TE Vwgh Beschluss 2019/5/28 Ra 2019/05/0074

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Index

L82000 Bauordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §42 Abs1
AVG §8
BauRallg

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/05/0075

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. der Dr. A W und

2. der Mag. B W, beide in W, beide vertreten durch Dr. Christian Leskoschek, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 75- 77/12, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 6. März 2019, Zlen. LVwG-151665/4/DM und LVwG- 151730/2/DM, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde U; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Dr. K G in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). 2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

4 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0024, mwN).

5 Ferner ist nach der ständigen hg. Rechtsprechung in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Erkenntnissen wie auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht ausreicht (vgl. zum Ganzen nochmals VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0024, mwN).

6 Mit dem aufgrund der Berufungen der Revisionswerberinnen und anderer Personen gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2016 erlassenen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde U. (im Folgenden: Gemeinderat) vom 26. April 2017 (richtig: 2018) wurde der Antrag der mitbeteiligten Partei vom 16. November 2015 auf baubehördliche Bewilligung des Abbruches und Neubaus des Wohnhauses auf einem näher bezeichneten Grundstück unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen bewilligt. 7 Mit dem angefochtenen Beschluss wurden (unter Spruchpunkt I.) die von den Revisionswerberinnen gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Beschwerden als unzulässig zurückgewiesen und (unter Spruchpunkt II.) eine Revision für unzulässig erklärt. Dazu führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) unter anderem aus, dass die Revisionswerberinnen entgegen den Ausführungen des Gemeinderates im Berufungsbescheid zu belegen versuchten, dass der sogenannte P.-Graben Teil des eingereichten Bauprojektes sei, was sich für das Verwaltungsgericht jedoch weder aus den projektgegenständlichen Einreichunterlagen noch aus der Baubeschreibung und auch nicht aus den Ermittlungen der Baubehörde ergebe. Gegenstand des Bauansuchens der mitbeteiligten Partei sei der Abbruch und die Errichtung eines Alt- bzw. Neubaues. Die Einhausung des P.-Grabens sei nicht Teil des Bauvorhabens, weshalb die Revisionswerberinnen auch nicht in ihren nach der Oö. Bauordnung 1994 - Oö BauO 1994 bestehenden subjektiven öffentlichen Rechten verletzt sein könnten. Darüber hinaus sei "Sache" des Beschwerdeverfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des angefochtenen Bescheides gebildet habe. Dies sei der Abbruch und der Neubau des genannten Wohnhauses entsprechend den Einreichunterlagen, worin Baumaßnahmen am P.-Graben nicht enthalten seien, weshalb das Verwaltungsgericht auch nicht über ein Vorbringen der Revisionswerberinnen zum P.-Graben entscheiden könne. Wenn diese vorbrächten, dass der zwingend von der Wildwasser- und Lawinenverbauung geforderte Abstand von 2 m zwischen P.-Graben und Neubau nicht eingehalten werde, so seien sie darauf hinzuweisen, dass ein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn auf Einhaltung der Abstandbestimmungen nur dann verletzt werden könne, wenn der Abstand zu seiner Grundgrenze nicht eingehalten werde. 8 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Wesentlichen vor, dass der Beschluss auf Zurückweisung wegen Irrelevanz der als Vorbedingung zur Konsensfähigkeit des Bauprojektes erhobenen Instandhaltung P.- Grabeneinhausung rechtswidrig sei und die Feststellung des Verwaltungsgerichtes, "die Instandsetzung/Unterfangung des Wildbachverbaus, seien weder in den Einreichunterlagen, noch im Bauverfahren, noch im Baubescheid erkennbar", nicht nachvollziehbar sei. So habe z.B. der in der Verhandlung am 30. Mai 2016 vereinbarte, jedoch in den Einreichunterlagen dann tatsächlich nicht eingehaltene Mindestabstand von 2 m zwischen Neubau und Wildbachverbauung zur Umplanung des Bauprojektes im Berufungsverfahren geführt, und es erschließe sich nicht, wie die Richterin dies habe übersehen können, sodass die Zurückweisung bereits aus diesem Grund unrichtig sei. Folgte man der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes, müsse sich der Bauwerber überhaupt nicht um die Auflagen im Bescheid vor Errichtung seines Hauses kümmern. Die Negierung der dem Bauvorhaben vorangehenden und technisch anspruchsvollen Stützung der Wildbachverbauung mittels 12 Jochträger bis in eine Tiefe zwischen 24 bis 29 m vom Baugrundstück und durch den Konsenswerber ließe sämtliche bezughabenden Bedenken, Planungen und Einreichunterlagen und Stellungnahmen der Wildbachverbauung völlig obsolet werden. Wenn man das Bauvorhaben ohne vorhergehende Unterfangung des P.-Grabens tatsächlich durchführte, so wären unwiederbringliche Nachteile geradezu vorprogrammiert. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes verkenne, dass "durch das Bauvorhaben" kausal die vorhergehende Stabilisierung des Wildbachverbaues erfolgen müsse. Dies bewirke erst die Grundlage bzw. Voraussetzung für die baubehördliche Genehmigungsfähigkeit zum hier gegenständlichen Bauprojekt. Die bestehende Wildbachverbauung grenze praktisch unmittelbar an die geplante Baugrube an, und das monolithische Betongehäuse liege knapp zur Hälfte auch am Grundstück der Revisionswerberinnen. Gemäß den eindeutigen Ausführungen der "WLV" seien die geplanten Unterfangungsarbeiten durch den Bauwerber selbst förderungsrechtlich allerdings unvereinbar. Abgesehen von der technisch äußerst komplexen Umsetzung dieser Unterfangung seien die Kosten, die Finanzierung und ordnungsgemäße Durchführung und die Haftung durch den Bauwerber und die C. Privatstiftung für diese "Instandhaltung" überhaupt nicht erörtert und geregelt worden. Eine inhaltliche Prüfung der rechtlichen und technischen Mängel sei vom Verwaltungsgericht durch "tatsachen- und" rechtswidrige Zurückweisung verweigert worden, und es lägen wesentliche und rechtlich relevante Feststellungsmängel vor. Jedenfalls hätte das Verwaltungsgericht auch die Frage der Zulässigkeit dieser geplanten Übertragung/Auslagerung von Instandsetzungsmaßnahmen an öffentlich-rechtlichen Wasserschutzbauten an Private meritorisch klären müssen. "Entgegen allen bisherigen Judikaten betreffend nachbarrechtliche Einwendungen zur Tragfähigkeit, Hangrutschungen, gefährdende Statik etc. welche als irrelevant erachtet wurden, sollen hier bautechnisch komplexe Stützungsmaßnahmen des Wildbachverbaus auch direkt am Grundstück der Revisionswerberinnen erfolgen". Damit seien subjektiv-öffentlich-rechtliche Nachbarrechte unmittelbar betroffen, und es seien berechtigte Interessen der Revisionswerberinnen auf Bewahrung ihrer Gesundheit und Abwehr von Immissionen zu schützen. Entgegen der Begründung des Verwaltungsgerichtes hänge die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage zur Zulässigkeit der "Auslagerung" von Baumaßnahmen an öffentlichen Schutzbauten an Private ab, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.

9 Mit diesem Zulässigkeitsvorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

10 Nach der hg. Judikatur liegt eine Einwendung im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG nur dann vor, wenn das Vorbringen wenigstens die Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts durch das den Gegenstand des Bewilligungsverfahrens bildende Vorhaben erkennen lässt, was bedeutet, dass aus dem Vorbringen des Nachbarn ersichtlich sein muss, in welchem vom Gesetz geschützten Recht er sich durch die beabsichtigte Bauführung als verletzt erachtet. Wird keine solche Einwendung erhoben, verliert der Nachbar seine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren (Präklusion). Wenn von einem Nachbarn nur unzulässige Einwendungen erhoben werden, worunter vor allem solche Einwendungen zu verstehen sind, mit welchen Rechte geltend gemacht werden, für welche der Partei im Gesetz kein Nachbarrecht zuerkannt worden ist, so kommt es daher zum Verlust der Parteistellung (vgl. zum Ganzen nochmals VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0024, mwN). 11 Auf die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss in Bezug auf das Vorbringen der Revisionswerberinnen, dass der von der Wildwasser- und Lawinenverbauung geforderte Abstand von 2 m zwischen P.-Graben und Neubau nicht eingehalten werde, getroffenen Ausführungen, dass ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen nur dann verletzt werden könne, wenn der Abstand zur Grundgrenze des Nachbarn nicht eingehalten werde, geht die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht substantiiert ein. Ferner wird von ihr darin auch nicht konkret dargestellt, welche Baumaßnahmen am P.-Graben - entgegen der Beurteilung durch das Verwaltungsgericht -

in den der erteilten Baubewilligung zugrunde liegenden Einreichunterlagen projektiert seien. Ferner ist aufgrund der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht ersichtlich, inwieweit die darin angesprochene Rechtsfrage der "Zulässigkeit der ?Auslagerung' von Baumaßnahmen an öffentlichen Schutzbauten an Private" ein durch die Oö BauO 1994 den Nachbarn eingeräumtes subjektiv-öffentliches Recht berühren könne.

12 Darüber hinaus fehlt in der Zulässigkeitsbegründung jede Auseinandersetzung mit der hg. Judikatur, die konkret zu bezeichnen gewesen wäre, wobei auch eine Verknüpfung zwischen der zu individualisierenden Rechtsfrage, dem von den Revisionswerberinnen dieser konkret zugrunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes hätte vorgenommen werden müssen, um den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage zu versetzen, zu beurteilen, ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (vgl. dazu etwa VwGH 21.11.2017, Ra 2016/05/0092, mwN).

13 Aus dem genannten Vorbringen der Revision ergibt sich nicht, welche konkrete Rechtsfrage, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden soll bzw. inwieweit die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, die Beschwerde zurückzuweisen, auf einer Verkennung der Rechtslage beruhe.

14 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 28. Mai 2019

Schlagworte

Baurecht NachbarNachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050074.L00

Im RIS seit

23.08.2019

Zuletzt aktualisiert am

30.08.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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