TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/26 97/02/0465

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Veröffentlicht am 26.01.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §58 Abs2;
KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde des J T in S, vertreten durch Dr. Tassilo Neuwirth, Dr. Wolfgang Wagner und Dr. Alexander Neurauter, Rechtsanwälte in Wien I, Petersplatz 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 1. September 1997, Zl. UVS-03/P/39/04456/96, betreffend Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 1. September 1997 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach näher bezeichneten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 13. Mai 1996 eine vollständige Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug an einem näher genannten Ort abgestellt habe, sodaß es dort zu einem näher bezeichneten Zeitpunkt gestanden sei. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde

an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

§ 103 Abs. 2 KFG lautet:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann; diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

Da es sich bei der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handelt, hat der Beschwerdeführer in diesem Fall initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.

Auch bei Ungehorsamsdelikten ist aber nur der schuldhaft Handelnde verantwortlich.

Das zum Nachweis seiner Schuldlosigkeit erstattete Tatsachenvorbringen des Beschwerdeführers muß aber nicht bereits bis ins letzte Detail vollständig sein. Liegt ein konkretes, zur Schuldentlastung objektiv taugliches Tatsachenvorbringen vor und nennt der Täter auch - soweit ihm zumutbar - entsprechende Beweismittel, dann ist die Erörterung der Beweislage zur Schuldfrage nicht entbehrlich (vgl. hiezu auch das Erkenntnis vom 10. Juni 1980, Zl. 3463/78).

Der Beschwerdeführer, ein Taxiunternehmer, beantwortete eine Lenkeranfrage nach § 103 Abs. 2 KFG mit der Bekanntgabe des Namens und Geburtsdatums und hinsichtlich der Adresse des Lenkers mit dem Hinweis "zur Zeit vermutlich in Haft".

In seiner Berufung vom 26. September 1996 führte der Beschwerdeführer aus, er habe aus Zeitungen erfahren, daß der Lenker U. wegen einiger Betrugsdelikte zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt worden sei. Er habe auch gewußt, daß die letzte Adresse, die ihm U. angegeben habe, schon lange Zeit nicht mehr aufrecht gewesen sei. Weder eine Zentralmeldeanfrage noch die Vorsprache bei diversen Haftanstalten, ob ein U. in Haft sei, sei ihm zumutbar gewesen. Daß U. in Haft sei, habe er gewußt, ob er vielleicht einen Hafturlaub genieße oder ihm Strafaufschub gewährt worden sei, hätte er "nur unter Zuhilfenahme von Kaffeesud oder anderen derartigen Hilfsmitteln" in Erfahrung bringen können. Aus diesen Gründen habe er auch der Mitteilung, daß U. in Haft sei, das Wort "vermutlich" zugefügt. Er habe daher seine Verpflichtung, die gewünschte Lenkeranfrage zu erteilen, eingehalten.

Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 26. September 1996 ein Tatsachenvorbringen zum Nachweis seiner Schuldlosigkeit geführt. Es handelt sich dabei weder um ein bloßes Leugnen noch um allgemein gehaltene Behauptungen, sondern um die Darlegung seiner Entlastungsargumente.

Da sich die belangte Behörde mit diesen Argumenten nicht auseinandergesetzt und jegliche Ermittlungen in diesem Zusammenhang unterlassen hat, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden müßte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Jänner 1999

Schlagworte

Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Behandlung von Parteieinwendungen Ablehnung von Beweisanträgen Abstandnahme von Beweisen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997020465.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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