Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der CK in W, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. August 1998, Zl. MA 63-K 396/97, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. August 1998 die Gewerbeberechtigung "Handelsgewerbe (§ 124 Z 11 GewO 1994), beschränkt auf den Kleinhandel" in einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 im Zusammenhalt mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 entzogen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 12. Jänner 1997 sei der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Beschwerdeführerin mangels eines zur Deckung der Kosten eines Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Das Bezirksgericht Hernals habe bekanntgegeben, es seien in das Vermögen der Beschwerdeführerin drei Exekutionen bewilligt worden, denen Forderungen von insgesamt S 285.595,74 zugrunde lägen. Nach Bekanntgabe dieses Sachverhaltes habe die Beschwerdeführerin der Behörde mitgeteilt, sie sei zwar mit den Beiträgen zur Sozialversicherung um ein Quartal im Rückstand, sei aber bisher allen ihren Verpflichtungen nachgekommen. Bei dem Betrag in der Höhe von S 285.595,74 handle es sich um eine Bürgschaft, die jetzt fällig werde. Bei der Unterschrift für diese Bürgschaft habe sie die Bank aufmerksam gemacht, daß sie kein Einkommen habe und im Haushalt tätig sei. Darauf sei ihr gesagt worden, es sei dies eine Formsache. Wenn es ihr - unter der Voraussetzung, daß ihr der Gewerbeschein nicht entzogen werde - gelingen werde, mit dem Geschäft einen Gewinn zu machen, werde sie versuchen, mit der Bank ein Tilgungsabkommen zu treffen. Sie habe bis heute keine Art der Unterstützung erhalten und sei bemüht, ausreichend Versicherungsjahre zu erzielen, um nicht als Sozialfall zu enden. Sie sei ca. 20 Jahre im Betrieb ihres Ehemannes mittätig, aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht angemeldet gewesen. Sie habe bis heute noch nie einen Kredit oder anderweitige Schulden gehabt. Dazu führte die Behörde aus, aus diesem Vorbringen ergäben sich keine konkreten Hinweise, die für das Vorhandensein liquider Mittel sprechen würden, habe die Beschwerdeführerin doch ausdrücklich erklärt, daß ihr nur die Einkünfte aus ihrem Gewerbebetrieb für die Tilgung ihrer Verbindlichkeiten zur Verfügung stünden. Sie sei daher offenkundig nicht in der Lage, die bestehenden Schulden und die im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartenden Verbindlichkeiten durch liquide Mittel bei Fälligkeit zu begleichen. Es sei vielmehr zu befürchten, daß durch die fortgesetzte Gewerbeausübung ihre Gläubiger in einem noch höheren Maß geschädigt würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Unterbleiben der Entziehung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie vor, sie habe versucht, die zur Abdeckung der mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungsverpflichtungen notwendigen liquiden Mittel im Zuge der Fortführung ihres Gewerbebetriebes zu erlangen und es sei ihr bereits gelungen, Rückstände bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft in der Höhe von S 11.174,08 abzudecken. Der in den beim Bezirksgericht Hernals anhängigen Exekutionsverfahren betriebene Betrag sei nicht als eine aus der Führung des Gewerbebetriebes entstandene Verbindlichkeit anzusehen. Die Beschwerdeführerin sei vielmehr auf Grund einer mangelhaften wirtschaftlichen Geschäftsführung ihres Gatten in Haftung gezogen worden. Ansonsten habe sie ihre laufenden Verbindlichkeiten aus dem Gewerbebetrieb bis auf einen Rückstand bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft in der Höhe von S 10.865,97 (Quartal 1997) getilgt. Es seien daher keinerlei Verbindlichkeiten zugunsten neu hinzukommender Gläubiger entstanden. Durch die Bezahlung eines Teiles der rückständigen Sozialversicherungsbeiträge sei eine Verbesserung der finanziellen Situation eingetreten, sodaß die Fortführung des Gewerbebetriebes im Interesse der Gläubiger gelegen sei. Es sei auch damit zu rechnen, daß bei Weiterführung des Betriebes Forderungen aus den vor dem Bezirksgericht Hernals anhängigen Exekutionsverfahren getilgt werden könnten. Außerdem bilde der Gewerbebetrieb die einzige Existenzgrundlage der Beschwerdeführerin. Auf Grund der vorliegenden wirtschaftlichen Situation sei daher davon auszugehen, daß bei Fortführung des Gewerbebetriebes unter aufrechter Gewerbeberechtigung keinesfalls eine Schlechterstellung der Gläubiger erfolge, sondern die Fortführung des Gewerbebetriebes im Interesse der Gläubiger liege.
Mit diesem Vorbringen bestreitet die Beschwerdeführerin nicht das Vorliegen des Entziehungsgrundes des § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994, sie macht damit aber geltend, es seien die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gegeben. Nach dieser Bestimmung kann nämlich die Behörde von der im § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, daß der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was aber jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden. Es könnte in diesem Fall nämlich dazu kommen, daß durch die Exekutionsführung eines "Altgläubigers" trotz entgegenstehender Absicht des Gewerbetreibenden die Erfüllung der aus der laufenden Geschäftsführung entstandenen Verbindlichkeiten verhindert wird und dadurch eine Schädigung der "Neugläubiger" eintreten kann. Die Erfüllung des Tatbestandsmerkmales des vorwiegenden Interesses der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfordert daher, daß der Gewerbetreibende entweder bereits alle gegen ihn bestehenden Forderungen abgedeckt oder entsprechende Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0098). Aus diesen Gründen sind in die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 alle Verbindlichkeiten des Gewerbetreibenden ohne Rücksicht darauf einzubeziehen, ob sie im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb entstanden sind oder nicht.
Von dieser Rechtslage ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens im Hinblick auf das auch von der Beschwerdeführerin eingeräumte Bestehen offener fälliger Forderungen in der Annahme der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht gegeben, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid verfügte Entziehung der Gewerbeberechtigung erweist sich damit als frei von Rechtsirrtum.
Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. Jänner 1999
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1999:1998040228.X00Im RIS seit
20.11.2000