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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AgrBehG 1950 §7 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde des JH in St, vertreten durch
Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien XIII, Auhofstraße 1, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Mai 1997, Zl. 710.878/01-OAS/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Zusammenlegung St, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bezüglich der Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 1996, Zl. 95/07/0225, und vom 10. Dezember 1998, Zl. 97/07/0148, sowie auf den hg. Beschluß vom 19. März 1998, Zl. 96/07/0240, verwiesen.
Aufgrund der Aufhebung der den Beschwerdeführer betreffenden Z. 4 des Spruches des Berufungsbescheides des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung (kurz: LAS) vom 18. April 1991 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem vorgenannten hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1996 erließ diese Behörde den Ersatzbescheid vom 25. Juli 1996, mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 18. April 1988 betreffend den Zusammenlegungsplan St und den Teil II des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen als unzulässig zurückgewiesen wurde. Die Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides enthielt u.a. den Hinweis, daß gemäß § 7 Abs. 2 Agrarbehördengesetz (AgrBehG) 1950 eine weitere Berufung nicht zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer in der Folge mit Eingabe vom 11. September 1996 Berufung und stellte zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen behaupteter falscher Rechtsmittelbelehrung.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 1996 lehnte der LAS den Antrag auf Wiedereinsetzung ab. Die gegen diesen Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit dem vorzitierten hg. Beschluß vom 19. März 1998, Zl. 96/07/0240, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit dem Hinweis zurückgewiesen, daß in diesem Fall der Instanzenzug noch nicht erschöpft und die Anrufung des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (= belangte Behörde des vorliegenden Beschwerdeverfahrens) noch zulässig sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 1 AgrVG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG und § 7 Abs. 1 AgrBehG als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung vertritt die belangte Behörde die Rechtsmeinung, die Zulässigkeit der Berufungserhebung gegen den Bescheid des LAS vom 10. Oktober 1996 hänge von der Zulässigkeit einer Berufung gegen den Bescheid des LAS vom 25. Juli 1996 ab. Es komme für die Zulässigkeit einer Berufung an die belangte Behörde darauf an, ob ein "abänderndes Erkenntnis" des LAS vorliege. Bei der Zurückweisung einer Berufung (siehe Bescheid des LAS vom 25. Juli 1996) handle es sich nicht um einen abändernden Bescheid des LAS, weshalb der Instanzenzug gemäß § 7 Abs. 1 und 2 AgrBehG beim LAS ende. Die Unzulässigkeit der Berufung gegen den Bescheid des LAS vom 25. Juli 1996 bewirke auch eine solche gegen den Bescheid des LAS vom 10. Oktober 1996.
Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG beim Verfassungsgerichtshof ein, welcher diese infolge Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom 30. September 1997, B 1863/97, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In einem ergänzenden Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich im wesentlichen in dem Recht verletzt, gemäß § 7 Abs. 2 AgrBehG die belangte Behörde anrufen zu können.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 2 Z. 3 AgrBehG 1950 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 476/1974 ist u.a. die Berufung an den Obersten Agrarsenat nur gegen abändernde Erkenntnisse des Landesagrarsenates hinsichtlich der Frage der Gesetzmäßigkeit der Abfindung bei der Zusammenlegung zulässig.
Gemäß § 71 Abs. 4 AVG ist zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung die Behörde berufen, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war oder die die versäumte Verhandlung angeordnet oder die unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hat.
Gemäß § 72 Abs. 4 AVG steht dem Antragsteller gegen die Ablehnung eines Antrages auf Wiedereinsetzung das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde, wenn aber in der Sache eine Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen zu. Gegen die Bewilligung der Wiedereinsetzung ist kein Rechtsmittel zulässig.
Aufgrund des § 1 des Agrarverfahrensgesetzes 1950 sind die vorgenannten Bestimmungen des AVG auch im Verfahren in Angelegenheiten der Bodenreform vor den Agrarbehörden anzuwenden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem vorzitierten Beschluß vom 19. März 1998, Zl. 96/07/0240, ausgeführt hat, ist gegen Bescheide, mit denen der Landesagrarsenat einen Wiedereinsetzungsantrag abweist, die Berufung an den Obersten Agrarsenat zulässig und zwar - entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht - unabhängig davon, ob es sich bei dem Bescheid, mit dem das Verfahren abgeschlossen und hinsichtlich dessen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wurde, um ein "abänderndes Erkenntnis" im Sinne des § 7 Abs. 2 AgrBehG handelt oder nicht (vgl. in diesem Zusammenhang auch den zur vergleichbaren Rechtslage im Falle eines Wiederaufnahmeantrages gemäß § 70 Abs. 3 AVG ergangenen hg. Beschluß vom 10. Juli 1997, Zl. 97/07/0109). Im übrigen wird auf die Begründung des vorgenannten hg. Beschlusses vom 19. März 1998 gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Da die belangte Behörde sohin die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1997070213.X00Im RIS seit
20.11.2000