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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hofbauer, über die Beschwerde des R S, (geb. 31.12.1961), in Wien, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. August 1996, Zl. SD 881/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. August 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 11. Oktober 1995 in das Bundesgebiet eingereist und habe wenige Tage später einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen worden sei. Da der Beschwerdeführer weder über einen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung verfüge, halte er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß er im Asylverfahren gegen den Berufungsbescheid des Bundesministers für Inneres Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht habe. Der Beschwerdeführer habe seinen eigenen Angaben zufolge sein Heimatland auf dem Luftweg verlassen und sei über Moskau und in weiterer Folge über die Jugoslawische Föderation und Slowenien nach Österreich gelangt, sodaß ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinn des § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 nicht zukomme. Auch das Berufungsvorbringen lasse nicht erkennen, auf welche Rechtsgrundlage der Beschwerdeführer die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes stützen könnte.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, sei zunächst festzustellen, daß aufgrund des kurzen und darüber hinaus illegalen Aufenthalts des Beschwerdeführers von einem mit dieser Maßnahme verbundenen Eingriff in sein Privatleben keine Rede sein könne. Selbst wenn man - entsprechend den Ausführungen in der Berufung - im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer mit seinem Bruder in einem gemeinsamen Haushalt lebe, von einem Eingriff in sein Familienleben ausgehen würde, wäre damit für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Denn diesfalls würde die Zulässigkeit der Ausweisung aufgrund des Dringend-geboten-seins dieser Maßnahme im Grunde des § 19 FrG zu bejahen sein. Auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein besonders hoher Stellenwert zu. Dies habe zur Folge, daß jedenfalls ein unrechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet, dem - wie im Beschwerdefall - nie ein rechtmäßiger vorausgegangen sei, eine Beeinträchtigung des bezeichneten maßgeblichen öffentlichen Interesse von solchem Gewicht darstelle, daß die Ausweisung dringend geboten und damit zulässig im Sinn des § 19 FrG sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Die Beschwerde stellt das Vorliegen der Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG in Abrede. Die Ansicht der belangten Behörde, er hielte sich unrechtmäßig in Österreich auf, sei verfehlt, weil der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres, mit dem sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei, eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht habe, "über welche bis dato nicht entschieden" worden sei.
1.2. Dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht zielführend, weil der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, daß seiner Beschwerde gegen den besagten Ministerialbescheid aufschiebende Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG zuerkannt worden sei.
Darüber hinaus verfügte der Beschwerdeführer auf dem Boden der unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid über keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. kommt nämlich (nur) jenen Asylwerbern zu, die - außer der Voraussetzung der rechtzeitigen Stellung eines Asylantrages - auch die Voraussetzungen des § 6 leg. cit. erfüllen. Letzteres ist aber im Beschwerdefall nicht gegeben. Der Beschwerdeführer hat die Feststellungen der belangten Behörde, daß er aus Slowenien und damit nicht direkt aus dem Staat (Indien), in dem er behauptet, Verfolgung befürchten zu müssen, eingereist sei, unbestritten gelassen (§ 6 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991); weiters bringt der Beschwerdeführer nicht vor, er dürfe im Grunde des § 37 FrG nicht in den Staat, aus dem er "direkt" eingereist sei (wie erwähnt Slowenien), zurückgewiesen werden (§ 6 Abs. 2 des Asylgesetzes 1991).
Im übrigen läßt die Beschwerde unbestritten, daß der Beschwerdeführer weder über einen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung verfüge.
Vor dem Hintergrund des Gesagten bestehen gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte und somit in seinem Fall die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG erfüllt sei, keine Bedenken.
2. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid weiters im Grunde des § 19 FrG. Der Beschwerdeführer halte sich seit einem Jahr in Österreich auf, wo auch sein Bruder lebe.
Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Beurteilung, § 19 FrG stehe der Ausweisung des Beschwerdeführers auch unter der Annahme eines damit verbundenen Eingriffs in sein Familienleben nicht entgegen, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Der Beschwerdeführer hat nämlich durch seinen zur Gänze unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von etwa zehn Monaten das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH), gravierend verletzt. Demgegenüber erreicht die Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers und eine daraus (allenfalls) abzuleitende Integration nicht ein Ausmaß, das seinen persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich ein erhebliches Gewicht verleihen könnte. Diese persönlichen Interessen des Beschwerdeführers treten daher gegenüber dem besagten maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Erlassung der Ausweisung in den Hintergrund.
3. Schließlich zeigt die Beschwerde mit der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Stand des Ermittlungsverfahrens gemäß § 45 Abs. 3 AVG geben müssen, deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil sie es unterläßt, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen (§ 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG).
4. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1996180466.X00Im RIS seit
20.11.2000