TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/27 W125 1251176-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.2019
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Entscheidungsdatum

27.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs2

Spruch

W125 1251176-4/38E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Filzwieser als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Russische Föderation, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.8.2018, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.11.2018, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 AsylG 2005, § 8 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs 1 Z 3 AsyG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs 2 Z 2 FPG, §§ 52 Abs 9 und 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass dieser zu lauten hat: "Gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG 2005 haben Sie Ihr Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 22.7.2018 verloren."

III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IX. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG die Dauer des Einreiseverbotes auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

IV. Gemäß § 55 Abs 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der Volksgruppe der Tschetschenen und der muslimischen Glaubensrichtung zugehörig, stellte erstmals am 16.3.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

1.2. Mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 22.6.2004 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers betreffend Spruchpunkt I. gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen. Gleichzeitig wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs 1 AsylG 1997 für nicht zulässig erklärt und dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt III. eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs 3 iVm § 15 Abs 2 leg cit bis zum 22.6.2005 erteilt.

Begründend führte das Bundesasylamt aus, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig sei. Angesichts der gegenwärtigen Lage in der Russischen Föderation sei ein "Abschiebungshindernis" für die Person des Beschwerdeführers gegeben. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr einer Gefahr im Sinne des § 57 Abs 1 FrG in Verbindung mit Art 3 EMRK und "resultierend aus der gegenwärtigen allgemeinen Lage in der Russischen Föderation (wirtschaftliche Lage, fehlende Anknüpfungspunkte außerhalb von Tschetschenien, allgemeine Versorgungslage)" ausgesetzt sein könnte.

1.3. In Erledigung der gegen Spruchpunkt I. erhobenen Berufung wurde Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 22.12.2004 behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

1.4. Nach Abhaltung einer Befragung des Beschwerdeführers im fortgesetzten Verfahren am 08.06.2005 in Anwesenheit einer Dolmetscherin der Sprache Russisch wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 5.9.2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen.

Begründend führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers sich als nicht nachvollziehbar erwiesen habe. Der Beschwerdeführer habe sich in der Darstellung seiner Fluchtgeschichte auf "leere Floskeln" beschränkt und seine Befürchtungen wenig detailreich vorgetragen. Er habe keinen konkreten Zeitpunkt seiner angeblichen Festnahme angeben können und sich zudem in gravierende Widersprüche verstrickt, welche nicht aufgeklärt worden seien. Der Beschwerdeführer habe unterschiedliche Orte angegeben, wo er sich nach seiner Freilassung melden hätte sollen und auch Divergierendes ausgeführt, was den Zeitraum und die Art und Weise seine angebliche Unterstützung tschetschenischer Kämpfer betreffe. Dass der Beschwerdeführer legal und offiziell unter Verwendung seines Inlandspasses ausgereist sei, spreche gegen ein Interesse an der Person des Beschwerdeführers.

1.5. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 5.10.2005 im Grunde des § 7 AsylG abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im vorliegenden Fall keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefährdung, die zur Gewährung von Asyl berechtigen würden, hervorgekommen seien.

1.6. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 2.11.2005 wurde dem Beschwerdeführer eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.6.2006 erteilt.

1.7. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 11.5.2006 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Dezember 2004 eine Person vorsätzlich am Körper verletzte, indem er gemeinsam mit anderen mehrfach mit Holzstöcken einschlug. Außerdem verletzte er im Jänner 2006 eine Person durch einen Faustschlag ins Gesicht vorsätzlich am Körper.

Bei der Strafbemessung wurde kein Umstand als mildernd gewertet, als erschwerend fielen das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen, die brutale Vorgangsweise und der Umstand, dass die Verletzung eines Opfers einer schweren Verletzung nahekommt, ins Gewicht.

1.8. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.6.2006 wurde dem Beschwerdeführer eine (weitere) befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.6.2008 erteilt.

1.9. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 24.10.2007 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Haufriedensbruchs, des Vergehens der Sachbeschädigung, des Vergehens der gefährlichen Drohung und des Verbrechens des Raubes zu einer vierundzwanzigmonatigen Freiheitsstrafe, davon achtzehn Monate bedingt, verurteilt.

Als erschwerend wurde das Zusammentreffen mehrerer Vergehen mit einem Verbrechen sowie die einschlägige Vorstrafe, als mildernd hingegen kein Umstand gewertet.

1.10. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft XXXX vom 31.1.2008 wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen.

1.11. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.6.2008 wurde dem Beschwerdeführer eine (weitere) befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.6.2009 erteilt.

1.12. Mit Schriftsatz vom 18.5.2009 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung und führte dazu aus, dass ihm eine Rückkehr in seine Heimat weiterhin nicht zugemutet werden könne und sich seine Situation nicht verändert habe. Er sei in Österreich gut integriert, habe zwei Deutschkurse besucht und habe sich schon Kenntnisse der deutschen Sprache angeeignet. Der Antragsteller habe in Österreich auch gearbeitet.

1.13. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.6.2009 wurde dem Beschwerdeführer der ihm mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.6.2004 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.). Die mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.06.2008 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs 2 leg cit entzogen (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer in Spruchpunkt III. gemäß § 10 Abs 1 leg cit aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

In der Begründung führte das Bundesasylamt unter Zugrundelegung (damals) aktueller Länderfeststellungen zur Lage in der Russischen Föderation aus, dass die Zuerkennung subsidiären Schutzes ausschließlich auf der damaligen allgemeinen Lage in der Russischen Föderation beruht habe, das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig beurteilt worden sei und gegenwärtig keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation einer Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt sei. Rechtlich folgerte das Bundesasylamt, dass nach einer längeren Beobachtungsphase eine kontinuierliche Verbesserung der Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers festgestellt worden sei. Die allgemeine Situation in Tschetschenien habe sich nachhaltig geändert und es sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer gegenwärtig keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention drohe. Der Beschwerdeführer sei auch nicht krank, weshalb kein in seiner Person begründeter Umstand einer Rückführung entgegenstehe. In der Russischen Föderation sei eine medizinische Versorgung vorhanden und die Grundversorgung gewährleistet. Der Beschwerdeführer verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte und werde der Beschwerdeführer in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Ausweisung des Beschwerdeführers sei nach Interessenabwägung zulässig.

1.14. Mit Urteil des Bezirksgericht XXXX vom 20.1.2010 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung als Mittäter gemäß § 83 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 90 Tagessätzen a 5,- Euro, im Nichteinbringungsfall 45 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Mildernd wurde kein Umstand, erschwerend die beiden einschlägigen Vorstrafen gewertet.

1.15. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 3.9.2010 wurde dem Beschwerdeführer der ihm zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigter entzogen und ihm die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen. Gleichzeitig wurde er aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass sich keine Anhaltspunkte dafür finden würden, dass der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 Abs 1 AsylG 2005 ausgesetzt sein würde, noch, dass "außergewöhnliche Umstände" der Rückkehr des Beschwerdeführers in die Russische Föderation entgegenstünden. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers könne vor dem Hintergrund der aktuellen Lage in der Russischen Föderation keine Relevanz für eine Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommen. Die maßgeblichen Umstände hätten sich insofern geändert, als eine Existenzgefährdung des Beschwerdeführers in Tschetschenien nun nicht mehr angenommen werden müsse. Trotz nach wie vor schwieriger Verhältnisse bestehe im Herkunftsstaat keine Situation, wonach zu befürchten wäre, dass der Beschwerdeführer in eine seine Existenz gefährdende Notlage geraten würde. Nahe Angehörige des Beschwerdeführers würden nach wie vor in Tschetschenien leben und sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer über eine Unterkunft bei seinen Angehörigen verfügt.

1.16. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom 16.12.2010 wurde über den Beschwerdeführer Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass sich der Beschwerdeführer seit 17.9.2010 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weil gegen ihn eine rechtskräftige und durchsetzbare Ausweisungsentscheidung bestehe.

2.1. Am 18.12.2010 brachte der Beschwerdeführer einen zweiten Asylantrag ein.

2.2. Im Rahmen der niederschriftlichen Erstbefragung am 21.12.2010 brachte der Beschwerdeführer zu den Gründen für die Antragstellung befragt vor, er könne nicht zurück nach Tschetschenien. Auch seine Verwandten seien aus Tschetschenien "verjagt" worden. Zwei seiner Cousins seien Teilnehmer am Krieg in Tschetschenien gewesen und seien beide vor wenigen Monaten getötet worden; er habe nunmehr nur mehr weit entfernte Verwandtschaft in Tschetschenien an verschiedenen Orten. Solange sich die Politik in seiner Heimat nicht verändere, könne er nicht zurück.

2.3. Am 30.12.2010 wurde der Beschwerdeführer dazu niederschriftlich einvernommen, wobei er im Wesentlichen angab, dass seine Mutter im Februar 2009 verstorben sei und seine beiden Schwestern vor ungefähr einem Jahr nach Frankreich gezogen sei. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer bei einer vorangegangenen Einvernahme davon gesprochen habe, dass seine Mutter nach wie vor in Tschetschenien lebe und er mit ihr in ständigem Kontakt stehe, brachte er vor, zuletzt im Jänner 2009 mit ihr telefoniert zu haben. Er habe noch einen Bruder und eine Tante und ein Cousin von ihm würden in Belgien leben.

2.4. Am 29.12.2010 wurde eine Schubhaftbeschwerde durch den Unabhängigen Verwaltungssenat XXXX als unbegründet abgewiesen.

2.5. Der Antrag vom 18.12.2010 wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.1.2011 aufgrund entschiedener Sache zurückgewiesen. Das neue Vorbringen wurde für unglaubwürdig befunden. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

2.6. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 6.7.2011, rechtskräftig am 12.7.2011, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Verstrickungsbruches nach § 271 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Er hatte einen PKW der Marke Mercedes, der gepfändet worden war, von der Verwahrstelle der MA 48 durch Fortfahren entfernt und somit der Verstrickung entzogen.

Als mildernd wurde das reumütige Geständnis, als erschwerend wurde kein Umstand gewertet.

2.7. In einer fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 11.9.2011 erklärte der Beschwerdeführer (damals neuerlich in Schubhaft), freiwillig ausreisen zu wollen.

Die russische Botschaft hatte am 8.9.2011 ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt.

2.8. Am 4.10.2011 reiste der Beschwerdeführer unter der Gewährung von Rückkehrhilfe aus.

3.1. Am 12.2.2016 stellte der Beschwerdeführer den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

3.2. Im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung an demselben Tag brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, nicht nach Hause zurück zu können, weil er aus der Armee desertiert sei. Er habe in der Ukraine keine Probleme; in der Slowakei würden auch keine Flüchtlinge genommen. Von seiner Schwester, die in Tschetschenien aufhältig sei, habe er per Telefon erfahren, dass er von der Armee gesucht werde. Diese habe ihm auch erzählt, dass ein Cousin des Beschwerdeführers verhaftet und dazu befragt worden sei, wo sich der Beschwerdeführer aufhalte. Dieser sei dann von der Familie für Geld freigekauft worden.

Im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation befürchte er, dass er bestraft werde, weil er von der Armee desertiert sei. Sollte er von den Leuten der Armee gefangen genommen werden, würde er sofort erschossen.

Er habe vor drei Jahren sein Heimatland verlassen und anschließend in der Ukraine gelebt. Zuletzt sei er im Jahr 2011 aus Österreich ausgereist und sei seither nicht mehr im Bundesgebiet gewesen. Er plane eventuell, nach Deutschland weiterzureisen, weil sein Cousin dort wohne; er habe ihn mit dem Auto abholen und nach Deutschland bringen wollen.

Anfang 2012 sei er freiwillig in die russische Armee eingetreten und zwar zu den XXXX , wo er zuletzt im Range eines Unteroffiziers gedient habe. Bis 2014 habe er dort gedient und habe währenddessen eine umfassende Ausbildung der Spezialkräfte erhalten. Anfang 2014 sei seine Einheit in die Ukraine nach XXXX verlegt worden. Als sie die Ukraine betreten hätten, seien alle Hoheitsabzeichen von der Uniform entfernt und die Waffen unkenntlich gemacht worden. Sie seien als russische Soldaten ohne Abzeichen und Kennung in einem fremden Land gewesen. Solange Soldaten gegen Soldaten gekämpft hätten, habe der Beschwerdeführer seinen Auftrag erfüllt und an Kampfhandlungen in der Ukraine teilgenommen. 2014 sei die Einheit des Beschwerdeführers einmal dazu abgestellt worden, einen Weg von XXXX nach Osten zu bewachen. Es habe sich dann ein Fahrzeug mit Zivilisten genähert, des von Kameraden sofort beschossen worden sei, wobei die Insassen ums Leben gekommen seien. Dieser Vorfall sei für den Beschwerdeführer Auslöser dafür gewesen, dass er mit fünf weiteren Soldaten desertiert sei. Anschließend sei der Beschwerdeführer für zwei bis drei Monate auf Seiten der ukrainischen Tschetschenischen Kämpfer gewesen und habe auch an Kampfhandlungen teilgenommen. Danach hätten die Kämpfe nachgelassen und sei der Beschwerdeführer mit anderen Deserteuren von seinem neuen Kommandanten nach XXXX gesendet worden, um dort Fuß zu fassen. Dort habe der Beschwerdeführer aber ständig Angst, von der russischen Armee gefunden und bestraft zu werden. Nach einem halben Jahr sei er nach XXXX gekommen und sei dort 1,5 Jahre mit einer Freundin aufhältig gewesen.

3.3. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 22.4.2016 wurde der Beschwerdeführer nach § 27 Abs 1 Z 1 1. Fall und 2. Fall, Abs 2 SMG und § 50 Abs 1 Z 3 WaffG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten, Probezeit drei Jahre, verurteilt, da er vorschriftswidrig Kokain und Heroin sowie Exstasy für den persönlichen Gebrauch erworben und besessen und darüber hinaus eine Waffe, konkret ein Springmesser, trotz aufrechtem Waffenverbot besessen hat.

Mildernd wurde das Geständnis, erschwerend wurden die Vorstrafen sowie das Zusammentreffen mehrerer Straftaten gewertet.

3.4. Im Verwaltungsakt findet sich eine Strafverfügung der Landespolizeidirektion XXXX vom 9.1.2018, derzufolge der Beschwerdeführer im Dezember 2017 ein Kraftfahrzeug gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen sei. Er habe dadurch § 37 Abs 1 iVm § 1 Abs 3 FSG verletzt und wurde zu einer Geldstrafe von 500,- Euro, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von neun Tagen und 15 Stunden verurteilt.

3.5. Am 26.7.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Zunächst auf seinen Gesundheitszustand angesprochen, führte der Beschwerdeführer aus, gesund zu sein und keinerlei Beschwerden zu haben.

Auf entsprechende Nachfrage gab er an, keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen zu können; seinen Reisepass habe er verloren.

Zu seinen Lebensverhältnissen im Bundesgebiet gab er an, seit sechs bis sieben Jahren geschieden zu sein; seine Ex-Ehefrau lebe in Österreich im XXXX . Er habe keinen Kontakt zu dieser. Er habe nunmehr seit sechs Monaten eine Freundin, eine österreichische Staatsangehörige, die von ihm schwanger sei. Diese lebe bei ihren Eltern, er selbst habe sie zuletzt vor zwei Wochen gesehen. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen in Österreich; in Belgien würden sein Cousin und eine Tante leben.

Der Beschwerdeführer führte weiter aus, im Jahr 2004 mit 19 Jahren nach Österreich gekommen zu sein; im Jahr 2011 sei er freiwillig aus Österreich nach Tschetschenien zurückgekehrt. Im Jahr 2014 sei er zum Militär in Tschetschenien gegangen, zuvor habe ihn seine Familie unterstützt.

Er habe in einem Dorf im Bezirk XXXX im Haus seiner Eltern gewohnt; dieses gehöre, seit seine Eltern verstorben seien, dem Beschwerdeführer.

Zuletzt sei er im Jänner oder Februar 2016 illegal in Österreich eingereist; seitdem sei er in Belgien und Frankreich gewesen und habe dort ebenfalls um Asyl angesucht, die Ergebnisse jedoch nicht abgewartet. Er habe dort dieselben Gründe wie in Österreich geltend gemacht.

Er habe in seinem Heimatland elf Jahre lang eine Gesamtschule absolviert, danach habe er eine Berufsausbildung als Baumeister gemacht, diese jedoch nicht abgeschlossen. Als er im Jahr 2011 freiwillig aus Österreich nach Tschetschenien zurückgekehrt sei, habe er beim Militär und als Soldat gearbeitet.

Ein Bruder des Beschwerdeführers lebe mit seiner Familie in der Türkei, ein weiterer Bruder sei im Jahr 2000 im Krieg verstorben. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer noch zwei Schwestern, die verheiratet und in Tschetschenien wohnhaft seien.

Der Beschwerdeführer habe derzeit zu niemandem Kontakt in der Russischen Föderation. Es sei richtig, dass er im Jahr 2011 von vielen Verwandten unterstützt worden sei; nunmehr habe er aber aufgrund seiner Probleme keinen Kontakt mehr.

Zu den Gründen für die neuerliche Antragstellung befragt, brachte der Beschwerdeführer vor, "neue Gründe" zu haben. Konkret sei er aus der Ukraine nach Österreich geflüchtet, weil er nach Befehl des Staatsoberhauptes Kadyrow mit anderen Soldaten in die Ukraine geschickt worden sei und dort nicht den Militärdienst habe leisten und auf unschuldige Leute habe schießen wollen. Daher sei der Beschwerdeführer auf ukrainische Seite gewechselt und dann geflüchtet. Er habe natürlich auch am Kriegsgeschehen teilgenommen, sei aber mit "der Gesetzeslosigkeit und den Schießereien" nicht einverstanden gewesen, weshalb er nach ungefähr einem Jahr gemeinsam mit vier anderen Männern geflüchtet und über die Slowakei nach Österreich illegal gereist sei.

Die Frage, ob er noch weitere Fluchtgründe habe, verneinte der Beschwerdeführer.

Dazu aufgefordert, konkretere Angaben zu machen, führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er in einer Gruppe von etwa 280 Männern, die aus Tschetschenen und Russen bestanden habe, in die Ukraine geschickt worden sei und diese dort wahllos geschossen und Zivilisten ohne Grund getötet hätten. Auf den Beschwerdeführer sei dann Druck dahingehend ausgeübt worden, dass auch er Leute erschieße, was er aber abgelehnt habe. Er habe ein paar Monate ausgehalten und sei dann auf die ukrainische Seite gewechselt, konkret habe er sich auf ukrainischer Seite einer tschetschenischen Gruppe, die gegen Russen gekämpft habe, angeschlossen und sei dort zwei bis drei Monate geblieben, bevor er nach XXXX und dann weiter nach XXXX gefahren sei, wo er gelebt habe. Da es für ihn dort zu gefährlich gewesen sei, 70 % der Bevölkerung seien Russen, habe er schließlich beschlossen, nach Österreich zu fahren. Er sei dann, ohne das Verfahrensergebnis abzuwarten, weiter nach Frankreich (zu einem Reporter namens XXXX , den er in der Ukraine kennengelernt habe) und nach Belgien (zu Verwandten) gereist und habe auch dort jeweils um Asyl angesucht und sei dann schließlich wieder nach Österreich gekommen.

Die Frage, ob er noch etwas zu seinen Fluchtgründen angeben wolle, verneinte der Beschwerdeführer.

Über weiteres Befragen führte er aus, im Februar oder Mai 2014 in die russische Armee eingetreten zu sein. Der Beschwerdeführer habe, weil sein Bruder am Krieg teilgenommen habe, Probleme im Heimatland gehabt, weshalb er im Jahr 2012 für einen Monat im Gefängnis in XXXX gewesen sei. Er sei dann schließlich gegen 50.000 USD entlassen worden. Zur Armee habe er sich freiwillig gemeldet. Die Ausbildung habe acht Monate gedauert, dann sei der Beschwerdeführer in die Ukraine geschickt worden. Es sei wie beim Militär gewesen; sie hätten trainiert. Der Kommandant sei ein etwa 45jähriger Tschetschene gewesen; mehr könne der Beschwerdeführer nicht angeben. Der Beschwerdeführer sei in der XXXX Kompanie, einer ganz normalen Kompanie, gewesen.

Auf Vorhalt seiner Angaben in der Erstbefragung, wonach der Beschwerdeführer 2012 freiwillig in die russische Armee eingetreten wäre, gab er an, am Anfang für ein paar Monate bei "einem anderen Militär" gewesen zu sein. Dort sei es Aufgabe gewesen, Ölbetriebe zu schützen. Nach zehn Monaten habe der Beschwerdeführer aber nicht beim Militär bleiben wollen und sei in der zweiten Jahreshälfte 2013 nach XXXX zu seinem Cousin geflüchtet, wo er drei bis vier Monate aufhältig gewesen sei. In dieser Zeit hätten seine Verwandten Probleme bekommen, konkret seine Onkel, Tanten sowie seine Schwester. Konkret sei seine Schwester verhaftet und zum Aufenthaltsort des Beschwerdeführers befragt worden.

Anfang 2014 habe sich der Beschwerdeführer dazu entschlossen, nach Tschetschenien zurückzugehen und habe sich dort freiwillig bei der Polizei gemeldet und versucht zu erklären, weshalb er weggelaufen sei. Er habe ihnen auch angeboten, dass er freiwillig wieder zum Militär gehe. Der Beschwerdeführer sei zuletzt Fähnrich gewesen und habe 20 Leute unter sich gehabt.

Nachgefragt, ob er jemals einer konkreten Bedrohungssituation in der Russischen Föderation ausgesetzt gewesen sei, gab der Beschwerdeführer an, er sei zweimal aus dieser Spezialeinheit geflüchtet und müsse mit Konsequenzen rechnen; Deserteure würden erschossen. In seinem Fall sei das Ganze noch gefährlicher, weil er ins Ausland geflüchtet sei.

Dazu aufgefordert, die genauen Umstände der Desertion zu schildern, brachte der Beschwerdeführer vor, es sei im September oder November 2014 gewesen. Ein Kollege, der auch in dieser Gruppe gewesen sei, habe einen Onkel in der Türkei gehabt, welcher Kontakt zu einer tschetschenischen Gruppe, die auf der Seite der Ukraine gekämpft habe, gehabt habe. Sie hätten dann telefonisch ausgemacht, dass sie zu dieser Gruppe gehen, wo sie schließlich zunächst zu fünf, dann zu dritt, hingekommen seien. In der Nacht seien sie von vier Tschetschenen mit dem Auto abgeholt worden.

Die russische Armee habe der Beschwerdeführer deshalb verlassen, da er gesehen habe, dass diese Spezialeinheit eigentlich wahllos auf Menschen schieße und Gesetzeslosigkeit herrsche. Der Beschwerdeführer habe nicht auf Unschuldige schießen wollen.

Auf die Frage, ob er offiziell von den russischen Behörden oder anderen Ländern gesucht werde bzw ob es einen Haftbefehl gebe, führte der Beschwerdeführer aus, dies nicht zu wissen. Alle Leute, die in die Ukraine zum Kämpfen geschickt worden seien, seien aus dem Militärverzeichnis gelöscht worden. Es sei behauptet worden, dass die Leute gesetzeswidrig in die Ukraine gegangen seien. Die Russen hätten zwar die Leute hingeschickt, dann aber behauptet, dass diese freiwillig hingegangen seien.

Dazu aufgefordert, nähere Angaben zu der von ihm erwähnten Spezialeinheit zu machen, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass es sich dabei um eine Einheit gehandelt habe, die zu Hotspots geschickt worden sei, um Russland zu verteidigen.

Der Beschwerdeführer habe zu keinem Zeitpunkt Befehle zum Töten von Menschen erteilt, was ihm dann schließlich auch zur Last gelegt worden sei. Der Beschwerdeführer habe mit den Tschetschenen und den Ukrainern gegen Russland gekämpft, habe aber nicht geschossen, sondern Informationen weitergeleitet. Die Frage, ob er jemals Menschen getötet oder von einer Waffe Gebrauch gemacht habe, verneinte der Beschwerdeführer. Auf Vorhalt, dass dies angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer in einer Spezialeinheit gewesen sei, nicht glaubwürdig sei, brachte er vor, dass es ihre Aufgabe gewesen sei, das Gebiet XXXX zu beschützen. Zunächst habe er die Ukrainer nicht durchlassen dürfen, dann habe er aber die Seite gewechselt, sodass es dann seine Aufgabe gewesen sei, Russen nicht durchzulassen.

Auf Vorhalt, dass es nicht sehr glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer einfach so habe Seite wechseln können, führte er aus, innerlich immer gegen die Russen gewesen zu sein. Er habe sich für den Militärdienst entschieden, damit seine Familie Ruhe habe.

Die Frage, ob er Dokumente habe, die seine militärischen Angaben bestätigen, verneinte der Beschwerdeführer; er habe nur in der Ukraine einen Wehrpass beim Kommandanten. Nachgefragt, ob er sich diese Dokumente übermitteln lassen könne, gab der Beschwerdeführer an, Ladungen von Tschetschenien zu Hause zu haben. Seine Schwester könnte in sein Haus gehen und ihm die Dokumente übermitteln; er werde dies versuchen und entsprechende Dokumente spätestens in einem Monat vorlegen.

Zu seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt, gab der Beschwerdeführer an, den A2 Deutschkurs besucht zu haben und Deutsch auf dem Niveau A2 zu sprechen. Hier in Österreich sei er keiner Arbeit nachgegangen, er habe nur zeitweise an Wochenenden als Security gearbeitet. Darüber hinaus habe er im XXXX Bezirk trainiert, abgesehen davon habe er aber keine Integrationsschritte unternommen. Er habe hier ungefähr 2.000,- Euro verdient, er sei keiner legalen Beschäftigung nachgegangen, sondern habe illegal gearbeitet. Er würde zukünftig gerne einer Arbeit nachgehen.

Im Falle einer Rückkehr würde er ins Gefängnis kommen, da er desertiert sei; welche Strafe ihm dafür drohe, wisse er nicht.

3.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 24.8.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12.2.2016 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gleichzeitig wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde in Spruchpunkt VI. ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht; gleichzeitig wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs 1 Z 2 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). In Spruchpunkt VIII. wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG ab dem 30.10.2007 verloren hat. Es wurde gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX.).

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass der Beschwerdeführer ein höchst vages, nicht nachvollziehbares und abstraktes Vorbringen erstattet habe und darüber hinaus eine Steigerung seiner Angaben im Verfahren festgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer habe es verabsäumt, Dokumente oder Bescheinigungen vorzulegen, obwohl ihm eine Frist dafür eingeräumt worden sei. Insgesamt seien die behaupteten Fluchtgründe als unwahr einzustufen und könnten nicht der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden.

Eine extreme Gefahrenlage im Sinne von Art 2 oder 3 EMRK sei in der Russischen Föderation nicht gegeben, sei die Versorgung dort grundsätzlich gewährleistet und handle es sich beim Beschwerdeführer um einen gesunden, arbeitsfähigen und arbeitswilligen jungen Mann.

Der Beschwerdeführer halte sich nunmehr wieder seit Februar 2016 im Bundesgebiet auf, er sei aber zu keinem Zeitpunkt familiär oder wirtschaftlich gefestigt gewesen. Er habe seinen Aufenthalt bislang durch Schwarzarbeit mitfinanziert und sei nicht davon auszugehen, dass er über ein umfangreiches Privatleben in Österreich verfüge. Die Gleichgültigkeit gegenüber der österreichischen Rechtsordnung sei aufgrund der rechtskräftigen Verurteilungen klar zu erkennen und hervorzuheben.

Es seien die Ziffern 2 und 6 des § 18 Abs 1 BFA-VG erfüllt. Der Beschwerdeführer stelle insbesondere aufgrund seiner Straffälligkeit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar, darüber hinaus sei er als mittellos anzusehen.

Da der Beschwerdeführer mit 30.10.2007 straffällig geworden sei, habe er gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG sein Aufenthaltsrecht ex lege verloren.

Betreffend das Einreiseverbot wurde festgehalten, dass im Falle des Beschwerdeführers jedenfalls Ziffer 1 erfüllt sei, insbesondere die rasche und wiederholte Rückfälligkeit habe zur Erlassung eines Einreiseverbotes von neun Jahren geführt. Auch die Schwarzarbeit und der Umstand der Mittellosigkeit würden dem öffentlichen Interesse an Ordnung und Sicherheit zuwiderlaufen.

3.7. Mit Verfahrensanordnung vom 27.8.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass ihm für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird.

3.8. Gegen den Bescheid der belangten Behörde richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 26.9.2018, mit der die Entscheidung im vollen Umfang angefochten wurde.

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die belangte Behörde das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht mit der gebotenen Tiefe ermittelt habe. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers stamme aus Serbien und sei aktuell im 7. Monat schwanger. Das Bundesamt hätte die Pflicht getroffen, Ermittlungen dazu durchzuführen, dies sei jedoch unterlassen worden.

Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen seien zwar umfassend, würden sich aber nur am Rande mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen und seien dadurch als Begründung zur Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz unzureichend. Die belangte Behörde habe teilweise veraltete Länderberichte herangezogen, obwohl aktuellere Berichte öffentlich zugänglich und leicht recherchierbar seien.

Hingewiesen wurde insbesondere auf einen Bericht von USDOS vom 20.4.2018, in dem festgehalten worden sei, dass nach einem Terror-Angriff in Grozny die tschetschenischen Sicherheitskräfte nach eigenen Angaben hunderte Verdächtige festgehalten hätten. Auch in den Länderfeststellungen der belangten Behörde werde darauf Bezug genommen, dass insbesondere Rückkehrern in den Nordkaukasus besondere Aufmerksamkeit durch russische Behörden gewidmet werde und die Miliz gegen Kaukasier häufig willkürlich vorgehe. Insbesondere abgeschobene Tschetschenen, die sich gegen die gegenwärtige Machthaben engagiert hätten bzw denen ein derartiges Engagement unterstellt werde, liefen Gefahr, in das Visier der Behörden zu geraten. Hätte die belangte Behörde die Länderberichte herangezogen bzw ihre eigenen Länderberichte entsprechend gewürdigt, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müsse, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung droht.

Wenn die Behörde behaupte, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass sich eine vernunftbegabte Person freiwillig dem militärischen Dienst stelle, jedoch Kampfhandlungen verweigere, dann seien dem die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er nur so gehandelt habe, um die Freilassung von Verwandten zu bewirken, entgegenzuhalten.

Was den Vorwurf betreffe, der Beschwerdeführer habe nicht ausreichend Informationen über die Spezialeinheit XXXX geben können, übersehe die belangte Behörde, dass der Beschwerdeführer auf alle Fragen geantwortet habe und seitens des Organwalters keine konkreteren Fragen gestellt worden seien.

Der Beschwerdeführer sei aktuell in Haft und könne daher derzeit keine Beweismittel organisieren; er werde, sobald er auf freiem Fuß sei, versuchen, diese nachzureichen.

Dem Beschwerdeführer drohe in der Russischen Föderation asylrelevante Verfolgung und könne ihm alles in allem nicht zugemutet werden, zurückzukehren.

Was das Einreiseverbot betreffe, so bestehe beim Beschwerdeführer keine weitere Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung kein Einreiseverbot erlassen werden müssen. Das verhängte Einreiseverbot von neun Jahren stehe in keiner Relation zu den begangenen Straftaten des Beschwerdeführers.

Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

3.9. Die Beschwerdevorlage an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte am 2.10.2018.

3.10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8.10.2018 wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

3.11. Am 29.11.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung zur Ermittlung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhaltes statt, an welcher der Beschwerdeführer, der Beschwerdeführervertreter sowie eine gerichtlich beeidete Dolmetscherin für die russische Sprache teilnahmen. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers wurde als Zeugin einvernommen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war ordnungsgemäß geladen worden, erschien jedoch nicht.

Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung gestalteten sich wie folgt:

"(...)

RI: Waren Ihre Angaben in der letzten verwaltungsbehördlichen Einvernahme am 26.7.2018 wahrheitsgemäß und vollständig?

BF: Ich kann mich erinnern. Ich möchte meine Aussagen so belassen.

RI: Haben Sie zwischenzeitig irgendwelche neue Informationen, Ihren Asylantrag betreffend, erhalten?

BF: Ich bekomme jetzt noch einige Unterlagen von meinem tschetschenischen Vorgesetzten aus der Ukraine, meinen Militärpass. In ein oder zwei Wochen sind sie da.

RI: Wo ist Ihr Reisepass verloren gegangen?

BF: Unsere russischen Pässe sind uns in der Ukraine abgenommen worden. Ich werde mich auch bemühen, dass dieser Pass nachgeschickt wird.

RI: Lebt Ihr Bruder XXXX weiterhin in der Türkei? Unter welchen Umständen?

BF: Er wird irgendwo in der Türkei arbeiten. Ein Bruder von mir ist ja ums Leben gekommen und daher ist auch XXXX außerhalb des Landes.

RI: Unter welchen Umständen leben Ihre Schwestern in Tschetschenien?

BF: Beide leben mit ihren Familien in Tschetschenien, die eine in XXXX , die andere weiß ich nicht genau. Auf Nachfrage: Deren Männer arbeiten etwas, ich kann das nicht genau sagen; einer hat jedenfalls früher als Kraftfahrer gearbeitet.

RI: Nach Ihrer Rückkehr aus Österreich, wann sind Sie das erste Mal von der Armee in Tschetschenien geflohen?

BF: Im September oder Oktober 2012.

RI: Beschreiben Sie die Umstände unter denen Sie sich dann der tschetschenischen Polizei gestellt haben?

BF: Meine Verwandten haben Probleme bekommen. Meine Schwester wurde inhaftiert und musste mit Geld freigekauft werden. Meinem Cousin ist das Gleiche passiert. Daher ging ich zu dem Kommandierenden, wo ich geflohen war. Später wurde ich in eine andere Einheit gesendet. Ich habe erklärt, dass ich damals weggegangen wäre, weil ich mich um meinen schwerkranken Cousin kümmern hätte müssen. Die Strafe war dann, dass ich gleich in diese Einheit geschickt wurde, die in XXXX gekämpft hat.

RI: Können Sie näher erklären, was sich damals abgespielt hat, als Sie sich gestellt haben?

BF: Ich habe ihnen meine Gründe erklärt. Daher bin ich auch nicht misshandelt worden, aber ich wurde eben in diese Einheit geschickt.

RI: Schildern Sie präzise, was Sie in XXXX gesehen haben?

BF: Man wollte, dass ich auf aus der Ukraine kommende Autos, egal ob das LKWs oder Zivilfahrzeuge waren, schieße. Man hat einfach auf die Fahrzeuge von der Ferne geschossen, egal ob da auch etwa Frauen oder Kinder drinnen waren. Was dann passiert ist, kann ich nicht genau sagen. Man hat gesagt, das wären ukrainische Militärs gewesen, was offenbar nicht zutraf. Die Ukrainer haben dann die beschädigten Fahrzeuge tagsüber eingesammelt.

RI: Haben Sie weitere problematische Wahrnehmungen mit eigenen Augen gemacht?

BF: Jede Nacht wurde mit Panzern oder mit anderen Geschützen blind herumgeschossen, auch auf zivile Ziele. In den ukrainischen Nachrichten konnte man dann sehen, dass zivile Siedlungen auf ukrainischer Seite getroffen wurden.

RI: Wie war es Ihnen dann möglich, die Seiten zu wechseln?

BF: Ein Kommandierender auf der ukrainischen Seite kannte den Onkel von einem Freund, der mit mir gemeinsam in der russischen Einheit war und dann wurde das arrangiert. Die haben dann einen Plan entwickelt und wurde so Überläufern geholfen.

RI: Wie lief dann Ihr Übertritt konkret ab?

BF: Als Treffpunkt wurde eine Insel in einem See ausgemacht, wo wir (fünf Überläufer) warten sollten und dann abgeholt wurden.

RI: Noch zu Ihrer Tätigkeit auf der russischen Seite: Haben Sie selbst auch auf zivile Ziele schießen müssen und das getan?

BF: Nein, ich habe immer darauf geachtet, nicht auf zivile Ziele zu schießen. In einem Panzer war ich auch nicht.

RI: Fiel das nicht auf?

BF: Es ging ja eigentlich auch unter anderem darum, die Munition leer zu schießen.

RI: Wie lange waren Sie bei dieser Einheit?

BF: Ca. eineinhalb Monate.

RI: Was genau haben Sie für die ukrainische/tschetschenische Gruppe gemacht?

BF: Ich habe die Positionen der russischen Seite angegeben.

RI: Und sonst?

BF: Da war ich nur zwei Monate. Ich habe nicht gekämpft.

RI: Warum sind Sie auch dort weg, wenn Sie doch so massiv gegen die russische Seite eingestellt waren?

BF: Tatsächlich ist es so, dass auf der ukrainischen Seite in diesem Gebiet noch viele für die Russen tätig sind und da gab es auch einen regen Informationsaustausch, weshalb ich fürchtete, dass meine Identität bekannt wird und dadurch Schwierigkeiten für meine Familienangehörigen in Tschetschenien entstehen.

RI: Wann war das, als Sie den Frontbereich verließen?

BF: Ca. nach zwei Monaten begab ich mich nach XXXX . Dort war ich fünf oder sechs Monate. Dann war ich zehn Monate in XXXX oder auch ein Jahr. Dort waren aber zu viele Russen.

Auf Nachfrage, wie ich in dieser Zeit meinen Lebensunterhalt verdient habe: Der Vorgesetzte aus der tschetschenisch-ukrainischen Gruppe hat mir und zwei anderen eine Unterkunft verschafft und habe ich Gelegenheitsarbeiten verrichtet. Wir waren ja wie gesagt zu fünft, zwei sind bei dieser Einheit geblieben, ich mit den anderen zwei nach XXXX . Diese sind, glaube ich jetzt, auch in Europa, glaublich Frankreich oder Belgien.

RI: Was war dann ausschlaggebend, dass Sie den Bereich der ehemaligen Sowjetunion wieder zu verlassen suchten?

BF: Auch in der Ukraine war es mir wegen der Russen dort letztlich zu unsicher. Dort gibt es abertausende von russischen Spionen.

RI: Wo haben Sie in der Russischen Föderation bisher überall gelebt, abgesehen von Tschetschenien und XXXX ?

BF: Keine längeren Aufenthalte, höchstens ein paar Tage. In Moskau war ich ein paar Mal, aber jeweils höchstens einen Monat.

RI: Hatten Sie in Belgien oder Frankreich irgendwelche Schwierigkeiten mit der dortigen Polizei?

BF: Nein.

RI: Wo waren Sie in Belgien?

BF: Ich war nur in Brüssel. Dort habe ich Verwandte, meine Tante und einen Cousin. Dort hätte ich dennoch mehrere Jahre gebraucht, bis ich die Sprache halbwegs beherrsche, im Unterschied zu Österreich, wo ich mich schon aufgrund des früheren Aufenthalts auskannte und die Sprache beherrschte. In Frankreich hatte ich zwar, wie im Akt ersichtlich, Kontakt zu einem Journalisten, der mir helfen wollte, aber da gab es auch dasselbe Spracheproblem.

RI: Wie ist Ihr Gesundheitszustand?

BF: Ich bin gesund.

RI: Wie ist aktuell Ihre Beziehung zu Ihrer Lebensgefährtin (der heutigen Zeugin)?

BF: Wir leben in einer auf Dauer ausgerichteten Beziehung und haben vor meiner Verhaftung zusammengewohnt. Für Ende Dezember ist die Geburt unseres gemeinsamen Kindes zu erwarten.

RI: Was ist aus Ihrer seinerzeitigen Lebensgefährtin geworden?

BF: Ich habe mich von ihr geschieden, weil ich ja Tschetschenien zurückgereist bin. Auf Nachfrage: Ich habe noch keine Kinder.

RI: Wie sind Ihre Deutschkenntnisse?

BF: Ich habe 2009 einen Deutschkurs im XXXX Bezirk gemacht. Ich habe das meiste von dem, was heute gesprochen wurde verstanden und kann mich auch im Regelfall auf Deutsch ausdrücken.

RI: Verfügen Sie über berufliche Kenntnisse?

BF: In Tschetschenien habe ich eine Zeit lang Bauwesen studiert. Ich habe ein Abschlusszeugnis einer Berufsschule, das heißt aus dem Russischen übersetzt: "Meister für allgemeine Bauarbeiten".

RI: Was spricht, angesichts Ihrer verschiedenen strafrechtlichen Verurteilungen, die auf eine mangelnde Verbundenheit mit der Rechtsordnung und eine hohe Gewaltbereitschaft schließen lassen, für Ihre Integration in Österreich?

BF: Ich bin an sich nicht gewaltbereit. Was die jetzige Untersuchungshaft betrifft, glaube ich, dass ich in der Verhandlung freigesprochen werde, weil das eine Streiterei war.

Ich weiß auch, dass es nicht in Ordnung ist, sogleich Gewalt anzuwenden.

RI: Was befürchten Sie aktuell für den Fall Ihrer Rückkehr in die RF?

BF: Wenn ich nach Tschetschenien käme, wäre ich tot. Was Moskau betrifft, weiß ich es nicht, aber natürlich ist es ja so, dass die Russen behaupten, sie würden keine militärischen Aktivitäten in der Ukraine setzen, ich habe aber in Österreich genau das erzählt.

RI: Woher sollen die russischen Staatsorgane von Ihrer Asylantragstellung wissen und auch, dass Sie für die ukrainische Seite gekämpft haben?

BF: Es gibt genug Informanten. Ich bin sicher, dass die tschetschenischen Behörden wissen, dass ich die Seiten gewechselt habe und dass ich in Österreich um Asyl angesucht habe.

Zu letzterem Punkt: Unter den tschetschenischen Asylwerbern in Österreich gibt es viele, die für die Russen Informationen weitergeben.

RI: Können Sie Ihre Rückkehrbefürchtungen hinsichtlich Tschetschenien noch näher konkretisieren?!

BF: Ich weiß nicht, was man "arrangieren" würde. Zu einer Kampfeinheit würden sie mich sicher nicht noch einmal schicken.

Auf zugelassene Fragen des BFV:

BFV: Sehen Sie den Unrechtsgehalt der Taten ein, deretwegen Sie in Österreich rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt wurden?

BF: Ja, ich bereue sie.

BFV: Haben Sie Kontakt zu Familienangehörigen in Russland, und wenn ja, zu welchen und wie?

BF: Nein, sonst bekommen sie Probleme. Auf Nachfrage des RI, überhaupt keine; nein.

RI: Nehmen Sie an, Sie müssten nach Russland zurückkehren. Wäre auch eine zeitweise Trennung von Ihrer Lebensgefährtin und dem dann geborenen Kind für Sie ein Problem?

BF: Nein, eine Trennung ist nicht akzeptabel. Eine Rückkehr ist ja auch deswegen nicht möglich, weil ich in der Russischen Föderation am Leben bedroht wäre.

BFV: Angesichts möglicher Widersprüche in Ihren zeitlichen Angaben, tun Sie sich mit Zeitangaben schwer, Ihrer persönlichen Einschätzung nach?

BF: Im Allgemeinen habe ich tatsächlich Schwierigkeiten mir Daten zu merken, sogar der Geburtstag meiner Mutter bereitet mir immer noch Schwierigkeiten.

BFV: Bei der Einvernahme im BFA im Juli 2018 haben Sie gesagt, Sie sind von Ihrem ersten Militäreinsatz nach der Rückkehr aus Österreich 2013 geflohen. Heute sprachen Sie von 2012. Was stimmt?

BF: Es war Ende 2012 oder Anfang 2013.

BFV: Wie war die Situation Ihres Onkels und Ihrer Tante in Tschetschenien, als Sie vom Militärdienst geflohen waren?

BF: Mein Onkel wurde auch inhaftiert, ebenso, wie schon erwähnt, der Cousin und die Schwester.

[...]

Der Richter erteilt Rechtsbelehrung über den Hintergrund der gegenständlichen Zeugenbefragung.

Z erklärt, aussagen zu wollen. Sie gibt an, dass die mündliche Hauptverhandlung des BF in der Strafsache auf den 11.12.2018 verlegt wurde.

RI: Wie lange kennen Sie den Beschwerdeführer schon?

Z: Ich kenne ihn ein Jahr

RI: Wie haben Sie sich kennen gelernt?

Z: Über Freunde im Park.

RI: Wie lange, wenn überhaupt, haben Sie zusammengewohnt?

Z: Wir haben bei einem Freund zusammen in dessen Wohnung gewohnt, das heißt nur wir zwei. Gemeinsam gemeldet waren wir nicht, wir haben eigentlich nur ein paar Mal dort übernachtet. Ich habe vor Kurzem eine Gemeindewohnung von Wr. Wohnen bekommen und zwar in der XXXX im XXXX . Dort würden wir gemeinsam wohnen wollen.

RI: In welcher Sprache sprechen Sie miteinander?

Z: Wir sprechen nur in Deutsch miteinander. Ich habe keinerlei Kenntnisse in Russisch, Tschetschenisch.

RI: Wann ist der Geburtstermin?

Z: Voraussichtlich am 18. Jänner, aber es kann durchaus früher kommen.

RI: Haben Sie vor österreichischen Behörden schon angegeben, dass er der Vater ist?

Z: Ja, das habe ich beim Jugendamt und beim Spital angegeben. Ich wurde dorthin gerufen, damit meine ich zum Jugendamt, weil ich die Vaterschaftsanerkennung schon vor der Geburt machen wollte. Er müsste mit mir zum Magistrat gehen, um diese Anerkennung durchzuführen, was aber zurzeit wegen der Haft nicht möglich ist; das würde er aber natürlich machen.

RI: Wo leben Sie derzeit?

Z: Jetzt lebe ich noch bei Freunden. Die Wohnung wird gerade eingerichtet, dann ziehe ich dorthin. Ich habe schon einen Mietvertrag.

RI: Wie ist Ihr familiäres Umfeld?

Z: Ich habe zwei Geschwister, wir sind Drillinge. Die beiden anderen, ein Bruder und eine Schwester, leben noch bei meinen Eltern.

RI: Wie ist Ihre Ausbildung, berufliche Situation?

BF: Ich habe die Fachmittelschule 2015 abgeschlossen. Ich habe AMS-Kurse gemacht und geringfügig als Kellnerin gearbeitet. Momentan lebe ich von der Mindestsicherung. Wenn das Kind im Kindergarten sein wird, will ich eine Lehre machen. Mein Vater ist Maurer und Fliesenleger. Meine Mutter hat eine Berufsunfähigkeitspension. Mein Bruder ist auch Fliesenleger und meine Schwester ist arbeitslos. Ich habe zu allen eine gute Beziehung. Sonst habe ich noch Oma und Opa. Ich habe keinen größeren Freundeskreis. Nur eine Freundin.

RI: Wie oft besuchen Sie den Beschwerdeführer in der Justizanstalt?

Z: Ich habe ihn zuletzt vor eineinhalb Monaten besucht.

RI: Warum so selten?

Z: Jedes Mal, wenn ich dort war, hat er schon Besuch gehabt. Er kann nur einmal am Tag Besuch bekommen und daher durfte ich dann nicht mehr hinein. Ich weiß nicht, wer ihn da besucht.

RI: Das heißt, Sie haben ihn das letzte Mal vor eineinhalb Monaten in der Justizanstalt gesehen?

Z: Ja, das stimmt.

RI: Würden Sie sagen, Ihre Beziehung ist in Ordnung?

Z: Ja, wir wollen zusammenbleiben. Auf Nachfrage, auch sollte es zu einer Verurteilung kommen. Mir ist bekannt, dass ihm ein versuchter Mord vorgeworfen wird. Er ist unschuldig.

RI: Haben Sie Kontakt zu Familienangehörigen des Beschwerdeführers?

Z: Nein.

RI: Kennt der Beschwerdeführer Ihre Familie?

Z: Noch nicht, er hat aber schon mit meinen Eltern telefoniert. Dann kam er aber in Haft, deswegen kam noch kein persönliches Treffen zustande. Vorher hatte ich auch nicht zuhause gewohnt und hatten wir keinen Kontakt zu meiner Familie. Auf Nachfrage: Meine Familie ist mit der Beziehung einverstanden und wollen sie ihn kennenlernen.

RI: Waren Sie schon einmal länger im Ausland?

Z: Wir kommen ursprünglich aus Serbien. Nur dort habe ich mich länger aufgehalten und ich habe auch die serbische Staatsbürgerschaft.

RI: Wäre es für Sie vorstellbar, in die Russische Föderation zu ziehen, um dort das gemeinsame Familienleben zu führen?

Z: Eher nicht. Ich will schon hierbleiben in Österreich bei meiner Familie. Es wäre gut, wenn auch er hierbleiben könnte.

RI: Sie sind ja schon jetzt aufgrund der Haft von Ihrem Lebensgefährten faktisch getrennt, was wäre das Problem, wenn Sie auch in Zukunft eine Zeit lang von ihm getrenn

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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