Entscheidungsdatum
23.01.2019Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
L510 2213101-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RA Dr. Wolfgang BLASCHITZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2018, Zl: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 67 Abs. 1 und 3, 70 Abs. 3 FPG idgF, § 18 Abs. 3 BFA-VG idgF, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
1. Die Ehegattin der beschwerdeführenden Partei (bP), XXXX , geboren am XXXX , zog im Jahr 2006 zu ihrem Vater nach Österreich.
Am 09.01.2007 stellte die bP persönlich bei der österreichischen Botschaft in Ankara/Türkei einen Erstantrag auf Zuerkennung des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger von Österreicher" unter Berufung auf ihre Ehe mit der österreichischen Staatsangehörigen XXXX . Diesem Antrag wurde stattgegeben und die bP reiste legal ins Österreichische Bundesgebiet ein.
In der Folge wurden die Aufenthaltstitel von der Niederlassungsbehörde auf ihre Anträge hin immer wieder verlängert. Zuletzt stellte sie fristgerecht am 17.11.2014 beim Magistrat der XXXX einen Antrag auf Verlängerung ihres Aufenthaltstitels. Bei der Antragsstellung konnte sie ihren originalen Reisepass nicht vorzeigen, da er laut ihren Angaben von der Polizei abgenommen wurde. Ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger von Österreicher" wurde ihr bis dato nicht erteilt. Die Niederlassungsbehörde ersuchte am 16.04.2015 das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) um Stellungnahme (§ 25 Abs. 1 NAG) im Verlängerungsverfahren.
Am 02.05.2007 nahm die bP erstmals eine Beschäftigung auf. Während ihres Aufenthalts im österreichischen Bundesgebiet ging sie immer wieder unzusammenhängender Beschäftigung nach. Die restliche Zeit lebte sie und ihre Familie von Sozialleistungen in Form von Arbeitslosengeldbezug, Notstandshilfe und Überbrückungshilfe.
Sie wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX , Zahl XXXX , rechtskräftig mit XXXX , wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier 4 Jahren verurteilt.
Sie wurde am 19.05.2016 von der Justizanstalt XXXX in die Justizanstalt XXXX überstellt, wo sie derzeit in Strafhaft angehalten wird. Laut aktueller Vollzugsinformation ist der Entlassungstermin mit XXXX festgesetzt.
Mit Schreiben des BFA wurde der bP Parteiengehör zur beabsichtigten weiteren Vorgangsweise - Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots - geboten.
Am 29.09.2016 übermittelte ihre Gattin per e-Mail folgendes Schreiben:
"Sehr geehrte/r Damen und Herren!
Mein Mann XXXX , geboren am XXXX befindet sich derzeit im Gefängnis ( XXXX ). Er müsste Ihnen, die von Ihnen zugeschickten Unterlagen bezüglich Visum innerhalb von 2 Wochen zurücksenden. Aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse hat er es nicht geschafft die Unterlagen fristgerecht zu schicken. Hiermit möchte ich eine Verlängerung der 2 Wochenfrist. Ich würde mich über eine Verlängerung sehr freuen und wäre ihnen sehr dankbar!
Im Anhang sende ich ihnen auch einen Vollmacht
Mit freundlichen Grüßen
XXXX "
Diesem Schreiben angehängt war eine Vertretungsvollmacht.
Mit Schreiben vom 29.09.2016 übermittelten die bP folgende Stellungnahme:
"...Hinsichtlich Ihres Schreibens vom 16.9.2016 kann ich ihre Fragen wie folgt beantworten
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Ich habe meine jetzige Gattin Frau XXXX in der Türkei geheiratet und sie ist österreichische Staatsbürgerin und daher bin ich 2010 mit dem Flugzeug nach Österreich gekommen.
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Ich bin seit 2010 durchgehend in Österreich gemeldet und hatte in meinen ersten beiden Jahren ein Visum befristet auf ein Jahr und seit 2012 ein Visum auf drei Jahre befristet.
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Ich habe die Volksschule, Hauptschule und Matura in der Türkei besucht und zwei Jahre war ich auf der Uni in der Türkei, habe das Studium abgebrochen und bin gelernter Bäcker.
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XXXX (Ehefrau) wohnhaft in 1XXXX , geboren am XXXX , österreichische Staatsbürgerin
XXXX (Sohn), geboren am XXXX , österreichischer Staatsbürger
XXXX (Tochter) geboren am XXXX , österreichische Staatsbürgerin
XXXX (Tochter), geb. am XXXX , österreichische Staatsbürgerin
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XXXX , Türkei
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Ich befinde mich seit Februar 2015 in Haft. Davor habe ich als Bäcker bei der Firma XXXX (Bäckerei) in XXXX gearbeitet.
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Ich habe gemeinsam mit meiner Gattin und meinen drei Kindern unter der der oben angeführten Adresse als Hauptmieter gewohnt. Meine Familie wohnt immer noch dort.
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Ich werde in meinem Heimatland nicht strafrechtlich verfolgt.
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Meine Familie (Gattin und drei gemeinsame Kinder) lebt in Österreich und ich will natürlich weiterhin für diese da sein und gemeinsam mit ihnen leben. Ich bereue meine Tat und werde nach meiner Entlassung ein straffreies Leben führen. Ich ersuche dieses beweisen zu dürfen. Weiters möchte ich angeben, dass ich, falls ich in die Türkei abgeschoben werde eine Haftstrafe zu befürchten habe, da ich bei XXXX in die Schule gegangen bin und in der jetzigen politischen Situation nicht sehr förderlich ist.
Mit der Bitte um positive Entscheidung verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
XXXX "
2. Am 26.03.2018 um 08:30 erfolgte bei der PI XXXX einer niederschriftliche Einvernehme in der die bP über ihre Möglichkeiten betreffend Asylantrag informiert wurde. Sie gab gegenüber den Beamten an, dass sie zur Zeit keinen Asylantrag stelle und dass sie sich genau überlege, ob es dadurch für sie zu Schwierigkeiten im Heimatland (Türkei) kommen kann. Sie hätte ja weiter noch die Möglichkeit, mit einem Sozialarbeiter der Justizanstalt XXXX ihre Meinung zu ändern. Ihr eigentliches Ziel sei es, bei ihrer Familie zu bleiben, da sie sich hier bereits eine Existenz aufgebaut hätte. Ihre Eltern und ihre 8 Geschwister seien noch in der Türkei und wenn sie dort zu Besuch sei, wohne sie bei ihrem Vater. Dort bei ihrem Vater sei auch die Polizei gewesen hätte sich über sie erkundigt. Mehr könnte sie zurzeit nicht angeben.
Am 05.04.2018 ging folgendes, mit 03.04.2018 datiertes, Ersuchen um Besprechung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein:
"Sehr geehrte Herren/Damen!
Mein Schreiben an Sie betrifft den letzten Besuch eines Ihrer Kollegen, leider nannte er seinen Namen nicht! Da ich derzeit in Haft bin, wurde mir meine Aufenthaltsgenehmigung widerrufen! Nun, da ich aber in Österreich verheiratet bin und auch Kinder habe, steht es für mich außer Frage zurück in die Türkei zu gehen! Würde Sie deshalb ersuchen, mir Ihren Kollegen nochmals vorbei zu schicken um genaueres zu besprechen und erfahren, was ich tun muß um einen Antrag auf Asyl in Österreich zu erhalten! Oder eine etwaige neue Aufenthaltsgenehmigung! Bitte Sie daher mir umgehendst Ihren Kollegen zu einer persönlichen Besprechung zu senden!
Dankend
XXXX "
Daraufhin fuhren am 11.12.2018 Beamte des Stadtpolizeikommandos XXXX , in die Justizanstalt XXXX um die bP zur erkennungsdienstlichen Behandlung und im Anschluss zur Asyleinvernahme nach XXXX abzuholen.
Beim Fahrzeug angekommen teilte die bP in gebrochenem Deutsch mit, dass sie keinen Asylantrag stellen möchte, sondern glaubte, dass sie eine Aufenthaltsberechtigungskarte erhalten werde. Ihr wurde mitgeteilt, dass dies nicht der Fall ist, sondern heute ein Asylantrag mit Dolmetscher vorgesehen ist. Daraufhin teilte sie mit, dass sie dies nicht mache und in den nächsten Tagen mit ihrem Rechtsanwalt Rücksprache halten werde.
3. Die bP befindet sich aktuell in der Justizanstalt XXXX in Strafhaft, ihr Entlassungstermin wurde mit XXXX festgesetzt.
4. Mit im Spruch angeführten Bescheid erließ das BFA gemäß § 67 Absatz 1 und 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, gegen die bP ein unbefristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Absatz 3 Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde der bP kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Absatz 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Das BFA stellte fest, dass die ersten drei Dienstverhältnisse der bP von 02.05.2007 bis 18.06.2008, vom 01.07.2008 bis 08.09.2008 und vom 09.09.2008 bis 31.01.2009 eine durchgehend anrechenbare Beschäftigungsdauer von ca. 20 Monaten ergeben. Daraus resultiert eine Berechtigung nach Artikel 6 Abs. 1 3. Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80. Somit falle die bP unter das Assoziationsabkommen mit der Türkei und es wird gegen sie nur ein Aufenthaltsverbot erlassen und keine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot.
Das BFA gelangte zur Auffassung, dass aufgrund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts der bP das Recht auf Daueraufenthalt zukomme.
Zum anzuwendende Gefährdungsmaßstab führte das BFA aus, dass Im Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 16.01.2014, Rs C-400/12, ausgeführt wurde, dass der Aufenthaltszeitraum von zehn Jahren grundsätzlich ununterbrochen gewesen sein muss und vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung des Betroffenen an zurückzurechnen ist. Weiters wurde im Rahmen der Auslegung des Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38 festgestellt, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung durch ein nationales Gericht dazu angetan ist, deutlich zu machen, dass der Betroffene die von der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats in dessen Strafrecht zum Ausdruck gebrachten Werte nicht beachtet. Da der Grad der Integration der Betroffenen die wesentliche Grundlage sowohl für das Daueraufenthaltsrecht als auch für die Regelung zum Schutz vor Ausweisungsmaßnahmen, die beide in der Richtlinie 2004/38 vorgesehen sind, bildet, sind die Gründe, die es rechtfertigen, dass Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts nicht berücksichtigt werden, oder dass sie die Kontinuität des Aufenthalts für die Zwecke dieses Rechtserwerbs unterbrechen, auch bei der Auslegung des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a dieser Richtlinie heranzuziehen.
Daraus folgt, dass Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke der Gewährung des verstärkten Schutzes nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 keine Berücksichtigung finden können und dass diese Zeiten die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich unterbrechen.
Die bP wurde am XXXX (rechtskräftig XXXX) vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter der Aktenzahl XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 verurteilt, die sie derzeit absitzt. Folglich habe sie von jetzt an zehn Jahre zurückgerechnet keinen ununterbrochenen Aufenthalt und bei ihr ist nicht der Gefährdungsmaßstab gem. § 67 Abs. 1 5. Satz anzuwenden.
Im Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2012, 2012/21/0181, wird dazu ausgeführt, dass bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, Art. 28 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie bestimmt, dass eine Ausweisung nur aus "schwerwiegenden" Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt werden darf, wobei zwar auch hier gemäß Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie auf das persönliche Verhalten abzustellen ist, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, insgesamt aber ein größeres Ausmaß an Gefährdung verlangt wird. Und es muss angenommen werden, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung sondern (arg. a minori ad maius) auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen ist.
Folglich darf gegen sie nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Diese liegen jedoch bei ihr vor.
Das BFA ging nach Prüfung der Aktenlage davon aus, dass der weitere Aufenthalt der bP im Bundesgebiet aufgrund des ihrer Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle und in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwider laufe. Dies sei insbesondere nach § 67 Abs. 3 FPG anzunehmen und liege in Ihrem Fall vor.
Die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbots sei im Interesse der Bevölkerung geboten. Ein amtswegiger Durchsetzungsaufschub habe daher nicht erteilt werden können.
Es sei davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes geboten sei, weil sie durch ihr oben geschildertes Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.
Mit Verfahrensanordnung wurde der bP ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
5. Mit Schriftsatz vom 09.01.2019 wurde durch die Vertretung der bP Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid erhoben.
6. Am 17.01.2019 langte die Rechtssache bei der zuständigen Gerichtsabteilung des BVwG ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Das BFA stellte fest, dass die Identität der bP feststeht. Sie ist türkischer Staatsangehöriger und muslimischen Glaubens. Sie wurde am XXXX in der Türkei geboren. Sie beherrscht die türkische Sprache, ist gesund und arbeitsfähig. Sie wurde in Ankara/Türkei geboren, wo sie die Volks- und Mittelschule besuchte. Im Anschluss daran besuchte sie sog. XXXX -Schule und hatte nach deren Abschluss die Berechtigung Religionsunterricht zu erteilen was sie in XXXX in Ankara auch tat. 2002 heiratete sie ihre damals 14-jährige Frau XXXX nur nach islamischem Recht, 2006 folgte die standesamtliche Trauung. 2004 absolvierte sie sechs Monate eine militärische Grundausbildung in der Türkei und war XXXX . Etwa 2005 hielt sie sich für etwa ein Jahr in Kairo auf, wo sie ihre Arabisch Kenntnisse erweiterte. 2006 kehrte sie wegen Problemen mit ihrem Visum in die Türkei zurück und arbeitete als Tischler und Islamlehrer für Kinder in einer Moschee. Ihre Frau zog im Jahr 2006 zu ihrem Vater nach Österreich, wobei sie aus finanziellen Gründen selbst nach Österreich kam. Seit 2007 hält sie sich in Österreich auf, arbeitete zeitweise als Lagerarbeiter, Botendienstfahrer und als geringfügig Beschäftigter bei mehreren XXXX . Darüber hinaus gab sie XXXX für Kinder in verschiedenen XXXX inXXXX . Seit 2013 ist sie arbeitslos. Sie bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.400,- bis € 1.600,- (wovon circa € 800,- auf Arbeitslosengeld und der Rest auf Familienbeihilfe für Ihre Kinder und Sozialhilfe für Ihre Ehegattin entfallen). Sie hat kein Vermögen und keine Schulden. Sie ist sorgepflichtig für zwei Kinder im Alter von sechs und acht Jahren.
Die bP wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX , Zahl XXXX, rechtskräftig mit XXXX, wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier (4) Jahren verurteilt, nachdem mit Erkenntnis des OLG XXXX vom XXXX , Zl: XXXX , der Berufung gegen das Urteil des LG nicht Folge gegeben wurde.
Sie wurde am 19.05.2016 von der Justizanstalt XXXX in die Justizanstalt XXXX überstellt, wo sie derzeit in Strafhaft angehalten wird. Laut aktueller Vollzugsinformation ist der Entlassungstermin mit XXXX festgesetzt.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt, weshalb auch das BVwG von diesen Feststellungen mit der Ausnahme ausgeht, dass die bP 3 Kinder hat (Geburtsdaten: 18.05.2007, 01.10.2009 und 18.12.2014).
2. Beweiswürdigung
Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsverfahrensaktes. Die o. a. Feststellungen wurden im Verfahren nicht bestritten. Insbesondere wurden berücksichtig:
Schriftliche Stellungnahme zum Parteiengehör
Schreiben der Ehegattin vom 29.09.2016
Niederschriftliche Einvernahme mit Beamten der PI XXXX vom 26.03.2018
Ersuchen um Besprechung vom 03.04.2018
Sachverhaltsdarstellung des SPK XXXX
Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX
Urteil des Oberlandesgerichts XXXX vom XXXX
Auszüge ZMR, SA, IZF, AJ-WEB Auskunftsverfahren
Beschwerdeschriftsatz
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Zu A)
Zu Spruchpunkt I. (Aufenthaltsverbot)
1. Gemäß § 67 Absatz 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch einen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet wurde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
Gemäß Absatz 3 kann ein Aufenthaltsverbot unbefristet insbesondere dann erlassen werden, wenn
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbaren Gewicht billigt oder dafür wirbt.
Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.
Das BFA argumentierte zu Spruchpunkt I. rechtlich folgend:
" Zunächst war aufgrund Ihrer türkischen Staatsangehörigkeit festzustellen, ob Sie unter das Assoziationsabkommen mit der Türkei fallen.
Ihre ersten drei Dienstverhältnisse von 02.05.2007 bis 18.06.2008, vom 01.07.2008 bis 08.09.2008 und vom 09.09.2008 bis 31.01.2009 ergeben eine durchgehend anrechenbare Beschäftigungsdauer von ca. 20 Monaten. Daraus resultiert eine Berechtigung nach Artikel 6 Abs 1 3. Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80. Somit fallen Sie unter das Assoziationsabkommen mit der Türkei und es wird gegen Sie nur ein Aufenthaltsverbot erlassen und keine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot.
Daraufhin musste der anzuwendende Gefährdungsmaßstab ermittelt werden. Dazu war es nötig festzustellen, ob ein zehnjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet vorliegt oder nicht.
Im Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 16.01.2014, Rs C-400/12, wurde ausgeführt das der Aufenthaltszeitraum von zehn Jahren grundsätzlich ununterbrochen gewesen sein muss und vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung des Betroffenen an zurückzurechnen ist.
Weiters wurde im Rahmen der Auslegung des Art. 16 Abs 2 der Richtlinie 2004/38 festgestellt, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung durch ein nationales Gericht dazu angetan ist, deutlich zu machen, dass der Betroffene die von der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats in dessen Strafrecht zum Ausdruck gebrachten Werte nicht beachtet. Da der Grad der Integration der Betroffenen die wesentliche Grundlage sowohl für das Daueraufenthaltsrecht als auch für die Regelung zum Schutz vor Ausweisungsmaßnahmen, die beide in der Richtlinie 2004/38 vorgesehen sind, bildet, sind die Gründe, die es rechtfertigen, dass Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke des Erwerbs des Daueraufenthaltsrechts nicht berücksichtigt werden, oder dass sie die Kontinuität des Aufenthalts für die Zwecke dieses Rechtserwerbs unterbrechen, auch bei der Auslegung des Art. 28 Abs 3 Buchst. a dieser Richtlinie heranzuziehen.
Daraus folgt, dass Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke der Gewährung des verstärkten Schutzes nach Art. 28 Abs 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 keine Berücksichtigung finden können und dass diese Zeiten die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich unterbrechen.
Sie wurden am XXXX (rechtskräftig XXXX) vom Landesgericht für Strafsachen XXXX unter der Aktenzahl XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 verurteilt, die Sie derzeit absitzen. Folglich haben Sie von jetzt an zehn Jahre zurückgerechnet keinen ununterbrochenen Aufenthalt und bei Ihnen ist nicht der Gefährdungsmaßstab gem. § 67 Abs 1 5. Satz anzuwenden.
Aufgrund Ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts kommt Ihnen jedoch das Recht auf Daueraufenthalt zu.
Im Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2012, 2012/21/0181, wird dazu ausgeführt, dass bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, Art. 28 Abs 2 der Unionsbürgerrichtlinie bestimmt, dass eine Ausweisung nur aus "schwerwiegenden" Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt werden darf, wobei zwar auch hier gemäß Art. 27 Abs 2 der Richtlinie auf das persönliche Verhalten abzustellen ist, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, insgesamt aber ein größeres Ausmaß an Gefährdung verlangt wird. Und es muss angenommen werden, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung sondern (arg. a minori ad maius) auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs 2 der Unionsbürgerrichtlinie und § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen ist.
Folglich darf gegen Sie nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ein Aufenthaltsverbot erlassen werden. Diese liegen jedoch bei Ihnen vor.
Sie wurden - wie im Verfahrensgang und den Feststellungen dargelegt - mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX , Zahl XXXX , rechtskräftig mit XXXX, wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier (4) Jahren verurteilt. Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass Sie schuldig erkannt wurden, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein.
Hier wird noch einmal auf Ihr Verhalten hingewiesen, nämlich darauf, dass Sie wissentlich die terroristische Organisation IS-Islamic State unterstützt und sich somit eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit im Sinne des Art 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention schuldig gemacht haben. Sie haben in XXXX und an anderen Orten sich als Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs 3 StGB), nämlich der in der UN-Sanktionsliste (Quelle: UN-Sanktionslisten, www.un.org, Punkt QDe. 115) aufscheinenden Terrororganisation IS-Islamic State, wobei der IS-Islamic State aus der seit zumindest 2004 bestehenden Terrororganisation Al Qaida im Irak hervorging, beteiligt, wobei Sie jeweils in dem Wissen (§5 Abs 3 StGB) handelten, durch Ihre Beteiligung die Vereinigung IS-Islamic State oder deren strafbare Handlungen zu fördern und zwar indem Sie seit zumindest Sommer 2014 bis zu Ihrer Festnahme am XXXX die Ausreise von mehreren Personen mit dem Ziel Syrien organisierten, sowie Geld, Kraftfahrzeuge, Mobiltelefone, Kleidung und Informationen an andere Mitglieder der Terrorvereinigung IS - Islamic State, welche sich bereits im Gebiet des IS - Islamic State in Syrien befanden, übermittelten.
Weiters haben Sie am XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB) mit einem abgesondert verfolgten Beschuldigten, die in einem organisierten Zusammenschluss zu einer Reisegruppe durchgeführte Ausreise von acht Personen organisiert, indem Sie diese Personen aufgeteilt auf zwei PKWs aus Österreich mit dem Ziel Syrien ausfuhren, wobei Sie im Großraum Gaziantep nahe der Grenze Türkei/Syrien von der türkischen Polizei angehalten und kontrolliert wurden. Sie und Ihr Mittäter transportierten die acht Personen in Richtung Syrien mit dem Wissen, dass sich diese dem IS-Islamic State anschließen und am bewaffneten Kampf bzw. sonstigen Unterstützungshandlungen teilnehmen wollten.
Aufgrund des diesen Verurteilungen zugrundeliegenden Fehlverhaltens - wie im Verfahrensgang und den Feststellungen ausgeführt - ist davon auszugehen, dass Ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet den öffentlichen Interessen widerstreitet, somit ist davon auszugehen, dass die Voraussetzung gem. § 67 Abs. 1 und 3 FPG erfüllt ist."
Dem BFA wird nicht entgegengetreten, wenn es darlegt, die ersten drei Dienstverhältnisse der bP von 02.05.2007 bis 18.06.2008, vom 01.07.2008 bis 08.09.2008 und vom 09.09.2008 bis 31.01.2009 eine durchgehend anrechenbare Beschäftigungsdauer von ca. 20 Monaten ergeben und daraus eine Berechtigung nach Artikel 6 Abs. 1 3. Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80 resultiert. Somit fällt die bP unter das Assoziationsabkommen mit der Türkei weshalb zu Recht ein Aufenthaltsverbot und keine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot zu erlassen war.
Dem BFA wird beigetreten, wenn es vor dem Hintergrund seiner obigen Ausführungen feststellt, dass Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe für die Zwecke der Gewährung des verstärkten Schutzes nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 keine Berücksichtigung finden können und dass diese Zeiten die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne dieser Bestimmung grundsätzlich unterbrechen.
Die bP wurde am XXXX (rechtskräftig XXXX) vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 verurteilt, welche sie derzeit absitzt. Folglich hat sie von jetzt an zehn Jahre zurückgerechnet keinen ununterbrochenen Aufenthalt und bei ihr ist nicht der Gefährdungsmaßstab gem. § 67 Abs. 1 5. Satz anzuwenden.
Richtigerweise kommt ihr aufgrund ihres langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts das Recht auf Daueraufenthalt zu.
Im Erkenntnis des VwGH vom 13.12.2012, 2012/21/0181, wird dazu ausgeführt, dass bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, Art. 28 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie bestimmt, dass eine Ausweisung nur aus "schwerwiegenden" Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt werden darf, wobei zwar auch hier gemäß Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie auf das persönliche Verhalten abzustellen ist, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, insgesamt aber ein größeres Ausmaß an Gefährdung verlangt wird. Und es muss angenommen werden, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung sondern (arg. a minori ad maius) auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Maßstab - der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG angesiedelt ist - heranzuziehen ist.
Folglich darf gegen die bP nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ein Aufenthaltsverbot erlassen werden.
Das BFA argumentierte diesbezüglich aus den Gegebenheiten des dem konkreten Urteils zugrundeliegenden Fahlverhaltens der bP, dass diese Voraussetzungen vorliegen würden.
Konkret wurde dargelegt, dass die bP Mitglied einer terroristischen Vereinigung war. Sie unterstützte wissentlich die terroristische Organisation IS-Islamic State und machte sich somit eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit im Sinne des Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention schuldig. Sie hat sich in XXXX und an anderen Orten als Mitglied (§ 278 Abs. 3 StGB) an einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs. 3 StGB), nämlich der in der UN-Sanktionsliste (Quelle: UN-Sanktionslisten, www.un.org, Punkt QDe. 115) aufscheinenden Terrororganisation IS-Islamic State, wobei der IS-Islamic State aus der seit zumindest 2004 bestehenden Terrororganisation Al Qaida im Irak hervorging, beteiligt, wobei sie jeweils in dem Wissen (§ 5 Abs. 3 StGB) handelte, durch ihre Beteiligung die Vereinigung IS-Islamic State oder deren strafbare Handlungen zu fördern und zwar indem sie seit zumindest Sommer 2014 bis zu ihrer Festnahme am XXXX die Ausreise von mehreren Personen mit dem Ziel Syrien organisierte, sowie Geld, Kraftfahrzeuge, Mobiltelefone, Kleidung und Informationen an andere Mitglieder der Terrorvereinigung IS - Islamic State, welche sich bereits im Gebiet des IS - Islamic State in Syrien befanden, übermittelte.
Weiter hat sie am XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken (§ 12 StGB) mit einem abgesondert verfolgten Beschuldigten, die in einem organisierten Zusammenschluss zu einer Reisegruppe durchgeführte Ausreise von acht Personen organisiert, indem sie diese Personen aufgeteilt auf zwei PKWs aus Österreich mit dem Ziel Syrien ausfuhr, wobei sie im Großraum Gaziantep nahe der Grenze Türkei/Syrien von der türkischen Polizei angehalten und kontrolliert wurde. Sie und ihr Mittäter transportierten die acht Personen in Richtung Syrien mit dem Wissen, dass sich diese dem IS-Islamic State anschließen und am bewaffneten Kampf bzw. sonstigen Unterstützungshandlungen teilnehmen wollten.
Das BFA folgerte aus diesem Fehlverhalten der bP, dass ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet den öffentlichen Interessen widerstreitet und somit die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 iVm Abs. 3 erfüllt sind.
Diese Ansicht wird durch das BVwG geteilt und festgestellt, dass auch nach Ansicht des BVwG aufgrund des persönlichen Verhaltens der bP ein Aufenthaltsverbot aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu erlassen war.
Eine terroristische Vereinigung gemäß § 278b StGB stellt schwere Eingriffe gegen die Rechtsstaatlichkeit dar. Rechtskräftige Verurteilungen nach dem angeführten Delikt sind dadurch gekennzeichnet, dass der Täter - in diesem Fall sie selbst - ein besonders hohes Gefahrenpotential besitzt. Durch ihr eigenes und persönliches Verhalten hat die bP gezeigt, dass sie die Grundelemente eines Staates erschüttern wollte. Ihr gesetztes Verhalten zeigt auch, dass sie nicht interessiert ist, die Gesetze eines Staates zu achten und zu respektieren. Ihr wäre es offenbar völlig egal gewesen, ob dadurch andere Personen an der körperlichen Unversehrtheit erheblich verletzt worden wären. Sie hätte vermutlich auch den Tod einer anderen Person in Kauf genommen. Terroristische Vereinigungen sind auch dadurch gekennzeichnet, dass sie vor erheblicher Gewalt nicht zurückschrecken. Vielmehr wird sogar bezweckt, Menschen mit Vorsatz zu töten, um dadurch die innere Sicherheit eines Staates zu gefährden und zu erschüttern. Ihr gesetztes Verhalten zeigt somit deutlich die hohe Gefährlichkeit für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Ihr weiterer Aufenthalt hier im Bundesgebiet der Republik Österreich widerstreitet jedenfalls bei Betrachtung ihres Gesamtverhaltens zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - mit Blick auf die Gegenwart und die Zukunft - schwerwiegend öffentlichen Interessen. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Betrachtung ihres schwerwiegenden Fehlverhaltens in der Vergangenheit und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes auf eine ausgeprägte sozialschädliche Neigung ihrerseits zur Missachtung von österreichischen Rechtsvorschriften schließen lässt. Deshalb kann auch für das zukünftige Verhalten derzeit nur eine schlechte Prognose erstellt werden und es ist davon auszugehen, dass durch einen weiteren Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit massiv gefährdet wäre. Eine positive Gefährdungsprognose konnte somit nicht getroffen werden, insbesondere befindet sich die bP noch in Haft.
Den Beschwerdeangaben, wonach das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen ist und von einer einmaligen kurzzeitigen Verfehlung der bP im Tatzeitraum von Mitte Juni 2014 bis Anfang Februar 2015 und somit von keiner Nachhaltigkeit der Missachtung der Rechtsordnung auszugehen sei, konnte somit nicht gefolgt werden.
Die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes waren somit gegeben.
2. Wird durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung gem. § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens iS des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
d) der Grad der Integration,
e) die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
i) die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um eine öffentliche Behörde im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK; der Eingriff ist - wie bereits oben dargestellt - in § 9 Abs. 1 BFA-VG iVm § 67 FPG gesetzlich vorgesehen.
Es ist daher in weiterer Folge zu prüfen, ob der Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK, verfolgt. Es ist eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff durch das Aufenthaltsverbot auch als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.
Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Für die Beurteilung ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere nachfolgende Umstände beachtlich:
Privatleben
Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Rückkehrentscheidungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Bei der Schutzwürdigkeit des Privatlebens manifestiert sich der Grad der Integration des Fremden insbesondere an intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen (vgl. EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124).
Familienleben
Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben;
das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00); etwa bei Zutreffen anderer Faktoren aus denen sich ergibt, dass eine Beziehung genügend Konstanz aufweist, um de facto familiäre Bindungen zu erzeugen: zB Natur und Dauer der Beziehung der Eltern und insbesondere, ob sie geplant haben ein gemeinsames Kind zu haben; ob der Vater das Kind als eigenes anerkannt hat; ob Unterhaltszahlungen für die Pflege und Erziehung des Kindes geleistet wurden; und die Intensität und Regelmäßigkeit des Umgangs (EGMR v. 8.1.2009, Zl 10606/07, Fall Grant gg. Vereinigtes Königreich).
Kinder werden erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).
Der Begriff des Familienlebens ist jedoch nicht nur auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere "de facto Beziehungen" ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua).
Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).
Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 8 EMRK Rz 76).
Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093-7 [vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland, Beschwerde Nr. 48321/99, Randnr. 97, vom 15. Juni 2006, Shevanova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 58822/00, Randnr. 67, vom 22. Juni 2006, Kaftailova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 59643/00, Randnr. 63, und vom 12. Jänner 2010, A.W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47486/06, Randnr. 31 ff]).
Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR im Fall Cruz Varas gegen Schweden). In diesen Fällen ist nach der Judikatur des EGMR der Eingriff in das Privatleben gegebenenfalls separat zu prüfen (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 856 mwN).
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
2.1. In Österreich leben die Ehegattin und drei Kinder der bP. Das Aufenthaltsverbot stellt daher einen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar.
Auf Grund der langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und der gegeben persönlichen Umstände liegt hier auch ein relevantes Privatleben in Österreich vor.
Da das Aufenthaltsverbot somit einen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen, ob ein Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art 8 Abs. 2 EMRK legitime Ziele, nämlich
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die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene
Rechtsordnung zu subsumieren ist;
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das wirtschaftliche Wohl des Landes;
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