Entscheidungsdatum
10.04.2019Norm
BBG §40Spruch
L515 2200006-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hermann LEITNER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den vom Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , am XXXX 2018 versandten Behindertenpass, OB: XXXX , VSNr.: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2, § 47, § 54 Abs. 12, Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als
Vorsitzenden und die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER und den fachkundigen Laienrichter RR Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den vom Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , am XXXX 2018 versandten Behindertenpass, OB XXXX , VSNr.: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
C) Das Mehrbegehren betreffend der Vornahme der Zusatzeintragung "
im Behindertenpass "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, § 6 Abs. 1 AVG 1991, BGBl. I Nr. 51/1991 idgF zurückgewiesen.
D) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz
(B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Die beschwerdeführende Partei ("bP") ist Inhaber eines Behindertenpasses (GdB 50 %) und brachte am im Akt ersichtlichen Datum beim Sozialministeriumservice als belangte Behörde ("bB") einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie die Ausstellung eines Parkausweises ein.
I.2. In der Folge wurde am 18.06.2018 ein ärztliches Sachverständigengutachten einer Allgemeinmedizinerin erstellt (Begutachtung am 24.05.2018). Die "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" erachtete der medizinische Sachverständige als vorliegend.
I.3. Mit Schreiben vom 20.06.2018 wurde der bP das eingeholte Gutachten zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen drei Wochen ab Zustellung zu äußern. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
I.4. Mit Schreiben der bB vom XXXX 2018 wurde der bis 31.08.2020 befristete Behindertenpass im Scheckkartenformat der bP übermittelt.
I.5. Mit Schreiben vom 15.03.2018 brachte die bP ohne Vorlage neuer Befunde eine "Stellungnahme gegen Schreiben vom XXXX 2018" ein.
I.6. Am 24.05.2018 erfolgte vor der bB eine niederschriftliche Einvernahme des Vaters der bP.
I.7. Mit Schreiben vom 04.07.2018 erfolgte die Beschwerdevorlage durch das Sozialministeriumservice, sie langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein.
I.8. Im Rahmen einer nicht öffentlichen Beratung am 9.4.2019 beschloss der erkennende Senat die Beschwerde abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Die bP ist österreichischer Staatsbürger und an der im Akt ersichtlichen Adresse wohnhaft.
1.2. Die bP ist ein mündiger Minderjähriger und unvertreten.
1.3. Am 24.05.2018 erfolgte im Auftrag des Sozialministeriumservice eine Begutachtung durch eine ärztliche Sachverständige (Allgemeinmedizin). Das betreffende Gutachten vom 18.06.2018 weist nachfolgenden relevanten Inhalt auf:
" Derzeitige Beschwerden:
Er kann sich nicht gut ausdrücken und wird dann aggressiv und dreht durch. Er kann nicht mit Öffis fahren, weil er wegen seiner Intelligenzminderung nicht verkehrssicher ist. Hat Sonderschullehrplan und geht in St. XXXX zur Schule. Neue Arztbefunde gibt es keine. Über das Verhalten im Verkehr und den Schulweg werden keine Angaben gemacht.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
keine
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1) kombinierter Entwicklungsrückstand, Sprachrückstand
Sonderschullehrplan in allen Gegenständen derzeit im Jobcoaching, ansonsten sind derzeit keine Therapiemaßnahmen notwendig.
Pos.Nr. 03.02.02, GdB 50 %
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Punkt 1 bestimmt den GdB von 50%.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Übergewicht mit Zunahme seit dem Vorgutachten
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Keine Änderung des GdB, die im Beschwerdeschreiben angeführte Verschlechterung kann in Befunden nicht nachgewiesen werden. Es werden keine neuen oder aktuellen Befunde beigebracht.
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
Keine Änderung des Gdb
Nachuntersuchung 07/2020 - Zur Verlaufskontrolle
Prüfung der Auswirkungen der festgestellten Gesundheitsschädigungen nach Art und Schwere für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Kurze Wegstrecken können zurückgelegt werden, die üblichen Niveauunterschiede können überwunden werden, die körperlichen Funktionen sind ausreichend um öffentliche Verkehrsmittel benützen zu können. Die geistigen und psychischen Funktionen die für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel notwendig sind, können ohne entsprechende Befunderhebungen allgemeinärztlich nicht beurteilt werden. Die vom Vater nachgereichte Niederschrift vom 24.5 2018 führt zu keiner Änderung des Gutachtens, weil keine aktuellen Befunde und Testergebnisse beigelegt wurden und deswegen die Unzumutbarkeit für öffentliche Verkehrsmittel allgemeinärztlich nicht beurteilt werden kann.
1.4. Der Vater der bP brachte im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Sozialministeriumsservice im Wesentlichen vor, dass die bP keinen Fahrplan verstehe und auch nicht mit Geld umgehen könne. Die bP brauche im Alltag eine Begleitperson; auch liege bei ihr ein Merkdefizit vor. Eine weitere Therapie sei mangels Erfolgsaussichten abgelehnt worden.
1.5. Im Rahmen der "Stellungnahme gegen Schreiben vom XXXX 2018" (gemeint wohl: Beschwerde) führte die bP aus, dass sie eine große Entwicklungsstörung, einen Sprachentwicklungsrückstand sowie eine leichte Intelligenzminderung habe. Sie brauche eine Begleitperson und sei nicht verkehrssicher.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Das seitens der belangten Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Allgemeinmedizin zeigt den aktuellen Gesundheitszustand der bP im Lichte des BBG bzw. der Einschätzungsverordnung in nachvollziehbarer Weise auf, ist ausführlich begründet, schlüssig und weist keine Widersprüche auf. Die vorliegende Funktionseinschränkung wurde von der Sachverständigen im Rahmen der klinischen Untersuchung am 24.05.2018 unter Berücksichtigung der Beschwerdeausführungen sowie des Vorgutachtens samt Befunde erhoben und der entsprechenden Positionsnummer der Einschätzungsverordnung zugeordnet. Das zitierte Gutachten kommt zu einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. Führendes Leiden stellt die Funktionseinschränkung "kombinierter Entwicklungsrückstand, Sprachrückstand" mit einem GdB von 50 % dar.
Die bP ist dem Gutachten ihm Rahmen des mit Schreiben vom 20.06.2018 gewährten Parteiengehörs nicht entgegengetreten bzw. ist sie den gutachterlichen Ausführungen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, die die Annahme zulassen würde, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend.
Der unsubstantiierten Forderung nach einer höhergradigen Einschätzung, kann aufgrund obiger Ausführungen nicht gefolgt werden.
Der Wunsch nach einer weiteren Untersuchung ist als Erkundungsbeweis im Sinne der Rechtsprechung zu werten, zumal eine solche Untersuchung nicht dazu dient, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern ihr erst ermöglichen soll, ein solches zu erstatten (vgl. VwGH vom 16.10.2002, 2002/03/0026, vom 09.09.2016, Ra 2014/02/0059).
Dem Vorbringen der bP und den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung bzw. Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Es lag daher kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen dieses Sachver-ständigen abzugehen; der Inhalt wird vom erkennenden Gericht nicht angezweifelt.
Da das Sachverständigengutachten auch mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch steht, wird es in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Senat
Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs. 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3. Prüfungsumfang
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Nach § 9 AVG iVm § 17 VwGVG sind Fragen der persönlichen Rechts- und Handlungsfähigkeit von am Verwaltungsverfahren Beteiligten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Nachdem das Bundesbehindertengesetz diesbezüglich keine vom AVG abweichende Anordnungen trifft, sind die Vorschriften des bürgerlichen Rechts heranzuziehen.
Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Februar 2018 ca. 15,5 Jahre alt und demnach minderjährig. Es ist zunächst zu prüfen, ob die Antragstellung durch die bP und die Zustellung des mit Schreiben vom XXXX 2018 versandten Behindertenausweises an den Antragsteller rechtswirksam war.
Mündige Minderjährige besitzen eigene - gegenüber Unmündigen "erweiterte" - Geschäftsfähigkeit: sie können ohne Mitwirkung ihres gesetzlichen Vertreters über Sachen, die ihnen zur freien Verfügung überlassen worden sind sowie über ihr Einkommen aus eigenem Erwerb verfügen und sich verpflichten, soweit dadurch nicht die Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse gefährdet wird. Die zur freien Verfügung überlassenen oder aus eigenem Erwerbseinkommen stammenden Mittel darf der Mündige auch allein und frei verwalten. Werden mit frei verfügbaren oder aus eigenem Einkommen stammenden Mitteln andere Sachen erworben oder treten (etwa als Versicherungsleistung) an ihre Stelle, so sind auch diese frei verfügbar, sofern sie nicht derart wertvoll(er) sind, dass ihre Überlassung zur freien Verfügung nicht mehr unterstellt werden kann, zB bei einem Millionengewinn aus einem vom Taschengeld gekauften Los. Minderjährige können im Rahmen des § 151 Abs 2 ABGB bspw selbstständig medizinische Behandlungsverträge schließen, sind wechsel- und scheckrechtlich verpflichtungsfähig, können Vollmacht erteilen und als Stellvertreter tätig werden. Ist zu besorgen, dass sich ein Minderjähriger (aufgrund verzögerter Entwicklung, psychischer Krankheit oder geistiger Behinderung) im Rahmen seiner Geschäftsfähigkeit erheblichen Schaden zufügt, ist nach § 154b vorzugehen (Schwimann/Nademleinsky in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar Aufl. 4 (2011) zu § 151 ABGB, Seite 611).
Mündige Minderjährige sollten wie im Außerstreitverfahren immer dann am Verfahren teilnehmen, wenn es um ihr Wohl geht oder ihre persönlichen Interessen gefährdet erscheinen und sie über die nötige Einsichtsfähigkeit verfügen (Hengsschläger/Leeb, AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar 1. Teilband: §§ 1 - 36, Seite 88, Rz 14).
Da es sich dabei um Ausnahmen von der im allgemeinen beschränkten Geschäftsfähigkeit Minderjähriger handelt, die im Interesse des Schutzes der Minderjährigen einschränkend auszulegen sind (vgl. etwa die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, JBl. 1954, 258, EvBl. 1962/412, SZ. 36/61 und zuletzt vom 27. Jänner 1983, 8 Ob 572/82), erfasst sogar die insoweit erweiterte zivilrechtliche Prozessfähigkeit des mündigen Minderjährigen nicht Schadenersatzansprüche, selbst wenn sie in einem unmittelbaren tatsächlichen Zusammenhang mit frei verfügbarem Vermögen des Minderjährigen stehen oder dieses Vermögen erfassen, sodass in solchen Fällen ausschließlich der gesetzliche Vertreter einschreiten kann. (vgl. nochmals Oberster Gerichtshof vom 27. Jänner 1983, 8 Ob 572/82). Dies muss aber umsomehr für solche verwaltungsbehördliche Verfahren gelten, die sich gegen den (mündigen) Minderjährigen bzw. den beschränkt Entmündigten richten. Jedenfalls in derartigen Verfahren muss die Prozeßfähigkeit mündiger Minderjähriger bzw. beschränkt Entmündigter mangels der hiefür maßgeblichen zivilrechtlichen Handlungsfähigkeit verneint werden (vgl. hiezu auch die Ausführungen Bernats in ZAS 1983, Seite 183 und Zierls in ÖVA 1981, 111).
In verwaltungsbehördlichen Verfahren, die sich gegen einen mündigen Minderjährigen oder einen beschränkt Entmündigten richten, kann für deren Geschäftsfähigkeit nicht § 151 Abs 2 ABGB und § 151 Abs 3 ABGB herangezogen werden, die nur den Abschluss von Rechtsgeschäften betreffen; diese beschränkt Geschäftsfähigen sind daher mangels zivilrechtlicher Handlungsfähigkeit prozessunfähig. Zustellungen können daher rechtswirksam ausschließlich an deren gesetzlichen Vertreter gerichtet werden [(Hinweis B 22.9.1981, 365/79, VwSlg 10547 A/1981 bezüglich der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber einer Behörde), VwGH 1416/78, 25.11.1983)]. Daraus folgt e contraio, dass ein mündiger Minderjähriger prozeßfähig ist. Ebenso gehen die Gerichtshöfe des öffenlichen Rechts von einer beschränkten prozessfähigkeit mündiger Minderjähriger ein, wenn sich das Verfahren auf ihnen zur freien Verfügung überlassenen Sachen bezieht oder ihr Einkommen aus eigenem Erwerb betrifft, ohne dass druc hdie Kosten des betreffenden Verfaherns die Befridigung der Lebensbedürftnisse des mündigen Minderjähritgen gefährdet werden kann (so kann dieser etwa seinen Anspruch auf Karenzurlaub nach dem AlVG selbstständig uU sogar vor dem VwGH geltend machen; vgl hierzu Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Ausgabe 2014), § 9, RZ 14).
Die bP stellte einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie die Ausstellung eines Parkausweises beim Sozialministeriumsservice. Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen soll durch die im Bundesbehindertengesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden (§ 1 BBG). In weiter Folge nennt das BBG als grundlegende Werte "Auskunft, Beratung und Betreuung" sowie einen Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung. Auf Grund dieser Ausführungen ist es unstrittig, dass der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. Parkausweises dem Wohle und den Interessen des Antragsstellers dient; wird es ihm doch erst dadurch ermöglicht, sofern er die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, die im BBG vorgesehenen Maßnahmen und damit einhergehenden Vergünstigungen für sich in Anspruch nehmen zu können, um ihm damit die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu sichern. Auch wird der den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts innewohnende Schutzzweck bzw. von der höchstrichterlichen Judikatur entwickelten Kriterien nicht umgangen, zumal dem Antragsteller weder bei Stattgabe noch bei Abweisung seines Antrages Kosten bzw. Verpflichtungen entstehen; vielmehr kann der Antragsteller, sollten sich seine Einschränkungen verschlimmert haben, wiederum einen neuerlichen Antrag stellen. Die bP wird durch die Antragstellung auf die Ausstellung eines Behindertenausweises bzw. Ausstellung eines Parkausweises weder in ihrem Wohl noch in ihren Interessen gefährdet, weshalb im gegenständlichen Fall von der Rechts- und Handlungsfähigkeit auszugehen ist.
Vor dem Hintergrund des festgestellten Entwicklungsrückstandes und des Sprachrückstandes bleibt zu prüfen, ob die bP über die nötige Einsichtsfähigkeit im gegenständlichen Verfahren verfügt. Diesbezüglich hat die Gutachterin in der Rubrik "derzeitige Beschwerden" ausgeführt, dass die bP sich nicht gut ausdrücken könne und dann aggressiv werde. In der Rubrik "Status Psychicus" wird im Wesentlichen die bP betreffend ausgeführt: spricht kaum. Das Kind (gemeint: bP) wirkt introvertiert, verunsichert und wenig zugänglich wohl aber freundlich und kooperativ. Die Gutachterin hat die Einschränkung der bP als Entwicklungsstörung mittleren Grades (Pos. Nr. 03.02.02) mit einem GdB von 50 % eingestuft und bewegt sich damit im untersten Rahmen. Die Einschätzungsverordnung nennt für diese Position "Ernsthafte und durchgängige soziale Beeinträchtigung in ein bis zwei Bereichen, globaler Unterstützungsbedarf beim Lernen, kombinierte umschriebene Entwicklungsstörung). Der OGH hat in seiner Entscheidung vom 22.04.1999, 6Ob55/99b im Zusammenhang mit der Einwilligung eines psychisch Kranken ausgeführt, "dass der Betroffene zu einer Willenserklärung nicht in der Lage ist, ihm also die Einsichtsfähigkeit zur Beurteilung des Grundes und der Bedeutung der ärztlichen Behandlung fehlt". Umgelegt auf den konkreten Fall ist somit die Frage dahingehend zu beantworten, dass sie bP zwar kognitiv beeinträchtigt ist, sie sich aber bewusst war, dass und warum sie den Antrag auf die Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. eines Parkausweises stellen soll. Im Bericht der Caritas vom 28.04.2015 wird unter der Rubrik "Allgemeines" im Wesentlichen ausgeführt: Der Vater berichtet, dass es zuhause mit der bP kaum Schwierigkeiten gebe. Er sei sehr selbstständig, er entscheide zu Hause selber was er machen wolle oder nicht, das funktioniere recht gut." Aufgrund dieser Ausführungen und dem Umstand, dass der Befund bereits drei Jahre alt ist, ist davon auszugehen, dass die bP zur Beurteilung des Grundes, warum sie einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. Parkausweises stellen soll, genügend Einsichtsfähigkeit aufweist.
Letztlich ist davon auszugehen, dass die bP im gegenständlichen Fall sowohl Rechts- und Handlungsfähig als auch Prozessfähig ist, weswegen die Bescheidzustellung an die bP keine Mängel aufweist und auch die Einbringung der Beschwerde durch die bP im Zusammenwirken mit ihrem Vater zulässig ist. Diesbezüglich ist auch auf die Rsp des VfGH zu verweisen, wonach die Prozessfähigkeit eines mündigen Minderjährigen überdies auf § 151 Abs. 3 ABGB gestützt werden kann (vgl. hiezu Hengsschläger/Leeb, AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar 1. Teilband: §§ 1 - 36, Seite 88, Rz 14).
3.4. Weitere relevante Bestimmungen
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 41 Abs. 2 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 43 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, sofern Änderungen eintreten, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.
Gemäß § 43 Abs. 2 BBG ist der Besitzer des Behindertenpasses verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpass vorzulegen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 47 BBG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.
Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1, § 13 Abs. 5a, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.
Gemäß § 1 der Einschätzungsverordnung ist unter Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 2 Abs. 1 leg cit sind die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage der Einschätzungsverordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.
Gemäß § 2 Abs. 2 leg cit ist bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.
Gemäß § 2 Abs. 3 leg cit ist der Grad der Behinderung nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.
Gemäß § 3 Abs. 1 leg cit ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
Gemäß § 3 Abs. 2 leg cit ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
Gemäß § 3 Abs. 3 leg cit liegt eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, vor, wenn
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sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
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zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
Gemäß § 3 Abs. 4 leg cit ist eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Gemäß § 4 Abs. 1 leg cit bildet die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
Gemäß § 4 Abs. 2 leg cit hat das Gutachten neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Gesamtbeurteilung mehrerer Leidenszustände nicht im Wege einer Addition der aus den Richtsatzpositionen sich ergebenden Hundertsätze der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu erfolgen, sondern nach den Grundsätzen des § 3 der genannten Richtsatzverordnung. Nach dieser Bestimmung ist dann, wenn mehrere Leiden zusammentreffen, bei der Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zunächst von der Gesundheitsschädigung auszugehen, die die höchste Minderung der Erwerbsfähigkeit verursacht. Sodann ist zu prüfen, ob und inwieweit der durch die Gesamteinschätzung zu erfassende Leidenszustand infolge des Zusammenwirkens aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen eine höhere Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, wobei im Falle der Beurteilung nach dem BEinstG gemäß § 27 Abs. 1 dieses Gesetzes Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v H. außer Betracht zu lassen sind, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht (u.a VwGH vom 24. September 2003, Zl. 2003/11/0032; VwGH vom 21. August 2014, Zl. Ro 2014/11/0023-7).
Das angeführte Sachverständigengutachten und die Angaben der bP im Verfahren sowie die im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Äußerungen wurden im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt. Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
Die vom ärztlichen Sachverständigen erfolgte Bewertung der angegebenen Beschwerden und Krankheitszustände entspricht der Einschätzungsverordnung sowohl hinsichtlich Position, als auch Prozentsatz. Festlegungen innerhalb eines Rahmensatzes wurden schlüssig begründet.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 - also die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren) zu überprüfen, ist also daran gebunden.
Da im Hinblick auf den - wie gezeigt unbedenklichen - Inhalt des Sachverständigengutachtens ein Grad der Behinderung von fünfzig (50) von Hundert (vH) festzustellen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.
3.5. Soweit in der Beschwerde die Überprüfung des Behinderungsgrades der Kinder beantragt wird, bzw. neu festzustellen und die Zusatzeintragung (§29b Anträge liegen bei) zu überprüfen, so bezieht sie sich offenbar auf den am 15.03.2018 gestellten Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises. Diesbezüglich ist auszuführen, dass vom Sozialministeriumservice nicht darüber abgesprochen wurde. In Ermangelung einer bescheidmäßigen Erledigung - es liegt kein entsprechender Bescheid vor, welcher einer Anfechtung zugänglich wäre - entzieht sich dieses Begehren der bP daher der Kognitionsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Beschwerde war daher insoweit - im Hinblick auf das Mehrbegehren - zurückzuweisen (Spruchpunkt B) und ist die bP in dieser Hinsicht an das Sozialministeriumservice zu verweisen.
3.6. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 19. Februar 1998, Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte (vgl. VwGH 03.11.2015, Zl. 2013/08/0153).
Im vorliegenden Fall haben die Parteien die Durchführung einer Verhandlung durch das Verwaltungsgericht nicht beantragt. Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie im gegenständlichen Erkenntnis ausgeführt wurde, wurde das hierfür eingeholte - auf Basis einer klinischen Untersuchung erstellte - Gutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet und zeigt die bP weder Widersprüche, Ungereimtheiten noch Mängel auf. Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt, nicht ergänzungsbedürftig und wurden in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):
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Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
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Die bB musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweis-würdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen.
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In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 46 BBG verstößt.
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Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben.
3.7. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Beweiswürdigung.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.
Die grundsätzlichen Bestimmungen betreffend der Ausstellung eines Behindertenpasses und der Voraussetzungen für die Vornahme von Zusatzeintragungen erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gegeben waren.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L515.2200006.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.07.2019