TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/20 W162 2209576-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.05.2019
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Entscheidungsdatum

20.05.2019

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W162 2209576-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende und die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER, BA MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 24.10.2018, betreffend Streichung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" aus dem Behindertenpass, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses, ausgestellt am 23.12.2014, mit einem Grad der Behinderung von 70 v.

H. Er beantragte unter Vorlage eines Konvoluts an medizinischen Unterlagen am 02.05.2018 (einlangend) beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass.

2. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für HNO vom 02.07.2018, basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass unter Anwendung der Einschätzungsverordnung ein Grad der Behinderung in Höhe von 60 v.H. vorliege. Zudem wurde inhaltlich die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt.

3. Zur weiteren Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.09.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung am 31.07.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass unter Anwendung der Einschätzungsverordnung ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 v.H. vorliege. Zudem wurde auch von diesem Sachverständigen inhaltlich die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt.

4. In der Folge wurde von der belangten Behörde eine Gesamtbeurteilung des bereits befassten Sachverständigen vom 19.09.2018 mit dem Ergebnis eingeholt, dass unter Anwendung der Einschätzungsverordnung ein Grad der Behinderung in Höhe von 70 v.H. sowie die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorliege.

5. Beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen langte am 04.10.2018 eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein, wonach sich dieser mit dem Ergebnis der Gutachten nicht zufrieden zeigte.

6. Anlässlich des Parteiengehörs, wonach sich der Beschwerdeführer mit dem Ergebnis nicht zufrieden zeigte, wurde eine Stellungnahme vom ärztlichen Sachverständigen vom 23.10.2018 eingeholt. Dabei wurde ausgeführt:

"In der Beschwerde wird angegeben, dass die Mobilität stark eingeschränkt wäre und kurze Wegstrecken von 150-200 m nicht schmerzfrei und ohne Pause zurückgelegt werden könne. Diese Angaben stehen im Widerspruch zu den, im Befundbericht vom 2018 festgestellten objektivierbaren Funktionsstörungen (Periphere arterielle Verschlusskrankheit - PAVK IIA)

Bei diesem Grad der Durchblutungsstörung kann davon ausgegangen werden, dass eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m zumutbar und möglich ist.

Befundnachreichung: Dr. med. XXXX Allgemein Medizin 9.10.2018 Hiermit wird bestätigt, dass Hr. XXXX am 9.10.2018 unter einem beginnenden Erysipel am re. USCH leidet, außerdem ist der re. USCH ödematös geschwollen.

Dabei handelt es sich um eine kürzlich erstellte Diagnose, welche derzeit ohne Behinderungsrelevanz ist, da ein Anhalten von Funktionseinschränkungen im behinderungswirksamen Ausmaß, und voraussichtlich länger als 6 Monate, nicht ausreichend wahrscheinlich ist.

Insgesamt ergeben sich daher keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich noch nicht adäquat berücksichtigter, behinderungswirksamer Funktionseinschränkungen und daher auch insbesondere in Hinblick auf die beantragte Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, keine Änderung des Gutachtens."

7. Mit - dem hier nicht verfahrensgegenständlichen - Bescheid der belangten Behörde vom 24.10.2018 wurde der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen. Verwiesen wurde auf das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens.

8. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24.10.2018 hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht mehr vorlägen. Die Zusatzeintragung im Behindertenpass sei daher zu streichen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die genannte Zusatzeintragung auf Grund des Ergebnisses des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 23.10.2018 nicht mehr vorlägen.

9. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben, worin im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass seine Hauterkrankung trotz offener Wunden an Füßen und Händen nicht untersucht worden sei. Weiters seien seine unteren Extremitäten nicht überprüft worden, ein Zehen-, Fersen- und Einbeinstand seien nicht möglich. Er könne auch nur ca. 150 bis 200 m gehen und bräuchte dann eine Pause von ca. zwei Minuten, da starke Schmerzen in den Beinen auftreten würden.

10. Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 15.11.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

11. Aufgrund der Einwendungen des Beschwerdeführers wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie aufgrund persönlicher Untersuchung vom 28.02.2019 eingeholt. Darin wurde Folgendes auszugsweise ausgeführt:

"...

Gesamtmobilität - Gangbild: Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Gehhilfe, das Gangbild hinkfrei und unauffällig, zügig, Barfußgang ist geringgradig breitspurig und endlagig leicht dysmetrisch. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

STELLUNGNAHME:

ad 1) Diagnosenliste:

1) Hochgradige bis an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beidseits

2) Tinnitus

3) Diabetes melitus, diabetische Polyneuropathie und Mikroangiopathie

4) Diabetische Nephropathie

3) Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule

6) periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium Ila

7) Abnützungserscheinungen an Knie- und Hüftgelenken beidseits

ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Nein. Es liegen Abnützungserscheinungen im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten vor. Das Ausmaß der Funktionseinschränkungen kann jedoch eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m und Überwinden von Niveauunterschieden ausreichend begründen.

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit führt zu keiner maßgeblichen Gangleistungsminderung.

Bei diabetischer Polyneuropathie liegt keine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung vor.

ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Nein. Es liegt keine Erkrankung vor, die zu einer Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit führt, Diabetische Nephropathie führt zu keiner maßgeblichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit.

ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor?

Nein. Die diabetische Polyneuropathie führt zu keiner erheblichen Gangbildbeeinträchtigung.

ad 5) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor? Nein.

ad 6) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor? Nein.

In welchem Ausmaß wirken sich die festgestellten Leidenszustände nach ihrer Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus?

Die hochgradige bis an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beidseits und Tinnitus stellen kein Leiden dar, welches das Zurücklegen kurzer Wegstrecken bzw. Benützen öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen würde.

Diabetes mellitus mit Folgeerkrankungen führen zu keiner maßgeblichen Einschränkung der Gehstrecke, 300-400 m zurückzulegen ist zumutbar und möglich. Ausreichende Standsicherheit und Trittsicherheit ist gegeben, sodass der Transport im öffentlichen Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert ist.

Die Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule und Knie-und Hüftgelenke sind geringgradig ausgeprägt, eine maßgebliche Beeinträchtigung liegt nicht vor.

Eine höhergradige periphere arterielle Verschlusskrankheit, welche das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300-400 m verunmöglichen würde, ist weder anhand des klinischen Untersuchungsergebnisses noch anhand entsprechender Befunde objektivierbar.

Auf die allfälligen Schmerzzustände (Art und Ausmaß) ist Stellung zu nehmen, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen.

Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden.

Anhand des beobachteten Gangbilds - mit Schuhen nahezu unauffällig, der sicheren Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (analgetische Bedarfsmedikation) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustande, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten.

Zu zumutbaren therapeutischen Optionen oder Kompensationsmöglichkeiten betreffend die festgestellten Leidenszustände ist Stellung zu nehmen.

Hinsichtlich Beschwerden des Bewegungsapparates ist die Option der Intensivierung von multimodalen konservativen Behandlungsmöglichkeiten gegeben.

ad 7) Stellungnahme zu den Einwendungen des BF, Abl. 69

Entgegen dem Vorbringen konnten keine offene Wunden an den Füßen festgestellt werden.

Eine höhergradige Beeinträchtigung der Gesamtmobilität und der Gelenke der unteren Extremitäten konnte nicht festgestellt werden. Festgestellt werden konnten geringgradige Ödeme im Bereich beider unterer Extremitäten, eine Beeinträchtigung der Gelenksfunktion der Sprunggelenke liegt jedoch nicht vor.

Hinsichtlich Schmerzen in den Beinen und Schaufensterkrankheit wird auf die Möglichkeit der Intensivierung der analgetischen Therapie verwiesen. Auch bei Nierenfunktionseinschränkung ist eine analgetische Therapie unter entsprechender Berücksichtigung möglich.

Bei der Begutachtung konnte jedoch keine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung festgestellt werden.

Die Hörminderung und der Tinnitus bedingen keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

ad 8) Stellungnahme zu allfälligen von den angefochtenen Gutachten Abl. 52-55 und 56 bis 57 abweichenden Beurteilungen.

Keine abweichende Beurteilung.

ad 9) Feststellung ob bzw. wann eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Dauerzustand. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.

10) Wurden im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung Befunde vorgelegt, welche der Neuerungsbeschränkung unterliegen? Wenn ja, Stellungnahme, ob aus den neu vorgelegten Befunden eine andere medizinische Beurteilung abzuleiten wäre.

Nachgereichte bzw. im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung vorgelegte Befunde: Bericht Dr. XXXX , 25. 1. 2019 (Insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ Il mit Nephropathie und Polyneuropathie, Mikroangiopathie der unteren Extremitäten, Verdacht auf Schlafapneusyndrom, Sensibilität ab Unterschenkelmitte herabgesetzt, Optimieren der Diabetestherapie, Gabapentin empfohlen) - keine neuen Informationen, eine andere Beurteilung wäre daraus nicht abzuleiten.

Laborwette (von BF notiert): Kreatinin 1,4 bzw. 1,7, GFR 50/40 - bekannte Nierenfunktionseinschränkung, keine neue Information. Die Voraussetzung für eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel resultiert daraus nicht."

12. Mit Schreiben vom 11.03.2019 wurden dem Beschwerdeführer, nachweislich zugestellt am 14.03.2019, und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich zur Kenntnis gebracht und ihnen die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Am 19.03.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Darin verwies er im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen und brachte vor, dass er beim Zurücklegen einer Gehstrecke von ca. 200 m starke Schmerzen habe und eine Pause von zwei Minuten machen müsste. Beim Weitergehen verkürze sich diese Wegstrecke auf ca. 100 m und je weiter er gehe umso mehr Pausen müsse er machen. Die Durchblutung und Nerven seiner Füße seien geschädigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Streichung der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" aus dem Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Allgemeines

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vom 24.10.2018 die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass gestrichen.

1.2. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Hochgradige bis an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beidseits; Tinnitus; Diabetes melitus, diabetische Polyneuropathie und Mikroangiopathie; Diabetische Nephropathie; Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule; periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium Ila; Abnützungserscheinungen an Knie- und Hüftgelenken beidseits

1.3. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar. Die Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung liegen zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt nicht vor. Keine der vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen bewirkt die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich, das Ein- und Aussteigen ist bei Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten möglich, auch das Stiegen steigen ist möglich. Der sichere Transport ist gewährleistet, das Anhalten ist dem Beschwerdeführer uneingeschränkt möglich. Es liegt keine Funktionsbeeinträchtigung vor, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zuließe.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.: Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2. und 1.3.: Die Feststellungen zum Ausmaß und zur Beurteilung der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie vom 28.02.2019 aufgrund persönlicher Untersuchung ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Gutachten vervollständigt und bestätigt im Wesentlichen die von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten.

Sämtliche vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die befasste Sachverständige hat sich eingehend damit auseinandergesetzt. Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Streichung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" im Behindertenpass führt, gründet sich auf die durch die belangte Behörde und das Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten. Unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten medizinischen Unterlagen und nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers wurde festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer zum aktuellen Zeitpunkt zumutbar ist.

Die Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie hatte nach persönlicher Untersuchung nachvollziehbar ausgeführt, dass keines der in der Diagnoseliste festgehaltenen Leiden eine Funktionsbeeinträchtigung bewirke, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zuließe. Trotz der vorliegenden Funktionseinschränkungen (Hochgradige bis an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beidseits; Tinnitus; Diabetes melitus, diabetische Polyneuropathie und Mikroangiopathie;

Diabetische Nephropathie; Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule;

periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium Ila;

Abnützungserscheinungen an Knie- und Hüftgelenken beidseits) erfüllt der Beschwerdeführer die Voraussetzungen der Zumutbarkeit.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde moniert, dass seine offenen Wunden an Händen und Füßen nicht geprüft worden seien, so ist festzuhalten, dass im Rahmen der Begutachtung am 28.02.2019 keine offenen Wunden an den Füßen objektiviert werden konnten. Es konnten lediglich geringgradige Ödeme im Bereich beider unterer Extremitäten festgehalten werden, wodurch jedoch keine Beeinträchtigung der Gelenksfunktion der Sprunggelenke gegeben ist.

Wenn der Beschwerdeführer in seinem Beschwerdevorbringen und in der Stellungnahme moniert, dass er lediglich 200 m zurücklegen könne und dabei unter starken Schmerzen leide sowie eine zweiminütige Pause einlegen müsse bevor er weitergehen könne, so ist darauf zu verweisen, dass die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers im Zuge einer persönlichen Untersuchung nach der Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt und im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt wurden. Zudem führte die befasste Sachverständige nachvollziehbar in ihrem Gutachten aus, dass das Ausmaß der Funktionseinschränkungen zwar eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 m und Überwinden von Niveauunterschieden ausreichend begründen kann, dies dem Beschwerdeführer jedoch zumutbar und möglich ist. Darüber hinaus führte die befasste Sachverständige schlüssig aus, dass im Rahmen der Begutachtung eine ausreichende Standsicherheit sowie Trittsicherheit, ein hinkfreies und unauffälliges, zügiges Gangbild objektivierbar sowie ein Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken sowie ein Einbeinstand ebenfalls mit Anhalten kurz und eine tiefe Hocke ansatzweise durchführbar waren. Weiters ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer selbstständig gehend ohne Gehhilfe zu der ärztlichen Begutachtung erschienen ist. Daraus erschließt sich, dass der Beschwerdeführer über ausreichend Beweglichkeit in den unteren Extremitäten verfügt, sodass er in der Lage ist, in öffentliche Verkehrsmittel ein- und auszusteigen sowie einen Sitzplatz zu suchen.

Hinsichtlich dem Vorbringen über die bestehenden Schmerzen in den Beinen sowie der Schaufensterkrankheit führte die befasste Sachverständige nachvollziehbar aus, dass anhand des beobachteten Gangbilds - mit Schuhen nahezu unauffällig, der sicheren Gesamtmobilität, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (analgetische Bedarfsmedikation) - sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände ergibt, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwerten.

Wenn der Beschwerdeführer moniert, dass seine Wirbelsäule nicht untersucht worden sei, so ist festzuhalten, dass die befasste Sachverständige in ihrem Gutachten vom 28.02.2019 nachvollziehbar ausführt, dass der Schultergürtel und das Becken horizontal, in etwa im Lot, stehen und regelrechte Krümmungsverhältnisse vorliegen. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet und die Halswirbelsäule in allen Ebenen frei beweglich. Die Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule sind geringgradig ausgeprägt, somit liegt keine maßgebliche Beeinträchtigung vor.

Weiters führte die befasste Sachverständige nachvollziehbar und schlüssig aus, dass eine höhergradige periphere arterielle Verschlusskrankheit, welche das Zurücklegen einer Wegstrecke von 300 bis 400 m verunmöglichen würde, weder anhand des klinischen Untersuchungsergebnisses noch anhand entsprechender Befunde objektivierbar ist.

Darüber hinaus hält die Sachverständige in ihrem Gutachten fest, dass bei diabetischer Polyneuropathie keine erhebliche Gangbildbeeinträchtigung vorliegt sowie die hochgradige bis an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beidseits und Tinnitus kein Leiden darstellen, welches das Zurücklegen kurzer Wegstrecken bzw. das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen würde.

Zudem ist im Zusammenhang mit dem Beschwerdevorbringen darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme zum Gutachten vom 28.02.2019 keinerlei Beweismittel zur Unterstützung seines Vorbringens vorgelegt hat und vielmehr auf sein bisheriges Vorbringen verwiesen hat. Auch in der vorliegenden Beschwerdeschrift hat der Beschwerdeführer keinerlei Beweismittel zur Unterstützung seines Vorbringens vorgelegt.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen waren sohin nicht geeignet, eine Änderung der getroffenen Beurteilung vorzunehmen. Es wurden keine neuen Beweismittel vorgelegt.

Der erkennende Senat kommt zu dem Ergebnis, dass das eingeholte Gutachten nachvollziehbar, schlüssig und glaubwürdig die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel begründet.

Der Beschwerdeführer ist dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des medizinischen Sachverständigengutachtens. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass das Sachverständigengutachten auf einer persönlichen Untersuchung basierte. Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde insgesamt umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Das eingeholte Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§9 Abs. 1 Z3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen (§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise).

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen).

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 263/2016 wird u.a. Folgendes ausgeführt:

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080.

Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (VwGH vom 22.10.2002, 2001/11/0258).

Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, wurde in den von der belangte Behörde und in dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, zum Teil auf persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers basierenden, Sachverständigengutachten nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen.

Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie vom 28.02.2019 aufgrund persönlicher Untersuchung am selben Tag wird als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Die für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" erforderlichen Voraussetzung erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, erheblicher Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder psychischer, neurologischer und intellektueller Fähigkeiten und Funktionen bzw. das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankungen des Immunsystems oder eine hochgradige Sehbehinderung sind beim Beschwerdeführer nicht erfüllt.

Es ist daher im Beschwerdefall zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevanten Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind und resultiert daraus keine geänderte Beurteilung. Das Vorbringen steht nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.

Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W162.2209576.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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