Entscheidungsdatum
17.05.2019Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §92 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Landesrechtspflegerin Ott über die Beschwerde des A. B., vertreten durch C. D., gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 68, vom 14.08.2017, Zl. …, mit welchem gemäß § 92 Abs. 3 Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 Kostenersatz vorgeschrieben wurde,
zu Recht e r k a n n t:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Kostenbescheid bestätigt.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und maßgeblicher Sachverhalt
Mit dem angefochtenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 68, vom 14.08.2017, Zl. …, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 3 Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, BGBl. Nr. 159 in der derzeit geltenden Fassung, der Kostenersatz für das Entfernen der aus dem Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-1 ausgeflossenen Flüssigkeit von der Straße mit öffentlichem Verkehr in Wien, E.-gasse, vorgenommen durch die MA 68 – Feuerwehr und Katastrophenschutz am 11.08.2017 von 16.25 bis 17.22 Uhr, in der Höhe von 459,66 Euro vorgeschrieben. Angeordnet wurde dazu, dass der Betrag binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides an der Kassa der Magistratsabteilung 68 – Feuerwehr und Katastrophenschutz, Am Hof 9, 1010 Wien, zu erlegen oder mittels beiliegenden Zahlscheines bei sonstiger Exekution einzuzahlen ist.
Der Beschwerdeführer führt in seinem gegen den spruchgegenständlichen Bescheid gerichteten Rechtsmittel wie folgt aus:
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit großer Verwunderung habe ich Ihr Schreiben bzw. Rechnung erhalten und möchte gegen den Bescheid folgende Beschwerde einbringen:
Ich habe mein Auto am Abend des 10.8.2017 in der E.-gasse abgestellt und offenbar über einem Öl/Benzinfleck geparkt – der jedenfalls schon zuvor an dieser Stelle gewesen sein muss!
Ich fahre mit diesem Auto auch seither ohne irgendein Vorkommnis, es verliert nachweislich kein Benzin, kein Öl, - der Fleck muss also von einem anderen Fahrzeug, das zuvor an dieser Stelle geparkt hat, stammen. Die Besorgnis eines Nachbarn galt also zu Unrecht meinem Fahrzeug!
Auch hat sich dieser Öl/Benzinfleck an einer auch „unverdächtigen“ Stelle befunden – Höhe Beifahrertüre – dort befindet sich weder der Tank noch eine Leitung.
Aus den genannten Gründen lege ich Beschwerde gegen die von mir nun geforderte Kostenübernahme ein!
Mit freundlichen Grüßen
A. B.
i.V. C. D. (Ehefrau)“
Das voran zitierte Rechtsmittel wurde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes zur Zahl … zur Entscheidung an das Verwaltungsgericht Wien vorgelegt.
Der Verbesserungsauftrag des Verwaltungsgerichts Wien vom 11.09.2017 folgend wurde am 20.09.2017 eine entsprechende Vollmacht, lautend auf die Ehefrau des Beschwerdeführers, vorgelegt.
Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich Folgendes:
Der Vorfall wird laut Einsatzbericht der belangten Behörde (Auszug vom 13.08.2017) wie folgt beschrieben:
„Aufgrund eines technischen Defekts in der Benzinleitung war ca. 1l Kraftstoff aus dem PKW W-1 (…) ausgeflossen. Dieses wurde von uns mittels 2kg Bindemittel aufgefangen und gebunden.“
Aus dem Einsatzbericht der LPD Wien, PI F., ist Folgendes zu entnehmen:
„Am 11.08.2017 wurde der StkW … (G. und ML) via LLZ nach Wien, E.-gasse beordert.
Einsatzgrund: Benzin läuft aus Auto
An der EÖ konnten wir einen PKW in … mit dem beh. KZ.: W-1 wahrnehmen. Unter dem Auto war ein leichtes Tropfen des Treibstoffes wahrnehmbar. Grund dessen wurde vom ML die Feuerwehr verständigt (…).
Von der Feuerwehr wurde das Tropfen des Treibstoffes gestoppt, die Lacke anschließend fachgerecht versorgt.
Der KFZ Besitzer wurde über den Sachverhalt fernmündlich - …, Hr. B. i.K. gesetzt. Das Auto ist zum Verkaufen, und ein Zettel mit Telnr. war deswegen an der Seitenscheibe befestigt. Dadurch wurde eine EKIS Anfrage unterlassen.
Auff. i.K. ...“
Das Verwaltungsgericht Wien übermittelte in weiterer Folge die voran zitierten Einsatzberichte zur Kenntnisnahme an den vertretenen Beschwerdeführer.
Am 26.09.2017 langte folgende Stellungnahme ein:
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Dankeschön für die Übersendung der Einsatzberichte von Polizei und Feuerwehr.
Aus dem Einsatzbericht der Feuerwehr ist nur ableitbar, dass ausgelaufenes Benzin mit 2kg Bindemittel aufgefangen und gebunden wurde. Es wurde weder Benzin abgepumpt (der Tank war bei Inbetriebnahme durch mich voll), noch eine Benzinleitung abgedichtet.
Dass dieses Benzin zuvor genau aus diesem Auto ausgelaufen ist, wird allerdings nicht belegt, sondern lediglich behauptet!
? Der Tank war auch nach dem Einsatz der Feuerwehr voll, es ist kein Benzin ausgelaufen, das tut es auch nach Inbetriebnahme des PkW bis heute nicht !
? Es hätte ja der ganze Tank auslaufen müssen, dann hätte ich das Auto auch nicht in Betrieb nehmen können.
? Das Auto kann dazu jederzeit besichtigt oder begutachtet werden. Dadurch kann auch festgestellt werden, dass keine Veränderungen bzw. Reparaturen vorgenommen wurden, und die Benzinleitungen im Originalzustand sind.
? Hier wird ein Zusammenhang hergestellt, der (Benzinfleck am Boden und Auto, welches dort parkt) nicht den Tatsachen entspricht.
Mit der Bitte um Kenntnisnahme und freundlichen Grüßen
C. D.
(i.V. A. B.)“
Rechtslage
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 3 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Gemäß § 92 Abs. 1 StVO 1960 ist jede gröblich oder die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung verboten.
Nach § 92 Abs. 3 StVO 1960 können Personen, die diesem Verbot zuwiderhandeln zur Entfernung, Reinigung oder zur Kostentragung für die Entfernung oder Reinigung verhalten werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerdeführer war am 11.08.2017 unbestritten Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen W-1, welches sich am 11.08.2017 in der Zeit von 16:25 Uhr bis (zumindest) 17:22 Uhr in Wien, E.-gasse auf einer öffentlichen Verkehrsfläche befunden hat. Der Beschwerdeführer ist daher grundsätzlich für den ordnungsgemäßen Zustand dieses Kraftfahrzeuges verantwortlich gewesen (vgl. VwGH 24.11.1977, 1037/76). Laut Beschwerdevorbringen wurde das Fahrzeug bereits am 10.08.2017 abends am Einsatzort abgestellt.
Im Hinblick auf die Aktenlage, insbesondere im Hinblick auf den Einsatzbericht der LPD Wien vom 11.08.2017 sieht es das Verwaltungsgericht Wien als erwiesen an, dass aus dem am 11.08.2017 in Wien, E.-gasse abgestellten KFZ mit dem Kennzeichen W-1 Treibstoff ausgeflossen ist. Demnach war unter dem Auto ein leichtes Tropfen des Treibstoffes wahrnehmbar und wurde dieses Tropfen in weiterer Folge von der Feuerwehr gestoppt und die Lacke fachgerecht versorgt. Das Verwaltungsgericht Wien mutet den vor Ort seienden Exekutivbeamten der LPD als auch den Einsatzkräften der Wiener Feuerwehr zu, die Wahrnehmung maßgeblicher Sachverhalte eines im ruhenden Verkehr befindlichen KFZ richtig wiederzugeben.
Bloße Verunreinigungen durch ausgeflossene Flüssigkeiten fallen unter die Bestimmungen des § 92 StVO 1960, (Hinweis auf VfGH vom 11. Juni 1977, B 121/76-6, VfSlg 8055) der in seinem Absatz 3 die Behörde ausdrücklich dazu ermächtigt, die Kosten der Entfernung von Verunreinigungen sowie der Reinigung der Straße jenen Personen aufzuerlegen, die hiefür verantwortlich sind (Hinweis auf VwGH vom 24.11.1977, 1037/76, VwSlg 9438 A/1977, VwGH vom 24.4.1981, 2772/79).
Dabei ist auch davon auszugehen, dass dieser Umstand neben dem bloßen negativen Effekt der Verunreinigung der Straße auch zu einer Gefährdung der Straßenbenützer führen kann (Gleit- und/oder Brandgefahr, Umweltschäden; vgl. OGH 20.4.1967, 11 Os 195/66). Daher muss in Situationen wie im vorliegenden Fall rasch reagiert werden, es kann nicht z.B. zugewartet werden, bis der/die Zulassungsbesitzer/-in ausgeforscht ist und dieser sodann angehalten werden, die Verunreinigung selbst zu entfernen.
Nach ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes ist ein Verschulden für ein Zuwiderhandeln gegen die Vorschrift des § 92 StVO 1960 nicht vorauszusetzen, da schon die bloße Verursachung der Verunreinigung genügt. Nach dem Ingerenzprinzip ist jeder, der einen Gegenstand auf einer Verkehrsfläche verwendet, verpflichtet, all daraus entstehenden Gefahren abzuwenden, die er - wenn auch rechtmäßig und schuldlos – herbeigeführt hat. Der Begriff des Verursachens im Sinne des Herbeiführens umfasst daher nicht nur – in der Kette der Kausalität – Handlungen oder Unterlassungen, die unmittelbar zu einem Erfolg bzw. zu einer Gefährdung führen, sondern auch solche, die die Voraussetzung für den Eintritt einer Gefahr erst schaffen.
Es besteht daher im Sinne dieser Judikatur kein Zweifel daran, dass etwa die Verwendung eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Verkehr durch Abstellen oder Lenken desselben eine Gefährdung herbeiführt, wenn am Fahrzeug auch ohne Verschulden oder unmittelbar unerlaubtes Handeln oder Unterlassen ein Gebrechen auftritt, das zu einer Gefährdung führt.
Aus der Wortfolge des § 92 Abs. 3 StVO „…zuwiderhandeln, können, abgesehen von den Straffolgen…“ ergibt sich, dass auch nicht strafbares Zuwiderhandeln (z.B. eines ohne Verschulden – Vorwerfbarkeit eines Verhaltens) zur Kostentragung verpflichtet (vgl. ähnliche Bestimmungen des § 89a Abs. 7 StVO, wonach grundsätzlich das Verursachungsprinzip – und nicht das Verschuldensprinzip gilt).
Die für die Entfernung oder Reinigung der Straße zunächst der Behörde entstandenen Kosten im Sinne des § 92 Abs. 3 StVO stellen für die Behörde zweifellos einen Schaden dar. Erste Voraussetzung für die Zurechnung eines Schadens an einen anderen als den Geschädigten ist aber – auch bei Verneinung der Abhängigkeit der Ersatzpflicht von einem allfälligen Verschulden – die Verursachung.
Dass das Ausfließen von flüssigen Stoffen aus Kraftfahrzeugen auf die Straße keinesfalls allgemein üblich ist, liegt auf der Hand, weshalb der Einsatz der Feuerwehr zwecks fachkundiger Beseitigung der ausgeflossenen Flüssigkeit im konkreten Anlassfall durchaus gerechtfertigt war, ebenso wie die Kostenvorschreibung an den Beschwerdeführer als der für den Zustand seines Fahrzeuges verantwortlichen Person.
Die Kosten für die Entfernung der Flüssigkeit nach § 92 Abs. 3 StVO (für das Hilfeleistungslöschfahrzeug für die Dauer von 58 Minuten sowie der Verwendung von Absodan Universalbindemittel) erfolgte zu Recht, weshalb spruchgemäß zu erkennen war.
Schlagworte
Verunreinigung der Straße; Gefährdung; Reinigung; Kostentragung; Verursacherprinzip; VerschuldensprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.251.082.RP19.12458.2017Zuletzt aktualisiert am
04.07.2019