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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der Marktgemeinde H, vertreten durch die Fellner, Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts
Niederösterreich vom 20. Februar 2019, Zl. LVwG-AV-445/003-2015, betreffend Antrag auf Genehmigung der Änderung eines Gewinnungsbetriebsplans nach dem Mineralrohstoffgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mödling; mitbeteiligte Partei: M A GmbH in G, vertreten durch die Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Verfahrensgegenständlich ist der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Genehmigung für die wesentliche Änderung eines bestimmt bezeichneten Gewinnungsbetriebsplanes für die obertägige Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe durch Eintiefung des seit Jahrzehnten an diesem Standort befindlichen Tagbaus.
2 Mit Bescheid vom 6. März 2015 erteilte die belangte Behörde die beantragte Genehmigung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen.
3 Der den angefochtenen Bescheid behebende und die Sache an die belangte Behörde zurückverweisende Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 22. Dezember 2015 wurde mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Mai 2018, Ra 2016/04/0039, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
4 2. Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) im zweiten Rechtsgang nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die Beschwerde der Revisionswerberin, soweit sie sich auf die Vorlage eines Verkehrskonzepts für einen bestimmt bezeichneten Ortsteil des Gemeindegebiets der Revisionswerberin sowie auf damit in Zusammenhang stehende allfällige Vorschreibungen von Bedingungen und Auflagen zur Einhaltung dieses Konzepts richte, als unzulässig zurück. Im Übrigen wies es die Beschwerde der Revisionswerberin ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig. 5 In seiner Begründung hielt das Verwaltungsgericht zusammengefasst fest, die Revisionswerberin - eine Nachbargemeinde der Standortgemeinde - habe in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ihr Beschwerdevorbringen darauf beschränkt, dass nach wie vor ein Verkehrskonzept für ihren vom Projekt betroffenen Ortsteil fehle und andererseits die Interessenabwägung gemäß § 83 MinroG falsch vorgenommen worden sei.
6 Das Verwaltungsgericht traf die Feststellung, dass die zu der Gemeinde der Revisionswerberin gehörigen und innerhalb eines Radius von 300 m gelegenen Grundstücke jeweils die Widmung "Grünland, Land- und Forstwirtschaft" aufweisen würden. Die belangte Behörde habe eine Interessenabwägung vorgenommen und sei zu dem Schluss gekommen, dass das öffentliche Interesse für eine Bewilligung des Änderungsantrages spreche. Dem vorgelegten Verkehrskonzept sei zu entnehmen, dass der LKW-Anteil, der den einzubeziehenden Ortsteil der Revisionswerberin betreffe, dem üblichen Durchschnittswert auf einer derartigen Landstraße entspreche.
7 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Parteistellung der Revisionswerberin betreffend die Forderung auf Vorlage eines Verkehrskonzepts lägen wegen der Widmungsart der einzubeziehenden Grundstücke nicht vor. Die Forderungen der Revisionswerberin auf Befolgung ihrer Verkehrsgrundsätze im Rahmen der Erstellung des Verkehrskonzepts gingen daher ins Leere.
8 Der Einwand der nicht entsprechend vorgenommenen Interessenabwägung könne nicht nachvollzogen werden. Der betroffene Standort scheine als für die Mineralgewinnung vorgesehen in der überörtlichen Raumordnung auf. Der Bedarf für das abzubauende Material sei glaubwürdig dargestellt worden, wobei auch alternative Beschaffungsmöglichkeiten für den Großraum W geprüft worden seien. Zudem lasse das Projekt keine Erweiterung der jährlichen Abbaumenge erwarten, sodass sich das Verkehrsaufkommen nicht ändern werde. Es sei insgesamt von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen.
9 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
10 Die Mitbeteiligte erstattete eine Stellungnahme, in der sie vorbrachte, dass die Revision mangels Aufzeigens einer grundsätzlichen Rechtsfrage unzulässig sei.
11 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 14 4.1. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab.
15 4.1.1. Hierzu wird ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe entschieden, dass die den Nachbarn eingeräumte Parteistellung diesen das Recht vermittle, dass die Genehmigung nur dann erteilt werde, wenn ihre durch das MinroG geschützten Interessen gewahrt blieben. Die Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes habe zu unterbleiben, wenn die Nachbarn trotz Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen in Bezug auf die geschützten Güter in unzumutbarer Weise belästigt würden. Das Verwaltungsgericht habe keine entsprechende Rücksicht auf die Revisionswerberin genommen und keine Auflagen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der betroffenen Bewohner erteilt.
16 4.1.2. Soweit ein Abweichen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet wird, ist konkret darzulegen, in welchen tragenden Erwägungen das Verwaltungsgericht sich von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/16/0107, mwN). Eine Zulässigkeitsbegründung, die bloß pauschale Behauptungen, jedoch keine konkrete Rechtsfrage und auch keine Bezugnahme auf Judikatur enthält, entspricht diesen Anforderungen nicht (vgl. VwGH 30.8.2017, Ra 2017/17/0681-0684, mwN).
17 4.1.3. Das allgemein gehaltene Vorbringen der Revision ist vor diesem Hintergrund nicht geeignet, die Zulässigkeit zu begründen, zumal dieses keinen Hinweis darauf enthält, in welcher Hinsicht fallbezogen das Verwaltungsgericht den gesetzlichen Anforderungen auf Schutz der Interessen der Nachbarn nicht Genüge tue. Es wird damit kein Bezug zu dem vorliegenden Revisionsfall hergestellt.
18 4.2. Dem weiteren Vorbringen der Revision, das Verwaltungsgericht habe die Interessenabwägung gemäß § 83 Abs. 1 Z 1 MinroG 1999 unrichtig vorgenommen, ist zu erwidern, dass im Rahmen der Interessenabwägung nach dieser Gesetzesbestimmung gemäß § 83 Abs. 2 MinroG 1999 öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 1 Z 1 in der Mineralrohstoffsicherung und in der Mineralrohstoffversorgung, in der im Zeitpunkt des Ansuchens um Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes gegebenen Raumordnung und örtlichen Raumplanung, in der Wasserwirtschaft, im Schutz der Umwelt, im Schutz der Bevölkerung vor unzumutbaren Belästigungen durch den Abbau, den ihm dienenden Bergbauanlagen und den durch ihn erregten Verkehr sowie in der Landesverteidigung begründet sind. Ein Widerspruch zur "Raumordnung und örtlichen Raumplanung" stellt in diesem Zusammenhang keinen unbedingten Versagungsgrund dar, sondern ist als eines von mehreren Kriterien bei der Interessenabwägung nach § 83 Abs. 1 Z 1 MinroG 1999 zu berücksichtigen (vgl. VwGH 4.7.2016, Ra 2014/04/0015-0016). 19 Eine solche Abwägungsentscheidung kann nur jeweils einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der konkreten, mit der beantragten Änderung verbundenen Vor- und Nachteile getroffen werden. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese Gesamtabwägung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Dass eine derart krasse Fehlbeurteilung vorliegen würde, ist dem Zulässigkeitsvorbringen nicht zu entnehmen (vgl. zum Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei Abwägung im Einzelfall etwa VwGH 27.2.2019, Ra 2018/05/0280).
20 4.3. Dem Vorwurf der Unterlassung der Einholung eines raumordnungsfachlichen Gutachtens ist zu entgegnen, dass die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbenden Parteien günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa VwGH 24.10.2018, Ra 2016/04/0040, mwN). Die Revision zeigt mit ihren nicht weiter substantiierten Ausführungen in der für die Zulassung der Revision alleine maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) die Relevanz der Einholung eines (weiteren) raumordnungsfachlichen Gutachtens für den Verfahrensausgang nicht auf.
21 Die Behauptung allein, dass die Notwendigkeit der Erstellung eines (neuen) raumordnungsfachlichen Gutachtens gegeben gewesen sei, reicht nicht aus, die Relevanz der Nichteinholung dieses Gutachten aufzuzeigen, zumal das Verwaltungsgericht in seiner Begründung darauf verwiesen hat, dass der gegenständliche Standort in der überörtlichen Raumplanung für die Mineralgewinnung vorgesehen sei.
22 4.4. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. Mai 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019040048.L00Im RIS seit
03.09.2019Zuletzt aktualisiert am
03.09.2019