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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §8 Abs1Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2019/20/0044Ra 2019/20/0045Ra 2019/20/0046Ra 2019/20/0047Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in den Rechtssachen der Revisionen 1. des M H,
2. der M G, 3. der J H, 4. der J H und 5. des S H, alle in W, alle vertreten durch Dr. Eva Maria Barki, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Landhausgasse 4, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts je vom 22. Jänner 2019, 1. I403 2162875- 2/3E, 2. I403 2162871-2/3E, 3. I403 2162874-2/4E, 4. I403 2162873- 2/4E, und 5. I403 2162876-2/4E, jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerber sind Staatsangehörige von Ägypten. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet und die Eltern der minderjährigen Drittbis Fünftrevisionswerber.
2 Nach den unbestritten gebliebenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts verfügte der Erstrevisionswerber in der Zeit von 10. August 2011 bis 14. August 2016 über Aufenthaltsbewilligungen nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) für den Zweck "Studierender". Er war ab dem Wintersemester 2011/2012 als außerordentlicher und ab dem Studienjahr 2014/2015 als ordentlicher Hörer an einer österreichischen Universität zugelassen. Er hat allerdings keine Prüfung absolviert, sondern war ab dem Jahr 2011 immer wieder im Bereich der Gastronomie beschäftigt.
3 Den Zweit- bis Fünftrevisionswerbern, die dem Erstrevisionswerber im Jahr 2013 nach Österreich gefolgt (Zweit- und Fünftrevisionswerber) bzw. hier geboren sind (Dritt- und Viertrevisionswerberin), wurden, jeweils abgeleitet vom Ehemann bzw. Vater, zum Zweck der Familiengemeinschaft - zuletzt ebenfalls bis 14. August 2016 gültige - Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt.
4 Die von den Revisionswerbern in der Folge gestellten Verlängerungsanträge wurden rechtskräftig abgewiesen. 5 Die Revisionswerber beantragten sodann die Erteilung von Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen nach § 55 AsylG 2005. Diese Anträge wurden im Instanzenzug abgewiesen und gegen sie Rückkehrentscheidungen erlassen (Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juli 2018).
6 Am 2. September 2018 hätten die Revisionswerber nach Ägypten abgeschoben werden sollen. Die Zweitrevisionswerberin, die zur Durchsetzung der Abschiebung am 31. August 2018 festgenommen wurde, stellte im Zuge dieser Amtshandlung für sich und ihre Kinder Anträge auf internationalen Schutz. Der Erstrevisionswerber, der ebenfalls am 31. August 2018 aufgrund eines Festnahmeauftrages des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl hätte festgenommen werden sollen, aber nicht angetroffen wurde, stellte einen solchen Antrag am 3. September 2018.
7 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies die Anträge der Revisionswerber mit den Bescheiden vom 14. Dezember 2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten als auch von subsidiär Schutzberechtigten ab. Es erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ jeweils Rückkehrentscheidungen, stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerber nach Ägypten zulässig sei und legte fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise jeweils 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
8 Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit den nunmehr bekämpften Entscheidungen (jeweils mit einer hier nicht weiter maßgeblichen Abänderung eines Spruchpunktes) als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils nicht zulässig sei.
9 Die Revisionswerber brachten zunächst beim Verwaltungsgerichtshof Anträge auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung von außerordentlichen Revisionen ein. Diese wurden vom zuständigen Berichter (§ 14 Abs. 2 VwGG) wegen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung abgewiesen (Beschluss vom 11. Februar 2019). Die Behandlung der an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerden wurde von diesem mit Beschluss vom 13. März 2019, E 352 - 356/2019-10, abgelehnt sowie die an diesen Gerichtshof gestellten Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen. Unter einem wurden die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der Folge wurden die gegenständlichen Revisionen eingebracht. 10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 13 Die Revisionswerber machen einen Verstoß des Bundesverwaltungsgerichts gegen die Verhandlungspflicht geltend. Mit ihrem Vorbringen zeigen sie aber nicht auf, dass das Verwaltungsgericht von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 BFA-VG aufgestellten Leitlinien, nach denen dieser Bestimmung zufolge von der Durchführung einer Verhandlung Abstand genommen werden darf, abgewichen wäre (siehe zum Verständnis der in dieser Bestimmung enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" ausführlich VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).
14 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden (vgl. VwGH 11.2.2019, Ra 2019/20/0009; 4.3.2019, Ra 2019/14/0035, jeweils mwN). Dies gelingt den Revisionswerbern nicht.
15 Wenn sich die Revisionen betreffend die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz gegen die Annahme des Bestehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative wenden, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht darauf Bezug nehmende Erwägungen nicht angestellt hat, sondern allein davon ausgegangen ist, die Revisionswerber wären im Fall ihrer Rückkehr in ihr Heimatland keiner Situation ausgesetzt, die zur Verletzung des nach Art. 3 EMRK garantierten Rechts führen werde (sh. S. 44 f. der Begründung der angefochtenen Entscheidungen).
16 Nach der Rechtsprechung ist bei der von den Revisionswerbern angesprochenen Beurteilung eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0250, mwN).
17 In den Revisionen wird nicht aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien missachtet hätte und die Beurteilung unvertretbar erfolgt wäre.
18 Von den Revisionswerbern werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 29. Mai 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200043.L00Im RIS seit
20.08.2019Zuletzt aktualisiert am
20.08.2019