TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/24 W275 2211302-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.05.2019
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Entscheidungsdatum

24.05.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W275 2211302-5/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 760627802-181067663, über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Der dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes am 05.09.2008 zuerkannte Status des Asylberechtigten wurde ihm mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.02.2016 aberkannt und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. Dem Beschwerdeführer wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Unter einem wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt und gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen. Zudem wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 09.04.2018 hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. als unbegründet ab. Spruchpunkt III. wurde mit der Maßgabe abgewiesen, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt wurde. Weiters wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation zulässig sei. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV. und VI. wurde stattgegeben, der Bescheid in diesem Umfang ersatzlos aufgehoben und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wurde ebenfalls abgewiesen.

Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27.06.2018 abgelehnt und die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Eine Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.09.2018 zurückgewiesen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beabsichtigte, den Beschwerdeführer nach seiner für Dezember 2018 in Aussicht genommenen Entlassung aus der Strafhaft in sein Heimatland abzuschieben.

2. Am 08.11.2018 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Strafhaft neuerlich einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (Folgeantrag) und wurde dazu am 12.11.2018 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt sowie am 03.12.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Einvernahme wurde der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes mündlich verkündet und beurkundet. In der Folge stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.12.2018 fest, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig sei.

Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2019 abgelehnt und die Beschwerde zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Eine Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.05.2019 zurückgewiesen.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.12.2018, Zahl 760627802-181067663, wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Mit gekürzter Ausfertigung vom 09.01.2019 des in der Beschwerdeverhandlung am 20.12.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses wies das Bundesverwaltungsgericht die Schubhaftbeschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

4. Mit Schreiben vom 04.02.2019 ersuchte das Ministerium für Innere Angelegenheiten der Russischen Föderation, Hauptverwaltung für Migrationsfragen, aufgrund des Umstandes, dass die von österreichischer Seite vorgelegten Unterlagen zu wenige Angaben beinhalten, um die Identität der überprüften Person festzustellen und bestimmen zu können, ob diese Person Staatsbürger der Russischen Föderation sei, um Fristverlängerung, damit die entsprechenden Überprüfungen vorgenommen werden können und eine Entscheidung in der Sache getroffen werden kann.

Der Beschwerdeführer war als Minderjähriger im Pass seiner Mutter eingetragen, sodass seine Identifizierung für die russischen Behörden möglich ist. Der Beschwerdeführer wurde auf Ersuchen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am 01.03.2019 der Konsularabteilung der Botschaft der Russischen Föderation zwecks Befragung zur Identität vorgeführt. Dabei weigerte sich der Beschwerdeführer wiederholt, auf die Fragen der Botschaft zu antworten oder auch nur seinen Namen zu nennen; sein Anwalt habe ihm geraten, nichts zu unterschreiben oder auszusagen. Auch als er darauf hingewiesen wurde, dass es sich lediglich um ein Personenfeststellungsverfahren handle, weigerte er sich mitzuwirken. Der Beschwerdeführer meinte, dass er nicht nach Tschetschenien zurückreisen werde, da er dort Probleme befürchte und in Österreich bleiben möchte. Außerdem würde es ihn nicht stören, lange, selbst 18 Monate, in Schubhaft zu bleiben.

5. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.04.2019 und vom 30.04.2019 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

6. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte am 21.05.2019 abermals die Akten vor und beantragte unter Hinweis auf den Akteninhalt auszusprechen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang:

Der oben geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

2. Zur Person des Beschwerdeführers:

2.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2.2. Der Beschwerdeführer wird seit 07.12.2018 in Schubhaft angehalten.

2.3. Der Beschwerdeführer leidet an keinen wesentlichen gesundheitlichen Beschwerden und ist haftfähig.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

3.1. Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtlichen Verurteilungen auf:

Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener wegen des Vergehens der Hehlerei gemäß § 164 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z 3 SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG im Tatzeitraum Frühjahr 2014 bis April 2015 in einem das 15-fache der Grenzmenge überschreitenden Ausmaß zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil eines Landesgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB sowie des Verbrechens der Ausbildung für terroristische Zwecke gemäß § 278e Abs. 2 StGB (unter Bedachtnahme auf eine vorangegangene Verurteilung) zu einer unbedingten Zusatzfreiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt. Der Beschwerdeführer hat sich während eines näher genannten Zeitraumes in den Jahren XXXX und XXXX an einem näher genannten Ort in XXXX und in anderen Orten als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung in dem Wissen beteiligt, dass er dadurch diese oder deren strafbare Handlungen fördert (§ 278 Abs. 3 StGB), indem er in ein Ausbildungslager einer näher genannten Gruppierung reiste, sich dort einer terroristischen Ausbildung unterzog und bis zu seiner Rückkehr nach Österreich an Kampfhandlungen dieser terroristischen Vereinigung, unter anderem am Angriff auf ein näher genanntes Gebäude, teilnahm und sich zu Beginn der oben angeführten Tathandlung etwa einen Monat lang in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoff, Schuss- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder in einer anderen ebenso schädlichen oder gefährlichen spezifisch zur Begehung einer terroristischen Straftat nach § 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10 StGB geeigneten Methode oder einem solchen Verfahren unterweisen ließ, um eine solche terroristische Straftat unter Einsatz der erworbenen Fähigkeiten zu begehen, indem er in dieser Zeit eine Ausbildung in einem Lager einer näher genannten Gruppierung in einem Ort in XXXX absolvierte, wobei er im Gebrauch von Schusswaffen geschult wurde.

Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt. Der Beschwerdeführer hat eine näher genannte Person in einer näher genannten Justizanstalt am Körper verletzt, indem er dieser Person einen Faustschlag gegen das Gesicht versetzte, wodurch sich die Person eine Prellung des linken Augapfels und eine Rissquetschwunde an der linken Augenbraue zuzog.

Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt. Dabei wurde das reumütige Geständnis mildernd und die überaus brutale Vorgangsweise erschwerend gewertet.

Hinsichtlich der jüngsten Verurteilung wurde der Beschwerdeführer im April 2019 zum Antritt der Strafhaft aufgefordert; er hat dies bisher jedoch abgelehnt.

3.2. Der Beschwerdeführer hat wiederholt gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen (Auszug):

So wurde er etwa im Jahr 2012 vier Mal rechtskräftig wegen Geschwindigkeitsübertretungen, sieben Mal wegen Abgabenverkürzung nach dem Parkometergesetz, einmal wegen Überholens, einmal wegen Fahrens auf Gehwegen, drei Mal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, zwei Mal wegen Fahrens ohne Führerschein, drei Mal nach dem Kraftfahrgesetz wegen der Fahrzeugzulassung und einmal wegen der Verletzung der Ausweispflicht nach dem Fremdenpolizeigesetz verwaltungsbehördlich bestraft. Da er die verhängten Geldstrafen nicht beglich, wurden über ihn Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

Im Jahr 2013 wurde der Beschwerdeführer neuerlich einmal wegen Geschwindigkeitsübertretung, fünf Mal wegen Abgabenverkürzung nach dem Parkometergesetz, zwei Mal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, sechs Mal nach dem Kraftfahrgesetz wegen der Fahrzeugzulassung und einmal wegen Störung der öffentlichen Ordnung verwaltungsbehördlich bestraft. Da er die verhängten Geldstrafen nicht beglich, musste er neuerlich Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen.

Eine Landespolizeidirektion ermittelte zudem gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Veruntreuung eines Mercedes Benz CLS 350, den er geleast, jedoch - nachdem er mit den Raten in Rückstand geraten ist - nicht zurückgestellt habe. Es waren EUR 33.778,-- aushaftend.

Der Beschwerdeführer wurde in den Jahren 2014 und 2015 einmal rechtskräftig wegen der Überlassung des Fahrzeuges an eine Person ohne erforderliche Lenkberechtigung, einmal wegen Fahrens ohne Führerschein, einmal wegen Verletzung der Höchstgeschwindigkeit, einmal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, einmal wegen Verletzung des Meldegesetzes, drei Mal wegen Verweigerung der Lenkerauskunft nach dem Kraftfahrgesetz und zwei Mal wegen Missachtung der Pickerlpflicht verwaltungsbehördlich bestraft.

Im Jänner 2015 ersuchte eine Landespolizeidirektion um die Einziehung des Konventionsreisepasses des Beschwerdeführers wegen des Verdachts der Verbindung zum islamischen Extremismus/Terrorismus. Der Konventionsreisepass wurde schließlich im Zuge einer Verkehrskontrolle eingezogen.

Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Haft wegen mehrfachen Fehlverhaltens bestraft bzw. ermahnt. So wurde etwa in der Zelle des Beschwerdeführers wiederholt ein Mobiltelefon aufgefunden und der Beschwerdeführer sodann in eine Einzelzelle verlegt. Zuletzt wurde der Beschwerdeführer beim Rauchen am Gang betreten und gab nach der Aufforderung, dies einzustellen, sinngemäß an: "Mir ist egal was du sagst. Ich rauche wo ich will.".

3.3. In Österreich leben die Ehefrau des Beschwerdeführers sowie seine Eltern und Geschwister. Der Beschwerdeführer befand sich in den vergangenen Jahren durchgehend in Haft und hat daher in den vergangenen Jahren weder mit seiner nunmehrigen Ehefrau noch mit den anderen Verwandten im gemeinsamen Haushalt gelebt.

3.4. Der Beschwerdeführer ist nicht gewillt, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten. Er ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten nicht vertrauenswürdig, es bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Der Beschwerdeführer ist nach wie vor nicht bereit, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitzuwirken. Im Falle seiner Freilassung wird sich der Beschwerdeführer daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörde durch Untertauchen entziehen. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann wegen der gänzlichen Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden.

3.5. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer eingeleitet und fortgeführt. Die Erlangung eines Heimreisezertifikats hinsichtlich des Herkunftsstaates Russische Föderation ist möglich. Da der Beschwerdeführer nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren will und am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht mitwirkt, dauert das Verfahren der russischen Behörden zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats länger. Im Hinblick auf sein Verhalten ist der Beschwerdeführer selbst ursächlich für die Dauer der Schubhaft verantwortlich.

3.6. Eine (relevante) Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes hat sich seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2018 sowie den Folgeerkenntnissen vom 05.04.2019 und vom 30.04.2019 nicht ergeben und wurde auch nicht vorgebracht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes für Fremden-wesen und Asyl, den Akt des Asylgerichtshofes zur Zahl 315471-1, die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen 1315471-2, 1315471-3, 2211302-1, 2211302-2, 2211302-3 und 2211302-4, in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

1. Zum Verfahrensgang:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus den unbedenklichen und unstrittigen Inhalten der Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, des Asylgerichtshofes sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellung, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen Staatsangehörigen der Russischen Föderation handelt, beruht im Wesentlichen auf den (diesbezüglich gleichbleibenden) Angaben des Beschwerdeführers in seinen Verfahren. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, finden sich in den Verwaltungsakten ebenso wenig wie dafür, dass er in Österreich aktuell Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist.

Dass der Beschwerdeführer seit 07.12.2018 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Aus dem Akt ergibt sich überdies, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben im Wesentlichen gesund ist und keiner ärztlichen Behandlung bedarf. Indizien für eine Haftunfähigkeit liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass keine Haftunfähigkeit vorliegt.

3. Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus den im Akt einliegenden Urteilen ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers. Die auszugsweise festgestellten Verstöße des Beschwerdeführers gegen die österreichische Rechtsordnung hat bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid vom 06.12.2018 festgehalten; sie ergeben sich zum Teil auch aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sowie dem Akteninhalt und sind überdies unstrittig. Die Feststellungen zu den in Österreich aufhältigen Familienangehörigen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (vgl. etwa Seite 4 der Niederschrift vom 03.12.2018). Dass sich der Beschwerdeführer in den vergangenen Jahren durchgehend in Haft befand und in den vergangenen Jahren weder mit seiner nunmehrigen Ehefrau noch mit den anderen Verwandten im gemeinsamen Haushalt gelebt hat, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister in Zusammenschau mit einer Einsichtnahme in das Strafregister. Die genannten Angehörigen konnten den Beschwerdeführer auch nicht von seinen schweren Straftaten und den weiteren, zahlreichen Verstößen gegen die österreichische Rechtsordnung abhalten. Es kann nicht von einem aufrechten, gefestigten Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ausgegangen werden (siehe dazu auch unten).

Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie auch zuletzt seinem Verhalten während der Haft. Dass er nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitzuwirken, hat er selbst angegeben; dies geht etwa auch aus dem Bericht über den Termin in der Konsularabteilung der Botschaft der Russischen Föderation, welcher im Akt einliegt, hervor. In einer Gesamtschau ergibt sich insbesondere aufgrund des oben festgestellten bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers, dass dieser nach wie vor nicht vertrauenswürdig ist und aktuell Fluchtgefahr sowie Sicherungsbedarf bestehen. Aufgrund des vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechens der Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB sowie des Verbrechens der Ausbildung für terroristische Zwecke gemäß § 278e Abs. 2 StGB geht vom Beschwerdeführer auch eine gegenwärtige, tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels aktuell nicht vor.

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um die rasche Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer bemüht ist. Im Verfahren sind keinerlei Hinweise dafür aufgetreten, dass es im vorliegenden Fall zu einer durch die belangte Behörde zu vertretenden Verzögerung bei der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer kommen könnte. Da auch keine Umstände hervorgekommen sind, wonach die Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Russische Föderation innerhalb des gesetzlichen Rahmens nicht möglich ist, konnte die entsprechende Feststellung getroffen werden. Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des Beschwerdeführers zuzurechnen, da er insbesondere am entsprechenden Verfahren nicht mitwirkt. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1

FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm § 80 FPG lautet:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Die bisherige Anhaltung des Beschwerdeführers währt seit rund sechs Monaten, sie bewegt sich damit im unteren Bereich des gesetzlich Möglichen und erscheint deswegen nicht nur allein in zeitlicher Hinsicht, sondern auch gemessen an § 76 Abs. 2a FPG im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten als verhältnismäßig.

Bereits in der mündlich verkündeten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.12.2018 wurde festgehalten, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Beziehung mit seiner (nunmehrigen) Ehefrau ihn nicht davon abgehalten hatte, massivste Verstöße gegen die Rechtsordnung zu begehen. Auch im Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung steht außer Streit, dass der Beschwerdeführer zwar familiäre Bezugspunkte in Österreich aufweist. Es ist aber gerade dieses familiäre Umfeld, welches umso mehr die kriminelle Laufbahn des Beschwerdeführers als bedenklich erscheinen lässt, sodass vor dem Hintergrund einer notwendigen Gesamtschau mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Begehung weitere Delikte in Freiheit zu erwarten ist; dies umso mehr, als nicht einmal die Anhaltung in Strafhaft den Beschwerdeführer davon abhielt. Dies hätte neben dem Umstand, nicht in die Russische Föderation zurückkehren zu wollen, die Gefahr des Untertauchens zur Folge. Neuerlich ist in diesem Zusammenhang auch auf die zahlreichen Gesetzesverstöße während der Haft des Beschwerdeführers, der eine erhebliche Gefahr für Österreich darstellt, hinzuweisen. Wie bereits erwähnt, schließt das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers auch weiterhin die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Der Beschwerdeführer hat es sich selbst zuzuschreiben, dass er auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikates warten muss, da er sich bisher (auch) im Verfahren zur Erlangung des Dokuments unkooperativ verhalten hat. Nach den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen lässt sich aus derzeitiger Sicht erkennen, dass dennoch eine zügige Außerlandesbringung nach Erlangung eines Heimreisezertifikates als wahrscheinlich anzusehen ist. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird.

Die erkennende Richterin kommt daher zu dem Schluss, dass eine Fortsetzung der Schubhaft weiterhin verhältnismäßig und notwendig ist. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

3.2. Zu Spruchteil B) - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind und auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen waren, war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, Rückkehrentscheidung,
Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung,
Überprüfung, Untertauchen, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W275.2211302.5.00

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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