Entscheidungsdatum
06.03.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z1Spruch
W224 2215414-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA Dr. Helmut Blum, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2019, Zl. 1026213402-181021167, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 23.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2014, Zl. 102623402-14817465, wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigen zuerkannt.
3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 223 Abs. 2 1. Fall, § 224 2. Fall und §§ 15, 228 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verurteilt. Der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
4. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und zu einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen zu je EUR 4,- verurteilt. Der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
5. Mit Bescheid vom 22.01.2019, Zl. 1026213402-181021167, erkannte das BFA dem Beschwerdeführer den mit Bescheid vom 27.11.2014 zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 leg. cit. fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und dennoch gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG iVm § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Syrien unzulässig sei (Spruchpunkte V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkte VI.). Darüber hinaus wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und zu einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen zu je EUR 4,- verurteilt worden sei. Das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a SMG stelle ein besonders schweres Verbrechen dar. Das BFA gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten eine Gefahr für die Gemeinschaft darstelle. Insgesamt lasse sich erkennen, dass für den Beschwerdeführer keine positive Zukunftsprognose erstellt werden könne, und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer weitere strafbare Handlungen setze.
6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Darin wurden im Wesentlichen vorgebracht, dass der Bescheid zu Unrecht gegangen sei. Der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht XXXX zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in Höhe von neun Monaten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels verurteilt worden. Er bedauere sein Fehlverhalten zutiefst. Dennoch sei diese Verurteilung kein besonders schweres Verbrechen im Sinne des § 7 AsylG, was eine Aberkennung rechtfertigen würde. Es genüge nicht, dass der Fremde ein abstrakt als schwer einzustufendes gelegt habe, die Taten müssten sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. Der Beschwerdeführer sei "lediglich" zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden, wobei der Strafrahmen für Drogenhandel auch bis zu 20 Jahre Freiheitsstrafe zulasse. Der Beschwerdeführer sei keineswegs gemeingefährlich, andernfalls hätte eine bedingt nachgesehene Strafe nicht erfolgen können.
7. Mit Schreiben vom 28.02.2019, eingelangt am 04.03.2019, legte die belangte Behörde den gegenständlichen Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger, syrischer Staatsbürger muslimischen Glaubens, der der arabischen Volksgruppe angehört. Er stellte am 23.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des BFA vom 27.11.2014 wurde dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigen zuerkannt.
Dem Beschwerdeführer liegt im Bundesgebiet folgende Verurteilung zur Last:
Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und zu einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen zu je EUR 4,- verurteilt. Der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in Wels und anderorts vorschriftswidrig Suchtgift
I.) Februar 2018 und Mai 2018 in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge dem XXXX verschafft, nämlich ca. 2.900 g Cannabis mit einem Reinheitsgehalt von 10,0 % THCA und 0,8 % Delta-9-THC, indem er den Kontakt zwischen XXXX und XXXX herstellte;
II.) 2018 dem XXXX überlassen, nämlich ca. 100 g Cannabis;
III.) wiederholt erworben und besessen, nämlich zwischen Anfang 2018 und Oktober 2018 Cannabis, wobei er die Tat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich insbesondere aus dem vorliegenden Verfahrensakt zur Zuerkennung des Asylstatus sowie den Aussagen des Beschwerdeführers im Asylaberkennungsverfahren. Die ursprüngliche Asylgewährung ist aus dem vorliegenden Akteninhalt ersichtlich. Die strafgerichtliche Verurteilung ergibt sich aus dem dem Verwaltungsakt beiliegenden strafgerichtlichen Urteil sowie aus einer aktuellen Abfrage im Strafregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 2.9.2015, Ra 2014/19/0127).
Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 der Grundrechte-Charta der EU auch im vor-liegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Vor-aussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, Appl. Nr. 28.394/95, Döry/Schweden; 8.2.2005, Appl. Nr. 55.853/00, Miller/Schweden), ebenso, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten und die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind (EGMR 18.7.2013, Appl. Nr. 56.422/09, Schädler-Eberle/Liechtenstein, Rz 97 ff).
Auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist (VfSlg. 17.597/2005; VfSlg. 17.855/2006; zuletzt etwa VfGH 18.6.2012, B 155/12).
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie dem vorliegenden Strafurteilt des Landesgerichts XXXX zur Zahl XXXX geklärt erscheint. Die Beurteilung, ob die Verurteilung des Beschwerdeführers einen Grund für die Aberkennung des Status eines Asylberechtigten darstellt, stellt aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichts eine Rechtsfrage dar.
Zu A) Aufhebung
1. Das BFA stützt die Aberkennung des Status des Asylberechtigten im Spruch des angefochtenen Bescheides auf § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG und führt in der Bescheidbegründung aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Verurteilung wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG den Tatbestand des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG erfüllt.
2. Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid der Status eines Asylberechtigten abzuerkennen, wenn
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ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt (Z 1),
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einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist (Z 2) oder
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der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 3).
Gemäß § 6 Abs. 1 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn
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und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt (Z 1),
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einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt (Z 2),
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aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass er eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt (Z 3)
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oder er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. 60/1974, entspricht (Z 4).
Gemäß Art. 33 Abs. 1 der GFK darf kein vertragsschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Nach Art. 33 Z 2 GFK kann sich ein Flüchtling aber nicht auf diese Begünstigung beziehen, wenn er aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe zuletzt VwGH 05.04.2018, Ra 2017/19/0531) müssen für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Heimat- oder Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss
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ein besonders schweres Verbrechen verübt haben,
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dafür rechtskräftig verurteilt worden,
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sowie gemeingefährlich sein und
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es müssen die öffentlichen Interessen an der Rückschiebung die Interessen des Flüchtlings am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (Güterabwägung).
Unter den Begriff des schweren Verbrechens iSd Art. 1 Abschn. F lit b GFK fallen nach herrschender Lehre nur Straftaten, die in objektiver und subjektiver Hinsicht besonders verwerflich sind und deren Verwerflichkeit in einer Güterabwägung gegenüber den Schutzinteressen der betroffenen Person diese eindeutig überwiegt. Dieser Standpunkt - Berücksichtigung subjektiver Faktoren, wie Milderungsgründe, Schuldausschließungsgründe oder Rechtfertigungsgründe - wird auch in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertreten (zB. VwGH 06.10.1999, 99/01/0288). Es genügt nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwer wiegend erweisen (vgl. etwa VwGH 14.02.2018, Ra 2017/18/0419; VwGH 23.09.2009, 2006/01/0626; mit Hinweis auf die zur Vorläuferbestimmung ergangene und auch für die aktuelle Rechtslage weiterhin maßgebliche Rechtsprechung). Um ein schweres Verbrechen, das zum Ausschluss von der Anerkennung als Asylberechtigter - und im vorliegenden Fall somit zur Aberkennung des Status eines Asylberechtigten - führen kann, handelt es sich typischerweise bei Vergewaltigung, Tötung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel und bewaffneter Raub. Schließlich auch Menschenhandel bzw. Schlepperei (vgl. Putzer, Asylrecht. Leitfaden zum Asylgesetz 20052, 2011, Rz. 125).
In seinem Erkenntnis vom 06.10.1999, 99/01/0288, beschäftigte sich der Verwaltungsgerichtshof auch mit der Entwicklung des Begriffes "besonders schweres Verbrechen" und führte dazu Folgendes aus:
"Das Asylgesetz aus 1968 hatte den in Art. 33 Z. 2 GFK enthaltenen Begriff ‚besonders schweres Verbrechen' mit der Umschreibung ‚Verbrechen, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist' präzisiert (vgl. § 4 leg. cit.). Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 verlor ein Flüchtling - u.a. - Asyl, wenn festgestellt wurde, dass hinsichtlich seiner Person einer der in Art. 33 Abs. 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist. Obwohl diese Bestimmung von einer ‚Konkretisierung' des Begriffs ‚besonders schweres Verbrechen' abzusehen schien, umschrieb § 37 Abs. 4 des Fremdengesetzes aus 1992 diesen Begriff weiterhin als ‚Verbrechen, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist' (vgl. dazu Rohrböck, Das Asylgesetz 1991, 148 ff). Gestützt darauf ging die Rechtsprechung weiterhin davon aus, dass auch unter dem in § 5 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz 1991 übernommenen Begriff ‚besonders schweres Verbrechen' ein solches zu verstehen ist, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0247 uva.). Wie sich im Fall Ahmed vor dem EGMR (vgl. dazu EGMR 17. Dezember 1996 Ahmed, 71/1995/577/663) gezeigt hatte, war die Konkretisierung des Begriffs ‚besonders schweres Verbrechen' nach abstrakten Deliktstypen nicht dazu geeignet, den Unwert einer Tat im Einzelfall (insbesondere unter Berücksichtigung von Erschwernis- und Milderungsgründen) zu erfassen und führte in Einzelfällen aus völkerrechtlicher Sicht zu bedenklichen Ergebnissen. Mit der seit 1. Jänner 1998 geltenden Rechtslage wurde von einer Konkretisierung des Begriffs ‚besonders schweres Verbrechen' überhaupt abgesehen und nur die - aus dem Völkerrecht stammenden - Wendungen ‚aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit' der Republik darstellen oder die .... ‚wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt' worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens ‚eine Gefahr für die Gemeinschaft' bedeuten, übernommen (vgl. § 13 Abs. 2 AsylG 1997 und § 57 Abs. 4 FrG 1997, die wörtlich an Art. 33 Z. 2 GFK anknüpfen)."
Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.12.2002, 2001/01/0494, wurde eine (länger zurückliegende) Verurteilung wegen Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Geldstrafe von 300.000 Schilling nicht als "besonders schweres Verbrechen" beurteilt, wobei der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausführte, dass "[o]hne Hinzutreten besonderer Umstände nämlich, aus denen sich ergäbe, dass sich das vom Beschwerdeführer begangene Delikt bei einer Strafdrohung von einem bis zu fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe (§ 12 Abs. 3 SGG) als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen hätte, [...] - selbst unter Berücksichtigung der im Urteil als erschwerend für die Strafzumessung gewerteten Gewinnsucht als Motiv für die Tatbegehung (sowie die mehrfache Tatbegehung) - aus der Verurteilung zu einer bloß zweijährigen Freiheitsstrafe, in deren Höhe die als erschwerend angenommenen Umstände bereits zum Ausdruck gekommen sind, wegen eines ‚typischer Weise' schweren Deliktes nicht geschlossen werden [kann], dass der Straftat die für ein ‚besonders schweres Verbrechen' erforderliche außerordentliche Schwere anhaftet.
Auch in seinem Erkenntnis vom 03.12.2002, 99/01/0449, beurteilte der Verwaltungsgerichtshof eine Verurteilung (der Aktenlage nach die einzige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen eines Drogendeliktes) aufgrund der Weitergabe einer größeren Menge an Amphetamin zu einer "trotz des exorbitant hohen Strafrahmens von ein
bis 15 Jahren ... vergleichsweise geringen Freiheitsstrafe von 20
Monaten [...] nicht als solche wegen eines in der konkreten Ausprägung ‚besonders schweren Verbrechens' im Sinne des zuvor beschriebenen Verständnisses dieses Begriffes". Dazu führte er illustrativ aus, "dass etwa in der Bundesrepublik Deutschland für den auf Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv bezogenen Tatbestand in § 51 Abs. 3 dAuslG mit Gesetz vom 29. Oktober 1997 das Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren normiert wurde (vgl. näher Hailbronner, a. a.0., Rz 3)."
Auf das zuletzt zitierte Erkenntnis vom 03.12.2002, 99/01/0449, verwies der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur wiederholt (insbesondere VwGH 23.09.2009, 2006/01/0626; zuletzt 21.09.2015, Ra 2015/19/0130), sodass weiterhin von der Aktualität dieser - wenn auch zur Vorgängerbestimmung ergangenen - Rechtsprechung auszugehen ist.
3. Fallbezogen wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten und zu einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen zu je EUR 4,- verurteilt.
Nach der herrschenden Lehre und Judikatur stellt Drogenhandel typischerweise ein schweres Verbrechen, das zur Aberkennung des Status eines Asylberechtigten führen kann, dar (vgl. Putzer, Asylrecht. Leitfaden zum Asylgesetz 20052, 2011, Rz. 125).
Wie in der bereits zitierten Rechtsprechung gefordert, war aber darüber hinaus zu prüfen, ob sich die begangene Tat im konkreten Fall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweist.
Bei unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1, Abs. 2 SMG droht eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen, während die Strafdrohung für Suchtgifthandel im Sinne des § 28a Abs. 1 SMG eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vorsieht.
Selbst wenn in der aktuellen Rechtslage der Begriff "besonders schweres Verbrechen" nicht mehr als "Verbrechen, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist" definiert wird und die im Gesetz vorgesehene Strafdrohung daher nicht geeignet ist, um zu beurteilen, ob ein "besonders schweres Verbrechen" vorliegt, ist der Strafrahmen von fünf Jahren ein Indiz dafür, dass ohne Hinzutreten besonderer Umstände, aus denen sich ergäbe, dass sich das begangene Delikt objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen hätte, der Straftat die für ein "besonders schweres Verbrechen" erforderliche außerordentliche Schwere keinesfalls anhaftet.
Der Beschwerdeführer wurde aufgrund eines "typischer Weise" schweren Deliktes - bei einer Strafdrohung von fünf Jahren Freiheitsstrafe für das begangene Verbrechen (bzw. sechs Monaten Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen für das begangene Vergehen) - zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, sowie zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 4,- Euro verurteilt. Bei der Strafbemessung wurde sein Geständnis mildernd berücksichtigt, erschwerend wirkte das Zusammentreffen strafbarer Handlungen. Es kann in Anbetracht der oben dargestellten Rechtsprechung auch in diesem Fall - ohne Hinzutreten besonderer Umstände - nicht geschlossen werden, dass der Straftat die für ein "besonders schweres Verbrechen" erforderliche außerordentliche Schwere anhaftet.
Besondere Umstände, aus denen sich ergäbe, dass sich das begangene Delikt objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen hätte, treten fallbezogen aber gerade nicht hinzu, wobei dies bereits durch die Höhe der verhängten Strafe und ihre Relation zur Strafdrohung zum Ausdruck kommt. Aus den im Strafurteil genannten erschwerenden Umstände kann eine besondere Schwere der Verbrechen nicht abgeleitet werden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Zusammentreffen strafbarer Handlungen bereits in Höhe der verhängten Strafe Berücksichtigung fand und das Zusammentreffen mit mehreren Vergehen die Schwere des Verbrechens an sich nicht zu beeinflussen vermag. Darüber hinaus wurden auch im angefochtenen Bescheid keinerlei Gründe dargelegt, aufgrund derer sich die begangene Tat als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erwiesen hätte.
Mangels Vorliegens eines besonders schweren Verbrechens ist grundsätzlich auf die weiteren zu prüfenden Punkte nach dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.10.1999, 99/01/0288, (Einschätzung der Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers und die Güterabwägung, ob die Interessen des Zufluchtsstaates jene des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung des Schutzes überwiegen) nicht weiter einzugehen.
Ergänzend kann darauf hingewiesen werden, dass die im Strafurteil ausgesprochene Nachsicht der gesamten verhängten Freiheitsstrafe auch indiziert, dass von einer Gemeingefährlichkeit fallbezogen gerade nicht ausgegangen werden kann. Würde der Beschwerdeführer tatsächlich eine Gefahr für Gemeinschaft und Sicherheit Österreichs darstellen, wäre eine bedingte Strafnachsicht nicht möglich gewesen (siehe dazu insbesondere § 43 Abs. 1 StGB, wonach das Gericht die Strafe bedingt nachzusehen hat, wenn anzunehmen ist, dass die bloße Androhung der Vollziehung allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten).
Fallbezogen lag daher weder eine Verurteilung zu einem besonders schweren Verbrechen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 noch ein anderer Asylausschlussgrund nach § 6 AsylG 2005 vor. Im gegenständlichen Verfahren kamen auch keine anderen Gründe, die zu einer Aberkennung des Status des Asylberechtigten führen würden, hervor.
Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 erfolgte daher zu Unrecht.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos zu beheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. dazu auch OGH 22.3.1992, 5 Ob 105/90; vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 bzw. deren Vorgängerbestimmungen (zB VwGH 06.10.1999, 99/01/0288; 03.12.2002, 99/01/0449; 03.12.2002, 2001/01/0494; 23.09.2009, 2006/01/0626; 21.09.2015, Ra 2015/19/0130; 14.02.2018, Ra 2017/18/0419; 05.04.2018, Ra 2017/19/0531).
Schlagworte
Aberkennung des Status des Asylberechtigten, AberkennungstatbestandEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W224.2215414.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.07.2019