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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BFA-VG 2014 §21 Abs7Betreff
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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision der K O, vertreten durch Dr. Paul Koppenwallner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neutorgasse 12, als bestellter Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch die Wiedenbauer Mutz Winkler & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Neutorgasse 12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2018, Zl. I420 2209860- 1/2E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist eine Staatsangehörige Nigerias und stellte am 10. Jänner 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, den sie zusammengefasst damit begründete, von einem Freund ihres Vaters, bei dem sie nach dessen Tod aufgewachsen sei, seit ihrem fünften Lebensjahr wiederholt vergewaltigt worden zu sein. Bei einem erneuten Vergewaltigungsversuch ihres Ziehvaters sei die Ziehmutter in das Zimmer gekommen, woraufhin ihr Ziehvater ihr die Geste des Kehledurchschneidens gedeutet hätte. Daraufhin sei sie geflohen. 2 Mit Bescheid vom 12. Oktober 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig sei und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig. 4 Begründend erachtete das BVwG das Fluchtvorbringen aus näher dargestellten Gründen für nicht glaubhaft. Selbst bei Wahrunterstellung des Vorbringens der Revisionswerberin handle es sich dabei um eine befürchtete Verfolgung durch eine Privatperson aus nicht asylrelevanten Gründen. Umstände, die im gegenständlichen Fall gegen eine Schutzfähigkeit und -willigkeit der nigerianischen Behörden sprechen würden, seien nicht aufgezeigt worden. Zudem stehe der Revisionswerberin eine innerstaatliche Fluchtalternative offen.
5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, welche zu ihrer Zulässigkeit zum einen vorbringt, das BVwG habe zu Unrecht und abweichend von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen. Zum anderen macht sie mit näherer Begründung geltend, dem angefochtenen Erkenntnis hafte eine unvertretbare und nicht nachvollziehbare Beweiswürdigung an und es seien veraltete Länderberichte herangezogen worden. 6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 Soweit die Revision einen Verstoß des BVwG gegen die Verhandlungspflicht geltend macht, ist zunächst festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt ist, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; aus der jüngeren Rechtsprechung vgl. auch VwGH 28.8.2018, Ra 2018/18/0390). 11 Die Revision vermag mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen, dass das BVwG von diesen Leitlinien abgewichen wäre. Ob das von der Revisionswerberin erstattete Beschwerdevorbringen ein substantiiertes Bestreiten der Beweiswürdigung darstellt, kann im Revisionsfall aber dahingestellt bleiben, weil es der Revisionswerberin mit dem Beschwerdevorbringen nicht gelang, den Alternativbegründungen des BFA, denen sich auch das BVwG anschloss, die Revisionswerberin habe eine mangelnde Schutzfähigkeit und -willigkeit Nigerias nicht dargelegt und ihr stehe darüber hinaus eine innerstaatliche Fluchtalternative offen, substantiiert entgegenzutreten. Diesbezüglich erschöpft sich das weitere Beschwerdevorbringen nämlich darin, dass Passagen der vom BFA herangezogenen Länderberichte wiedergegeben werden. Damit war der Sachverhalt jedoch in einem bereits für sich tragenden Punkt im Sinne der hg. Rechtsprechung zur Verhandlungspflicht nicht als ungeklärt zu betrachten, weshalb das BVwG letztlich von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen durfte (vgl. VwGH 25.4.2018, Ra 2017/18/0311, mwN). Im Übrigen gelingt es auch der Revision nicht, den - tragfähigen - Alternativbegründungen Konkretes entgegenzuhalten.
12 Wenn die Revision weiter die Beweiswürdigung des BVwG beanstandet, ist darauf hinzuweisen, dass eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwirft (vgl. VwGH 1.3.2019, Ra 2018/18/0446, mwN). Dass die Beweiswürdigung des BVwG mit derartigen Mängeln behaftet ist, vermag die Revision nicht darzutun.
13 Wenn die Revisionswerberin schließlich veraltete Länderberichte ins Treffen führt, so ist auszuführen, dass die Zulässigkeit einer Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 14.3.2019, Ra 2019/18/0068-0072, mwN). Mit dem von der Revision ins Treffen geführten Bericht mit Stand Jänner 2019 - der im Übrigen von dem im Dezember 2018 erlassenen Erkenntnis nicht hätte berücksichtigt werden können - gelingt es der Revisionswerberin nicht aufzuzeigen, dass sie im Falle ihrer Rückkehr in ihren nach Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechten verletzt werden würde. 14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 5. Juni 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180048.L00Im RIS seit
19.07.2019Zuletzt aktualisiert am
19.07.2019