TE Vwgh Beschluss 2019/5/22 Ro 2018/04/0009

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Veröffentlicht am 22.05.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §33 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der B GmbH in S, vertreten durch die Frimmel Anetter Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Fleischmarkt 9/4, und Dr. Kathrin Hornbanger, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 1/5, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 6. Februar 2018, Zl. KLVwG-S1-2264/15/2017, betreffend vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei:

S GmbH in K, vertreten durch die Tschurtschenthaler Rechtsanwälte G mbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Das Land Kärnten hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom 6. Februar 2018 erklärte das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht) über Antrag der Revisionswerberin die von der Mitbeteiligten (Auftraggeberin) getroffene Zuschlagsentscheidung vom 30. November 2017 in der Vergabeangelegenheit "Verpachtung des Seeliegenschaftskomplexes (...) am (...) in Kärnten" für nichtig (Spruchpunkt I.), wies weitere Anträge und Eventualanträge der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung als unzulässig zurück (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass die Höhe der zu entrichtenden Gebühr für den Nachprüfungsantrag EUR 1.730,-- sowie für den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung EUR 865,-- betrage (Spruchpunkt III.) und dass die mitbeteiligte Partei der Revisionswerberin die entrichteten Gebühren in der Höhe von insgesamt EUR 2.595,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen habe (Spruchpunkt IV.). Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig (Spruchpunkt V.).

2 Gegen die Spruchpunkte II. und III. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die das Verwaltungsgericht nach Durchführung eines Vorverfahrens - die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragt - dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt hat. 3 Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 11. Dezember 2018, G 205/2018, die Wortfolge "und Abs. 2a" in § 6 Abs. 2 Z 2 und § 6a Abs. 2a des Gesetzes über den Rechtsschutz bei der Vergabe von Aufträgen (Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2014 - K-VergRG 2014), LGBl. Nr. 95/2013 in der Fassung LGBl. Nr. 18/2017, als verfassungswidrig auf.

Die aufgehobene Bestimmung sah eine Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen in Verfahren zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen vor.

4 In der Folge wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2018, E 727/2018, über eine Beschwerde der mitbeteiligten Partei der mit der vorliegenden Revision angefochtene Spruchpunkt III. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2018 (ebenso wie die Spruchpunkte I. und IV) wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben.

5 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt (unter anderem) dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. etwa VwGH 27.8.2018, Ra 2016/06/0086, mwN).

6 Die Revision war daher - soweit sie sich gegen Spruchpunkt III. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts richtet - gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

7 Was den von der vorliegenden Revision ebenfalls angefochtenen Spruchpunkt II. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2018 betrifft, hat der Verfassungsgerichtshof die dagegen gerichtete Beschwerde der Revisionswerberin mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2018, E 1028/2018, abgewiesen. Die Revisionswerberin sei durch diesen Spruchpunkt weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

8 § 33 Abs. 1 VwGG ist nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. VwGH 26.11.2018, Ra 2018/17/0149, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass, wie sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lässt, der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig. Fällt diese Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. VwGH 12.4.2018, Ra 2017/17/0839, mwN).

Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Der Verwaltungsgerichtshof ist, wenn er zur Erkenntnis gelangt, dass der Revisionswerber durch die angefochtene Entscheidung unabhängig von der Frage ihrer Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann, zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht berufen (vgl. VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112, mwN).

9 Im vorliegenden Fall hat der Verfassungsgerichtshof die Abweisung der gegen den Spruchpunkt II. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2018 gerichteten Beschwerde damit begründet, dass die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen des Kärntner Vergaberechtsschutzgesetzes 2014 als verfassungswidrig offenkundig nicht bewirke, dass eine für eine positive Erledigung des Nachprüfungsantrages der Revisionswerberin durch das Verwaltungsgericht erforderliche Rechtsgrundlage im Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2014 bestünde. Es sei daher von vornherein ausgeschlossen, dass sich die Anwendung der verfassungswidrigen Bestimmungen als nachteilig für die Rechtsstellung der Revisionswerberin erweise (vgl. VfGH E 1028/2018, Rn. 12).

10 Auch im gegenständlichen Revisionsverfahren kann die Rechtsstellung der Revisionswerberin durch ein aufhebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht verbessert werden. Die damit wieder offenen Anträge der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung wären nämlich zurückzuweisen, weil mit der Aufhebung der als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen des Kärntner Vergaberechtsschutzgesetzes 2014 im vorliegenden Anlassfall die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Entscheidung über diese Anträge weggefallen ist (vgl. die Übergangsbestimmung des § 33 Abs. 2 Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2018, LGBl. Nr. 48, wonach die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes beim Landesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach den bisherigen Bestimmungen fortzuführen sind).

11 Das Verfahren war daher auch in Bezug auf Spruchpunkt II. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 6. Februar 2018 - nachdem der Revisionswerberin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG mit Beschuss einzustellen.

12 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere auf § 50 und § 55 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. Mai 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018040009.J00

Im RIS seit

04.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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