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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §44 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des CK in Wien, geboren am 3. April 1958, vertreten durch Dr. Martin Drahos, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausstraße 11, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. August 1997, Zl. 4343.891/9-III/13/97, betreffend Wiederaufnahme eines Asylverfahrens, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. August 1997 wies der Bundesminister für Inneres den Antrag des Beschwerdeführers vom 27. Juni 1997 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Juli 1995, Zl. 4343.891/1-III/13/94, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens ab.
Mit dem Inkrafttreten des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76, ist das Asylverfahren des Beschwerdeführers gemäß § 44 Abs. 2 dieses Gesetzes in das Stadium vor Erlassung des Berufungsbescheides zurückgetreten (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 19. Februar 1998, Zl. 97/20/0650). Damit ist im Ergebnis die gleiche Rechtslage hergestellt, wie wenn dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stattgegeben worden wäre (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 21. Oktober 1968, Slg. Nr. 7425/A, und vom 27. Juni 1995, Zl. 95/20/0013). Im Sinne des Beschlusses des verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A, ist dadurch die Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem der Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens abgewiesen wurde, gegenstandslos geworden, ohne daß dies durch eine Klaglosstellung des Beschwerdeführers herbeigeführt worden wäre. Das Verfahren über die gegenstandslos gewordene Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. den bereits zitierten hg. Beschluß vom 19. Februar 1998, Zl. 97/20/0650, und die dort wiedergegebene Judikatur).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Hinblick auf die nicht durch Klaglosstellung, sondern durch den nachträglichen Wegfall des Rechtsschutzinteresses eingetretene Gegenstandlosigkeit der Beschwerde auf § 58 Abs. 2 VwGG. In ihrem den Wiederaufnahmeantrag abweisenden Bescheid hat die belangte Behörde dargelegt, das vom Beschwerdeführer nunmehr vorgelegte Schreiben vom 13. Juni 1997 vermittle den Eindruck eines "Gefälligkeitsgutachtens"; der Beschwerdeführer habe auch nicht ausgeführt, aus welchen Gründen der Verfasser dieser Urkunde den darin bezeugten, ihm bereits seit Juli 1993 bekannten "Sachverhalt" erst nach Abschluß des Asylverfahrens des Beschwerdeführers bezeugen wolle. Inhaltlich gehe daraus nur hervor, daß es dem Verfasser der Urkunde bekannt gewesen sei, daß der Beschwerdeführer eine Funktion in der HEP-Partei gehabt habe und die Situation für Mitglieder dieser Partei "schlecht" sei. Dieses Beweismittel sei daher weder allein noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens geeignet, einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeizuführen.
Nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ist einem Wiederaufnahmeantrag unter anderem dann stattzugeben, wenn die neu hervorgekommenen Beweismittel in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen anderen Bescheid herbeigeführt hätten. Dem sich daraus ergebenden Erfordernis der beweiswürdigenden Auseinandersetzung mit dem neu hinzugekommenen Beweismittel im Sinn des § 60 AVG wird aber der angefochtene Bescheid in seinem Begründungsteil nicht gerecht. Danach hat die Behörde übersichtlich und klar darzulegen, aus welchen Gründen sie den Sachverhalt, den sie ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, so und nicht anders feststellt. In diesem Sinne hat die belangte Behörde nicht begründet, aus welchen konkreten Erwägungen heraus sie zu dem Schluß kommt, das vom Beschwerdeführer nunmehr vorgelegte Schreiben sei ein - mit den Tatsachen in Widerspruch stehendes und damit nicht beweiskräftiges - "Gefälligkeitsgutachten". Eine derartige Wertung setzte jedoch voraus, daß dem Beschwerdeführer zu den Umständen des Zustandekommens dieser Urkunde Parteiengehör eingeräumt hätte werden müssen.
Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Diese Bestimmung schließt eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Die belangte Behörde hat aber ohne nähere Befragung des Beschwerdeführers oder sonstige ergänzende Ermittlungen über die näheren Umstände der Verfassung dieser Urkunde deren Aussagekraft bezweifelt. Eine überprüfbare Sachverhaltsgrundlage, auf der eine der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes standhaltende Beweiswürdigung fußt, liegt daher hier nicht vor. Der angefochtene Bescheid wäre daher wegen Mangelhaftigkeit seiner Begründung gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben gewesen.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der amtlichen Sammlung der Erkenntnisse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.
Wien, am 21. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998200050.X00Im RIS seit
20.11.2000