TE Bvwg Beschluss 2019/2/4 L529 2212254-1

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Veröffentlicht am 04.02.2019
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Entscheidungsdatum

04.02.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AVG §10 Abs1
AVG §10 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §7
ZustG §9 Abs3

Spruch

L529 2212254-1/2E

BESCHLUSS

1. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Georgien, vertreten durch den Verein Queer Base (keine Zustellvollmacht), gegen das als Bescheid bezeichnete Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.11.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird mangels Vorliegens eines Bescheides als

unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrenshergang

1. Die Beschwerdeführerin, (nachfolgend auch: "BF") stellte am 10.10.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz, wozu sie an diesem Tag erstbefragt und vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 13.11.2018 niederschriftlich einvernommen wurde.

2. Im Verwaltungsakt findet sich eine Vollmacht der BF für den Verein Queer Base, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102. In der Vollmacht wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Zustellvollmacht nicht erteilt wird.

3. Mit dem oben angeführten Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausweise von zwei Wochen gewährt (Spruchpunkt VI.).

4. Das als Bescheid bezeichnete Schreiben vom 29.11.2018 wurde in der Folge am 06.12.2018 an den Verein Queer Base zugestellt.

5. Mit Schreiben vom 07.01.2019 wurde die vom Verein Queer Base für die BF verfasste Beschwerde vom 03.01.2019 durch das BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das BFA hat das als "Bescheid" bezeichnete Schreiben vom 29.11.2018 am 06.12.2018 dem Verein Queer Base zugestellt.

Die BF bevollmächtigte mit Vollmacht vom 09.11.2018 den Verein Queer Base, sie "in allen asyl-, aufenthaltsrechtlichen-, fremdenpolizeilichen-, Verwaltungs- und Verwaltungsstraf-, in allen Verfahren nach den Grundversorgungsgesetzen, sowie in allen sonstigen damit in Zusammenhang stehenden Verfahren, sowohl vor Verwaltungs- als auch Finanzbehörden zu vertreten und Rechtsmittel aller Art zu ergreifen und zurückzuziehen, ebenso einen berufsmäßigen Parteienvertreter in" ihrem Namen und mit ihrer "umfassenden Vertretung in den genannten Bereichen zu beauftragen".

Eine Zustellvollmacht wurde ausdrücklich ausgeschlossen.

2. Beweiswürdigung:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere der Vollmacht (Aktseiten 57, 75) und dem Rückschein (AS 79).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheides

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zur Zurückweisung der Beschwerde mangels Vorliegen eines Bescheids:

3.2.1. Einschlägige Rechtsgrundlagen:

3.2.1.1. § 10 AVG lautet:

Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

3.2.1.2. § 7 ZustellG lautet:

Heilung von Zustellmängeln

§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

3.2.1.3. § 9 ZustellG lautet:

Zustellungsbevollmächtigter

§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

(4) Haben mehrere Parteien oder Beteiligte einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung des Dokumentes an ihn die Zustellung an alle Parteien oder Beteiligte als bewirkt. Hat eine Partei oder hat ein Beteiligter mehrere Zustellungsbevollmächtigte, so gilt die Zustellung als bewirkt, sobald sie an einen von ihnen vorgenommen worden ist.

(5) Wird ein Anbringen von mehreren Parteien oder Beteiligten gemeinsam eingebracht und kein Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht, so gilt die an erster Stelle genannte Person als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter.

(6) § 8 ist auf den Zustellungsbevollmächtigten sinngemäß anzuwenden.

3.2.2. Einschlägige Rechtsprechung:

Eine allgemeine Vollmacht zur Vertretung beinhaltet, so nicht explizit ausgeschlossen, auch die Befugnis zur Empfangnahme von Schriftstücken iSd § 9 ZustG, siehe z.B. VwGH vom 26.2.2014, Zl. 2012/13/0051: "Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt eine allgemeine Vertretungsbefugnis eine Zustellungsbevollmächtigung mit ein (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2012, 2010/17/0215, mwN).

Die Zustellung einer Erledigung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen wird, entsprechend der Zustellverfügung vermag gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten; dies selbst im Falle des tatsächlichen Zukommens an die Partei, weil weder ein Fall des § 7 ZustG noch des § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustG vorliegt (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 1226, und das dort angeführte Erkenntnis vom 18. Mai 1988, Zl. 87/02/0150).

3.2.3. Im konkreten Fall

3.2.3.1. Im gegenständlichen Fall wurde gerade keine allgemeine Vollmacht erteilt.

Die Vollmacht der BF für den Verein Queer Base, gilt für alle dort angeführten Bereiche - die BF "in allen asyl-, aufenthaltsrechtlichen-, fremdenpolizeilichen-, Verwaltungs- und Verwaltungsstraf-, in allen Verfahren nach den Grundversorgungsgesetzen, sowie in allen sonstigen damit in Zusammenhang stehenden Verfahren, sowohl vor Verwaltungs- als auch Finanzbehörden zu vertreten und Rechtsmittel aller Art zu ergreifen und zurückzuziehen, ebenso einen berufsmäßigen Parteienvertreter in" ihrem Namen und mit ihrer "umfassenden Vertretung in den genannten Bereichen zu beauftragen".

Durch das Ankreuzen der Variante in der Vollmachtsurkunde "Eine Zustellvollmacht wird ausdrücklich NICHT erteilt" wurde Zustellvollmacht ausdrücklich ausgeschlossen. Der Verein Queer Base war daher nicht zur Entgegennahme der gegenständlichen Sendung berechtigt und hätte diese der BF selbst zugestellt werden müssen.

Die als Bescheid bezeichnete Erledigung des BFA ist daher mangels einer für die Beschwerdeführerin rechtswirksamen Zustellung als Bescheid rechtlich nicht existent geworden.

Ob die Erledigung des BFA der BF selbst tatsächlich zur Kenntnis gebracht wurde, ist nach dem Gesagten ohne Bedeutung und war daher nicht weiter zu untersuchen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylverfahren, Bescheiderlassung, Nichtbescheid,
Vertretungsbefugnis, Vollmacht, Zurückweisung,
Zustellbevollmächtigter, Zustellmangel, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L529.2212254.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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