TE Vwgh Erkenntnis 1999/1/27 98/04/0214

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Veröffentlicht am 27.01.1999
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Index

58/01 Bergrecht;
58/02 Energierecht;

Norm

BergG 1975 §100 Abs1;
BergG 1975 §100 Abs7;
BergG 1975 §94 Abs1;
MinroG 1999 §197 Abs1;
MinroG 1999 §197 Abs3;
MinroG 1999 §197 Abs4;
MinroG 1999 §80 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der S- und H Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. in F, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. September 1998, Zl. 63.220/129-VII/A/98, betreffend Auftrag zur Vorlage eines Aufschluß- und Abbauplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. September 1998 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 202 Abs. 1 iVm § 100 Abs. 1 und Abs. 7 des Berggesetzes 1975 aufgetragen, der Berghauptmannschaft Graz einen Aufschluß- und Abbauplan für weitere Arbeiten im "Ostbruch" im Abbaufeld "M VI" (Basaltsteinbruch M) vorzulegen. Gleichzeitig erging der Auftrag, bis zur Genehmigung dieses Aufschluß- und Abbauplanes die Tätigkeiten im "Ostbruch" einzustellen. Zur Begründung führte der Bundesminister nach eingehender Darstellung des Verfahrensganges aus, die Bestimmungen über den Aufschluß- und Abbauplan seien durch die Berggesetznovelle 1994 in das Berggesetz 1975 eingefügt worden. Sie sollten sicherstellen, daß der Abbau grundeigener mineralischer Rohstoffe planmäßig erfolge, und unter anderem eine Gesundheitsgefährdung oder eine unzumutbare Belästigung von Nachbarn ausschließen. Diese Bestimmungen seien am 1. Jänner 1995 in Kraft getreten. Bereits bestehende Bergbaubetriebe hätten keinen Aufschluß- und Abbauplan für ihren gesamten Betrieb nachbringen müssen. Wenn allerdings in einem Abbaufeld die Abbaufläche erheblich ausgeweitet werde, so sei - auch wenn in diesem Abbaufeld schon vor dem 1. Jänner 1995 abgebaut worden sei - für diesen Teil des Abbaufeldes ein Aufschluß- und Abbauplan vorzulegen (§ 100 Abs. 7 BergG 1975). Es sei daher zu prüfen, ob die Abbautätigkeit der Beschwerdeführerin im Ostbruch eine erhebliche Ausweitung der Abbaufläche in einem Abbaufeld darstelle. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die Beschwerdeführerin bzw. deren Rechtsvorgänger seit 70 Jahren den fraglichen Basaltsteinbruch betreibe. Zu diesem gehöre auch das gegenständliche Abbaufeld, in dem auch der "Großabbau M." liege, der zuletzt den Mittelpunkt der Gewinnungstätigkeit dargestellt habe. Dort werde Basalt in einer schlotartigen Aushebung, in die mehrere Etagen eingezogen seien, gewonnen. Im Nordosten des Abbaufeldes befände sich der sogenannte Ostbruch, dessen höchste Erhebung der Ostkogel bilde. Östlich des Basaltsteinbruches M. liege die Ortschaft L. Der nächste Anrainer zum Ostbruch wohne zirka 200 m östlich. Seit Mai 1997 habe die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit im Ostbruch intensiviert. Das gegenständliche Abbaufeld habe eine Größe von 357.112 m2, wovon bisher 47 %, das seien ca. 17,5 ha, abgebaut worden seien. Von 1991 bis 1997 sei eine Fläche von ca. 6.030 m2 abgebaut worden. Die Abbaufläche im Ostbruch sei seit Mai 1997 durch Herstellung einer Berme bzw. Verbreiterung der Auffahrt um 500 bis 600 m2 erweitert worden. Der derzeitigen Gewinnungstätigkeit im Ostbruch liege daher eine Ausweitung der Abbaufläche im gegenständlichen Abbaufeld zugrunde. Der Bundesminister sei der Ansicht, eine Ausweitung der Abbaufläche liege nicht nur dann vor, wenn ein Abbau auf einer bestimmten Fläche überhaupt zum ersten Mal in Angriff genommen werde, sondern auch dann, wenn der Abbau auf einer Fläche intensiviert werde. Eine erhebliche Ausweitung einer Abbaufläche in einem Abbaufeld sei jedenfalls dann gegeben, wenn der zur bestehenden Abbaufläche hinzugekommene Teil entweder absolut oder relativ flächenmäßig bedeutend sei. Aus den oben wiedergegebenen Flächenangaben folge aber, daß die Ausweitung der Abbaufläche im gegenständlichen Abbaufeld durch Intensivierung der Tätigkeiten im Ostbruch rein flächenmäßig nicht ins Gewicht falle. Eine erhebliche Ausweitung einer Abbaufläche sei aber aufgrund der oben wiedergegebenen Ziele des § 100 BergG 1975 auch dann anzunehmen, wenn durch Änderung etwa der Abbaurichtung, der Abbaumengen, der Abbaumethode, der eingesetzten Geräte, der Route des Abtransports und ähnlichem eine Änderung der Immissionssituation für die Anrainer nicht ausgeschlossen werden könne. Letzteres treffe (aus näher dargestellten Gründen) im vorliegenden Fall zu. Im gegenständlichen Verfahren sei nicht zu prüfen, ob durch die Tätigkeiten im Ostbruch tatsächlich eine Gefährdung oder Belästigung von Anrainern erfolge. Die Beurteilung dieser Frage werde Gegenstand des durchzuführenden Verfahrens zur Genehmigung des Aufschluß- und Abbauplanes sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen, in eventu sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen und in jedem Fall der Beschwerdeführerin die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, ohne Vorlage eines Aufschluß- und Abbauplanes die Abbautätigkeit im fraglichen Bereich fortsetzten zu dürfen, verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt sie unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides u. a. vor, die maßgebliche Gesetzesstelle spreche ausdrücklich von einer erheblichen Ausweitung der Abbaufläche und nicht von einer Intensivierung der Abbautätigkeit innerhalb einer Abbaufläche. Die extrem ausdehnende Auslegung dieser Gesetzesstelle durch die belangte Behörde sei daher rechtsirrig. Hätte der Gesetzgeber diese Intention gehabt, so wäre sicherlich eine andere Formulierung dieser Gesetzesstelle gewählt worden. Der Gesetzgeber habe bewußt in Kauf genommen, daß bereits bestehende Bergbaubetriebe von dieser Gesetzesnovelle im Jahre 1994 nicht betroffen seien und daß daher bereits bestehende Bergbaubetriebe keine Aufschluß- und Abbaupläne für ihren gesamten Betrieb nachbringen müßten. Als Ausnahme sei eben der Fall festgelegt worden, daß dies dann nicht gelte, wenn es zu einer erheblichen Ausweitung der Abbaufläche komme. Dies sei eindeutig flächenbezogen und nicht "intensitätsbezogen". Die belangte Behörde habe dies offensichtlich auch selbst erkannt, da sie im angefochtenen Bescheid nicht mehr von einer Ausweitung der Abbaufläche spreche, sondern von einer Intensivierung der Abbautätigkeit und es werden von ihr die beiden Begriffsbestimmungen von der rechtliche Konsequenz her gesehen gleichgesetzt. Dies widerspreche aber ganz klar der gesetzlichen Anordnung des § 100 Abs. 7 BergG 1975.

Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift vor, der Beschwerdeführerin komme keine Beschwerdelegitimation mehr zu, weil das mit 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Mineralrohstoffgesetz die Bestimmungen des Berggesetzes 1975 - mit Ausnahme der §§ 193 bis 196 - aufgehoben habe und sich das Institut des Aufschluß- und Abbauplanes im Mineralrohstoffgesetz nicht mehr finde. Der angefochtene Bescheid sei daher ab 1. Jänner 1999 ohne Bedeutung, sodaß der vorliegenden Beschwerde nach Ansicht der belangten Behörde kein Rechtsschutzbedürfnis zugrunde liege.

Dieser Rechtsansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Erwägungen nicht anzuschließen:

Aus den in den §§ 197 ff geregelten Übergangsbestimmungen des rückwirkend am 1. Jänner 1999 in Kraft getretenen Mineralrohstoffgesetzes (MinroG), BGBl. I Nr. 38/1999, kann keineswegs abgeleitet werden, in Hinkunft dürfe die Abbautätigkeit auf Flächen, für die eine Gewinnungsbewilligung im Sinn der §§ 94 ff BergG 1975 besteht, ohne jede behördliche Genehmigung aufgenommen werden. Vielmehr treten mit dem Inkrafttreten des Mineralrohstoffgesetzes an die Stelle der nach § 100 BergG 1975 erforderlichen Aufschluß- und Abbaupläne die in den §§ 80 ff MinroG normierten Gewinnungsbetriebspläne.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher mangels entsprechender gesetzlicher Übergangsbestimmungen in dem Inkrafttreten des Mineralrohstoffgesetzes einen Wegfall der Möglichkeit der Verletzung der Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in den von ihr als Beschwerdepunkt geltend gemachten subjektiven Rechten nicht zu erblicken.

In der Sache selbst ist die Beschwerdeführerin schon mit ihrem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen im Recht.

Nach der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung hier anzuwendenden Bestimmung des § 100 Abs. 1 BergG 1975 idF der Berggesetznovelle 1994, BGBl. Nr. 633/1994, ist die Aufnahme sowie nach einer länger als fünf Jahre dauernden Unterbrechung die Wiederaufnahme des Gewinnens grundeigener mineralischer Stoffe in einem Abbaufeld spätestens drei Monate vorher der Berghauptmannschaft anzuzeigen. Der Anzeige ist ein Aufschluß- und Abbauplan beizufügen, der alle wesentlichen Einzelheiten des beabsichtigten Aufschlusses und Abbaues enthalten muß.

Die Absätze 2 bis 6 dieser Bestimmung regeln die Voraussetzungen und das Verfahren zur Genehmigung des Aufschluß- und Abbauplanes.

Nach § 100 Abs. 7 leg. cit. gelten die Absätze 1 bis 6 sinngemäß bei einer erheblichen Ausweitung der Abbaufläche.

Der Wortlaut der zuletzt zitierten Bestimmung des § 100 Abs. 7 BergG 1975 gibt insofern zu keinerlei Zweifeln Anlaß, als als alleiniges Kriterium für die Anwendung der Absätze 1 bis 6 dieser Gesetzesstelle außer in dem im Absatz 1 geregelten Fall nur die Ausweitung der Abbaufläche, also lediglich ein rein flächenbezogenes Element ist. Für die von der belangten Behörde gewonnene Auslegung dieser Bestimmung, der im § 100 Abs. 1 leg. cit. erwähnte Aufschluß- und Abbauplan sei auch für den Fall einer beabsichtigten Intensivierung der Abbautätigkeit ohne gleichzeitige Ausweitung der Abbaufläche vorzulegen, bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt.

Von dieser schon durch die Grenze des Wortsinnes gebotenen Auslegung der in Rede stehenden Gesetzesstelle abgesehen findet auch die Erwägung der belangten Behörde, eine zur Vorlage eines Aufschluß- und Abbauplanes verpflichtende erhebliche Ausweitung einer Abbaufläche sei immer dann gegeben, wenn durch Änderung etwa der Abbaurichtung, der Abbaumengen, der Abbaumethode, der eingesetzten Geräte, der Route des Abtransportes und ähnlichem eine Änderung der Immissionssituation für die Anrainer nicht ausgeschlossen werden könne, auch in den aus den Bestimmungen des § 100 Abs. 1 bis 6 leg. cit. erkennbaren Intentionen des Gesetzgebers keine Stütze, weil auch nach diesen Bestimmungen die Verpflichtung zur Vorlage eines Aufschluß- und Abbauplanes lediglich von der Aufnahme bzw. Wiederaufnahme des Gewinnens grundeigener mineralischer Rohstoffe abhängig ist, und nicht (zusätzlich) von der Möglichkeit einer Änderung der Immissionssituation für die Anrainer.

Da die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage den in Rede stehenden bescheidmäßigen Auftrag an die Beschwerdeführerin erließ, obwohl nach ihren eigenen Feststellungen durch deren Abbautätigkeit die Abbaufläche nur in einem nicht ins Gewicht fallenden Ausmaß vergrößert wurde, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Jänner 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998040214.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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