TE Vwgh Erkenntnis 2019/5/28 Ra 2017/05/0040

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Veröffentlicht am 28.05.2019
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Index

L10013 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Niederösterreich
L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Niederösterreich
L82003 Bauordnung Niederösterreich
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
50/01 Gewerbeordnung

Norm

AVG §1
AVG §13 Abs8
BauO NÖ 1996 §2 Abs1
BauO NÖ 1996 §3 Abs1
BauPolZuständigkeitsübertragung NÖ 2017
BauPolZuständigkeitsübertragung NÖ 2017 §1
B-VG Art118 Abs7
B-VG Art119a Abs3
GdO NÖ 1973 §32 Abs4
GewO 1994 §1
GewO 1994 §1 Abs2
GewO 1994 §2
GewO 1994 §2 Abs1 Z1
GewO 1994 §2 Abs1 Z2
GewO 1994 §2 Abs3 Z2
GewO 1994 §2 Abs4
GewO 1994 §2 Abs4 Z6
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §28
VwGVG 2014 §28 Abs3

Betreff

?

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde G, vertreten durch die Donnerbauer & Hübner Rechtsanwälte GmbH in 2070 Retz, Hauptplatz 21, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 10. Jänner 2017, Zl. LVwG-AV-16/001-2017, betreffend ein Baubewilligungsverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde G; mitbeteiligte Parteien: 1. K D und 2. I D, beide in G; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Eingabe vom 3. Februar 2014 beantragten die Mitbeteiligten die Erteilung einer (nachträglichen) Baubewilligung und erstatteten in einem eine (nachträgliche) Bauanzeige für ein näher beschriebenes, aus zahlreichen Bauwerken bestehendes Bauvorhaben auf drei näher bezeichneten Grundstücken in der KG V und der KG G.

2 Gegenstand dieses Antrages sind insgesamt 20 näher angeführte Bauwerke und bauliche Anlagen, für die ein einheitliches Betriebskonzept in zwei Teilen vorgelegt wurde. Diese Bauwerke und baulichen Anlagen sind nach den Angaben im Bauansuchen alle bereits errichtet und zum Teil vom Abbruch bedroht (vgl. dazu VwGH 10.12.2013, 2010/05/0186, betreffend einen gegen die Mitbeteiligten ergangenen baupolizeilichen Auftrag; zu der davor ergangenen diesbezüglichen Versagung der Baubewilligung siehe VwGH 3.7.2007, 2005/05/0253, auf diese Entscheidung wird im Folgenden noch eingegangen).

3 Dieses Bauansuchen umfasst insbesondere

-

eine Maschinen-, Lager- und Reithalle (Bezeichnung 01) mit einer Grundrissfläche von 1.410 m2 (Fläche für die Reithalle von 1.175 m2 und einer Tribüne mit 101,90 m2)

-

einen an das Gebäude 01 angebauten Pferdestall (02) mit insbesondere 23 Boxen und Nebenräumlichkeiten für die Pferdehaltung mit einer Grundrissfläche von 870 m2 (Nutzfläche 830 m2)

-

einen Pferdestall (04) mit 34 Boxen samt angrenzenden Unterständen und Nebenräumen für die Pferdehaltung mit einer Grundrissfläche von 1.043 m2 (Nutzfläche 980 m2)

-

eine Maschinen-, Lager- und Reithalle (14) mit insgesamt

4.200 m2 (mit 20 Boxen), Teilbereich Reiten 2.520 m2 (Nutzfläche 2.349 m2); Teilbereich Maschinen + Lagerhalle 1.680 m2 (Nutzfläche

1.546 m2; Anbau: 143 m2)

-

zwei weitere Pferdeställe (10, 11) mit je 31 Boxen mit einer Grundrissfläche von je 1.002 m2 (Nutzfläche im EG 950 m2, im OG 986 m2)

-

zwei weitere Pferdeställe (16a, 16b) mit einer Grundrissfläche von 246 m2 bzw. 243 m2 (Nutzfläche: 238 m2 bzw. 232 m2).

Diese Bauten des Vorhabens nehmen allein eine Fläche von 10.016 m2 ein. Alle diese Bauten, wie auch die anderen nicht erwähnten, dienen nach dem Betriebskonzept der Pferdehaltung. Insgesamt sind 150 Stallplätze vorgesehen, wobei davon maximal 20 zur Haltung eigener Pferde zu Zucht-, Aufzucht- und Mastzwecken sowie als private Reittiere vorgesehen sind. 4 Bei den Tieren Dritter solle es sich um Reitbzw. Sportpferde, Jung- und Zuchttiere bzw. Gnadenpferde handeln. Das (nicht näher konkretisierte) Entgelt für die Einstellung von Pferden gliedere sich in einen Kostenanteil für Futter und Einstreu, einen Pauschalbetrag für die Haltung (Verwahrung, Betreuung, Fütterung) und das Zur-Verfügung-Stellen von Weiden und Auslauf sowie einen Pauschalbetrag für die Bereitstellung der Anlagen und die Möglichkeit zur Nutzung derselben.

5 Der Bürgermeister der Marktgemeinde G übermittelte den Antrag zuständigkeitshalber, da seiner Ansicht nach eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage beantragt worden sei, an die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn (im Folgenden: BH). 6 Die BH wies den Antrag mit Bescheid vom 4. September 2015 mangels Entsprechung der gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragenen Verbesserung zurück.

7 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) gab der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2015 Folge und behob den bekämpften Bescheid der BH ersatzlos. Die Mitbeteiligten hätten in ihrem Antrag ausdrücklich auf der Entscheidung der "Marktgemeinde G ..." (mithin der Baubehörde derselben) beharrt und auch im Verfahren vertreten, dass kein Sachverhalt der NÖ Bauübertragungsverordnung vorliege. Mangels Antragstellung bei der BH scheide eine Erledigung in der Sache durch die BH (somit auch ein Verbesserungsverfahren) aus.

8 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde G. vom 20. Juli 2016 wurden das angeführte Bauansuchen und die genannte Bauanzeige der Mitbeteiligten wegen Unzuständigkeit gemäß § 6 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen unter Verweis auf das bereits erwähnte hg. Erkenntnis (VwGH 3.7.2007, 2005/05/0253, im Folgenden: Vorerkenntnis) ausgeführt, dass Tätigkeiten, insbesondere das Halten von Pferden, unter den Begriff "Nebengewerbe" fielen, wenn die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspreche, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten von einem Gewerbetreibenden losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft geführt werde. Schon in diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof zu dem damaligen Bauprojekt der Mitbeteiligten unter Berücksichtigung der damit verbundenen Großbauten (Einstell- bzw. Lager- und Reithalle mit 1.378 m2, Pferdeunterstand mit Boxen samt Zubau mit 1.835 m2, Einstellbzw. Lager- und Reithalle mit 4.190 m2 und 2 Pferdeunterstandshallen mit je 1.008 m2) diese absolute Grenze der Unterstellung der Tätigkeiten unter den Begriff des "Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft" als bei weitem überschritten angesehen. Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 4 Z 6 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) für dieses Projekt habe daher keine Anwendung finden können, weshalb gemäß der NÖ Bau-Übertragungsverordnung die Zuständigkeit der BH als Baubehörde I. Instanz bestanden habe. Dies gelte

"in gleichem Maße bzw. umso mehr für das gegenständliche Bauprojekt, das im Wesentlichen dieselben Bauvorhaben umfasst (01 Maschinen-, Lager- und Reithalle 1.410 m2, 02 Pferdestall 870 m2, 04 Pferdestall samt Nebenräumlichkeiten 1.043 m2, 10 Pferdestall samt Nebenräumlichkeiten 1.002 m2, 11 Pferdestall samt Nebenräumlichkeiten 1.002 m2, 14 Maschinen-, Lager- und Reithalle 4.200 m2, 16 2 Pferdestallungen mit 246 und 243 m2) ..., sodass im Sinne der oben zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 3.7.2007 aufgrund des nach wie vor vorliegenden Erscheinungsbildes eines Gewerbebetriebes und den im wesentlichen identen Bauwerken, die auch dem Erkenntnis vom 3.7.2007 zugrunde gelegen sind, nach wie vor kein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft, sondern eine gewerbliche Tätigkeit"

vorliege. Es sei daher die Zuständigkeit der BH gegeben. 9 Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde G (im Folgenden: Gemeindevorstand) wies mit Bescheid vom 13. Dezember 2016 die dagegen erhobenen Berufungen der Mitbeteiligten ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, an der rechtlichen Beurteilung des Antrages habe sich seit dem Vorerkenntnis nichts geändert, da das "Betriebskonzept 2014" in den wesentlichen Parametern nicht "von den früher eingereichten Projekten" abweiche. Diese Parameter seien sowohl der Umfang der beantragten Großbauten als auch die Tatsache, dass die eingereichten Gebäude nach den Darlegungen im Betriebskonzept der Mitbeteiligten (Teil II, Seiten 29 f) ausschließlich oder beinahe ausschließlich der Haltung von Pferden Dritter dienten, denen (den Pferdeeigentümern), wie im Betriebskonzept (Teil II) ausgeführt werde, auch umfangreiche Gebäude für das Reiten und den Aufenthalt im Betrieb, wie Raum zum Aufbewahren des Sattelzeuges und anderer Behelfnisse (Seite 40), sowie Aufenthaltsräume und Toilettenanlagen (Seite 33) zur Verfügung gestellt würden. Überdies weise auch die im Betriebskonzept enthaltene Kostenkalkulation (Seite 31 f) darauf hin, dass sich das von Dritten verlangte Entgelt für den Einstellbetrieb nur zu einem Teil aus dem "Kostenanteil für Futter und Einstreu ... (= allfällige landwirtschaftliche Produktion)", zum anderen Teil aber aus Pauschalbeträgen für die Verwahrung, Betreuung, Fütterung und die Pflege der Pferde sowie für die Anlagenbereitstellung und die Möglichkeit der Nutzung der Anlage "(= gewerbliche Tätigkeit)" zusammensetze. Im Vordergrund stehe somit die Dienstleistung des Einstellens und der Betreuung der Pferde Dritter und die Zurverfügungstellung der Anlage für die Ausübung des Reitsportes, nicht aber eine (baurechtlich relevante) landwirtschaftliche Urproduktion. Die Antragsteller bestimmten den Umfang und Inhalt des eingereichten Bauprojektes, weshalb die Behörde nicht eigenmächtig das Betriebskonzept ändern könne, damit allenfalls eine Bewilligungsfähigkeit einzelner Bauten bzw. eine Zuständigkeit der Behörde erreicht werde.

10 Das Verwaltungsgericht gab mit dem angefochtenen Beschluss der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, Folge, hob den Berufungsbescheid auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand zurück (Spruchpunkt 1.). Unter einem wurde ausgesprochen, dass gegen diese Entscheidung eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt 2.).

Das Verwaltungsgericht führte im Wesentlichen aus, das vorliegende Betriebskonzept enthalte nicht die zur Beurteilung des Vorhabens als Gewerbe- oder landwirtschaftlicher Betrieb notwendigen Informationen zum Einstellbetrieb. Bei einem Bauprojekt in einer Grünlandwidmung gemäß § 19 Abs. 2 Z 6 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: NÖ BauO 1996) iVm § 19 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (im Folgenden: NÖ ROG 1976) müsse ein Betriebskonzept konkrete Anhaltspunkte über Umfang und Art des Landwirtschaftsbetriebes dahingehend enthalten, damit ein Sachverständiger beurteilen könne, ob sich aus der beabsichtigten Bauführung wenigstens mittelfristig ein Gewinn erzielen lasse (Hinweis auf VwGH 21.9.2007, 2005/05/0113), und im Zusammenhang mit möglichen landwirtschaftlichen Nebengewerben müsse sich daraus nachvollziehbar erschließen lassen, welche Anteile des Betriebes der Land- und Forstwirtschaft und welche dem Nebengewerbe zukommen sollten. In diesem Sinne habe das Betriebskonzept auch eine konkrete finanzielle Bewertung der geplanten Einnahmen und Ausgaben zu enthalten (Hinweis auf VwGH 21.3.2014, 2012/06/0213). Diesen Anforderungen entspreche das Betriebskonzept nicht, und die für die Beurteilung des Vorhabens als Gewerbebetrieb bzw. landwirtschaftlicher Betrieb erforderlichen Informationen zur Abstützung des Betriebes auf Einstelltiere fehlten "vollkommen". Das "Betriebskonzept 2014" verweise bloß auf ein nicht näher definiertes Entgelt für das Einstellen von Pferden ohne Umschreibung der von den Mitbeteiligten damit im Zusammenhang zu erbringenden Leistungen. Erst konkrete Angaben zum beabsichtigten Projekt und den für einen derartigen Betrieb typischen Daten ließen dessen korrekte Qualifikation und somit eine Beurteilung der Behördenzuständigkeit zu. Erst bei Vorliegen eines solchen Betriebskonzeptes könne daher beurteilt werden, ob der Betrieb dem Erscheinungsbild eines Gewerbebetriebes oder eines solchen der Land- und Forstwirtschaft entspreche (hinweis auf das Vorerkenntnis VwGH 3.7.2007, 2005/05/0253). Da die Einreichunterlagen zur geplanten Nutzung nur wenige Informationen enthielten, könne weder die Behördenzuständigkeit noch die Konsensfähigkeit des Projektes beurteilt werden. Beides lasse sich erst nach Vorliegen von den Anforderungen gemäß § 19 NÖ BauO 1996 entsprechenden vollständigen Planunterlagen beantworten. Die Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zur Entscheidung in der Sache gemäß Art. 130 Abs. 4 B-VG iVm § 28 VwGVG bestehe bei Ergänzungsbedürftigkeit des Ermittlungsverfahrens nur, wenn dies im Interesse der Raschheit und erheblichen Kostenersparnis geboten sei. Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden, wenn im Verwaltungsverfahren keinerlei Ermittlungen durchgeführt worden seien und krasse beziehungsweise besonders gravierende Ermittlungslücken oder Anhaltspunkte für eine "Delegierung" notwendiger Ermittlungen an das Verwaltungsgericht vorlägen (mit Hinweis insbesondere auf VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063). Da die von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Einreichunterlagen derart mangelhaft seien, dass weder die Behördenzuständigkeit noch die Konsensfähigkeit des Projektes festgestellt werden könne, sei der bekämpfte Bescheid aufzuheben. 11 In der dagegen erhobenen Revision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde, des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde G. (im Folgenden Revisionswerber), wird insbesondere die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

12 Die Mitbeteiligten erstatteten eine Revisionsbeantwortung und beantragten, die vorliegende Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

14 Die vorliegende Revision ist im Hinblick auf die vom Revisionswerber aufgeworfene Rechtsfrage, dass mit der vorliegenden Aufhebung des bekämpften Berufungsbescheides und der Zurückverweisung der Sache zur neuerlichen Entscheidung an den Revisionswerber gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG von der hg. Judikatur abgewichen worden sei, zulässig.

15 Der Revisionswerber macht zur Ansicht des Verwaltungsgerichtes, dass die der Entscheidung der Verwaltungsbehörden zugrunde gelegten Einreichunterlagen nicht einmal eine Beurteilung ihrer sachlichen Zuständigkeit zuließen, geltend, es werde übersehen, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem angeführten Vorerkenntnis zum praktisch identen Bauprojekt ausgesprochen habe, die Beurteilung eines Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 2 Abs. 4 GewO 1994 sei wesentlich auch am Erscheinungsbild eines Betriebes orientiert; die absolute Grenze der Unterstellbarkeit der in dieser Bestimmung aufgezählten Tätigkeiten, insbesondere des Haltens von Pferden Dritter, unter den Begriff "Nebengewerbe" (und nicht Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft) sei dort gegeben, wo die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspreche, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten auch von einem Gewerbetreibenden, losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft, geführt werde.

16 Nach dem angeführten Vorerkenntnis seien die umfangreichen Baulichkeiten (mit in Summe einer Fläche von 9419 m2), die (u.a. nach dem Betriebskonzept) überwiegend dem Einstellbetrieb zuzuordnen gewesen seien, für die Beurteilung des Erscheinungsbildes des Betriebes maßgeblich gewesen. Es sei daher auch im gegenständlichen Projekt, das im Wesentlichen dieselben Bauvorhaben umfasse wie das dem Vorerkenntnis zugrundeliegende Bauprojekt (01 Maschinen-, Lager- und Reithalle 1410 m2, 02 Pferdestall 870 m2, 04 Pferdestall samt Nebenräumlichkeiten 1.043 m2, 10 Pferdestall samt Nebenräumlichkeiten 1002 m2, 11 Pferdestall samt Nebenräumlichkeiten 1002 m2, 14 Maschinen-, Lager- und Reithalle 4200 m2, 16 zwei Pferdestallungen mit 246 m2 und 243 m2), auf das Erscheinungsbild abzustellen, sodass im Sinne des angeführten Vorerkenntnisses auf Grund des nach wie vor vorliegenden Erscheinungsbildes eines Gewerbebetriebes nach wie vor kein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft vorliege, aber auch, schon wegen der weitaus überwiegenden Pferdehaltung, keine land- oder forstwirtschaftliche Urproduktion, sondern eine gewerbliche Tätigkeit. Es komme daher die NÖ Bau-Übertragungsverordnung zur Anwendung und es sei für dieses Bauvorhaben die BH zuständig. 17 Es seien daher entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes keine weiteren Unterlagen oder Ermittlungen erforderlich, um die sachliche Zuständigkeit im vorliegenden Fall beurteilen zu können. Das eingereichte Betriebskonzept weiche auch in den wesentlichen Punkten nicht von jenem Betriebskonzept ab, das dem Vorerkenntnis zugrunde gelegen sei. Die auf den Seiten 31 und 32 dargestellte Kostenkalkulation betreffend die Tierhaltung von Pferden Dritter verweise darauf, dass das von den Dritten vereinnahmte bzw. verlangte Entgelt nur zu einem Teil aus dem Kostenanteil für Futter und Einstreu bestehe (das sei allenfalls landwirtschaftliche Produktion), zum anderen Teil aber aus Pauschalbeträgen für die Verwahrung, Betreuung und Fütterung sowie die Pflege der Pferde und für die Anlagenbereitstellung und die Möglichkeit der Nutzung der Anlagen durch die Pferdeeigentümer (dies sei eine gewerbliche Tätigkeit). Wenn man die Größe der Bauten im Zusammenhang mit der dargestellten Kostenkalkulation betreffend das Halten der Tiere Dritter betrachte, könne jedenfalls beurteilt werden, ob der Betrieb vom Erscheinungsbild her dem eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft entspreche, was im gegenständlichen Fall zu verneinen sei und auch bereits einmal in dem vom Verwaltungsgericht zitierten Vorerkenntnis konkret verneint worden sei.

18 Der Verwaltungsgerichtshof habe auf Seite 11 in diesem Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, dass "es auch dahingestellt bleiben kann, ob je nach Berechnungsmethoden von einer Über- oder Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber der landwirtschaftlichen Urproduktion ausgegangen werden kann. Allein dadurch, dass dieser Produktionszweig Baulichkeiten derartigen Umfanges erfordert, entspricht diese Tätigkeit dem Erscheinungsbild eines Betriebes, wie er von einem Gewerbetreibenden, losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft, geführt wird".

19 Da sich die aus den bereits vorliegenden Projektunterlagen erkennbaren Baulichkeiten und deren Umfang und Verwendung gegenüber dem Verfahren, das dem angeführten Vorerkenntnis zugrunde gelegen sei, nicht wesentlich geändert hätten, entspreche die vom Verwaltungsgericht aufgehobene Entscheidung des Revisionswerbers dieser Judikatur des Verwaltungsgerichthofes, während sich das Verwaltungsgericht von dieser Judikatur ohne nähere Begründung entferne. In dem angeführten Vorerkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof gerade nicht auf eine nähere Kalkulation, wie sie das Verwaltungsgericht zur Ergänzung der Projektunterlagen verlange, abgestellt.

20 Die Ansicht des Verwaltungsgerichtes, dass die Einreichunterlagen zur geplanten Nutzung nur marginale Informationen enthielten und daher derzeit nicht beurteilt werden könne, ob eine sachliche Zuständigkeit des Bürgermeisters bzw. des Revisionswerbers vorliege, könne daher nicht gefolgt werden und dies stehe auch im Widerspruch zu dem angeführten Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes. Aber selbst wenn das Verwaltungsgericht weitere Ermittlungen als notwendig erachte, hätte es diese selbst zu tätigen. Zurückverweisungen seien nur in sehr engen Grenzen zulässig, deren Voraussetzungen im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht vorlägen. Die Verwaltungsgerichte hätten nicht nur bei Vorliegen der in den Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG genannten Voraussetzungen in der Sache selbst zu entscheiden, sondern nach Maßgabe des § 28 Abs. 3 VwGVG grundsätzlich auch dann, wenn trotz Fehlens dieser Voraussetzungen die Verwaltungsbehörde dem nicht, unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens, widerspreche. Im angefochtenen Beschluss habe das Verwaltungsgericht weder Feststellungen hinsichtlich der Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG, nämlich ob es im Interesse der Raschheit oder erheblichen Kostenersparnis sei, selbst zu entscheiden, getroffen, noch begründet, warum diese Voraussetzungen nicht vorliegen sollten.

21 § 28 VwGVG normiere grundsätzlich die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, in der Sache selbst zu entscheiden. Die nach § 28 VwGVG verbleibenden Ausnahmen von der (meritorischen) Entscheidung in der Sache seien strikt auf den ihnen gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken. Dies stehe im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063).

22 Wenn das Verwaltungsgericht die Ansicht vertrete, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ein grundsätzlich eingliedriges Administrativverfahren mit nachgeordneter Kontrolle durch das Verwaltungsgericht und schließlich durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes statuiere, wobei es den Verwaltungsbehörden zukomme, den gesamten für die Entscheidung relevanten Sachverhalt zu ermitteln, stehe dies im Widerspruch zu der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Dieser sei vielmehr der Ansicht, dass mit einem restriktiven Verständnis der Ausnahmen von der - den Verwaltungsgerichten grundsätzlich zukommenden - Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache selbst insbesondere der der Einrichtung der Verwaltungsgerichte zugrunde gelegten normsetzerischen Zielsetzung entsprochen werde, einen Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne der Verfahrensbeschleunigung vorzunehmen, bedeute doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszuges gegen die dann abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt grundsätzlich nicht nur eine Verlängerung des Verfahrens, sondern führe im Ergebnis zur Befassung einer zusätzlichen Rechtsmittelinstanz, was aber aus gesetzgeberischer Sicht prinzipiell abgelehnt worden sei, wie dies die grundsätzliche Beseitigung des administrativen Instanzenzuges zeige.

23 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis nochmals auf VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063) habe das Verwaltungsgericht nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annehme, weil etwa das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint werde bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch mache. Auch dieser besonders strengen und weitgehenden Begründungspflicht habe das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss nicht entsprochen. Es sei nur ausgeführt worden, dass der Revisionswerber seiner Entscheidung Einreichunterlagen zugrunde gelegt habe, die augenscheinlich nicht einmal eine Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit des Revisionswerbers zuließen und es ihm noch weniger ermöglichten, die Konsensfähigkeit des Vorhabens zu beurteilen. Es werde jedoch nicht begründet, warum das Verwaltungsgericht eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annehme.

24 Es liege auch ein weiterer wesentlicher Rechtsirrtum des Verwaltungsgerichtes vor, wenn es offensichtlich davon ausgehe, dass der Revisionswerber oder die Behörde erster Instanz verpflichtet sei, vorerst sämtliche Unterlagen bzw. Antragsergänzungen zu verlangen, die für eine inhaltliche Entscheidung über die Konsensfähigkeit des Vorhabens erforderlich seien, obwohl es schon auf Grund der vorliegenden Unterlagen zu Recht zum Ergebnis komme, dass die Behörde erster Instanz bzw. der Revisionswerber sachlich unzuständig sei. Es könne von einer sachlich nicht zuständigen Behörde nicht verlangt werden, sozusagen entscheidungsreife Grundlagen für eine inhaltliche Entscheidung anstelle der eigentlich zuständigen Behörde zu schaffen, bevor sie ihre sachliche Unzuständigkeit ausspreche. 25 Zur anzuwendenden Rechtslage:

§ 28 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung lautet auszugsweise wie folgt:

"Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.

der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.

die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

...

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen."

Gemäß § 72 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), LGBl. Nr. 1/2015, trat dieses Gesetz am 1. Februar 2015 in Kraft. Gemäß § 70 NÖ BO 2014 in der Fassung LGBl. Nr. 106/2016 sind die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren, ausgenommen jene nach § 33 und § 35 NÖ BauO 1996 nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.

Gemäß § 2 Abs. 1 NÖ BauO 1996 ist Baubehörde erster Instanz, soweit es sich nicht um eine Stadt mit eigenem Statut handelt, der Bürgermeister. Nach § 3 Abs. 1 NÖ BauO 1996 fallen Aufgaben, die nach diesem Gesetz von den Gemeinden zu besorgen sind, in den eigenen Wirkungsbereich.

Gemäß Art. 118 Abs. 7 erster Satz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012 kann auf Antrag einer Gemeinde die Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches nach Maßgabe des Art. 119a Abs. 3 B-VG durch Verordnung der Landesregierung bzw. durch Verordnung des Landeshauptmannes auf eine staatliche Behörde übertragen werden.

§ 32 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-23, lautet:

     "(4) Auf Antrag einer Gemeinde kann die Besorgung einzelner

Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der

Landesvollziehung durch Verordnung der Landesregierung auf eine

staatliche Behörde übertragen werden ... Auf die Dauer der

Wirksamkeit einer solchen Verordnung ist die Angelegenheit des

eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde eine Angelegenheit der

staatlichen Verwaltung und als solche dem in Betracht kommenden

administrativen Instanzenzug unterworfen. ... ."

Gestützt auf diese Gesetzesbestimmung ordnet die NÖ Bau-Übertragungsverordnung 2017, LGBl. Nr. 87/2016, im § 1 Folgendes an:

"Die Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, werden aus dem eigenen Wirkungsbereich folgender Gemeinden auf nachfolgende Bezirkshauptmannschaften zur Besorgung übertragen, wobei die im § 3 genannten Angelegenheiten ausgenommen sind. Die Übertragung bezieht sich auf das gesamte Vorhaben auch wenn dieses nur teilweise der gewerbebehördlichen Genehmigungspflicht unterliegt, soweit bautechnisch ein untrennbarer Zusammenhang mit der gewerblichen Betriebsanlage besteht."

In der darauffolgenden Aufzählung ist in Spalte 1 (Gemeinden) die Marktgemeinde G angeführt und in Spalte 2 (Bezirkshauptmannschaften) als Bezirkshauptmannschaft, die in den angeführten Angelegenheiten gewerblicher Betriebsanlagen als Baubehörde zuständig ist, die Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn (BH) ab 1. Jänner 2017.

26 Für die Lösung der Zuständigkeitsfrage, nämlich, ob die Baubehörde oder die BH in erster Instanz sachlich zuständig ist, kommt es allein darauf an, ob das eingereichte Projekt eine gewerbliche Betriebsanlage darstellt. Dies ist an Hand der Bestimmungen der GewO 1994 zu beurteilen.

Gemäß § 1 Abs. 1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194, gilt dieses Bundesgesetz, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten. Gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

§ 2 GewO 1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2016 lautet auszugsweise:

"§ 2 (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:

1.

die Land- und Forstwirtschaft (Abs. 2 und 3);

2.

die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft (Abs. 4);

...

(3) Zur Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z 1) gehören

1.

...

2.

das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung

tierischer Erzeugnisse;

... ."

...

(4) Unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z 2) sind zu verstehen:

...

6. Fuhrwerksdienste mit anderen als Kraftfahrzeugen sowie das Vermieten und Einstellen von Reittieren;

... ."

27 § 2 GewO 1994 nimmt Tätigkeiten, die die im § 1 leg. cit. beschriebenen Merkmale der Gewerbsmäßigkeit enthalten, vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung aus. Liegen solche Tätigkeiten vor, hat die angeführte Übertragungsverordnung keinen Anwendungsbereich. Ausgenommen ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 die Land- und Forstwirtschaft, zu der u.a. gemäß § 2 Abs. 3 Z 2 GewO 1994 das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse gehört. Im Rahmen der im § 2 Abs. 4 GewO 1994 angeführten Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft ist gemäß Z 6 dieser Bestimmung das Vermieten und Einstellen von Reittieren erfasst.

28 Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem angeführten Vorerkenntnis VwGH 3.7.2007, 2005/05/0253, zur Frage, ob ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 2 Z 2 GewO 1994 vorliegt, folgende Ausführungen aus seinem Erkenntnis (VwGH 5.9.2001, 98/04/0182) wiedergegeben:

"Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 26. Februar 1991, Zl. 90/04/0147 (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0178), ausgeführt hat, enthalten die Tatbestände des § 2 Abs. 4 leg. cit. nicht insgesamt eine Definition des Begriffes ‚Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft', vielmehr sind dort lediglich die Typen jener Tätigkeiten angeführt, die unter diesen Begriff fallen. Dieser Begriff enthält indessen über die Merkmale der ausdrücklich vorgesehenen einzelnen Tätigkeitstypen hinaus noch weitere Begriffsmerkmale, die allerdings nicht in Form einer ausdrücklichen Legaldefinition in die Gewerbeordnung Eingang gefunden haben. Diesem Begriff wohnen, unabhängig von der Typisierung der einzelnen nebengewerblichen Tätigkeiten in § 2 Abs. 4 leg. cit., die Begriffsmerkmale einer mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundenen Erscheinungsform und der Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber der Land- und Forstwirtschaft inne. Das Kriterium der mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundenen Erscheinungsform macht im Einzelfall Feststellungen darüber erforderlich, inwiefern die von einem Land- bzw. Forstwirt ausgeübten Tätigkeiten, die an sich dem Typus eines Nebengewerbes nach den in § 2 Abs. 4 leg. cit. aufgezählten Tatbeständen entsprechen, mit dem land- bzw. forstwirtschaftlichen Betrieb organisatorisch verflochten sind, wobei sich eine absolute Grenze der Unterstellbarkeit solcher Tätigkeiten unter den Begriff des ‚Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft' dort ergibt, wo die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspricht, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten von einem Gewerbetreibenden losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft geführt wird."

29 Als Erfordernisse für das Vorliegen eines Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft hat der Verwaltungsgerichtshof einerseits festgestellt, dass diese nebengewerbliche Tätigkeit mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbunden und gegenüber der Land- und Forstwirtschaft untergeordnet sein muss. Andererseits gibt es aber eine absolute Grenze der Unterstellbarkeit solcher Tätigkeiten unter den Begriff des "Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft". Diese absolute Grenze ist dort anzunehmen, wo die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspricht, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten von einem Gewerbetreibenden losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft geführt wird.

30 Der Verwaltungsgerichtshof hatte in dem dem Vorerkenntnis zugrundeliegenden Bauprojekt von einem Vorhaben auszugehen, bei dem 100 Einstellplätze, nämlich 30 für die Zucht und Mast von Pferden und 70 für die Haltung von Einstelltieren, vorgesehen waren. An Großbauten waren eine Einstell- bzw. Lager- und Reithalle in der Größe von 1378 m2, ein Pferdeunterstand mit Boxen samt Zubau von 1035 m2 plus 800 m2, gesamt also 1835 m2, eine Einstell-, Lager- und Reithalle von 4190 m2, zwei Pferdeunterstandshallen von jeweils 1008 m2, also insgesamt Baulichkeiten für das Einstellen von Pferden im Ausmaß von 9419 m2 geplant, die nach dem Betriebskonzept zu 70 % dem Einstellbetrieb zuzuordnen waren.

31 Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof in dem angeführten Vorerkenntnis weiter Folgendes aus:

"Gerade diese umfangreichen Baulichkeiten (in Summe 9.419 m2), die überwiegend (nach dem Betriebskonzept zu 70 %, nach dem Vortrag in der Verhandlung zu mehr als 75 %) dem Einstellbetrieb zuzuordnen sind, prägen das Erscheinungsbild, auf welches die Rechtsprechung entscheidend abstellt. Es mag sein, dass dieser Produktionszweig mit der Urproduktion (durch ausschließliche Verwendung eigenen Futters) verbunden ist und es kann auch dahingestellt bleiben, ob je nach Berechnungsmethoden von einer Über- oder Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber der Urproduktion ausgegangen werden kann. Allein dadurch, dass dieser Produktionszweig Baulichkeiten derartigen Umfanges erfordert, entspricht diese Tätigkeit dem Erscheinungsbild eines Betriebes, wie er von einem Gewerbetreibenden, losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft, geführt wird. Es ist daher der Rechtsauffassung der Verwaltungsbehörden zu folgen, dass die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 4 Z. 6 GewO für dieses Projekt keine Anwendung finden kann. Daraus folgt aber auch, dass auf diese Betriebsanlage die Bestimmungen der §§ 74 ff Gewerbeordnung Anwendung finden, sodass die BH zu Recht ihre Zuständigkeit als Baubehörde im Sinne der NÖ Bauübertragungsverordnung wahrgenommen hat."

32 Der Verwaltungsgerichtshof hat also angesichts der Baulichkeiten in einem derartigen Umfang, wie sie für das Einstellen von Pferden in dem Projekt vorgesehen waren, ausgesprochen, dass diese Tätigkeit dem Erscheinungsbild eines Betriebes, wie er von einem Gewerbetreibenden, losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft, geführt wird, entspricht. Im Hinblick darauf spielte es seiner Ansicht nach keine Rolle, dass dieser Produktionszweig des Einstellens von Pferden mit der Urproduktion (durch die ausschließliche Verwendung eigenen Futters) verbunden war, und es konnte auch dahingestellt bleiben, ob je nach den anzuwendenden Berechnungsmethoden von einer Über- oder Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber der Urproduktion auszugehen war.

33 Zur Zulässigkeit der Aufhebung von Bescheiden durch ein Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG im Sinne insbesondere des hg. Erkenntnisses VwGH 26.6.2014,

Ro 2014/03/0063, ist Folgendes auszuführen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausgesprochen, dass in dem im § 28 VwGVG insgesamt verankerten System die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird dabei insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwas schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

34 Auch die Notwendigkeit weiterer Gutachten oder zulässige Projektänderungen und die mit zulässigen Projektänderungen verbundenen Verfahrensschritte und ebenso die Notwendigkeit einer (weiteren) mündlichen Verhandlung rechtfertigen grundsätzlich eine Aufhebung und Zurückverweisung nicht (vgl. VwGH 27.2.2019, Zlen. Ra 2018/05/0054 und Ra 2018/05/0157).

35 Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage, ob die vorgelegten Einreichunterlagen (Einreichpläne, Baubeschreibung, Betriebskonzept) ausreichend waren, um die Frage der Zuständigkeit des Bürgermeisters der Marktgemeinde G bzw. des Revisionswerbers oder der BH zu entscheiden. Für den Fall, dass diese Frage zu verneinen ist, muss beantwortet werden, ob durch diese Mangelhaftigkeit der Einreichunterlagen eine Aufhebung des Berufungsbescheides gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG gerechtfertigt war.

36 Wenn man das verfahrensgegenständliche Bauprojekt mit jenem Bauprojekt vergleicht, das dem angeführten Vorerkenntnis zugrunde gelegen ist, ist dem Revisionswerber Recht zu geben, dass es sich dabei um ein weitgehend identes Bauvorhaben handelt. Auch das vorliegende Bauprojekt dient ausschließlich oder überwiegend dem Einstellen von fremden Pferden (nach dem vorgelegten Betriebskonzept 130 bis maximal 150; im früheren Projekt 70 von insgesamt 100 Einstellplätzen). An Großbauten für das Einstellen von Pferden sind im Vorprojekt solche mit einer Grundfläche von 9419 m2 vorgesehen gewesen, während im verfahrensgegenständlichen Projekt gleichartige Großbauten mit einer Fläche von 10.016 m2 geplant sind. Die Art und der Umfang der angeführten Großbauten ergibt sich in eindeutiger Weise aus den vorgelegten Einreichplänen, auf die das Verwaltungsgericht nicht eingeht. Auf der Grundlage der Einreichunterlagen (Einreichpläne, Baubeschreibung und Betriebskonzept) sind die Baubehörden unter Beachtung der vom Verwaltungsgerichtshof in dem angeführten Vorerkenntnis zu einem gleichartigen Projekt der Mitbeteiligten vertretenen Rechtsauffassung zutreffend davon ausgegangen, dass bei dem verfahrensgegenständlichen Projekt vom Erscheinungsbild her im Hinblick auf das Einstellen von Pferden Dritter ein Betrieb vorliegt, wie er von einem Gewerbetreibenden, losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft, geführt wird, und kein landwirtschaftliches Nebengewerbe. Der Umstand, dass nunmehr ein weiteres verbindendes Element zur Landwirtschaft der Mitbeteiligten vorliegt, nämlich die Düngergewinnung von allen eingestellten Pferden für den landwirtschaftlichen Betrieb, ändert an der Beurteilung des vorgesehenen Betriebes des Einstellens von Pferden Dritter nichts.

37 Der Revisionswerber weist auch zutreffend darauf hin, dass nach dem Vorerkenntnis dann, wenn sich eindeutig das Erscheinungsbild eines Gewerbebetriebes ergibt, die Frage der Über- und Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber der landwirtschaftlichen Urproduktion, die nach unterschiedlichen Berechnungsmethoden erfolgen kann, keine Rolle spielt. Für die letztlich maßgebliche Beurteilung nach dem sich aus dem Projekt ergebenden Erscheinungsbild der vorgesehenen Tätigkeiten war es auch nicht von Bedeutung, dass im Betriebskonzept das für das Einstellen von Pferden von Dritten verlangte Entgelt betragsmäßig nicht konkret bestimmt war und auch die verschiedenen geplanten Kostenanteile nicht konkret betragsmäßig ausgewiesen waren. Es ergab sich aber, dass für das Einstellen von Pferden neben einem Kostenanteil für Futter- und Einstreu (mit selbst erzeugtem Futter) ein Pauschalbetrag für die Haltung (Verwahrung, Betreuung und Fütterung) und für das Zur-Verfügung-Stellen von Weiden und Auslauf sowie für die Anlagenbereitstellung und die Möglichkeit der Nutzung der Anlagen durch die Pferdeeigentümer (insbesondere der Reithallen) vorgesehen war.

38 Da die verfahrensgegenständlichen Projektunterlagen als ausreichend zu beurteilen sind, um die Frage des allfälligen Vorliegens eines Gewerbebetriebes und damit die Frage der zuständigen Behörde im Bauverfahren in erster Instanz beantworten zu können, war die Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit durch den angefochtenen Beschluss gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig zu erkennen.

39 Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 28. Mai 2019

Schlagworte

sachliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017050040.L00

Im RIS seit

22.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

22.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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