TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/6 W171 2215354-3

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Veröffentlicht am 06.05.2019
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Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W171 2215354-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor MORAWETZ, MBA als Einzelrichter im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zl. XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Algerien, in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Die amtswegig in Vorlage gebrachte Beschwerde zur Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der laufenden Schubhaft wird gemäß § 22a Abs. 4, 2. Satz BFA-VG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Über den Beschwerdeführer (in Folge: BF) wurde am 10.11.2018 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) die gegenständliche Schubhaft verhängt und diese in Vollzug gesetzt.

1.2. Am 01.03.2019 legte das BFA den Haftakt dem Gericht erstmals zur Überprüfung gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG vor Ablauf der Viermonatsfrist vor. Das Gericht sprach mit Erkenntnis vom 06.03.2019 zu XXXX die Rechtmäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft (das Vorliegen der Voraussetzungen und der Verhältnismäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft) aus. Der BF verblieb sohin weiter in Schubhaft.

1.3. Am 01.04.2019 legte das BFA den Haftakt dem Gericht neuerlich zur Überprüfung gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG vor Ablauf der ersten Vierwochenfrist vor. Das Gericht sprach mit Erkenntnis vom 05.04.2019 zu XXXX die Rechtmäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft (das Vorliegen der Voraussetzungen und der Verhältnismäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft) aus. Der BF verblieb auch weiterhin in Schubhaft.

1.4. Mit Aktenvorlage vom 02.05.2019, in der Gerichtsabteilung eingelangt am 03.05.2019, legte das BFA den gegenständlichen Schubhaftakt zur weiteren gerichtlichen Prüfung (zweite Vierwochenfrist) und Genehmigung der Fortsetzung der laufenden Schubhaft vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die gegenständliche Vorlage des Verwaltungsaktes mit dem Ersuchen, die gesetzlich angeordnete Prüfung der Rechtmäßigkeit der Fortsetzung der laufenden Schubhaft (das Vorliegen der Voraussetzungen und der Verhältnismäßigkeit der Fortsetzung der Schubhaft) gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG durchzuführen, hätte spätestens am 29.04.2019 zu erfolgen gehabt, erfolgte jedoch erst am 2. bzw. 3. Mai 2019. Die Vorlage war sohin jedenfalls verspätet.

Die Durchführung eines ordentlichen gesetzmäßigen Prüfungsverfahrens durch das Gericht in der verbleibenden Zeit ist nicht gewährleistet.

2. Beweiswürdigung:

Die dem Sachverhalt zu entnehmenden Daten gründen sich auf die darin angeführten Schubhaftvorakten des Gerichtes und dem vorgelegten Behördenakt. Daraus war zu entnehmen, dass der BF sohin am 10.11.2018 in Schubhaft genommen wurde. Unter Anwendung der zugrunde zu legenden gesetzlichen Bestimmung des § 22a BFA-VG und unter Beachtung der ebenso hiefür geltenden Regelung des § 32 AVG (Fristenberechnung) ergeben sich folgende Vorlage- und Entscheidungsfristen:

Beginn der Schubhaft: 10.11.2018

Letzter Tag für die behördliche Vorlage zur Viermonatsüberprüfung:

04.03.2019

Ablauf der Viermonatsfrist: 10.03.2019

Ablauf der gerichtlichen Entscheidungsfrist: 11.03.2019

Letzter Tag für die behördliche Vorlage zur ersten Vierwochenfrist:

01.04.2019

Ablauf der gerichtlichen Entscheidungsfrist: 08.04.2019

Letzter Tag für die behördliche Vorlage zur zweiten Vierwochenfrist:

29.04.2019

Ablauf der gerichtlichen Entscheidungsfrist im laufenden Verfahren:

06.05.2019

Die Feststellung zum Einlangen der Vorlage begründet sich darauf, dass das Geschäftsstück am 02.05.2019, exakt um 1500 Uhr bei Gericht einlangte. Nun wäre näher zu erörtern, ob nach der GO BVwG im Hinblick auf die dort geregelten Amtsstunden das Poststück noch am 02., oder aber erst am 03.05. als eingelangt anzusehen ist. Für die Beurteilung des gegenständlichen Falles hat dies jedoch nur untergeordnete Bedeutung und war daher die Feststellung in der vorgegebenen Form hinreichend.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A.:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG lautet:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

Rechtlich folgt daraus:

3.1.2. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere Anhaltung über die gesetzlich vorgesehene Viermonatsfrist (und in weiterer Folge über die gesetzlich vorgesehene 4 Wochenfrist) hinaus, weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.

3.1.3. Das Verfahren hat ergeben, dass die gegenständliche Einleitung des gerichtlichen Prüfungsverfahrens nicht wie gesetzlich bestimmt am 29.04.2019 (hg. einlangend), sondern erst am 02. bzw. 03.05.2019, und sohin wesentlich verspätet erfolgte.

Dadurch wurde dem Gericht die Möglichkeit genommen, ein mängelfreies, gesetzmäßiges Überprüfungsverfahren rechtzeitig abzuschließen, bzw. überhaupt durchzuführen. Die Unbesonnenheit der Behörde kann nicht dazu führen, dass das Gericht in die Lage kommt, ein Gerichtsverfahren in verkürzter Zeit durchzuführen, zumal Schubhaftabteilungen beim BVwG nicht als Journalgerichtsabteilungen eingerichtet sind. Es lag in der Absicht des Gesetzgebers, dem Gericht eine angemessene (hier eine Woche) Frist zur ordentlichen Prüfung einzuräumen. Eine Kompetenz der Behörde, diese Frist zu verkürzen kann dem Gesetz nicht entnommen werden.

3.2.0. Eine rechtzeitige Sanierung der verspäteten Vorlage war nicht möglich und konnte daher von einem diesbezüglichen Verbesserungsauftrag Abstand genommen werden.

3.3.0. Nach Rechtsansicht des Gerichtes wird der BF daher umgehend aus der Haft zu entlassen sein, da ein fristgerecht eingeleitetes Verfahren nun nicht mehr möglich ist und ein gültiger gerichtlicher positiver Fortsetzungsausspruch nicht vorliegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt A. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die das BFA treffende Verpflichtung die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem BVwG (zumindest) eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen zu bleiben hat, geht bereits klar aus dem Gesetzestext hervor. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Verspätung, Vorlagefrist, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W171.2215354.3.00

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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