe das Gebiet der Mitgliedstaaten seit seiner Asylantragstellung nicht verlassen. Einen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitze er nicht und wisse nicht, wohin er gehen werde, falls er aus der Haft entlassen werde. Er werde zum Sozialdienst gehen.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 31.10.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Bescheid wurde dem BF am 31.10.2018 durch persönliche Übernahme zugestellt und erwuchs in Rechtskraft.

5. Das Bundesamt stellte am XXXX bei der algerischen Botschaft einen Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF, in dem sämtliche vom BF in seinen bisherigen Verfahren angegebenen unterschiedlichen Identitätsdaten angegeben wurden. Am XXXX wurde der BF einer Delegation der algerischen Vertretungsbehörde vorgeführt und als Staatsangehöriger Algeriens identifiziert, wobei jedoch eine Überprüfung seiner Identitätsdaten in Algerien für erforderlich befunden wurde.

6. Am 15.11.2018 stellte der BF im Stande der Schubhaft seinen mittlerweile dritten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, der mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bundesamtes vom 03.12.2018 zurückgewiesen wurde.

7. Das Bundesamt führte am 28.11.2018, 21.12.2018 und 18.01.2019 Schubhaftprüfungen durch.

8. Am 21.02.2019 wurde durch das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft überprüft. Dabei machte der BF von der Möglichkeit eine Stellungnahme zu seiner weiteren Anhaltung in Schubhaft abzugeben keinen Gebrauch.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnis vom 21.02.2019 fest, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

9. Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung überprüfte das Bundesverwaltungsgericht am 14.03.2019 neuerlich die Verhältnismäßigkeit der weitern Anhaltung des BF. Dabei gab der BF im Wesentlichen an, dass es ihm nicht gut gehe, er habe immer Kopfschmerzen. Er erhalte Medikamente dagegen. Er sei bereit, selbst bei der Botschaft ein Reisedokument zu beantragen, um schneller nach Algerien ausreisen zu können.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte mit Erkenntnis vom 14.03.2019 fest, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft vorliegen.

10. Am 15.03.2019 trat der BF in den Hungerstreik, den er am 25.03.2019 beendete.

11. Mit Erkenntnis vom 25.04.2019 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft weiterhin vorliegen.

12. Das Bundesamt legte am 15.05.2019 den Verwaltungsakt zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit gemäß § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG vor und gab dazu eine Stellungnahme ab, aus der sich im Wesentlichen ergibt, dass zuletzt am XXXX die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der algerischen Vertretungsbehörde urgiert worden sei. Dabei sei von der Vertretungsbehörde mitgeteilt worden, dass es sich beim BF um keinen algerischen, sondern möglicherweise um einen marokkanischen Staatsangehörigen handle. Eine schriftliche Bestätigung der negativen Identifizierung liege jedoch noch nicht vor. Am XXXX sei daher bei der marokkanischen Vertretungsbehörde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF eingeleitet worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang (I.1. - I.12.)

Der unter Punkt I.1. bis I.12. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1. Der BF hat keine Dokumente vorgelegt, die seine Angaben zu seiner Identität bescheinigen. Die Identität des BF steht nicht fest, er gibt an, Staatsangehöriger Algeriens zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist in Österreich unbescholten.

2.2. Der BF wird seit 31.10.2018 in Schubhaft angehalten.

2.3. Der BF ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor.

3. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

3.1. Der BF hat sich dem mit Antrag auf internationalen Schutz vom 09.01.2017 eingeleiteten Verfahren entzogen.

3.2. Der BF hat sich dem mit Antrag auf internationalen Schutz vom 08.05.2018 eingeleiteten Verfahren entzogen.

3.3. Zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vom 08.05.2018 bestand gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, die mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bundesamtes vom 07.02.2017 erlassen worden war.

3.4. Zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vom 15.11.2018 bestand gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, die mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bundesamtes vom 20.09.2018 erlassen worden war. Im Zeitpunkt der Antragstellung wurde der BF auf Grund des Bescheides des Bundesamtes vom 31.10.2018 in Schubhaft angehalten.

3.5. Der BF stellte am 23.11.2016 in Ungarn, am 09.01.2017 in Österreich, am 31.01.2017 in Deutschland, am 08.05.2018 in Österreich, am 24.05.2018 in Deutschland und am 15.11.2018 in Österreich Anträge auf internationalen Schutz.

3.6. Der BF verfügt in Österreich weder über Familienangehörige noch über ein soziales Netz.

3.7. Der BF verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz, geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und besitzt kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Der BF verfügte in Österreich noch nie über eine Meldeadresse außerhalb eines Polizeianhaltezentrums.

3.8. Der BF versuchte während seiner Anhaltung in Schubhaft durch Hungerstreik, den er von 15.03.2019 bis 25.03.2019 aufrecht hielt, seine Haftunfähigkeit herbeizuführen. Der BF begann seinen Hungerstreik nur einen Tag nachdem er in einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angekündigt hat, sich selbstständig um die Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der algerischen Vertretungsbehörde zu bemühen.

4. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

4.1. Das Bundesamt leitete am XXXX das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF ein. Er wurde am XXXX einer Delegation der algerischen Vertretungsbehörde vorgeführt und als algerischer Staatsangehöriger identifiziert, wobei die Durchführung von Erhebungen in Algerien für erforderlich erachtet wurde. Das Bundesamt hat die Ausstellung des Heimreisezertifikates am XXXX , am XXXX , am XXXX , am XXXX , am XXXX , am XXXX , am XXXX , am XXXX sowie am XXXX bei der algerischen Vertretungsbehörde urgiert. Da laut Auskunft der algerischen Vertretungsbehörde die algerische Staatsangehörigkeit des BF nicht festgestellt werden konnte und er möglicherweise marokkanischer Staatsangehöriger sei, leitete das Bundesamt am XXXX ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bei der marokkanischen Vertretungsbehörde ein. Eine schriftliche Bestätigung für die negative Identifizierung des BF durch die algerische Vertretungsbehörde liegt noch nicht vor.

4.2. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 31.10.2018 hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Überprüfungen der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft betreffend, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang, zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes und den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die bisherigen Überprüfungen der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des BF in Schubhaft betreffend.

1.2. Die Feststellungen zur Identität des BF beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere auf den Angaben des BF und der Tatsache, dass bisher noch kein Dokument zum Nachweis der Identität des BF vorgelegt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Anträge des BF auf internationalen Schutz wurden ab- bzw. zurückgewiesen, weshalb der BF weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist. Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit konnte nach einer Einsichtnahme in das Strafregister festgestellt werden.

1.3. Dass der BF seit 31.10.2018 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

1.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim BF eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit oder eine die Verhältnismäßigkeit ausschließende Erkrankung wurden vom BF nicht behauptet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.03.2019 gab er zwar an, an Kopfschmerzen zu leiden, eine weitergehende medizinische Behandlung nannte er jedoch nicht. Auch aus der Anhaltedatei ergeben sich außer der vierzehntägigen Arztkontrolle keine Arztbesuche des BF.

2. Zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Dass sich der BF seinem in Österreich mit Antrag vom 09.01.2017 eingeleiteten Asylverfahren entzogen hat, ergibt sich daraus, dass er bereits mit Wirkung vom 01.02.2017 wegen Ortsabwesenheit von der Grundversorgung abgemeldet wurde und laut Eurodac Treffer, der im Zentralen Fremdenregister vermerkt ist, am 31.01.2017 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat.

2.2. Dass er sich auch seinem mit Antrag vom 08.05.2018 eingeleiteten Asylverfahren entzogen hat, steht insofern fest, als er noch vor einer Entscheidung des Bundesamtes über diesen Antrag, die mit Bescheid vom 20.09.2018 erfolgt ist, Österreich wiederum verlassen hat und laut Eurodac-Treffer, der im Zentralen Fremdenregister vermerkt ist, am 24.05.2018 in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat.

2.2. Die Feststellungen zum Vorliegen durchsetzbarer Rückkehrentscheidungen im Zeitpunkt der Antragstellung am 08.05.2018 und 15.11.2018 beruhen auf den im Verwaltungsakt enthaltenen Bescheiden, mit denen diese aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erlassen wurden. Dass er am 15.11.2018 darüber hinaus in Schubhaft angehalten wurde, ergibt sich aus dem Verfahrensakt und der Anhaltedatei.

2.3. Die Daten der vom BF in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dass er in Ungarn und Deutschland Asylanträge gestellt hat ergibt sich aus den diesbezüglichen Eurodac-Eintragungen im Zentralen Fremdenregister.

2.4. Dass der BF in Österreich weder über Familienangehörige noch über sonstige Bindungen verfügt, gab der BF selbst in seiner Einvernahme am 31.10.2018 an.

2.5. Die Feststellung über den mangelnden Wohnsitz des BF ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in dem außer eine Eintragung die Anhaltung des BF betreffend keinerlei Meldedaten des BF aufscheinen. Dass er in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nachging und über keine finanziellen Mittel verfügt, gab der BF selbst bei seiner Einvernahme am 31.10.2018 an. Da er seit dieser Einvernahme durchgehend in Schubhaft angehalten wird, ist von einer Änderung dieser von ihm genannten Umstände nicht auszugehen.

2.6. Die Feststellung den Hungerstreik des BF während der hier zu beurteilenden Anhaltung in Schubhaft betreffend ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, der diesbezüglich mit den Eintragungen in der Anhaltedatei übereinstimmt.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft

3.1. Die Feststellung zu den vom Bundesamt im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezeritfikates vorgenommenen Veranlassungen ergeben sich aus dem Verwaltungakt und der im Rahmen der Aktenvorlage übermittelten Stellungnahme des Bundesamtes.

3.3. Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 31.10.2018 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft ist das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Zur Sicherung der Abschiebung kommt Schubhaft darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Die vom BF bekannt gegebenen Identitätsdaten wurden von der algerischen Vertretungsbehörde überprüft und bisher kein Heimreisezertifikat ausgestellt, jedoch die Vermutung geäußert, dass es sich beim BF - entgegen seinen Angaben - um einen marokkanischen Staatsangehörigen handelt. Da nunmehr auch bei der marokkanischen Vertretungsbehörde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet wurde, ist daher weiterhin die Erlangung eines Heimreisezertifikates und damit die Abschiebung des BF möglich.

3.1.5. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der BF ist mehrfach untergetaucht und hat dadurch seine Abschiebung zumindest erschwert. Er hat den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Da gegen den BF eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt und er seine Abschiebung durch Untertauchen erschwert und sich den mit Anträgen vom 09.01.2017 und 08.05.2018 eingeleiteten Asylverfahren entzogen hat, ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 5 FPG ist bei der Beurteilung der Fluchtgefahr auch zu berücksichtigen, ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand. Zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vom 08.05.2018 bestand gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, die mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bundesamtes vom 07.02.2017 erlassen worden war. Zum Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vom 15.11.2018 bestand gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, die mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Bundesamtes vom 20.09.2018 erlassen worden war. Im Zeitpunkt dieser Antragstellung wurde der BF auf Grund des Bescheides des Bundesamtes vom 31.10.2018 in Schubhaft angehalten. Damit ist auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 5 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Der BF verfügt über keine Familienangehörigen oder sonstige soziale Bindungen im Bundesgebiet, geht keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat kein Vermögen und ein eigener gesicherter Wohnsitz existiert nicht. Es liegen daher keine Umstände vor, die im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG gegen eine Fluchtgefahr sprechen, weshalb auch dieser Tatbestand erfüllt ist.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 5 und 9 FPG vor.

3.1.6. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BF vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen. Es war daher eine konkrete Einzelfallbeurteilung vorzunehmen welche ergeben hat, dass sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose einen Sicherungsbedarf ergeben, da im Fall des BF ein beträchtliches Risiko des Untertauchens gegeben ist.

Der BF ist in Österreich seinen Meldeverpflichtungen nicht nachgekommen und hat mehrfach Österreich verlassen wodurch er seine Abschiebung erschwert und sich seinen Asylverfahren entzogen hat. In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des BF noch ist er sonst sozial verankert. Der BF verfügt in Österreich über keinen Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach.

Es ist davon auszugehen, dass der BF, insbesondere aufgrund der zu erwartenden Abschiebung, nach einer Freilassung aus der Schubhaft neuerlich untertauchen und in einen anderen Mitgliedstaat ausreisen werde um sich seiner Abschiebung zu entziehen.

Auf Grund des vom BF vor Anordnung der Schubhaft bereits mehrfach gezeigten Verhaltens, dass er unrechtmäßig aus Österreich ausreist um in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, ist daher weiterhin Sicherungsbedarf gegeben und wird dies dadurch untermauert, dass der BF während seiner Anhaltung in Schubhaft versucht hat durch Hungerstreik seine Freilassung zu erzwingen.

3.1.7. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der BF hat keinerlei familiäre oder soziale Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der BF in Österreich nicht nach und verfügt über keinen Wohnsitz. Der BF ist mehrfach untergetaucht, hat Österreich jeweils innerhalb weniger Wochen nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz verlassen und den Ausgang der jeweiligen Verfahren nicht abgewartet.

Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des BF zuzurechnen, da er keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass er im bisherigen Verfahren seine richtigen Identitätsdaten angegeben hat, da er bisher von der algerischen Vertretungsbehörde nicht identifiziert werden konnte.

Den persönlichen Interessen des BF kommt daher insgesamt ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der BF bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die ihn treffenden Verpflichtungen nicht einhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft unter Berücksichtigung der bevorstehenden Abschiebung ändert.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, da das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den BF regelmäßig bei der algerischen Vertretungsbehörde urgiert hat. Insbesondere hat das Bundesamt bereits bei den ersten auftretenden Zweifeln, dass es sich beim BF tatsächlich um einen algerischen Staatsangehörigen handelt, ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bei der marokkanischen Vertretungsbehörde eingeleitet.

Anhaltspunkte dafür, dass die Schubhaft auf Grund des Gesundheitszustandes des BF unverhältnismäßig wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 1 und Z. 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten erscheint die Aufrechterhaltung der seit 31.10.2018 bestehenden Anhaltung des BF in Schubhaft verhältnismäßig.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.1.8. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des BF nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens - insbesondere da er bereits mehrfach untergetaucht und zwei Mal nach Deutschland ausgereist ist und noch nie über eine Meldeadresse außerhalb eines Polizeianhaltezentrums verfügte - nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des neuerlichen Untertauchens des BF besteht. Dies umso mehr, als bereits eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Entscheidung vorliegt und Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF geführt werden.

Zu berücksichtigen ist dabei auch das vom BF während seiner Anhaltung in Schubhaft gezeigten Verhaltens. So gab er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.03.2019 an, dass er möglichst schnell nach Algerien ausreisen wolle und sich selbstständig um die Erlangung eines Reisedokumentes bemühen werde. Konkrete Schritte zur Erlangung von Dokumenten unternahm der BF jedoch nicht, er trat vielmehr bereits am Tag nach der mündlichen Verhandlung in den Hungerstreik um seine Freilassung aus der Schubhaft zu erzwingen. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der BF seinen Verpflichtungen aus einem gelinderen Mittel nachkommen würde, sondern vielmehr dass er nach seiner Freilassung wiederum untertauchen würde, um sich erneut seiner Abschiebung zu entziehen.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.9. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.10. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Identität, öffentliche
Interessen, Rückkehrentscheidung, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W250.2214701.4.00

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten