TE Vwgh Erkenntnis 2019/5/28 Ra 2019/22/0030

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AVG §58
AVG §60
NAG 2005 §64 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGVG 2014 §29

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des Landeshauptmannes von Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 13. November 2018, VGW-151/006/14523/2018-1, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: M Z in F, Marokko), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

1 Der Landeshauptmann von Wien (belangte Behörde, Revisionswerber) wies mit Bescheid vom 23. Juli 2018 den Antrag des Mitbeteiligten, eines marokkanischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

2 Das Verwaltungsgericht Wien (VwG) gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde statt und erteilte dem Mitbeteiligten den begehrten Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten. Weiter erklärte es eine ordentliche Revision für unzulässig.

In den Entscheidungsgründen verwies das VwG zunächst auf den Spruch des Bescheides vom 23. Juli 2018, zitierte die dagegen erhobene Beschwerde wörtlich und gab die der Beschwerde angeschlossenen Beilagen wieder. Danach folgt ab der Seite sechs zunächst der Hinweis "AB HIER MUSTER", die Berichtigung eines Schreibfehlers bezogen auf ein anderes beim VwG anhängiges Verfahren und die Darstellung eines Verfahrensganges, welcher eine Beschwerdeführerin mit pakistanischer Staatsbürgerschaft betrifft. Anschließend finden sich Feststellungen des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes, eine Beweiswürdigung sowie eine rechtliche Beurteilung, die jeweils eine pakistanische Beschwerdeführerin betreffen.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision; eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4 In ihrer Zulässigkeitsbegründung rügt die Amtsrevision ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere hinsichtlich der Begründungspflicht verwaltungsgerichtlicher Erkenntnisse (Hinweis auf VwGH 23.5.2018, Ra 2018/22/0027).

5 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

6 Der Verwaltungsgerichtshof sprach zur Begründungspflicht der Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte gemäß § 29 VwGVG bereits wiederholt aus, dass die Begründung jenen Anforderungen zu entsprechen hat, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (vgl. VwGH 23.5.2018, Ra 2018/22/0027, Rn. 9, mwN). 7 Diesen Anforderungen wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht.

8 Wie die Revision zu Recht vorbringt, beziehen sich die vom VwG getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung eindeutig auf ein anderes Verfahren betreffend eine pakistanische Staatsangehörige und nicht auf den im Spruch des Erkenntnisses angeführten Mitbeteiligten, einen marokkanischen Staatsangehörigen. Da sich Spruch und Begründung offensichtlich auf verschiedene Personen beziehen, fehlen dem angefochtenen Erkenntnis die von der Rechtsprechung geforderten Begründungselemente im Hinblick auf den im Bescheidspruch genannten Mitbeteiligten zur Gänze. Damit ist es dem Verwaltungsgerichtshof nicht möglich, die angefochtene Entscheidung in der vom Gesetz geforderten Weise einer nachprüfenden Kontrolle dahingehend zu unterziehen, ob der Mitbeteiligte alle Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 64 NAG erfüllt (vgl. neuerlich VwGH Ra 2018/22/0027, Rn. 10). 9 Das angefochtene Erkenntnis war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Wien, am 28. Mai 2019

Schlagworte

Begründung BegründungsmangelBesondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019220030.L00

Im RIS seit

10.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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