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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des A in S, vertreten durch Dr. Rudolf Schaller, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, Hauptstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 26. Juni 1998, Zl. ZRV119/1-3/1998, betreffend Haftung für Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ist folgender unstrittiger Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Bescheid des Hauptzollamtes Linz (Haftungsbescheid) vom 11. Jänner 1994, wurde der Beschwerdeführer als Haftender nach § 11 BAO für die entstandene Eingangsabgabenschuld der näher bezeichneten GmbH gemäß § 224 Abs. 1 BAO in Anspruch genommen und aufgefordert, den aushaftenden Abgabenbetrag binnen Monatsfrist zu entrichten.
Gegen diesen Haftungsbescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dies mit der Begründung, mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Spruchsenates beim Hauptzollamt Linz als Organ des Hauptzollamtes Linz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 30. April 1992 sei der Beschwerdeführer unter anderem für den PKW Mercedes 300 SE, hinsichtlich dessen bei der Einfuhr nach Österreich durch eine näher bezeichnete Person das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben in der Tatbegehungsform der Beitragstäterschaft begangen worden sei, wegen des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG für schuldig erkannt worden. Für die GmbH sei als Anmelderin gemäß § 174 Abs. 3 lit. c i.V.m. § 3 Abs. 2 ZollG 1988 die Abgabenschuld hinsichtlich des unerhoben gebliebenen (verkürzten) Abgabenbetrages entstanden. Der Grund, weshalb diese GmbH im Erkenntnis des Spruchsenates nicht ausdrücklich genannt sei, liege darin, daß mit dem im Finanzstrafverfahren ergangenen Erkenntnis über den finanzstrafrechtlichen Sachverhalt und dessen finanzstrafrechtliche Würdigung abgesprochen worden sei, nicht jedoch über die abgabenrechtlichen Konsequenzen. Der dem Vorgang zugrundeliegende Sachverhalt sei vor Erlassung des angefochtenen Haftungsbescheides dem Beschwerdeführer mit Vorhalt des Hauptzollamtes Linz vom 25. August 1993 mitgeteilt worden. In diesem Zusammenhang werde bemerkt, daß in der Vorhaltsbeantwortung vom 16. September 1993 durch den bevollmächtigten Parteienvertreter zwecks Ermöglichung einer Akteneinsicht die Übersendung des Aktes an das Finanzamt Eisenstadt begehrt worden sei. Nachdem der Akt zu diesem Zweck an das genannte Finanzamt übersandt worden sei, sei lt. Aktenvermerk vom 7. Dezember 1993 vom Anwalt als Vertreter des Beschwerdeführers auf Akteneinsicht verzichtet worden. Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem begangenen Finanzvergehen und dem angefochtenen Haftungsbescheid sei einwandfrei gegeben. Es komme dabei nicht darauf an, daß der Täter durch sein Verhalten die Abgaben selbst auch verkürzt habe. Er hafte auch für die durch die Vortat bereits verkürzten Abgaben, für die eine andere Person als Abgabenschuldner herangezogen werden könne. Im Beschwerdefall sei unbestritten, daß an den Beschwerdeführer ein rechtskräftig gewordenes Straferkenntnis ergangen sei. Weil er mit diesem Erkenntnis eines Vorsatzdeliktes, in dessen Zusammenhang eine Abgabenhinterziehung stehe, für schuldig erkannt worden sei, hafte er gemäß § 11 BAO für den verkürzten Abgabenbetrag.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtheranziehung zur Haftung verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 11 BAO haften bei vorsätzlichen Finanzvergehen rechtskräftig verurteilte Täter und andere an der Tat Beteiligte, wenn sie nicht selbst abgabepflichtig sind, für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden.
Die Haftung nach § 11 BAO setzt eine Entscheidung im gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren voraus, mit der der Verurteilte eines vorsätzlichen Finanzvergehens rechtskräftig schuldig gesprochen wurde. Nach der Terminologie des Finanzstrafgesetzes bezieht sich das Wort "verurteilt" nur auf gerichtliche Entscheidungen über die Verhängung von Geldstrafen und Freiheitsstrafen (und Wertersätze), während im finanzbehördlichen Finanzstrafverfahren auf eine Geldstrafe oder einen Wertersatz "erkannt" wird. Der im § 11 BAO verwendete Ausdruck muß aber in einem umfassenden Sinn verstanden werden, nämlich in dem, daß die Haftung bei allen vorsätzlichen Finanzvergehen besteht, derentwegen eine rechtskräftige Bestrafung erfolgte, und zwar unabhängig davon, ob die Entscheidung im finanzbehördlichen Finanzstrafverfahren oder im gerichtlichen Strafverfahren ergangen ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 93/16/0011, VwSlg. 6949/F).
Der Täter oder andere an der Tat Beteiligte muß somit schon vor seiner Heranziehung zur Haftung nach § 11 BAO wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens rechtskräftig verurteilt worden sein. Diese Bestimmung fordert jedoch nicht, daß auch der Abgabepflichtige selbst ein vorsätzliches Finanzvergehen begangen hat. Dies könnte - wie im Beschwerdefall - dann überhaupt nicht der Fall sein, wenn eine juristische Person Abgabepflichtige ist, weil diese selbst als eine nicht natürliche Person (§ 1 FinStrG) ein solches Finanzvergehen gar nicht begehen kann. Es müssen nach dieser Bestimmung nicht alle Täter oder an der Tat Beteiligten das Finanzvergehen vorsätzlich begangen haben. Daß aber der Beschwerdeführer ein vorsätzliches Finanzvergehen begangen hat und deswegen auch rechtskräftig schuldig erkannt wurde, steht außer Streit. Somit stützte die belangte Behörde die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung mit Recht auf § 11 BAO.
Die abgabenrechtliche Haftungsform setzt wohl, entsprechend dem Prinzip der Akzessorietät im materiellen Sinn den Bestand einer Schuld voraus, nicht aber, daß die Schuld dem Hauptschuldner gegenüber bereits geltend gemacht worden ist und das Verfahren zur Einhebung oder gar zur zwangsweisen Einbringung ergebnislos verlaufen ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 105).
Selbst dann, wenn der Abgabepflichtige unbekannt geblieben wäre, könnte die Haftung gegenüber einer anderen Person als dem Abgabenschuldner nach § 11 BAO unter Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen geltend gemacht werden. Ob nun die abgabepflichtige GmbH im Straferkenntnis des Spruchsenates beim Hauptzollamt Linz genannt wurde, ist im Abgabenverfahren bei der Heranziehung zur Haftung für die Abgabenschulden der GmbH ohne Relevanz. Auf Grund der insofern unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer für eine bestimmte, anläßlich der Einfuhr wegen Unterfakturierung seines Personenkraftwagens entstandene Eingangsabgabenschuld dieser - im angefochtenen Bescheid genannten - GmbH zur Haftung herangezogen. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Abgabenbescheides wegen Nichtanführung der GmbH im erwähnten Straferkenntnis liegt somit nicht vor.
Der Beschwerdeführer rügt auch die Verletzung des Parteiengehörs.
Gemäß § 183 Abs. 4 BAO ist den Parteien vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern.
Wenn der Verpflichtung der Partei Gehör zu gewähren, von der Behörde nicht entsprochen wird, so liegt ein Verfahrensmangel vor, der jedoch noch im Rechtsmittelverfahren saniert werden kann, etwa durch die Behörde zweiter Instanz, wenn diese das Parteiengehör gewährt (vgl. Stoll, aaO, 1902).
Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt. Wenn allerdings vor der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides kein Parteiengehör gewährt worden wäre, dann läge insofern ein Verfahrensmangel vor. Nach dem Beschwerdevorbringen wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid gleichzeitig auch ein Vorhalt an den Beschwerdeführer mitübersandt, mit dem ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Damit wurde dieser allfällige Verfahrensmangel jedenfalls saniert. Der Beschwerdeführer kann sich daher nicht mehr mit Recht auf die Verletzung des Parteiengehörs im weiteren Verfahren berufen.
Da der Inhalt der Beschwerde somit erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen. Die Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG in einem nach dieser Gesetzesstelle gebildeten Senat getroffen werden.
Mit der Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 27. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998160411.X00Im RIS seit
21.02.2002Zuletzt aktualisiert am
01.10.2008