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L16004 Gemeindeverband Verwaltungsgemeinschaft Oberösterreich;Norm
AWG OÖ 1990 §18 Abs11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde der Stadtgemeinde L, vertreten durch Dr. Manfred Klicnik, Rechtsanwalt in Linz, Taubenmarkt 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Juli 1998, Zl. UR-290018/96-1998 Me/Sr, betreffend Zahlung von Beiträgen an den Bezirksabfallverband X (mitbeteiligte Partei: Bezirksabfallverband X), zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchabschnitt I des angefochtenen Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1997, 96/07/0117, und vom 11. Dezember 1997, 97/07/0157, verwiesen. Mit dem letztgenannten Erkenntnis wurde der Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 1. Juli 1997 aufgehoben, mit welchem die beschwerdeführende Partei verpflichtet wurde, an die mitbeteiligte Partei für den Zeitraum März 1993 bis einschließlich Juli 1994 einen Kostenersatz für die Abfallablagerung auf der Deponie F. in der Höhe von S 1.100,-- pro Tonne (inkl. USt) sowie einen Kostenersatz für den Verwaltungsaufwand und die Alt- und Problemstoffsammlung der mitbeteiligten Partei für das I. Quartal 1993 bis III. Quartal 1994 in der Höhe von S 51,60 pro Einwohner und Jahr zu entrichten. Die Aufhebung dieses Bescheides erfolgte, weil der beschwerdeführenden Partei als Kostenersatz für die Abfallablagerung auf der Deponie F. nicht der vom Betreiber dieser Deponie verrechnete Preis vorgeschrieben wurde, sondern ein höherer "gemittelter Deponiepreis", der einen Mischsatz zwischen dem niedrigeren Deponierungspreis auf der Deponie F. und dem höheren auf der Deponie W. darstellt, was dazu führt, daß die beschwerdeführende Partei mit Kosten belastet wird, die sie nicht verursacht hat, ohne daß die belangte Behörde hiefür eine Begründung gab.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 17. Juli 1998 sprach die belangte Behörde (neuerlich) aus, daß die beschwerdeführende Partei verpflichtet ist,
I. für den Zeitraum März 1993 bis einschließlich Juli 1994 einen Kostenersatz für die Abfallablagerung auf der Deponie F. in der Höhe von S 1.100,--/t (inkl. USt) und somit den für diesen Zeitraum aushaftenden Kostenersatz von S 2,032.743,-- binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides an die mitbeteiligte Partei abzuführen sowie
II. für den Zeitraum März 1993 bis einschließlich Juli 1994 einen Kostenersatz für den Verwaltungsaufwand und die Alt- und Problemstoffsammlung der mitbeteiligten Partei für das
I. Quartal 1993 bis einschließlich III. Quartal in der Höhe von
S 51,60/Einwohner und Jahr zu entrichten und somit den für diesen Zeitraum aushaftenden Betrag von S 2,106.689,97 binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides an die mitbeteiligte Partei abzuführen.
Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß bereits geleistete Zahlungen zu berücksichtigen sind.
In der Begründung heißt es, für die Errechnung eines "gemittelten Deponiepreises" gebe es keine gesetzliche Regelung. Es sei jedoch der dem Bezirksabfallverband durch den von ihm wahrzunehmenden Umfang der Aufgaben entstehende Aufwand auf die verbandsangehörigen Gemeinden aufzuteilen, wenn er nicht durch Einnahmen gedeckt sei. Dabei sei nach § 10 des Oberösterreichischen Gemeindeverbändegesetzes vorzugehen. Diese Bestimmung sehe drei Möglichkeiten vor, wie der nicht gedeckte Aufwand auf die einzelnen Gemeinden aufzuteilen sei. Diese
drei Aufteilungskriterien könnten alternativ oder kumulativ herangezogen werden. Für die Berechnung der "gemittelten Deponiegebühr" sei eine Vorgangsweise gewählt worden, die sowohl das Abfallaufkommen berücksichtige als auch dem Kriterium des § 10 Abs. 3 Z. 2 des Gemeindeverbändegesetzes Rechnung trage, wobei nicht eine individuelle, sondern eine bezirkseinheitliche Lösung, die auch die Finanzkraft berücksichtigen sollte, angestrebt worden sei. Betrachte man die Finanzkraft von sechs beispielhaft ausgewählten Gemeinden unterschiedlicher Größe einschließlich der beschwerdeführenden Partei, ergebe sich eine sehr große Bandbreite. Dem Einwand der beschwerdeführenden Partei, daß eine Aufteilung nach individueller Finanzkraft mehrere Preisstaffelungen zur Folge haben müßte, könnte nur dann gefolgt werden, wenn die Festlegung des Kostenersatzes für die Deponierung allein nach der Finanzkraft der Gemeinden erfolgt wäre. Bei der Vorschreibung des Kostenersatzes sei jedoch von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, die Kriterien des § 10 Abs. 3 des Gemeindeverbändegesetzes kumulativ zur Anwendung gelangen zu lassen. Das Kriterium des § 10 Abs. 3 Z. 1 leg. cit. ("Umfang der Aufgaben") fließe in zweifacher Weise in die Berechnung des Kostenersatzes ein, nämlich zum einen bei der Berechnung der Kosten durch Multiplikation der angelieferten Mengen mit der gemittelten Deponiegebühr und zum anderen "bereits in die gemittelte Deponiegebühr als solche". Zur Frage der Gewichtung der Kriterien des § 10 Abs. 3 des Gemeindeverbändegesetzes treffe das Gesetz keine Aussage, sodaß davon auszugehen sei, daß dies in der Entscheidungsfreiheit des Gemeindeverbandes gelegen sei. Die mitbeteiligte Partei habe von unterschiedlichen Deponiepreisen (Deponie in F. und in W.) auszugehen gehabt. Wäre es alleine nach dem Kriterium des § 10 Abs. 3 Z. 1 des Gemeindeverbändegesetzes gegangen, hätte je nach Anlieferungsort der jeweils zu bezahlende Deponiepreis herangezogen werden müssen. Hätte der Bezirksabfallverband nur § 10 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. herangezogen, hätte er unabhängig vom jeweiligen Deponiepreis individuelle Kostenersätze festlegen müssen. Zur Berücksichtigung beider Kriterien habe er jedoch eine Berechnungsart finden müssen, die verhindere, daß einerseits finanzkräftige Gemeinden wie beispielsweise die beschwerdeführende Partei finanzschwache Gemeinden unverhältnismäßig mitfinanzierten und daß andererseits ohnedies finanzschwache Gemeinden den höheren Deponiepreis der Deponie in W. zu zahlen hätten. Bei der Berechnung der gemittelten Deponiegebühr in der dargestellten Weise hätten einerseits die unterschiedlichen Deponiepreise und die angelieferten Mengen - somit das Kriterium des § 10 Abs. 3 Z. 1 des Gemeindeverbändegesetzes - Eingang gefunden, zum anderen sei die Finanzkraft der Gemeinden insoferne berücksichtigt worden, als verhindert worden sei, daß finanzschwache Gemeinden den höheren Deponiepreis zu zahlen hätten und daß starke Gemeinden finanzschwache in ungerechtfertigtem Ausmaß mitfinanzierten; dies auch unter dem Aspekt der dem Bezirksabfallverband auferlegten Aufgabe, für eine geordnete Abfallverwertung und Ablagerung der im Verbandsbereich anfallenden Abfälle Sorge zu tragen.
Gegen diesen Bescheid - und zwar erkennbar nur gegen dessen Spruchabschnitt I - richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt im wesentlichen sinngemäß vor, es sei unzulässig, im Wege eines "gemittelten Deponiepreises" einen Ausgleich zwischen den einzelnen Gemeinden herbeizuführen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen
Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde darüber zu entscheiden, welchen Kostenersatz die beschwerdeführende Partei für den Zeitraum März 1993 bis einschließlich Juli 1994 nach den für diesen Zeitraum geltenden Rechtsvorschriften für die Abfallablagerung auf der Deponie F. an die mitbeteiligte Partei zu entrichten hatte. Auf den Beschwerdefall findet daher nicht das am 1. Jänner 1998 in Kraft getretene Oberösterreichische Abfallwirtschaftsgesetz 1997, LGBl. Nr. 86, sondern das Oberösterreichische Abfallwirtschaftsgesetz 1990, LGBl. Nr 28/1991 (O.ö. AWG 1990) Anwendung.
Im Beschwerdefall handelt es sich aufgrund seiner zeitlichen Lagerung um keinen Anlaßfall im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 1998, G 416/97, u.a. § 18 Abs. 11 O.ö AWG 1990 ordnet die sinngemäße Anwendung des § 10 Abs. 1 des Oberösterreichischen Gemeindeverbändegesetzes, LGBl. Nr. 51/1988 (GemVG) auf Bezirksabfallverbände an.
Nach § 10 Abs. 1 GemVG sind zur Deckung des Aufwandes des Gemeindeverbandes zunächst die Einnahmen heranzuziehen, die ihm aus der Besorgung seiner Aufgaben zufließen. Der durch diese Einnahmen nicht gedeckte Aufwand ist von den verbandsangehörigen Gemeinden zu ersetzen.
Nach § 10 Abs. 3 leg. cit. ist der durch Einnahmen nicht gedeckte Aufwand ebenso wie ein allfälliger Überschuß in der Vereinbarung unter Berücksichtigung
1. des Umfanges der Aufgaben, die der Gemeindeverband für die einzelnen Gemeinden besorgt und/oder
2. nach dem Verhältnis der Finanzkraft der verbandsangehörigen Gemeinden und/oder
3. nach dem Verhältnis der bei der jeweils letzten Volkszählung ermittelten Einwohnerzahl der verbandsangehörigen Gemeinden
aufzuteilen.
An die Stelle der im § 10 Abs. 3 GemVG erwähnten Vereinbarung tritt bei Gemeindeverbänden, die nicht durch Vereinbarung begründet werden - wie dies beim Bezirksabfallverband der Fall ist - ein Beschluß des zuständigen Verbandsorgans (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1997, 96/07/0117).
Die beschwerdeführende Partei verbringt ihre Abfälle auf die Deponie in F. Der Betreiber dieser Deponie verrechnet der mitbeteiligten Partei einen Preis von S 1.067,--/t. Der beschwerdeführenden Partei wird aber von der mitbeteiligten Partei ein Betrag von S 1.100,--/t in Rechnung gestellt. Die belangte Behörde hält dies für zulässig und begründet dies damit, dieser "gemittelte Deponiepreis" habe seine Grundlage in den Kriterien des § 10 Abs. 3 Z. 1 und Z. 2 GemVG.
Diese Begründung ist nicht nachvollziehbar.
Es ist zwar richtig, daß § 10 Abs. 3 GemVG auch eine Kombination der Aufteilungskriterien ermöglicht. Dies bedeutet aber nicht, daß für ein und denselben Aufwand in unentwirrbarer und daher auch nicht nachvollziehbarer Weise verschiedene Aufteilungskriterien im Sinne des § 10 Abs. 3 in Anwendung gebracht werden können. Die Möglichkeit der Kombination der Aufteilungskriterien bedeutet lediglich, daß der durch Einnahmen nicht gedeckte Aufwand des Bezirksabfallverbandes nicht nur nach einem einzigen der im § 10 Abs. 3 GemVG genannten Kriterien auf die verbandsangehörigen Gemeinden aufgeteilt werden kann, sondern daß bei nicht eindeutig zurechenbaren Aufwänden unterschiedliche Aufteilungskriterien verwendet werden können. Es muß aber dabei gewährleistet sein, daß erkennbar ist, welcher Aufwandsposten nach welchen Aufteilungskriterien auf die Gemeinden aufgeteilt wird, da sonst nicht nachvollziehbar ist, ob die Aufteilung den gewählten Kriterien entspricht.
§ 10 Abs. 3 Z. 2 GemVG sieht eine Aufteilung "nach dem Verhältnis der Finanzkraft der verbandsangehörigen Gemeinden" vor. Daraus folgt, daß der Aufteilung eines Aufwandes nach dem Kriterium der Finanzkraft ein Schlüssel zugrundeliegen muß, der es ermöglicht, eine Beziehung zwischen der Finanzkraft einer verbandsangehörigen Gemeinde und dem danach auf sie entfallenden Anteil an dem aufzuteilenden Aufwand herzustellen. Daran fehlt es im Beschwerdefall. Bei der Aufteilung des dem Bezirksabfallverband aus den Deponierungskosten erwachsenden Aufwandes auf die verbandsangehörigen Gemeinden mit einem "gemittelten Deponiepreis" ist in keiner Weise nachvollziehbar, inwiefern hiebei die Finanzkraft der einzelnen Gemeinde berücksichtigt wird. Schon aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Daß dieser "gemittelte Deponiepreis" mit der Finanzkraft überhaupt nichts zu tun hat, ergibt sich etwa daraus, daß eine finanzschwache Gemeinde, die ihren Abfall auf die billigere Deponie in F. verbringt, dafür den höheren "gemittelten Deponiepreis" zu bezahlen hätte, eine Fallkonstellation, die jedenfalls auf der Basis der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auszuschließen ist. Dies würde dem von der belangten Behörde als Begründung für den "gemittelten Deponiepreis" angegebenen Effekt des Ausgleichs zwischen finanzstarken und finanzschwachen Gemeinden völlig zuwiderlaufen. Davon abgesehen, ist weder dem O.ö. AWG 1990 noch dem GemVG zu entnehmen, daß diese Gesetze eine Handhabe für einen "Finanzausgleich" zwischen den verbandsangehörigen Gemeinden eines Bezirksabfallverbandes dergestalt bieten, daß bei eindeutig den einzelnen Gemeinden zurechenbaren Aufwänden wie es die Deponiegebühr ist, die einzelne Gemeinde nicht mit dem ihr zurechenbaren Anteil, sondern zwecks Entlastung anderer Gemeinden mit einem höheren Anteil belastet wird.
Die von der belangten Behörde gegebene Begründung ist daher nicht nachvollziehbar.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Stempelgebühren hatte die beschwerdeführende Partei gemäß § 2 Z. 2 des Gebührengesetzes 1957 (in Verbindung mit § 24 Abs. 3 VwGG) nicht zu entrichten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1997, 97/07/0157). Das diesbezügliche Mehrbegehren der beschwerdeführenden Partei war daher abzuweisen.
Wien, am 21. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998070131.X00Im RIS seit
20.11.2000