TE OGH 2019/5/15 9ObA41/19y

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Veröffentlicht am 15.05.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Bernhard Gruber und ADir. Gabriele Svirak in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. DI (FH) ***** M*****, vertreten durch Dr. Arnold Mayrhofer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dumfarth Klausberger Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Linz, wegen 20.586,70 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Februar 2019, GZ 12 Ra 7/19i-36, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kläger brachte infolge des Berufungsurteils sowohl vor als auch nach Einbringung seiner (durch einen Rechtsanwalt unterzeichneten) außerordentlichen Revision selbständig mehrere Schriftsätze ein (ON 38, 39, 40 ua), die ebenfalls Rechtsmittelerklärungen und -anträge enthalten. Da aufgrund der absoluten Anwaltspflicht im Revisionsverfahren (§ 27 Abs 1, § 506 Abs 1 Z 4 ZPO) ausschließlich die außerordentliche Revision des verfahrensmäßigen Vertreters des Klägers als wirksamer Rechtsmittelschriftsatz zu behandeln ist (vgl 7 Ob 91/03p), ist auf die Eigeneingaben des Klägers inhaltlich nicht einzugehen.

2. Für die Einstufung nach kollektivvertraglichen Entgeltgruppen kommt es grundsätzlich auf die Tätigkeitsmerkmale, auf den Inhalt der Arbeit und die vorwiegend ausgeübte tatsächliche Tätigkeit an (RS0064956), sofern im Kollektivvertrag keine Sonderregelung vorliegt, die für die Einstufung etwa auf eine bestimmte Ausbildung oder auf eine unabhängig vom tatsächlichen Tätigkeitsbereich ausgeübte formale Funktion des Arbeitnehmers im Betrieb abstellt (RS0064956 [T8]). Nach ständiger Rechtsprechung bildet die Frage, welche Umstände im Einzelfall für die richtige Einstufung maßgeblich sind, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0110650 [T2]). Das ist auch hier nicht der Fall.

Der Kläger wurde von der Beklagten als Systems Engineer Controls (Systemingenieur) aufgenommen und in die Beschäftigungsgruppe E des Kollektivvertrags für Angestellte „der Maschinen- und Metallwarenindustrie“ eingeordnet. Seine Hauptaufgabe war die eigenverantwortliche Abwicklung eines control-Gewerkes innerhalb eines Kundenauftrags (Projekts), wobei es innerhalb eines Projektteams jeweils auch einen Lead System Engineer (führenden Systemingenieur) und einen (Gesamt-)Projektleiter gab. Der Kläger ist der Ansicht, dass in der Prozessbeitragsbeschreibung seiner Tätigkeit zahlreiche höhere Tätigkeiten enthalten seien, die seine Einstufung bis in die Beschäftigungsgruppe I bzw sogar J rechtfertigten. Aus den von ihm genannten Kriterien lässt sich aber selbst eine Einstufung in die Beschäftigungsgruppe G nicht zwingend ableiten („selbständig schwierige und verantwortungsvolle Tätigkeiten ...“, Betrauung „in beträchtlichem Ausmaß mit der Leitung von Projekten“, die beim Kläger mit einer Ausnahme nicht vorlag). Auf die Beschäftigungsgruppe F geht die Revision nicht näher ein. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor.

3. Der Kläger ist auch der Ansicht, dass ihm nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz eine – anderen Dienstnehmern gewährte – Jahresprämie zustehe.

Dem Dienstgeber steht es im gesetzlichen und kollektivvertraglichen Rahmen grundsätzlich frei, entgeltliche Zuwendungen an bestimmte Bedingungen zu knüpfen und auf bestimmte Dienstnehmer zu beschränken, soweit er dabei nicht willkürlich und sachfremd differenziert und dadurch den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt (RS0016817, RS0016815, RS0028240). Entscheidend ist, ob der Behandlung der bessergestellten Arbeitnehmer ein erkennbares und generalisierbares Prinzip zugrunde liegt (RS0060204 [T5]). Die Frage, ob eine Differenzierung zwischen den in Betracht kommenden Bediensteten willkürlich und sachfremd ist, kann nur im jeweiligen Einzelfall unter Beachtung der bei den betroffenen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen gegebenen konkreten Umstände entschieden werden (RS0060204 [T20]).

Nach den Feststellungen war der Bezug der Prämie vom jeweiligen Arbeitszeitmodell abhängig. Sie wurde nur im Modell Jahresarbeitszeit, nicht aber im Modell Gleitzeit gewährt. Das Modell Jahresarbeitszeit sah nach dem vom Kläger nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten (vgl ON 11a S 41) All-In-Vereinbarungen vor. Es machte die Prämie vom Unternehmensergebnis und individuell vereinbarten Zielen abhängig und wurde grundsätzlich für alle Projektleiter vorgesehen, während Systemingenieure wie der Kläger im Modell Gleitzeit ohne pauschalierte Abgeltung von Mehrarbeit beschäftigt wurden. Warum darin eine willkürliche und sachfremde Differenzierung liegen sollte, zeigt die Zulassungsbeschwerde des Klägers nicht auf. Zur Beurteilung der Vorinstanzen, die den Anspruch auf die Prämie verneint hatten, besteht auch insoweit kein Korrekturbedarf.

4. Der Kläger meint auch, dass die Beklagte im Zusammenhang mit Mobbing, Bossing und Diskriminierung ihre Fürsorgepflichten verletzt habe.

Für Mobbing ist das systematische, ausgrenzende und prozesshafte Geschehen über einen längeren Zeitraum typisch, etwa durch systematische Verweigerung jeder Anerkennung, Isolation, Zurückhaltung von Informationen, Rufschädigung etc (RS0124076 [T2]). Die Beurteilung, ob Auseinandersetzungen zwischen Mitarbeitern am Arbeitsplatz ein Mobbing zugrunde liegt, das den Dienstgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zu Gegenmaßnahmen verpflichtet, sowie um welche Maßnahmen es sich dabei handeln muss, hängt allerdings immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0124076 [T5]).

Zwischen den Mitarbeitern der Beklagten und dem Kläger bestanden aufgrund technischer oder fachlicher Vorkommnisse Zwistigkeiten und Unstimmigkeiten, es kam zu zwei konkreten, den Kläger betreffenden Vorfällen. Wenn die Vorinstanzen darin noch kein systematisches, ausgrenzendes und prozesshaftes Geschehen über einen längeren Zeitraum gegenüber dem Kläger erkennen konnten, haben sie hier den ihnen zukommenden Entscheidungsspielraum noch nicht verlassen. Entgegen der Ansicht des Klägers bestand die Reaktion der Beklagten auch nicht bloß in einem Gespräch mit Ausspruch der Kündigung. Sein Vorgesetzter hatte vorab Erkundigungen im Unternehmen eingeholt. Nach den Feststellungen war der Grund für die Beendigung des Dienstverhältnisses „die Unzufriedenheit auf beiden Seiten,“ entgegen dem Vorbringen des Klägers aber nicht ein Versuch der Beklagten, ihn systematisch aus dem Unternehmen hinauszudrängen. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot (§§ 27, 13 GlBG) bestehen nicht. Ist danach eine Verletzung der Fürsorgepflicht der Beklagten zu verneinen, waren auch keine Feststellungen zu ihrer Kausalität für die Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers zu treffen.

5. Mangels einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

Textnummer

E125389

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00041.19Y.0515.000

Im RIS seit

04.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.08.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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