TE Vwgh Beschluss 2019/5/21 Ra 2019/19/0036

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Veröffentlicht am 21.05.2019
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht
49/01 Flüchtlinge

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
FlKonv Art1 AbschnA Z2

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des A R H, vertreten durch Dr. Manfred Korn, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 37, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2018, W264 2179048-1/9E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, stellte am 24. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er brachte vor, in Pakistan aufgewachsen zu sein. In Afghanistan drohe ihm aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Verfolgung.

2 Mit Bescheid vom 27. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe ausgeführt, dass der Revisionswerber bislang in Afghanistan nicht verfolgt worden sei. Es fehle jedoch Rechtsprechung zu der Frage, wie die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung zu beurteilen sei, wenn der Antragsteller - wie im vorliegenden Fall - in seinem Herkunftsstaat niemals aufhältig gewesen sei. Richtigerweise sei darauf abzustellen, ob eine Verfolgung "stattgefunden hätte", wenn der Antragsteller bereits vor der Flucht in seinem Herkunftsstaat aufhältig gewesen wäre. Kein Maßstab könne in einem solchen Fall aber sein, ob der Antragsteller in der Vergangenheit von Verfolgung betroffen gewesen sei.

8 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision nicht das Fehlen einer Rechtsprechung zu einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Es entspricht nämlich der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung ankommt (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2018/20/0307). Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der Mitbeteiligte bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher der Mitbeteiligte im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2017/01/0203, mwN).

9 Das Bundesverwaltungsgericht ist im vorliegenden Fall von diesen Leitlinien nicht abgewichen, sondern hat Feststellungen zur Lage in Afghanistan - insbesondere betreffend die Volksgruppe der Hazara - getroffen und ist auf dieser Grundlage zum Ergebnis gelangt, dass dem Revisionswerber entgegen seinem Vorbringen in Afghanistan aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit keine Gruppenverfolgung drohe (vgl. zum Begriff der Gruppenverfolgung etwa VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089).

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 21. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190036.L00

Im RIS seit

09.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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