TE Vwgh Beschluss 2019/4/25 Ra 2019/22/0050

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Veröffentlicht am 25.04.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
NAG 2005 §21 Abs1
NAG 2005 §47
VwGG §34 Abs1

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, in der Revisionssache des M B, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 14. September 2018, VGW-151/V/063/8587/2018-8, betreffend Aufenthaltstitel (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurde der Beschwerde des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen von Gambia, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. März 2018, mit dem sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen worden war, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, der Revisionswerber sei im Mai 2015 illegal in Österreich eingereist und habe einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der letztlich mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Oktober 2017 abgewiesen worden sei. Am 21. Juni 2017 habe der Revisionswerber eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und am 6. Jänner 2018 den gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" verbunden mit einem Antrag auf Zulassung der Inlandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 3 NAG gestellt.

3 In seiner Abwägung nach Art. 8 EMRK berücksichtigte das Verwaltungsgericht, dass der Revisionswerber mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sei, über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 verfüge und mittlerweile ein enger Kontakt zur Familie und zum Freundeskreis seiner Ehefrau bestehe. Dem stehe allerdings entgegen, dass der Revisionswerber seiner Ausreiseverpflichtung nach der rechtskräftigen Beendigung seines Asylverfahrens nicht nachgekommen sei und versuche, sich ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich zu erzwingen. So habe er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10. Jänner 2018 angegeben, keinen Reisepass zu besitzen. Zwei Tage zuvor habe der Revisionswerber im Zuge der Antragstellung vor der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde einen gültigen Reisepass vorgewiesen und es sei ihm möglich gewesen, eine Verlängerung seines zwischenzeitlich abgelaufenen Reisepasses zu erwirken. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Revisionswerber nach wie vor enge familiäre Beziehungen zu seinem Heimatland, insbesondere zu seinen beiden dort lebenden minderjährigen Töchtern, habe. Es sei dem Revisionswerber zumutbar, den Antrag auf Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels vom Ausland aus zu stellen und das Verfahren abzuwarten. Weiters bewirke die Abweisung des gegenständlichen Antrages nicht, dass die berufstätige Ehefrau des Revisionswerbers gezwungen wäre, das Gebiet der Europäischen Union zu verlassen.

4 Dagegen wurde die gegenständliche außerordentliche Revision erhoben.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2018/22/0056, Rn. 6, mwN).

9 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst gegen das Ergebnis der vom Verwaltungsgericht durchgeführten Abwägung nach § 21 Abs. 3 NAG.

10 Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten. Nach § 21 Abs. 3 Z 2 NAG kann die Behörde abweichend von Abs. 1 leg. cit. auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3 NAG) zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

11 Die einzelfallbezogene Beurteilung der Zulässigkeit eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben nach Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (VwGH 17.10.2016, Ra 2016/22/0084, Rn. 4, mwN).

12 Als unvertretbar kann die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom Verwaltungsgericht vorgenommene und oben dargestellte Interessenabwägung unter Einbeziehung aller vom Revisionswerber ins Treffen geführten Umstände nicht angesehen werden. Soweit der Revisionswerber asylrelevante Gründe gegen seine Ausreise vorbringt, ist ihm entgegenzuhalten, dass eine Gefährdungs- oder Bedrohungssituation im Sinn des Art. 3 EMRK nicht im Verfahren zur Erteilung des hier begehrten Aufenthaltstitels zu prüfen ist (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/22/0056, Rn. 10, mwN). Darüber hinaus, zeigt er mit seinem bloßen Hinweis auf "das Sicherheitsrisiko in Gambia" nicht auf, inwiefern ihm eine Ausreise zur Antragstellung unzumutbar wäre. 13 Weiters hat das Verwaltungsgericht im Einklang mit der hg. Rechtsprechung geprüft, ob die Verweigerung gegenüber einem Drittstaatsangehörigen, sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, dazu führt, dass dem Familienangehörigen der tatsächliche Genuss des Kernbestandes der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird (vgl. VwGH 17.10.2016, Ra 2016/22/0078, Rn. 5, mit Hinweis auf VwGH 24.4.2012, 2009/22/0299, und das Urteil des EuGH vom 15. November 2011, Dereci ua., C-256/11) und es vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass diese Einzelfallbeurteilung durch das Verwaltungsgericht mit den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht in Einklang stünde.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220050.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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