TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/21 W164 2211618-1

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Veröffentlicht am 21.05.2019
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Entscheidungsdatum

21.05.2019

Norm

AlVG §24
AlVG §26
AlVG §26a
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W164 2211618-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende die fachkundigen Laienrichterin Mag. Andrea HAZIVAR (aus dem Kreis der ArbeitgeberInnen) als Beisitzerin und den fachkundigen Laienrichter Mag. Wolfgang SCHIELER (aus dem Kreis der ArbeitnehmerInnen) als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , VSNR XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice AMS Wien Esteplatz vom 08.10.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Die Beschwerdeführerin (im Folgenden BF) befand sich ab 15.07.2013 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zur XXXX GmbH.

Für den Zeitraum 01.09.2016 bis 31.08.2018 vereinbarte sie mit ihrer Arbeitgeberin Bildungsteilzeit gemäß § 11a AVRAG und beantragte beim AMS die Zuerkennung von Bildungsteilzeitgeld für den Zeitraum 01.09.2016 bis 31.08.2018. Dieser Antrag wurde bewilligt. Das AMS gewährte der BF zunächst das beantragte Bildungsteilzeitgeld.

Ab 01.09.2016 besuchte die BF eine Ausbildung an einem Kolleg für Kindergartenpädagogik (berufsbegleitender Abendlehrgang). Die Ausbildungsdauer beträgt 6 Semester und die Anwesenheitspflicht im Unterricht 26 Wochenstunden in den Schuljahren 2016/17 und 2017/18 bzw. 23 Wochenstunden im Schuljahr 2018/19.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 08.10.2018, GZ XXXX , AMS Wien, Esteplatz, sprach das AMS aus, dass der Bezug des Bildungsteilzeitgeldes gemäß § 26a iVm § 26 und § 24 AlVG ab dem 28.07.2018 eingestellt werde.

Begründend wurde ausgeführt, dass für die Zeit ab dem 30.06.2018 kein Nachweis über die Teilnahme an einer Aus- bzw. Weiterbildungsmaßnahme im Umfang von zumindest 10 Wochenstunden vorliege: Die BF habe zwar für die ersten vier Semester jeweils Schulbesuchsbestätigungen des genannten Kollegs vorgelegt. Der aktive Schulunterricht des vierten Semesters habe jedoch am 29.06.2018 geendet. Danach habe aufgrund der bis 02.09.2018 dauernden Sommerferien kein aktiver Schulunterricht stattgefunden. Ferienzeiten, die nicht von der Bildungsteilzeit umschlossen werden, würden keinen geeigneten Aus- bzw. Weiterbildungsnachweis darstellen. Unter Berücksichtigung einer vierwöchigen Nachlaufzeit ende der Anspruch auf Bildungsteilzeitgeld daher am 27.07.2018.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, sie habe bis zum 31.08.2018 Bildungsteilzeit vereinbart. Im Vorjahr 2017 sei ihr auch für Ferienzeiten Bildungsteilzeitgeld ausbezahlt worden. Im Juli und August 2018 habe die BF notwendige Vorbereitungsarbeiten für ihre abschließende Diplomprüfung leisten müssen. Die Ausbildung am genannten Kolleg, ende erst mit ihrer Diplomprüfung im Juni 2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Hinsichtlich der Feststellungen des Sachverhaltes wird auf die in Punkt I. (Verfahrensgang) gemachten Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist soweit entscheidungswesentlich unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Im vorliegenden Fall war daher Senatszuständigkeit gegeben.

Zu A)

Gemäß § 26a AlVG gebührt Personen, die eine Bildungsteilzeit gemäß § 11a AVRAG in Anspruch nehmen und die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erfüllen, für die vereinbarte Dauer ein Bildungsteilzeitgeld bei Erfüllung der nachstehenden Voraussetzungen:

1. Die Teilnahme an einer im Wesentlichen der Dauer der Bildungsteilzeit entsprechenden Weiterbildungsmaßnahme ist nachzuweisen. Das Ausmaß der Weiterbildungsmaßnahme muss mindestens zehn Wochenstunden betragen. Umfasst die Weiterbildungsmaßnahme nur eine geringere Wochenstundenanzahl, so ist nachzuweisen, dass zur Erreichung des Ausbildungszieles zusätzliche Lern- und Übungszeiten in einem Ausmaß erforderlich sind, dass insgesamt eine vergleichbare zeitliche Belastung besteht. Eine praktische Ausbildung darf nicht beim selben Arbeitgeber stattfinden, es sei denn, dass die Ausbildung nur dort möglich ist.

Gemäß § 14 Abs. 1 AlVG ist die Anwartschaft bei der erstmaligen Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

Gemäß § 14 Abs. 2 AlVG ist die Anwartschaft bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 28 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Die Anwartschaft ist im Falle einer weiteren Inanspruchnahme auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose die Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz erfüllt.

Gemäß § 26a Abs. 5 AlVG gilt § 26 Abs. 2 und 5 bis 8 mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Weiterbildungsgeldes das Bildungsteilzeitgeld tritt.

Gemäß § 26 Abs. 7 AlVG ist § 24 (Berichtigung) mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Weiterbildungsgeld tritt.

Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen.

Daraus folgt für die Beschwerde:

Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Einstellung des Bildungskarenzgeldes gründet sich auf die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht, dass die BF für die Sommerferien des Jahres 2018 (30.6. bis 2.9.2018) keinen für den Bezug von Bildungsteilzeitgeld geeigneten Aus- bzw. Weiterbildungsnachweis vorgelegt habe. Dem ist folgendes zu entgegnen: Die BF hat für das vierte Studiensemester eine Schulbesuchsbestätigung des eingangs genannten Kollegs vorgelegt. Die BF hat durch Vorlage der Schulbesuchsbestätigung vom 7.9.2018 über den Besuch des fünften Semesters belegt, dass sie das Kolleg auch nach dem 31.08.2018 weiter besucht. Ihr Vorbringen, dass sie in den Sommerferien 2018 Vorbereitungsarbeiten für die bevorstehende Diplomprüfung tätigen musste, erscheint vor diesem Hintergrund unbedenklich.

Wie in Krapf/Keul, fortgeführt von Sdoutz/Zechner, (Hrsg), Arbeitslosenversicherungsgesetz: Praxiskommentar (16. Lfg 2019) zu § 26 AlVG Rz. 562 ausgeführt wird, schließt das Ausbildungssemester an einer Universität, einer Fachhochschule oder einem Kolleg, jedenfalls auch die darauffolgenden Sommer- bzw. Semesterferien mit ein. Der Verwaltungsgerichtshof hat bezogen auf ein Universitätsstudium in einem das Studienförderungsgesetz betreffenden Fall klargestellt, dass die Frist zum Nachweis eines günstigen Studienerfolgs mit dem Ende der jeweils an das Semester anschließenden Ferien endet (VwGH 2012/10/0045 vom 17.09.2014).

Unter Berücksichtigung dieser Quellen waren auch im vorliegenden Fall die Sommerferien 2018 als Zeiten der Weiterbildung anzusehen. Der BF war - wie es ursprünglich beantragt und unstrittig auch bewilligt worden war - bis zum 31.08.2018 Bildungsteilzeitgeld zu gewähren. Der angefochtene Bescheid, mit dem der Bezug des Bildungsteilzeitgeldes ab dem 28.07.2018 eingestellt wurde, war somit zu beheben.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, für die noch keine einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

Schlagworte

Ausbildung, Bildungsteilzeitgeld, Einstellung, Nachweis
Studienerfolg

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W164.2211618.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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