TE Vfgh Beschluss 1996/12/13 G141/96, G329/96, G330/96, G331/96, G332/96, G333/96, G334/96, G335/96,

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Veröffentlicht am 13.12.1996
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
GehG 1956 §101

Leitsatz

Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung der Regelung einer Vergütung für Militärpersonen im militärluftfahrttechnischen Dienst wegen Zumutbarkeit der Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges; Anträge auf Erlassung von Feststellungsbescheiden bereits bei der Dienstbehörde anhängig

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Der Antragsteller in dem zu G141/96 protokollierten Verfahren ist ein auf die Planstelle einer "Berufsmilitärperson" der Verwendungsgruppe M BUO 2, Funktionsgruppe 2, im Planstellenbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung ernannter Beamter des Bundes. Er gehört der Besoldungsgruppe "Militärischer Dienst" an und führt den Amtstitel "Wachtmeister". Er ist auf einen Arbeitsplatz des militärluftfahrttechnischen Dienstes in der Verwendung als Militärluftfahrzeugwart I. Klasse mit Grundbefähigung eingeteilt und übt diese Tätigkeit auch tatsächlich aus. Dementsprechend bezieht er die in §101 Gehaltsgesetz 1956 vorgesehene "Vergütung im militärluftfahrttechnischen Dienst" in dem für diese Verwendung vorgesehenen Ausmaß.

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag begehrt dieser Einschreiter, der Verfassungsgerichtshof möge nachstehende Passagen des §101 GehG 1956, BGBl. 54 idF BGBl. 43/1995, als verfassungswidrig aufheben:

a) Abs2 sowie die Wendung "Abs3 bis 5" in Abs3;

in eventu

b) die Worte "für die Verwendung" im Einleitungssatz des Abs2, die Worte "1. im luftfahrttechnischen Assistenzdienst" und den Verweis auf "Z1" des §40b Abs2 in Abs2 Z1 sowie die Z2 bis 6 des Abs2 zur Gänze;

in eventu

c) Abs2 Z3 und die Wendung "Abs3 bis 5" in Abs3.

Dazu wird begründend im wesentlichen ausgeführt, die angefochtenen Gesetzesstellen seien wegen Widerspruchs zu dem in Art7 B-VG normierten Gleichheitsgrundsatz verfassungswidrig, da aufgrund dieser Bestimmungen "Militärpersonen im militärluftfahrttechnischen Dienst trotz identischer Ausbildung, Qualifikation und Tätigkeit (in militärluftfahrttechnischer Hinsicht) eine deutlich niedrigere Vergütung (erhielten) als Beamte des Allgemeinen Verwaltungsdienstes", die auf einen Arbeitsplatz des militärluftfahrttechnischen Dienstes eingeteilt sind.

Darüberhinaus begehrt der Antragsteller den Ersatz der Kosten.

1.2. Die Bundesregierung erstattete in dem zu G141/96 protokollierten Verfahren eine Äußerung, in der sie die Zulässigkeit des Individualantrages unter Hinweis auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erwirkung eines dienstrechtlichen Feststellungsbescheides bestreitet und die Zurückweisung des Antrages begehrt. Für den Fall der Bejahung der Zulässigkeit wird die Verfassungsmäßigkeit der bekämpften Regelung verteidigt und i.w. beantragt, den Gesetzesprüfungsantrag als unbegründet abzuweisen. Unter einem weist die Bundesregierung darauf hin, daß diese Äußerung auch für alle laufenden sowie alle künftigen sachverhaltsähnlichen Verfahren zur Prüfung derselben Gesetzesbestimmung gelte.

1.3. Der Antragsteller in dem zu G141/96 protokollierten Verfahren erstattete daraufhin zwei Gegenäußerungen, in denen er auf die Ausführungen der Bundesregierung repliziert und seinen Antrag aufrechterhält.

2. Die Antragsteller in den zu G329/96, G330/96, G333/96 bis G345/96, G347/96 bis G354/96 sowie G376/96 protokollierten Verfahren sind als "Berufsmilitärpersonen" bzw. "Militärpersonen auf Zeit" der Besoldungsgruppe "Militärischer Dienst" angehörige Beamte des Bundes. Sie sind - in unterschiedlichen Verwendungen - auf Arbeitsplätze im militärluftfahrttechnischen Dienst eingeteilt und üben diese Tätigkeit auch tatsächlich aus. Dementsprechend beziehen sie die im §101 GehG 1956 vorgesehene "Vergütung im militärluftfahrttechnischen Dienst" in dem der jeweiligen Verwendung entsprechenden Ausmaß.

Mit ihren Individualanträgen begehren sie die Aufhebung näher bezeichneter Teile des §101 des Gehaltsgesetzes 1956.

Hinsichtlich der behaupteten Zulässigkeit der Antragstellung und der behaupteten Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesbestimmungen ist ihr Vorbringen mit jenem des Antrages zu G141/96 im wesentlichen wortgleich; Unterschiede ergeben sich - im Hinblick auf die jeweilige Verwendung des Antragstellers - bei der Formulierung der Eventualbegehren.

3. Die Antragsteller in den zu G331/96, G332/96, G346/96, G378/96 und G379/96 protokollierten Verfahren sind den Besoldungsgruppen "Beamte der Allgemeinen Verwaltung" bzw. "Beamte in handwerklicher Verwendung" angehörige Beamte des Bundes. Sie werden zur Ausübung von Unteroffiziersfunktionen herangezogen. Sie sind in unterschiedlichen Verwendungen auf Arbeitsplätze des militärluftfahrttechnischen Dienstes eingeteilt und üben diese Tätigkeit auch tatsächlich aus. Dementsprechend beziehen sie gemäß §133 iVm §101 GehG 1956 die für ihre jeweilige Verwendung vorgesehene "Vergütung im militärluftfahrttechnischen Dienst". Die von ihnen gestellten Individualanträge stimmen im wesentlichen mit jenem zu G141/96 überein, zusätzlich wird auch die Aufhebung der Z1 sowie der Wortfolge ", die nicht Beamte in Unteroffiziersfunktion sind" in Z2 des §133 GehG 1956 begehrt.

4. Der Antragsteller in dem zu G377/96 protokollierten Verfahren ist ein der Besoldungsgruppe "Berufsoffiziere" angehöriger Beamter des Bundes. Er ist als technischer Offizier und Prüfingenieur auf einen Arbeitsplatz des militärluftfahrttechnischen Dienstes eingeteilt und übt diese Tätigkeit auch tatsächlich aus. Dementsprechend bezieht er die für seine Verwendung gemäß §153 GehG 1956 vorgesehene Vergütung im militärluftfahrttechnischen Dienst. Der von ihm gestellte Individualantrag ist auf die Aufhebung des §153 Abs2 GehG 1956 und der Wendung "Abs3 bis 5" in §153 Abs3 GehG 1956, in eventu die Aufhebung von §153 Abs2 Z1 und der Wendung "Abs3 bis 5" in Abs3 leg.cit. gerichtet. Hinsichtlich seiner Begründung stimmt dieser Antrag im wesentlichen mit den vorgenannten überein.

5. Sämtliche Einschreiter haben, dem jeweiligen Antragsvorbringen zufolge, in der hier in Rede stehenden Angelegenheit zudem bei ihrer jeweiligen Dienstbehörde I. Instanz Anträge auf bescheidmäßige Feststellung dahingehend eingebracht, daß die Vergütung im militärluftfahrttechnischen Dienst in gleicher Höhe wie einem nach Ausbildung, Qualifikation und Tätigkeit vergleichbaren Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes gebührt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestellten Anträge erwogen:

1. Wie der Verfassungsgerichtshof - beginnend mit VfSlg. 8009/1977 - in ständiger Judikatur ausspricht, setzt die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG nicht nur voraus, daß die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch die als verfassungswidrig angefochtene Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sondern sie erfordert auch, daß dieses Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam wurde. Grundlegende und unabdingbare Voraussetzung der Antragslegitimation bildet dabei der Umstand, daß das angefochtene Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden (natürlichen oder juristischen) Person berührt und - im Fall der Verfassungswidrigkeit - verletzt. Jedoch nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsberechtigung zu; es ist vielmehr auch notwendig, daß unmittelbar durch das Gesetz selbst - tatsächlich - in die Rechtssphäre des Antragstellers eingegriffen wird. Ein solcher, die Antragslegitimation begründender Eingriff in die Rechtssphäre einer Person muß jedenfalls nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt sein und die rechtlich geschützten Interessen des Betroffenen nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigen. Ein "unmittelbarer" Eingriff ist aber dann nicht gegeben, wenn dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr der - ihm durch die angebliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen generellen Norm zugefügten - Rechtsverletzung zur Verfügung steht (s. zB VfSlg. 10251/1984, 10606/1985, 10857/1986, 12019/1989, 12150/1989, 12810/1991).

2. Ein solcher zumutbarer Weg besteht grundsätzlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das dem von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normprüfungsverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof anzuregen. Wie der Verfassungsgerichtshof in Zusammenhang mit nach Art139 und 140 B-VG gestellten Individualanträgen mehrfach ausgeführt hat, ist der Partei in einem solchen Fall nur bei Vorliegen besonderer, außergewöhnlicher Umstände das Recht zur Einbringung eines Verordnungs- oder Gesetzesprüfungsantrages eingeräumt; andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Grundprinzip des Individualantrages als eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 8312/1978, 8552/1979, 8890/1980, 10251/1984, 11344/1987, 11823/1988).

3. Wie oben in Pkt. I.5. erwähnt, wurden im hier vorliegenden Zusammenhang von sämtlichen Antragstellern Anträge auf Erlassung entsprechender Feststellungsbescheide bei der jeweiligen Dienstbehörde 1. Instanz eingebracht. Den Einschreitern steht es demgemäß frei, in weiterer Folge den administrativen Instanzenzug auszuschöpfen, nach Abschluß des Verwaltungsverfahrens eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde zu erheben und darin unter Darlegung der verfassungsrechtlichen Bedenken die amtswegige Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens anzuregen. Der Verfassungsgerichtshof wäre im Falle, daß er gegen das - im Beschwerdeverfahren präjudizielle - Gesetz Bedenken ob seiner Verfassungsmäßigkeit hätte, verpflichtet, ein amtswegiges Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.

Das Beschreiten dieses Weges ist den Anfechtungswerbern nach der Lage des Falles durchaus zumutbar (vgl. VfSlg. 8187/1977, 8485/1979, 8979/1980, 10293/1984, 10591/1984, 10606/1985). Daß sie dabei ihre Bedenken gegen die bekämpften Rechtsvorschriften nicht unmittelbar beim Verfassungsgerichtshof vorbringen können und hiedurch eine gewisse Verzögerung in Kauf zu nehmen haben, vermag daran nichts zu ändern (vgl. VfSlg. 8312/1978, 8890/1980). Von ins Gewicht fallenden Nachteilen, insbesondere einer besonderen Härte für die Antragsteller kann jedenfalls nicht gesprochen werden, wenn sie auf den erörterten Weg verwiesen werden (vgl. dazu VfSlg. 8979/1980, 9285/1981, 10200/1984).

Es hat sich auch kein Anhaltspunkt für die Annahme ergeben, daß außergewöhnliche Umstände vorlägen, die den Antragstellern das Recht auf Einbringung eines Normprüfungsantrages trotz Vorliegens bereits anhängiger Verwaltungsverfahren einräumen würden (siehe dazu insbes. VfSlg. 11481/1987, 11726/1988 und 12019/1989, wonach es sogar dem Beschuldigten eines bereits anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens zumutbar ist, den administrativen Instanzenzug auszuschöpfen, um sodann im Rahmen einer nach Art144 B-VG zu erhebenden Beschwerde seine Bedenken gegen die generelle Norm an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen).

Die Anträge waren daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

Dienstrecht, Militärdienst, VfGH / Individualantrag, Feststellungsbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:G141.1996

Dokumentnummer

JFT_10038787_96G00141_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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