TE Bvwg Beschluss 2019/3/22 L503 2215697-1

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Veröffentlicht am 22.03.2019
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Entscheidungsdatum

22.03.2019

Norm

AsylG 2005 §3
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.2
EMRK Art.3
EMRK Art.8
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

L503 2215697-1/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. BISCHOF und Mag. LEPSCHI, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 31.01.2019, Zahl: XXXX , zu Recht erkannt:

A.) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: "BF"), eigenen Angaben zufolge eine Staatsangehörige von Armenien, reiste gemeinsam mit ihrem Ehemann in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 9.9.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Als Fluchtgrund führte der Ehemann der BF kurz zusammengefasst an, er sei der juristische Mitarbeiter und Freund eines näher bezeichneten Richters gewesen, der vom Geheimdienst wegen Korruptionsverdachts festgenommen und schließlich zu einer 8-jährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Er sei in diesem Zusammenhang mehrfach seitens des Sicherheits- bzw. Geheimdienstes unter Druck gesetzt worden, den Richter im Wege von Zeugenaussagen, zu denen er vorgeladen worden sei, zu belasten, und er sei in diesem Zusammenhang auch bedroht worden. Die BF sei auch geschlagen und entführt und erst am nächsten Tag wieder freigelassen worden, um Druck auf ihn vor einer Verhandlung auszuüben. Ungeachtet des starken Drucks habe der Ehemann den Richter jedoch nicht belastet, zumal der Richter seiner Ansicht nach nicht korrupt gewesen sei.

Die BF selbst verwies näher auf die Probleme ihres Ehemannes, wobei auch sie damit konfrontiert worden sei; insbesondere sei sie in diesem Zusammenhang entführt worden.

2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 31.1.2019 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 als auch des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, der BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung der BF nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig ist. Einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und der BF gemäß § 55 Abs. 1a FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt.

3. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchteil A):

1. Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert § 18 Abs 5 BFA-VG:

"Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt."

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der BF als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

2. Im konkreten Fall bedeutet dies:

Das BFA hat laut Aktenlage Ermittlungen betreffend die Angaben des Ehemannes der BF getätigt und führte diesbezüglich etwa wie folgt aus (vgl. den Bescheid des BFA betreffend den Ehemann, S. 17): "Laut Staatendokumentation stimmt es, dass am 25. Dezember 2014 K. K., Konkursrichter des ordentlichen Gerichtshofs der Provinz L., von Beamten des Nationalen Sicherheitsdienstes in seinem Büro verhaftet wurde und in weiterer Folge wegen Bestechung angeklagt und zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Dass Sie als Richterassistent für K. K. tätig waren, wurde ebenfalls festgestellt."

Vor diesem Hintergrund hat sich somit ein wesentlicher Teil des Vorbringens der BF bzw. ihres Ehemannes - nämlich, dass der Ehemann Mitarbeiter des wegen Korruption vom Nationalen Sicherheitsdienst verhafteten und später verurteilten Richters K. K. war - als richtig herausgestellt. Insofern kann aber, in der hier gebotenen Kürze, nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass das in diesem Zusammenhang vom Ehemann der BF ebenfalls erstattete Vorbringen, wonach er anlässlich der Ermittlungen gegen seinen vorgesetzten Richter mehrfach in illegitimer Weise bedroht und unter Druck gesetzt wurde, den Tatsachen entspricht. Daran vermag auch - in der gebotenen Kürze des gegenständlichen Verfahrens - der Umstand nichts zu ändern, dass laut Anfragebeantwortung der Staatendokumentation gegen den Ehemann der BF kein Strafverfahren anhängig ist, dass er bislang nur als Zeuge gegen seinen vorgesetzten Richter befragt wurde und dass das Verfahren gegen seinen vorgesetzten Richter mittlerweile abgeschlossen wurde.

Eine Gefährdung der BF bzw. ihres Ehemannes im Sinne von Art 3 EMRK kann somit in der hier gebotenen Kürze nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden und ist folglich spruchgemäß die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Es wird jedoch nochmals betont, dass damit die Entscheidung in der Sache in keiner Weise vorweggenommen wird.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, aufschiebende Wirkung, Menschenrechtsverletzungen,
real risk, reale Gefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L503.2215697.1.00

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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